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Österreich verliert und gewinnt Respekt [Euro 2020, Tag 17]

Österreich scheidet nach einem großen Spiel nur sehr knapp gegen Topfavorit Italien aus und muss nach Hause fahren. Die Mannschaft zeigt wieviel in ihr stecken kann. Der ORF tat das wieder einmal nicht und im Staate Dänemark braut sich wieder ein wenig Dynamit zusammen, wie es scheint.

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Es sah ja zuerst so aus, als würde im Wembley Stadion alles verlaufen wie erwartet. Italien drohte das ÖFB-Team mit Haut und Haaren aufzufressen und ließ Alaba und Co keine Minute zum Verschnaufen. Irgendwie ging dann aber die erste Halbzeit vorbei und es stand noch immer 0:0. Nach Wiederanpfiff fühlte sich alles ein bisschen anders an, ein Freistoß von Österreich ging knapp am Tor vorbei und plötzlich fand ein ausgeglichenes Spiel statt. Es ging hin und her und Italien wurde zunehmend nervös. Da geschah etwas, das war nicht vorgesehen. Massive Gegenwehr, nicht nur defensiv. In Minute 65 ist die Sensation plötzlich zum Greifen nah. Marko Arnautovic trifft per Kopf. Leider gibt es neuerdings den VAR und der entdeckte die Abseitsstellung des Stürmers.

Also Verlängerung, gefühlt geht Team Foda mit breiterer Brust in die Extra Time, Italien wankte, es kam aber anders. Auf der linken Seite bekommt Federico Chiesa viel zu viel Platz und erzielt aus spitzem Winkel ein ziemlich cooles Tor. Mitten ins Herz der österreichischen Mannschaft. Zehn Minuten später meinen alle, die Entscheidung ist gefallen. Matteo Pessina erhöht auf 2:0. Aber die Herren in Rot und Weiß kommen noch einmal zurück. Sasa Kalajdzic erzielt mit einem Kopfball einen halben Meter über dem Boden ein Tor der Marke Extraklasse und es wird noch einmal spannend. Gereicht hat es schließlich nicht, über 120 Minuten gesehen kann man auch festhalten, dass Italien insgesamt das bessere Team mit den besseren Spielern war. Aber Österreich zeigt das stärkste Spiel seit Jahren und verlangte der besten Mannschaft im Turnier alles ab.

"Anstatt sich auf die Schulter klopfen zu lassen, zurecht Gratulationen entgegenzunehmen und diese mit Würde und Stolz vor sich herzutragen, kann er sich derlei Bemerkungen nicht verkneifen. Als wäre das Team in den letzten Wochen zu Unrecht kritisiert worden. Aber er ist eben wie er ist." - Franco Foda

Roberto Mancini wird es nicht nur so dahingesagt haben, nach dem Spiel, dass das am Samstagabend wohl schwieriger war, als es das kommenden Viertelfinale gegen einen nominell stärkeren Gegner werden wird. Die Kritiker hätten jetzt Pause, meinte Franco Foda in der Nachbetrachtung und plötzlich ist man nach einem sehr besonderen Fußballabend wieder in der schnöden Realität. Anstatt sich auf die Schulter klopfen zu lassen, zurecht Gratulationen entgegenzunehmen und diese mit Würde und Stolz vor sich herzutragen, kann er sich derlei Bemerkungen nicht verkneifen. Als wäre das Team in den letzten Wochen zu Unrecht kritisiert worden. Aber er ist eben wie er ist.

Stichwort Kritik: Da muss unweigerlich der ORF mit seiner Fußballberichterstattung erwähnt werden. Thomas König brüllt und plärrt sich am Samstag völlig jenseitig durch die Partie, sodass einem gar nichts anderes übrigbleibt als zwischenzeitig zum ZDF auszuweichen. Rainer Pariasek glänzt zwar sehr gebräunt in die Kamera, inhaltlich ist seine Studiomoderation aber schlichtweg nur als Farce zu bezeichnen. Selbst sein Spezi Herbert Prohaska scheint inzwischen manchmal schon ein wenig genervt, von Pariaseks ewig substanzlosen Stehsätzen. Und nicht zuletzt stellt der Field Reporter im Stadion nach dem Spiel derart jenseitige Fragen, dass Alaba und Arnautovic, emotional noch ziemlich gebeutelt, das Antworten kaum möglich ist. Hier braucht es demnächst einen Neustart, vielleicht kann sich der neue (alte?) Generaldirektor am Küniglberg nach der anstehenden Wahl dieser Sache ein wenig annehmen.

Und nicht zu vergessen, da war ja noch ein Spiel an diesem ersten Achtelfinaltag: Es ist wohl wieder was im Busch, im Staate Dänemark. Das 4:0 gegen Wales, nach der so dramatischen Gruppenphase, wird diese Mannschaft wohl ins Unendliche beflügeln. Ob Holland oder Tschechien, der Gegner fürs Viertelfinale wird sich gegen die Mannschaft von Kasper Hjulmand warm anziehen müssen. Danish Dynamite scheint ein Comeback zu feiern.

 

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