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Mario Karner: "Wollen den anderen Großklubs zeigen, was im Frauenfußball alles möglich ist"

Die Frauen des SK Sturm Graz etablierten sich in den letzten beiden Jahren als nationale Nummer zwei hinter St. Pölten. Initiator und Leiter der Frauenabteilung, Mario Karner, im Interview mit 90minuten.at. Das Gespräch führte Stefan Berndl.

Interview Mario Karner: Seite 1 - Seite 2 - Seite 3

 

90minuten.at: Wenn für Sturm Graz etwa mit Sponsoren verhandelt wird. Inwieweit wird die Frauenabteilung da auch eingebunden?

Karner: Wir haben ganz klar einen Sponsor, wir sind ein Verein. Wir haben mit Anton Paar unseren Hauptsponsor, wir haben mit Graz Holding, der Kleinen Zeitung oder der Fahrschule Roadstars Verträge, die über den ganzen Verein abgeschlossen werden. Die Abwicklung erfolgt über den Verein. Wir haben ein Budget, das die Geschäftsführung vorgibt und bei dem die einzelnen Abteilungen - so auch meine - ihr Budget zur Verfügung gestellt bekommen. In dem Ausmaß kann ich mich dann das Jahr über bewegen. Das betrifft alle anfallenden Kosten, die für den Spielbetrieb nötig sind. Die gilt es zu kalkulieren.

90minuten.at: Apropos Sponsoren. Von vielen Seiten kommt der Ruf nach einem zentralen Hauptsponsor für die Frauen-Liga. Wie stehen Sie zu diesem Thema? Ist das realistisch?

Karner: Ich denke, wenn sich alle Vereine, der ÖFB und die Bundesliga zusammensetzen und solche Sponsoren überzeugen können, dann bin ich da sehr positiv gestimmt. Gerade mit dem aktuellen Hype. Tipico ist ja bei den Herren auch schon als Hauptsponsor der Bundesliga etabliert und wieso sollte man das bei den Frauen nicht auch schaffen? Wobei ich hier natürlich auch die Vereine in die Pflicht nehmen muss. Wir müssen für Attraktivität sorgen, wir müssen hier Lösungsvorschläge und Argumente bringen, um die Liga und mögliche Sponsoren zu überzeugen. Dem Partner möchten wir dann natürlich auch attraktiven Fußball bieten. Es hilft nichts, wenn man als Verein einen Ligasponsor fordert, aber selbst nichts dafür tun will. Das wird es auch nicht spielen. 

 

90minuten.at: Was natürlich für einen Verein wie Sturm Graz oder St. Pölten deutlich einfacher ist, als für einen kleinen Verein.

Karner: Ja, natürlich. Aber dann muss man das gesamtheitlich sehen. Ich will jetzt niemanden schlecht reden. Aber die sogenannten "Kleinen" müssen sich auch eingestehen, dass man - wenn sich die Liga entwickeln will - auch größere Vereine, die bereit sind mit zu tun, ins Boot holen muss. Da müssen vielleicht auch gewisse persönliche Eitelkeiten überwunden werden. Da muss man so offen sein und den Frauenfußball und die Liga attraktiv machen. Und da ziehen nun mal große Marken eher. Man tut sich da als großer Klub natürlich ganz klar einfacher. Aber wenn man das österreichweit mehr verteilen würde, würde der Breitenfußball im Mädchenfußball auch profitieren. Da muss man - egal welcher Verein das ist - schauen, dass man Mädchen zum Verein bringt und ihnen die Pforten öffnen.

"Einfach schön zum Zuschauen", beurteilt Mario Karner die Auftritte des Frauen-Nationalteams bei der EM.

90minuten.at: Wie bereits mehrfach erwähnt. Die Frauen-Nationalmannschaft sorgt bei der EM aktuell für einen riesigen Hype. Wie beurteilen Sie die Leistungen des Nationalteams?

Karner: Ich glaube das beurteile ich wie alle acht Millionen Österreicher: Ich bin wahnsinnig stolz, es ist wahnsinnig attraktiv wie sie spielen, sehr mitreißend. Einfach schön zum Zuschauen.

 

90minuten.at: Was trauen Sie dem Team jetzt noch zu? Im Halbfinale wartet das Spiel gegen Dänemark.

Karner: Man darf sich sicher nicht täuschen lassen von dem Testspiel vor der EM. Das wird wieder ein neues Spiel. Die Däninnen haben wie wir ein tolles Turnier gespielt, da wird es auf Kleinigkeiten ankommen. Natürlich haben die Österreicherinnen den mentalen Vorteil, mit dem Wissen in das Spiel zu gehen, dass sie vor wenigen Wochen das Spiel dominant gewonnen haben. Es ist jetzt eine gewisse Erwartungshaltung, ein gewisser Druck. Zuletzt haben wir sie geschlagen, da erwartet man sich natürlich mehr. 

 

90minuten.at: Was kann man als Verantwortlicher im heimischen Frauenfußball aus dieser EM sowie dem Erfolg und der Leistung des österreichischen Teams mitnehmen? Wo kann man sich vielleicht etwas abschauen und lernen?

Karner: Absolut im Fitnessbereich. Das spürten wir schon letztes Jahr im internationalen Vergleich gegen Zürich, dass im körperlichen Bereich hier noch eine wahnsinnige Differenz besteht. Wenn ich nicht fit bin kann ich nicht solche Wege gehen, nicht so taktisch variabel agieren. Da liegt sicher noch das größte Defizit in der österreichischen Frauen-Bundesliga. Da müssen wir international einiges aufholen. Das gilt etwa für das Training: Im Sommer mehr auf Quantität zu setzen, mehr zu trainieren, mit Fitnesstrainern zu arbeiten. Da müssen wir noch eine große Lücke schließen.

"In fünf Jahren sehe ich Sturm Graz an der Spitze der ÖFB-Frauen-Bundesliga." - Mario Karner

90minuten.at: Glauben Sie, dass die aktuelle Euphorie rund um das Frauen-Nationalteam auch nach der EM anhalten kann, oder droht der Frauenfußball dann wieder – um es hart auszudrücken – in der Relevanzlosigkeit zu versinken?

Karner: Das ist in der aktuellen Situation schwer zu beurteilen. Im Moment genießt jeder den Erfolg. Aber ich weiß auch, dass im ÖFB strategisch gearbeitet wird, damit nachhaltig etwas entstehen kann. Diesen Hype muss man versuchen mitzunehmen und alle Verantwortlichen müssen sich hier Gedanken machen, wie man das auf Österreich ummünzen kann. 

 

90minuten.at: Wo sehen Sie den österreichischen Frauenfußball dann in etwa fünf bis zehn Jahren?

Karner: Ich bin 2011 schon mit der Vision gestartet, dass wir in fünf Jahren in der Champions League sind. Alle haben mich damals belächelt. Und fünf Jahre später waren wir wirklich in der Champions League. Ich bin ein Mann mit Vision, ich muss mir hohe Ziele stecken. Und ich denke, in fünf, zehn Jahren wäre es toll, wenn viele arrivierte Vereine, Traditionsvereine diesen Weg ebenfalls gehen und in der Bundesliga einsteigen wollen. Sturm Graz gegen Austria Wien, Sturm Graz gegen Salzburg. Nur eben im Frauenbereich. Ob das möglich ist, wird sich dann weisen. Aber ich will schon, dass wir die Liga attraktiver machen. Und Sturm Graz sehe ich in fünf Jahren an der Spitze der ÖFB-Frauen-Bundesliga und in der Champions League. 

 

Vielen Dank für das Gespräch!

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