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"Sturm ist die Antithese zum modernen Fußball" [Exklusiv-Interview]

SK Sturm Graz-Präsident Christian Jauk wirkt zufrieden. Kein Wunder, war die bisherige Saison für die Grazer Schwarz-Weißen doch recht erfreulich. „Best of the rest“ hinter Red Bull Salzburg, Qualifikation für die Europa League-Gruppenphase und von den Rängen kommen positive Vibes wie schon lange nicht mehr.

+ + 90minuten.at Exklusiv - Das Gespräch führte Jürgen Pucher + +

 

Der neue Weg, der nach dem Abgang von Günter Kreissl und der Installation von Andreas Schicker als neuem Sportchef und Christian Ilzer als Trainer ausgerufen wurde, scheint Früchte zu tragen. 90Minuten.at hat Christian Jauk zum exklusiven Gespräch über den Status Quo bei Sturm und die trotz aller Euphorie auch noch offenen Baustellen getroffen. Außerdem erklärt der SK Sturm Graz-Boss seine Sicht zur 50+1-Regelung und mahnt vor einer drohenden Investorenliga in Österreich. 

 

90minuten.at: Sie haben vor etwa zwei Jahren den neuen “steirischen Weg” bei Sturm ausgerufen. Was kann man sich eigentlich unter dieser Headline vorstellen und wo steht man in der Zwischenzeit auf diesem Weg?

Christian Jauk: Der steirische Weg ist vielfältig zu interpretieren. Einerseits unmittelbar durch Personalbesetzungen etwa beim Trainer und dem Sportdirektor. Eine weitere Ebene ist das, was wir als Verein nach außen darstellen wollen. Wir betonen unsere Wurzeln und schöpfen unsere Kraft sehr stark aus der Region heraus. Und nicht zuletzt meint der steirische Weg den Fokus auf den eigenen Nachwuchs und den Versuch diesen in die erste Mannschaft zu integrieren. Wir haben uns damals einen Dreijahresplan vorgenommen und sind unseren Planungen im Moment sogar voraus.

90minuten.at: Wundert Sie das nicht manchmal selbst, dass man in so kurzer Zeit mit der Ausnahme Red Bull Salzburg den Rest der Liga abhängen kann? Es reichen offenbar eine klare Strategie und kluge Personalauswahl, um relativ schnell auch finanzkräftigere Konkurrenz abzuhängen.

Jauk: Das Gesamtkonstrukt ist immer entscheidend. Das unterschätzen viele im Fußball. Du kannst 95 Prozent der Dinge richtigmachen, wenn die eine oder andere Stellschraube fehlt, ist es schwierig etwas zu erreichen und man ist schnell wieder Durchschnitt. Die Wachsamkeit für Details und jeden Millimeter ist sehr wichtig. Je länger es gut läuft, umso schwieriger wird das. Der Druck bei den Entscheidungen erhöht sich. Es sind mehr Geld und mehr Möglichkeiten da. Früher waren es vielleicht zwei Türen durch die man gehen konnte, plötzlich sind es zehn und man muss die richtigen finden. An die Spitze zu kommen ist das eine, dort zu bleiben ist noch ungleich schwerer. Wir kennen das aus unserer jüngeren Vergangenheit.

 

(Asrtikel wird unterhalb fortgesetzt)

 

90minuten.at: Nehmen wir die Hochphase unter Günter Kreissl mit dem Cupsieg und die aktuelle Situation. Sturm scheint wieder auf einem Weg zu sein, wo solche Dinge zumindest wieder vorstellbar werden. Trotzdem fühlt sich das alles anders an als damals. Täuscht das, oder ist das tatsächlich so?

Jauk: Das spürbare geht immer von den Menschen aus. Das definiere ich auch als Teil des steirischen Weges. Die führenden Protagonisten sind bescheiden, bodenständig und keiner von ihnen ist aus meiner Sicht gefährdet abzuheben. Ich möchte die Gelegenheit gleich nutzen, um darum zu bitten, die Erwartungshaltung nicht zu groß werden zu lassen. Wichtig ist, den eingeschlagenen Weg konsequent weiterzugehen. Die aktuelle Ruhe und Energie im Verein stimmen mich positiv, dass das gelingen kann.

 

90minuten.at Sie haben vorher das Bild mit den Türen gezeichnet. Helfen Sie als Präsident bei der Suche? Wie ist Ihre Rolle operativ derzeit?

Jauk: Meine Rolle hat sich im Großen und Ganzen nicht geändert.

"Meine Rolle ist es, den Verein auf ein neues Level weiterzuentwickeln - was ohne die Gruppenphase der Europa League nicht möglich wäre, muss hier dazugesagt werden." - Christian Jauk

90minuten.at: Sie wirkt aber weit zurückgenommener als früher.

Jauk: Wenn es nicht gut läuft, bist du als Präsident mehr gefordert. Zum Beispiel um sich schützend vor den Verein zu stellen, die Pfeile auf sich zu lenken um den anderen den Rücken frei zu halten. Jetzt ist es wichtiger die neue Kultur, den neuen Weg zu bewahren und zu leben. Der hat sich ja auch auf die Mannschaft übertragen.

 

90minuten.at: Inwiefern auf die Mannschaft?

Jauk: Sie hat einen unbändigen Willen. Den Sturmgeist, wenn Sie so wollen. Damit gewinnt der Klub Sympathie. Die Art und Weise wie gespielt wird, gehört zusätzlich noch dazu. Attraktiver und leidenschaftlicher Fußball gewinnt mehr Leute als reiner Ergebnisfußball. Christian Ilzer und sein Team machen das. Meine Rolle ist es, im Hintergrund strategische Entscheidungen vorzunehmen und den Verein auf ein neues Level weiterzuentwickeln - was ohne die Gruppenphase der Europa League nicht möglich wäre, muss hier dazugesagt werden.

 

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