Mario Karner: "Wollen den anderen Großklubs zeigen, was im Frauenfußball alles möglich ist"
Die Frauen des SK Sturm Graz etablierten sich in den letzten beiden Jahren als nationale Nummer zwei hinter St. Pölten. Initiator und Leiter der Frauenabteilung, Mario Karner, im Interview mit 90minuten.at. Das Gespräch führte Stefan Berndl.
90minuten.at: Sie waren damals, 2011, maßgeblich daran beteiligt, dass Sturm Graz eine Frauen- und Mädchenmannschaft installiert hat. Wie ist die Idee dazu entstanden und wie schwer war es, dieses Projekt auch durchzusetzen?
Mario Karner: Ich habe eine Vergangenheit bei Sturm, bin 1995 als Jugendlicher gekommen und habe dann alle Stationen bis zum Profi absolviert. Dann bin ich in den Lehrer-Beruf gewechselt und da hat es sich so ergeben, dass ich an der Sportmittelschule Bruckner eine Mädchenmannschaft installiert habe. Wir waren da auch sehr erfolgreich im Schulbewerb. Wir haben diese Mädchen in der Schule gefordert, es entstand ein guter Teamspirit. Als die Schule dann aus war, nach der vierten Klasse, sind die Mädchen zu mir gekommen und wollten weiter Fußball spielen. Ich habe meine Kontakte genutzt und den Vorschlag gemacht, wie Sturm dazu steht, eine Mädchenmannschaft zu installieren. Das war dann im Sommer innerhalb weniger Wochen. Wir wollten den Mädchen bei Sturm Graz die Möglichkeit geben, auf hohem Niveau zu trainieren und dort auch die Infrastruktur zu genießen. Und so ist das Ganze ins Leben gerufen worden.
90minuten.at: Wie ging es dann weiter?
Karner: Zeitgleich war es so, dass wir uns gefragt haben, wie wir es weiter forcieren können. Da kam dann schnell der Gedanke, eine Kooperation mit dem FC Stattegg - die damals in der zweiten Liga gespielt haben - einzugehen. Da hatte ich schon im Burschenbereich eine gut funktionierende Kooperation. Das hat gut gepasst. Wir wollten dann auch den Frauenfußballbereich übernehmen, mit dem Ziel, den jungen Mädchen einmal die Möglichkeit zu bieten, in der Bundesliga Fußball zu spielen. Und so hat das Ganze mal begonnen im Jahr 2001.
"Das war immer unser Ziel, dass wir auch Vorreiter sind für andere Großklubs. Dass der Frauenfußball in Österreich auch Zukunft haben kann."
- Mario Karner
90minuten.at: Wie schwer war es dann wirklich, den Verein zu überzeugen? Wo lagen die größten Herausforderungen?
Karner: Es war seitens des Vereins wahnsinnig leicht. Da wurde ich innerhalb von ein paar Tagen mit offenen Armen empfangen. Die größere Hürde waren die Statuten, was dann die Kooperation bzw. Spielgemeinschaft mit Stattegg anging. Das war eine große Hürde, das so ordnungsgemäß abzuwickeln. Das wurde erst auf Kooperationsbasis gemacht, anschließend drei Jahre als Spielgemeinschaft, bis wir schlussendlich 2015 die Frauenmannschaft komplett in den SK Sturm Graz integrieren konnten. Und zwar alleinstehend. Aber vom Verein war vom ersten Tag an volle Akzeptanz da und sie sind auch alle sehr stolz darauf. Das war immer unser Ziel, dass wir auch Vorreiter sind für andere Großklubs. Dass der Frauenfußball in Österreich auch Zukunft haben kann. Das zeigen die letzten Tage mit den Erfolgen der Nationalmannschaft. Wir wollen die jungen Talente dann natürlich auch in Österreich halten, da sind wir innerhalb der Bundesliga noch relativ weit weg davon.
90minuten.at: Wie beurteilen Sie die sportliche Entwicklung Ihres Teams? Was war ausschlaggebend, dass sich in den letzten Jahren auch der Erfolg eingestellt hat?
Karner: Da muss ich ganz realistisch sein. Im Jahr 2011 hatten wir einen guten Plan, wollten das Schritt für Schritt aufbauen. Erst mussten wir uns etablieren, mussten es formen. Es war erst die Idee mit guten ausländischen Spielerinnen, die am Markt waren, ein gewisses Level zu erreichen. Aber, das haben wir uns auch als Ziel gesteckt, wenn die Möglichkeit besteht, dass wir im südlichen Raum Österreichs - Steiermark, Kärnten und im Burgenland - die besten Talente finden, ausbilden und mit ihnen auch spielen. So wie wir es jetzt auch praktizieren, wir haben mit Emily Cancienne bloß eine ausländische Spielerin. Alles andere sind österreichische Spielerinnen. Dieser Weg ist komplett aufgegangen. Und da hilft natürlich auch die Marke Sturm Graz. Wir dürfen sämtliche Infrastruktur mitbenutzen, sei es das Trainingsgelände, oder die Fitnessbereiche. Das punktet bei den Spielerinnen natürlich auch. Die Frauen nehmen ja wirklich viel auf sich, um ihrem Hobby nachzugehen.
Katharina Naschenweng ist eines der großen Talente im Kader der Grazerinnen.
90minuten.at: In St. Pölten gibt es ja seit 2011 das Nationale Leistungszentrum für junge Fußballerinnen. Inwiefern profitiert davon auch Sturm Graz?
Karner: Das ist etwas, wovon ich absolut begeistert bin. Es ist toll, was da installiert worden ist. Dass da die besten Talente aus den Jahrgängen bestmöglich gefördert werden. Wir haben auch immer wieder Spielerinnen, die unter der Woche in St. Pölten trainieren, dort die Schule besuchen, am Freitag zu uns kommen und dann am Wochenende für uns spielen. Damit sie auch Woche für Woche bestmöglich gefördert werden. Die Matchpraxis gehört da natürlich auch dazu. Wir versuchen auch das alles ganzheitlich zu sehen. Einerseits die Entwicklung der Spielerin, anderseits auch die Entwicklung des Vereins. Und das gelingt uns sehr gut. Etwa Katharina Naschenweng, die jetzt seit zwei Jahren für uns spielt und jetzt auch den Abschluss in St. Pölten gemacht hat. Und die jetzt auch Teil des Nationalteams in den Niederlanden ist. Wir hoffen aber neben dem NLZ in St. Pölten zukünftig auch auf ein zweites oder drittes Standbein. Etwa in Salzburg. In Graz versuchen wir auch schon länger so ein Zentrum zu installieren. Da sind wir absolut offen dafür und führen auch laufend Gespräche mit dem ÖFB und dem steirischen Fußballverband. Für die Umsetzung bedarf es auch Unterstützung seitens des Landes sowie der Stadt Graz. Das wäre sicherlich wichtig für die Zukunft.