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Viertelfinalvorschau mit Delta [Euro 2020, Tag 22]

Die Viertelfinalspiele stehen vor der Tür und sportlich könnte das eine ganz feine Angelegenheit werden. Interessante Paarungen warten. Leider ist auch Corona wieder in den Schlagzeilen. Wegen der Delta-Mutation werden die vorgesehenen Zuschauerzahlen im Wembley-Stadion für die Semifinal- und Finalspiele kritisiert. Nicht immer ganz richtig adressiert.

++ Pucher schaut EM – der tägliche 12 Meter zur Europameisterschaft ++

 

Italien gegen Spanien heißt das erste Semifinale dieser Euro. Das Duell gab es schon öfter bei Europameisterschaften. 2008 in Wien mit einem Sieg im Elferschießen der Spanier, die damals aber der absolut dominante Faktor in Europa waren und später auch den Titel holten. Dann wieder 2012 im Finale. Da gingen die Italiener überhaupt ganz bitter unter und Spanien verteidigte seine Vormachtstellung am Kontinent. Dieses Mal sind die Vorzeichen ganz anders.

Die bunte Mannschaft von Vladimir Petković, die zuhause in der Schweiz mit Debatten über den Akzent beim Sprechen oder damit, wer denn nun die Hymne singt oder nicht, konfrontiert ist, spielt sich bei der Euro von diesem unterschwelligen Rassismus frei. Es ist ihr zu gönnen.

Italien gegen Belgien später am Abend ist ein Duell zweier Giganten. Wobei die Nummer eins der Welt ein bisschen viel gemurkst hat bisher. Die Klasse im Kader ist aber natürlich nie zu unterschätzen. Italien hat überzeugt, am Ende auch gegen Österreich, wo man in die Verlängerung musste. Roberto Mancini hat wohl das am besten geölte Werkl bei dieser Endrunde laufen. 

"Stichwort London, Stichwort Delta. Die UEFA macht zwar sicher Stress, aber - zumindest noch - nicht die Gesetze. Die Bösewichte in der Schweiz brauchen schon auch Verbündete. " - Jürgen Pucher

Die Samstagsspiele bringen zunächst das Überraschungsduell Tschechien gegen Dänemark. Die Skandinavier mit den bekannten Umständen um Christian Eriksen, haben sich im letzten Abdruck in die KO-Runde gekämpft und dort in einen Rausch gegen Wales gespielt. Wird schwer für die Tschechen, die überhaupt niemand auf der Rechnung hatte, diese dänische Welle zu bremsen. Am Abend wird es sich England dann wohl nicht nehmen lassen, zu Hause in Wembley das Semifinale zu spielen. Im Erfolgsfall dann auch das Finale. It’s coming home und so weiter. 

Stichwort London, Stichwort Delta. Corona wirft nach und nach größere Schatten auf das Turnier. Infizierte schottische und finnische Fans machen Schlagzeilen. Besonders relativ hohen Zuschauerzahlen im „Mutationsgebiet“ Großbritannien machen vielen Kopfzerbrechen. Der deutsche Politiker Karl Lauterbach etwa wirft der UEFA deshalb vor, für den Tod vieler Menschen verantwortlich zu sein. Nun ist es freilich so, dass die UEFA Druck in ihrem Sinne macht und gerne volle Stadien in die Kamera zeigen möchte. Jeden schwarzen Peter kann man aber nicht allein dem geldgierigen europäischen Fußballverband umhängen. Die Bösewichte in der Schweiz brauchen schon auch Verbündete. 

Ohne nationalstaatliche Administrationen, die diese Zuschauerzahlen auch erlauben, gäbe es sie schlichtweg nicht. Die UEFA macht zwar sicher Stress, aber - zumindest noch - nicht die Gesetze. Herr Lauterbach sollte also zuallererst Boris Johnson mit seiner Kritik adressieren, dem es sicher ganz gut gefallen würde, in einem gut gefüllten Wembley Stadion medienwirksam den Titel mit England zu feiern. Am Ende sind es nämlich er und seine Regierung, die hier den Hebel in der Hand haben. 

 

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