Foto: © GEPA Reportage / 2017 / September

Was spricht für Willi Ruttensteiner, was gegen den ÖFB-Sportdirektor?

Neben Marcel Koller steht plötzlich auch ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner zur Diskussion. Aber warum eigentlich? Und was spricht für ihn, was gegen ihn? Von Georg Sander und Michael Fiala

Was spricht für Ruttensteiner?

Willi Ruttensteiner war der kongeniale Partner für Marcel Koller. Während Koller das A-Nationalteam aus dem taktischen und personellen Nirvana in die euopäische Mittelklasse zurückführte, baute Ruttensteiner im ÖFB um. Was in Österreich freilich revolutionär wirkt, ist aber Normalität in Europa. Ein gut strukturierter Nachwuchs, ein modernes Scouting, ein Auge auf den Frauenfußball (EM-Halbfinale - Sommermärchen der ÖFB-Frauen) – das hat Ruttensteiner geschafft. Das ist aber umgekehrt auch nichts Außergewöhnliches. Es ist Standard. Diesen Standard in Österreich aber herzustellen, schien lange Zeit eine herausragende Leistung zu sein.

 

Für Ruttensteiner spricht wohl vor allem, dass vollkommen unklar ist, wer ihm auf dem Posten des Sportdirektors nachfolgen könnte. Nicht einmal jeder Bundesligist hat einen Sportdirektor, Rapid exerzierte eindrucksvoll vor, wie schwierig die Suche nach einem derartigen Fachmann sein kann. Mag sein, dass ein neuer Besen hier besser kehren könnte. Die Fallhöhe auf dem Posten des Sportdirektors ist aber mit Sicherheit höher als jene beim Trainer, da es hier um langfristige Strategien geht, die man im Idealfall auch nicht alle zwei Jahre umstellt.

 

Was spricht gegen ihn?

Wenn der Trainer geht, dann steht auch immer – mehr oder weniger - der Sportdirektor zur Diskussion. Das ist vollkommen normal. Der gebürtige Steirer ist seit beinahe zwei Jahrzehnten beim ÖFB, seit mehr als einem Jahrzehnt Sportdirektor. Da nutzt man sich ab, da zementieren sich Seilschaften, da hat es sich wohl jeder schon mit dem einen oder anderen verscherzt. Zudem gilt es zu hinterfragen, ob es Ruttensteiner entgegen seiner  Ankündigung geschafft hat, alle Nachwuchs-Mannschaften des ÖFB auf eine Linie zu bringen. Derzeit sieht es oft nach sehr viel Stückwerk aus, aber nicht nach einem großen Ganzen. Zudem muss man sich auch überlegen, ob die lange Zeit beim ÖFB auch bei Ruttensteiner nicht auch Seilschaften hat entstehen lassen, die - so wie bei den Landespräsidenten auch - nicht immer die fachlichen Fragen als erstes Kriterium sehen. Der ÖFB hat nun einmal Strukturen, die bedient werden müssen. Wenn nun Ruttensteiner nach so langer Zeit abgelöst werden sollte und Fußballösterreich dafür einen Fachmann im A-Nationalteam bekommt, könnte man sich auch eine Weiterentwicklung vorstellen, die funktioniert.

 

Fazit

Die Aufbauarbeit des mittlerweile 54-jährigen Sportdirektors kann nicht wirklich zerstört werden. Die Maßnahmen im Nachwuchs-, Breiten und Frauenfußball sind gekommen um zu bleiben. Wenn es nun einen Neuen hier gibt, der eine Vision vertritt, die auf Kollers und Ruttensteiners Arbeit aufbaut, kann das den heimischen Fußball auf die nächste Stufe heben. Zweifel bleiben jedoch, ob die aktuelle Entscheidungsstruktur im ÖFB – Stichwort 13-köpfiges Präsidium mit vielen Eitelkeiten – diese wichtigen Stellen auch nach sachlichen Kritieren nachbesetzen kann.

 

Mehr zum Thema:

 

Klick it: Neue Trikots fürs Athletic Bilbao

Schon gelesen?