Roman Mählich: „Ich muss ja auch meine Rechnungen irgendwie zahlen"
Nach sieben Spieltagen liegt Wiener Neustadt unangefochten an der Spitze der Sky Go Ersten Liga. Im Interview mit 90minuten.at äußert sich Trainer Roman Mählich zum Saisonstart und auch seinem Selbstverständnis als "Laptop-Trainer". Das Gespräch führte Stefan Berndl.
90minuten.at: Mit Co-Trainer Peter Hlinka und Sportdirektor Andi Schicker haben Sie zwei ehemalige Kollegen aus Spielerzeiten an der Seite. Wie kann man sich die Zusammenarbeit vorstellen? Wie sieht die Aufgabenverteilung aus?
Mählich: Da muss ich noch ergänzen, auch, wenn ich nicht mit ihnen gespielt habe: Mit Martin Dedek habe ich einen tollen Tormanntrainer. Und mit Gerhard Fellner einen Assistenz-Trainer, der sehr eng mit mir zusammenarbeitet. Der Peter ist auch top und ist das Verbindungsstück zu den Amateuren. Was mir sehr wichtig erscheint. Wir ticken schon alle relativ ähnlich. Bei Erfolg ist das natürlich immer leicht, das muss man auch sagen. Jetzt haben wir uns alle gern. (lacht) Aber das passt, das hat sich gut eingespielt. Jeder hat sein Aufgabengebiet, das abgesteckt ist. Das funktioniert halt gut und wir beraten uns regelmäßig. Ich glaube aber, dass das auch nichts Außergewöhnliches ist. Wenn man heute kein loyales Trainerteam hat, kann das ja nicht funktionieren. Das ist ja bei unseren Gegnern genauso. Ohne dem geht es ja gar nicht.
Roman Mählich, Andi Schicker, Gerhard Fellner und Peter Hlinka.
90minuten.at: In einem Gespräch mit der Kronen Zeitung hat Andi Schicker gemeint, dass Sie „zur Generation der Laptop-Trainer“ gehören. Würden Sie sich selbst auch als solcher beschreiben? Beziehungsweise, was verstehen Sie selbst unter diesem Begriff?
Mählich: Ich glaube alle, die heute Trainer sind, gehören zur Generation der Laptop- Trainer. Im Medienzeitalter, mit den Notebooks, ist es das einfachste für mich, Informationen über den Gegner herauszufinden. Auf allen möglichen Seiten. Und das einfachste ist natürlich auch, mir ein Spiel downzuloaden und es mir dann anzuschauen. Daher sind wir, glaube ich, alle Laptop-Trainer. Und ich bin auch überzeugt davon, dass ein Karl Daxbacher mit seiner Erfahrung, sich auch am Notebook ein Spiel anschaut. Das erleichtert uns ja die Arbeit. Früher haben unsere Trainer noch mit der VHS-Videokassette hantiert, mit vor- und zurückspulen. Das brauchen wir heute nicht mehr. Von daher, ja, bin ich ein Laptop-Trainer, ganz klar (lacht).
90minuten.at: Wie stehen Sie generell zu diesem Trend, der vor allem in Deutschland immer mehr aufkommt. Dass Trainer wie Tuchel, Nagelsmann, Tedesco und Co. – die auf keine große Spielerkarriere zurückblicken – immer mehr ins Rampenlicht rücken und sportliche Erfolge verzeichnen.
Mählich: Ich glaube, dass es keinen Unterschied macht. Man sieht ja auch, dass etwa Zidane relativ schnell im Profigeschäft Fuß gefasst und alles gewonnen hat. Und im Moment zu einem der erfolgreichsten Trainer im Profifußball wird. Der war einer der weltbesten Kicker und ist jetzt auf dem Weg zum weltbesten Trainer. Ich glaube, dass es kein Rezept gibt. Wir haben auch in Österreich schon alles erlebt. Alleine im letzten Jahr. Wir hatten ja schon Trainer bei großen Vereinen, die nie selber die große Spielerkarriere hatten, und es hat nicht funktioniert. Und dann gibt es wieder Beispiele, wie jene, die Sie genannt haben, da hat es funktioniert. Ich bin der Meinung, dass es keinen Unterschied macht. Man muss nachher liefern. Egal, ob du Profi warst oder nicht.
"Die Arbeit als Trainer ist sehr unterschiedlich zu dem, was du als Spieler erlebst."
- Roman Mählich
90minuten.at: Man muss das also sehr individuell betrachten?
Mählich: Ja natürlich. Es gibt erfolgreiche Trainer aus beiden Lagern. Aber eine Garantie gibt es nicht. In unserer Liga gibt es doch Beispiele für alle möglichen Kombinationen. Ich möchte gerne Andi Herzog zitieren, der einmal gemeint hat, dass es fast schon ein Handicap sei, einmal ein Nationalspieler gewesen zu sein. So ist es ja dann auch nicht. Die Wahrheit ist egal ob jemand ein erfolgreicher Spieler war oder nicht, als Trainer muss er Spiele gewinnen. Die Arbeit als Trainer ist sehr unterschiedlich zu dem, was du als Spieler erlebst. Du hast einen gewissen Erfahrungswert, der sicher nicht schaden wird. Aber dass es dich zu einem besseren Trainer macht, das spielt es glaube ich auch nicht. Sondern du musst dann, wenn du die Chance hast, liefern und vor allem gewinnen.
90minuten.at: Passend dazu meinte etwa Schalke-Manager Christian Heidel in einem Interview mit Spox, dass es nicht mehr so wichtig sei, ob ein Trainer 300 Bundesligaspiele absolviert habe, sondern, dass etwa mehrere Jahre in einem Nachwuchsleistungszentrum viel wichtiger sein können.
Mählich: Wenn ich mir Guardiola und Zidane hernehme, die hatten vorher auch eine große Spielerkarriere. Und beide gehören momentan zum Besten, das man am Trainermarkt findet. Und dann gibt es etwa Klopp oder Mourinho, die keine große Spielerkarriere hatten, aber auch top Trainer sind. Ich glaube nicht, dass man da eine Regel herausfiltern kann.
90minuten.at: Joachim Standfest, der jetzt bei den Sturm Amateuren coacht, sagte im Interview mit uns, dass ein guter Name auch ein Zugpferd für einen Verein ist. Glauben Sie, dass es in Österreich Ex-Kicker noch immer einfacher haben, einen Trainerjob zu bekommen?
Mählich: Nein. Man muss sich ja nur ansehen wer im Moment als Trainer in den beiden höchsten Ligen arbeitet. Ich denke, da ist das Verhältnis ziemlich ausgeglichen.
90minuten.at: Wird man dann Ihrer Ansicht nach denn als Ex-Kicker kritischer beäugt, wenn man einen Trainerjob antritt?
Mählich: Vielleicht. Ich weiß genau, was bei mir gewesen wäre, wenn wir nicht so erfolgreich in die Saison gestartet wären. "Der redet im Fernsehen gescheit und gewinnt nix." Das wäre doch der erste Angriff gewesen. Das war mir doch bewusst, das ist ganz normal.
90minuten.at: Weil wir dieses Thema gerade anschneiden: Als Sie den Job bei Wiener Neustadt angetreten sind wurde auch zum Thema gemacht, dass Sie dem ORF weiterhin als Analytiker erhalten bleiben. Inwiefern war es für Sie ein Thema, den Job beim ORF zumindest ruhend zu legen und sich voll auf die Aufgabe in Neustadt zu konzentrieren?
Mählich: Nein, gar nicht. Das wäre nicht gegangen. Ich verdiene ja in Wiener Neustadt nicht so viel. Das muss man offen sagen, und ich habe es schon öfter erwähnt. Ich liebe den Job hier, aber wir haben nicht so viel Geld wie andere Vereine. Und ich mache es auch nicht wegen dem Geld. Ich kann nicht nur Trainer bei Wiener Neustadt sein, das geht nicht. (lacht) Ich muss ja auch meine Rechnungen irgendwie zahlen. Das würde nicht funktionieren. Mit allem Drumherum. Ein Jahr Laufzeit, der ganze Druck. Das würde sich nicht rechnen.
90minuten.at: Inwieweit hat Ihnen die Arbeit beim ORF auch für die Trainerarbeit weitergeholfen, vor allem etwa was die Kommunikation anbelangt?
Mählich: Das glaube ich schon. Was den Umgang mit Medien betrifft etwa. Das ist auch die Kompetenz eines Trainers in der heutigen Zeit. Was das freie Sprechen angeht, vor der Kamera. Das hat mir natürlich geholfen. Und, dass ich mich durch den Job beim ORF in den letzten Jahren etwa intensiver mit System und Taktik auseinandergesetzt habe. Da habe ich schon einen anderen Zugang bekommen.