Herzog: "Noch so eine Saison reicht Sturm nicht"
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Herzog: "Noch so eine Saison reicht Sturm nicht"

12 Klubs, 12 Fragen. Sky-Experte Andreas Herzog spricht über Fitz im ÖFB-Team, den gescheiterten Arnautovic-Transfer und Salzburgs Titelchancen.

"Es wird ein, zwei Mannschaften geben, die vorne wegziehen. Letzte Saison war es spannend, weil kein Verein richtig gut war", sagt Andreas Herzog.

Der 56-Jährige hat als Experte bei "Sky" die ADMIRAL Bundesliga auch in der neuen Saison wieder genau im Blick. Mit dem neuen Entertainment-Format "Herzog gegen Herzig - Die Next Generation Show" wird er sich zudem gegen U12-Kicker kleinerer Vereine in lustigen Challenges messen.

90minuten hat dem 103-fachen ÖFB-Teamspieler im exklusiven Interview zu jedem der zwölf Bundesliga-Klubs eine Frage gestellt.

Doch vorneweg sein Meistertipp: "Ich gehe davon aus, dass Salzburg am stärksten sein wird."

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Bei Sturm gibt es mit Emanuel Aiwu, Leon Grgic und Emir Karic aktuell nur drei Österreicher, die sich in Stammplatz-Nähe wähnen dürfen. Wie findest du das?

Herzog: Einerseits kannst du als Sturm-Fan damit argumentieren, dass der Erfolg da ist. Andererseits muss man sich fragen, wozu man überhaupt eine eigene Akademie hat. Wozu bilden wir Stürmer aus? Bilden wir sie richtig aus? Sturm hat das mit den Dänen perfekt gemacht, da war jeder einzelne ein Volltreffer. Wenn Böving im Sommer auch noch abspringt, ist das eine arge Schwächung. Es wird für Sturm heuer schwer, am schwierigsten für Jürgen Säumel. Sturm hat in zwei Transferzeiten mit Wütchrich, Yalcouye, Biereth und Gazibegovic das Drittel einer Meistermannschaft verkauft. Es ist verständlich, dass diese Spieler den nächsten Schritt machen wollen, aber jedes Jahr Volltreffer zu landen, ist schwierig.

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Was würde es für Salzburg bedeuten, würden sie zum dritten Mal in Folge titellos bleiben?

Herzog: Das wäre ein heftiger Schlag. Für mich sind sie heuer Favorit. Spieler-Rekrutierungen, hin und her mit den Trainern – da war in den letzten Jahren vieles nicht richtig. Sie haben in Bergen in der zweiten Hälfte unter Druck das Spiel imposant gedreht. Sturm hat in den letzten Jahren so viele Leistungsträger verloren, das kannst du irgendwann nicht mehr kompensieren. Eine ähnliche Saison wie letztes Jahr wird diesmal nicht zum Titel reichen.

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Dominik Fitz müsste mit seinen Werten bei jedem Datenscouting jedes Vereins aufpoppen. Trotzdem gibt es offenbar keinen Markt für ihn. Wie erklärst du dir das?

Herzog: Es ist für ihn nicht förderlich, dass er nicht im Nationalteam dabei ist. Er hätte es sich verdient, mal dabei zu sein. Ob das in die Philosophie reinpasst, oder nicht... Das ist so ein Edeltechniker. Er hat sich vom Laufvermögen verbessert. Im Nationalteam wäre er noch eine Klasse besser. Wenn er ein, zwei Länderspiele hätte, hätte er am Transfermarkt ein anderes Standing. Klar waren bei seinen Statistiken einige Elfmeter dabei, aber er hat gegen Tampere den entscheidenden Elfer verschossen, da musst du erst mal den Mut, die Lockerheit und das Selbstvertrauen haben, wieder anzutreten und die in wichtigen Momenten so reinzuhauen. Wenn er noch einen richtigen Torjäger in seinem Team gehabt hätte, hätte der fünf bis acht Assists mehr. Ich steh auf solche Spielertypen. Wir dürfen uns nicht zu sehr ins Pressing verrennen, im Nachwuchs musst du ihnen schon zuerst mal das Kicken beibringen.

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Kann der WAC noch einmal so eine Saison hinlegen?

Herzog: Normalerweise nicht. Die letzte Saison war ja utopisch, fantastisch für den WAC. Aber bei Didi Kühbauer weiß man, dass er aus jedem einzelnen Spieler immer das Letzte rausholt. Einen Titel mit dem WAC zu holen, ist eine absolute Spitzenleistung.

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Wie hast du das Transfertheater rund um Marko Arnautovic erlebt?

Herzog: Ich finde es schade, dass es jetzt so dasteht, als ob er unbedingt zu Roter Stern Belgrad gehen wollte. Ich glaube, es war ein seriöses Interesse von seiner Seite an einem Wechsel zu Rapid da, sonst hätten sie nicht so lange verhandelt. Das wäre für jeden Fußball-Fan in Österreich eine tolle Sache gewesen, er polarisiert, da gibt's was zu diskutieren. Klar, Rapid hätte finanziell ans absolute Limit gehen müssen, aber wenn er unterschrieben hätte, hätten die innerhalb von drei Wochen 50.000 Trikots mit seiner Nummer verkauft. Wegen so einem Spieler kommst du ins Stadion. Der macht pro Spiel eine Sache, die kann kein anderer in Österreich, die können sie in Deutschland bis auf Wirtz und Musiala auch nicht.

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Kann Mitja Mörec die Fußstapfen von Gerald Scheiblehner ausfüllen?

Herzog: Kann er, keine Frage. Sie sind vor zwei Jahren aufgestiegen, waren jetzt unter den Top 6. Das war schon stark. Jetzt muss er die eine oder andere neue Idee reinbringen. Es ist viel von Ronivaldo abhängig. Wenn dir da jedes dritte Spiel ein kleiner, alter Brasilianer das Siegtor schießt und die drei Punkte holt... Solche Spieler haben nicht viele andere kleine Vereine.

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Wird der LASK irgendwann mal wieder eine ruhige Saison erleben?

Herzog: Es ist schon komisch, dass Markus Schopp gehen musste und im Sommer zwei, drei Spieler weg sind, die er eigentlich weg haben wollte. Der LASK war jahrelang auf sehr hohem Niveau, hat angefangen mit Oliver Glasner sehr viel richtig gemacht. Ich glaube, sie hatten ein hohes Gehaltsgefüge, sind jetzt aber international nicht dabei. Da wird es eng. Das könnte ein Grund sein, warum Zulj und Co. gegangen sind. Es ist ein bisschen undurchschaubar, was dort abläuft. Das Stadion, die Fans – das ist eine Hausnummer. Es wäre schön, würde wieder Ruhe einkehren und der LASK um die Top 3 mitfighten. Momentan sehe ich es aber nicht.

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Kannst du dir Hartberg ohne Donis Avidjaj vorstellen?

Herzog: Bei Hartberg war er immer überragend, wenn er weggegangen ist, war er nicht erfolgreich, hat sich nicht wohlgefühlt. Jetzt ist er erstmals innerhalb der Liga gewechselt. Ich kann mir schon vorstellen, dass er beim WAC noch einmal besser wird, weil die Mannschaft eine Spur stärker ist.

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Was muss die WSG Tirol tun, damit sie mehr Fans anzieht?

Herzog: Das ist fast unmöglich. Wacker Innsbruck ist der Traditionsverein in der Stadt, hat im Cup das Stadion ausverkauft und es wahrscheinlich noch zwei Mal füllen können. Das ist für Wattens eine traurige Geschichte, das haben sie sich sicher anders vorgestellt, als sie den FC Wacker als Nummer eins im Bundesland abgelöst haben. Sie sind jedes Jahr Abstiegskandidat und schaffen es trotzdem, jedes Jahr zwei, drei Spieler zu holen, die vorher niemand kennt, und die das dann richtig gut machen.

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Der GAK hat sich fast nur mit Zweiliga-Spielern verstärkt. Kann das die Mannschaft besser machen?

Herzog: Wenn das Zweitliga-Spieler sind, die die Qualität haben, sich dem höheren Tempo in der Bundesliga anzupassen, kann das interessant werden. Diese Spieler haben dann nämlich die Energie und Laufbereitschaft, die Leidenschaft, die der GAK braucht. Sollten aber viele von den Neuen nicht die Qualität haben, kann das eine ganz heiße Saison für Ferdinand Feldhofer werden. Der Start war ja nicht verheißungsvoll.

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Ist für den SCR Altach irgendwann mehr drinnen als der Abstiegskampf?

Herzog: Sie wären ja schon zwei Mal abgestiegen. Das ist der einzige Verein, der die Punktehalbierung richtig kapiert. Sie haben ein super Stadion, eine tolle Infrastruktur. Auch der Kader ist gut. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie wieder mal ihre Kräfte und Stärken bündeln. Ein Vorarlberger Verein unter den Top 6 wäre schon mal wieder was. Wenn du dir die letzten Jahre anschaust, sind sie davon aber weit entfernt.

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Die SV Ried hat nur etwas mehr als eine Handvoll Spieler mit richtiger Bundesliga-Erfahrung. Kann das dem Aufsteiger zum Verhängnis werden?

Herzog: Eine gewisse Routine und Erfahrung brauchst du. Es wird schwer. Aber sie haben mit dem kleinen, engen Stadion, in dem immer eine super Stimmung ist, einen Vorteil. In Hartberg, Wolfsberg, bei der WSG – da hast du so einen Hexenkessel nicht. Es wird für Ried wichtig sein, am Anfang gleich Punkte zu holen, dann könnte es ein richtig schönes Jahr werden. Außerdem denke ich, sie werden noch den einen oder anderen Spieler holen. Ab September werden die Karten in der Liga neu gemischt, die meisten Vereine werden am Transfermarkt noch etwas tun.


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