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Ibertsberger: So tickt der fünfte Ried-Cheftrainer in 13 Monaten [Exklusiv]

Bei der Präsentation von Neo-SV Ried-Trainer Robert Ibertsberger sagte dieser: "Ich habe schon viele bekannte Gesichter gesehen." Klar, werkelte er doch schon im Innviertel. Aber was hat er nun vor?

+ + 90minuten.at Exklusiv - Von Gerald Emprechtinger + +

 

 

Am Dienstagvormittag wurde im VIP-Club der joskoArena in Ried der neue SV Ried-Cheftrainer Robert Ibertsberger der Öffentlichkeit vorgestellt. Er tritt seinen Posten jedoch erst am 3. Jänner 2022 an, die Mannschaft wird somit im letzten Meisterschaftsspiel des Jahres 2021 am kommenden Samstag gegen Altach noch von Interimstrainer Christian Heinle betreut. Wie kamen die Wikinger nun auf Ibertsberger?

SVR-Geschäftsführer Rainer Wöllinger sprach bei der Entscheidungsfindung hinsichtlich Trainersuche von drei wesentlichen Komponenten: einer menschlichen Komponente, einer sportlichen Komponente und einer wirtschaftlichen Komponente.

 

Ibertsberger war schon früher da

Menschlich gesehen sei Robert Ibertsberger seiner Aussage nach einer, der ins Innviertel passt. Dies hat der 44-jährige aus Seekirchen am Wallersee, keine Autostunde von Ried entfernt, bereits zwischen 2010 und 2017 unter Beweis gestellt, als er zunächst als AKA U18 Trainer und anschließend als Akademieleiter bei der SV Ried angestellt war. Ibertsberger selber sprach ebenfalls von vielen bekannten Gesichtern, welche er in der kurzen Zeit nach seiner Rückkehr bereits gesehen habe.

Wirtschaftlich gesehen war für den 8-fachen ÖFB-Teamspieler (Anm. Debüt 1999 unter Otto Baric bei einem 0:0 gegen Schweden) keine Ablöse zu bezahlen und man konnte sich auf einen Vertrag mit einer Laufzeit von eineinhalb Jahren einigen, also bis Ende der Saison 2022/2023 - jedoch mit einer Option auf ein weiteres Jahr.

Hinsichtlich der sportlichen Komponente sprach Vorstand Sport Wolfgang Fiala von deckungsgleichen Ansichten. Die Mannschaft sei intakt, was man auch am vergangenen Sonntag beim OÖ-Derby trotz Niederlage gesehen habe. Ziel sei weiterhin, das eigene Spiel zu verbessern, Intensität reinzubringen und die Arbeit gegen den Ball zu verbessern. Der Trainer müsse ein echter Teamplayer sein und dies treffe auf Ibertsberger voll und ganz zu, der außerdem viele Spieler aus dem RLM-Kader noch aus seiner Zeit als AKA-Leiter kennt. Der sportliche Leiter Thomas Reifeltshammer schlug in dieselbe Kerbe - Ibertsberger habe Erfahrung damit, wie man sowohl mit jungen und talentierten Nachwuchsspielern als auch mit gestandenen Profis und Führungsspielern umgeht.

 

Im Februar bereit sein

Der frühere Serie-A-Legionär (1999/2000 bei Venezia) will noch im Laufe des Dezembers Gespräche mit dem aktuellen Trainerteam führen, sich jedoch vor der wichtigen Partie gegen Altach nicht in operative Agenden einmischen. Hier wolle er bewusst Distanz bewahren, um keine Unruhe in die Mannschaft zu bringen. Anfang Jänner wolle er jedoch bereits voll durchstarten können, um auf den frühen Beginn - bereits am 4. Februar  geht es im ÖFB-Cup-Viertelfinale gegen Austria Klagenfurt - vorbereitet zu sein.

Er wolle mit dem Ball und gegen den Ball aktiver werden, jedoch werde er hier nicht mit der Brechstange agieren, sondern dem Kader entsprechend agieren und das Spiel der eigenen Mannschaft Stück für Stück zu verbessern versuchen. Die Meisterrunde könne seiner Ansicht nach erreicht werden, müsse jedoch im Gegensatz zu einigen anderen Teams nicht erreicht werden.

Auf die Amtszeit seines Vor-Vorgängers Miron Muslic angesprochen, der im Frühjahr 2021 nach zehn sieglosen Vereinen aus seinem Traineramt ausschied, erklärte sich der Salzburger folgendermaßen: er wolle kein hohes Pressing wie damals spielen lassen, sondern erst ab einer bestimmten Zone am Spielfeld attackieren, um öfters in Ballbesitz zu sein. Die Balance im Spiel dürfe aber keinesfalls zu viel Risiko zum Opfer fallen.

 

Parallelen zu früheren Stationen

Ibertsberger hat in seiner Zeit als Interimstrainer bei Austria Wien (März 2019 bis Mai 2019) stets in einem 3-4-3 System mit einer flachen Zentrale agieren lassen - ein System, welches derzeit fast deckungsgleich auch unter Christian Heinle zum Einsatz kommt. Auch beim SKN St. Pölten hat Ibertsberger zunächst mit einem 3-4-3 agiert, bevor er zu Beginn der zweiten Saison auf ein offensiveres 4-3-3 wechselte. Am Ende seiner Amtszeit in der niederösterreichischen Landeshauptstadt agierte der Salzburger letztendlich in einem defensiven 5-3-2, welches die Negativspirale des Teams und seine anschließende Beurlaubung jedoch trotzdem nicht verhindern konnte.

Bei der Frage nach der Zusammenarbeit mit dem zuletzt erfolgreichen Christian Heinle - dem aktuellen Interimstrainer und zukünftigen Co-Trainer - betonte Ibertsberger ausdrücklich, dass ihm eine breite Gesprächsbasis und Mitsprache des gesamten Trainerteams wichtig sei und er dies in seiner bisherigen Trainerlaufbahn auch immer so gehandhabt habe. Letztendlich lägen aber die finalen Entscheidungen beim Cheftrainer.

In puncto Kaderplanung werde man laut  Fiala versuchen, den Kader im Winter etwas zu verkleinern. Ziel sei weiterhin ein Profikader von 18 gestandenen Profis, welche durch die Spieler der Junge Wikinger Ried (RLM) sowie aus der Rieder Fußballakademie ergänzt werden. Es sei aber schwierig, für diverse Spieler einen Abnehmer zu finden. An dieser Stelle sind vermutlich Spieler wie Michael Lercher oder Marcel Canadi gemeint, die seit längerer Zeit keine sportliche Rolle mehr spielen. Die Brasilianer Reinaldo und Valdir, welche unter Heraf nach Ried gekommen waren, sind wohl ebenfalls Kandidaten für einen Abgang - Valdir hat bei seinen Kurzeinsätzen zu keinem Zeitpunkt gezeigt, dass er die nötige Klasse für die Österreichische Bundesliga besitzt. Reinaldo wurde noch keine Spielminute eingesetzt.

 

Was kann der fünfte Chef in 13 Monaten?

Man darf gespannt sein, ob Robert Ibertsberger langfristig erfolgreich im Innviertel agieren kann. Er ist nach Gerald Baumgartner, Miron Muslic, Andreas Heraf und Christian Heinle nunmehr der fünfte Rieder Cheftrainer binnen 13 Monaten. Doch obwohl sich das Rieder Trainerkarussell zuletzt häufig drehte, sind die im Laufe des letzten Jahres geschaffenen Strukturen im Verein rund um Wöllinger, Fiala und Reifeltshammer immer besser erkennbar. Ried ist keine One-Man-Show mehr wie unter Stefan Reiter, die Verantwortung ist im Gegensatz zu früher auf mehrere Schultern verteilt.

Anders als bei vielen anderen Trainerwechseln übernimmt Ibertsberger eine Mannschaft, die sich in keiner sportlichen Krisensituation befindet. Auch auf Vereinsebene herrscht zum ersten Mal seit längerer Zeit wieder Ruhe, man scheint in der Bundesliga angekommen zu sein. Nun liegt es am Neo-Trainer, die Mannschaft weiterzuentwickeln und im Optimalfall in die Meisterrunde zu führen. Ein sorgenfreies Frühjahr und die Möglichkeit einer langfristigen und sicheren Kaderplanung ist im Innviertel wohl einer der sehnlichsten Weihnachtswünsche.

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