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Austria Wien gegen St. Pölten mit schwacher Chancenerarbeitung [Spiel-Analyse]

Der SKN St. Pölten verteidigte von Beginn an sehr tief und konzentrierte sich in der Offensive vor allem auf die Umschaltmomente. Austria Wien presste hoch an, aber durch fehlerhafte Entscheidungen am Ball kreierten sie wenige Chancen.

Eine Spiel-Analyse von Simon Goigitzer

 

Der Plan der Wiener Austria schien es zu sein, den Niederösterreichern so wenig Zeit wie möglich im Spielaufbau zu lassen. Dies gelang den Violetten auch über die meiste Zeit des Spieles. Die Gäste pressten in einem 3-4-3. Michael Ambichl war meistens die erste Anspielstation des Tormannes im Spielaufbau bei den St. Pöltnern. Christoph Monschein attackierte den Innenverteidiger gleich und ließ den Abwehrspieler wenig Zeit. Dadurch kam der SKN St. Pölten zu wenigen längeren Ballbesitzphasen. Die Gastgeber mussten im Aufbau schon früh die Pressingsituation mit einem hohen Ball auflösen.

Abbildung 1: Pressing der Austria

Hinzu kam auch, dass sich die Mitspieler kaum für kurze, flache Zuspiele anboten. Das heißt, dass der Innenverteidiger nicht nur vom Pressing, sondern auch von den eigenen Mitspielern dazu gezwungen wurde, hohe Bälle nach vorne zu spielen. Jedoch schien es auch, dass St. Pölten nach den Kopfballduellen auf die zweiten Bälle lauerten, um in den Umschaltmomenten in das letzte Drittel zu gelangen. Allerdings funktionierte in diesem Spiel das Gegenpressing der Austria, sodass die Veilchen immer wieder schnell den Ball zurückgewinnen konnten. Nicht nur kamen die Niederösterreicher dadurch sehr wenig in Kontermöglichkeiten, sondern auch die Wiener kamen oft in die Nähe des gegnerischen Sechzehners wieder am Ball und hatten einige Torchancen. Wie zum Beispiel in der 11. Minute als die Austria am rechten Flügel im Gegenpressing den Ball wiedereroberten und Monschein nach einer kurzen Kombination im Strafraum zum Abschluss kam.

St. Pölten hingegen attackierte erst ab der Höhe der Mittellinie. In den Anfangsminuten verteidigten sie in einem 5-4-1. Sie mussten aber verletzungsbedingt wechseln und stellten auch gleich auf ein 5-3-2 um. Dadurch hatten die beiden Stürmer meist auch die beiden gegnerischen zentralen Mittelfeldspieler im Deckungsschatten. In der zweiten Halbzeit kam es auch des Öfteren zu einem situativen 5-2-3, da der äußere rechte Mittelfeldspieler bis auf die Linie der Stürmer vorrückte, um den linken Innenverteidiger im Aufbau zu attackieren.

Dem ersten Lauf in die Tiefe wird gespielt

Austria Wien war von Anfang an die spielbestimmende Mannschaft. Sie hatten mehr Ballbesitz als ihre Gegner und konnten auch vor allem in der ersten Halbzeit immer wieder in das letzte Drittel gelangen. Allerdings hatten sie im dort zu viele fehlerhafte Entscheidungen und in der zweiten Halbzeit taten sie sich schwer, überhaupt zum Abschluss zu kommen. Im Aufbauspiel der Austria rückten die beiden Außenverteidiger Hoch und die beiden äußeren Stürmer bewegten sich in den Halbraum. Besonders Alexander Grünwald, der als rechter Stürmer spielte, ließ sich in das Zentrum fallen und war öfters im Zehnerraum. Einer der beiden zentralen Mittelfeldspieler bewegte sich meistens allein vor der eigenen Abwehr, um als kurze Anspielmöglichkeit zu dienen und der zweite orientierte sich weiter nach vorne. Die Gäste machten jedoch im Aufbau zu oft Fehler in der Orientierung oder in der Körperposition, sodass sie nicht sauber genug nach vorne spielen können. Wie zum Beispiel in der 20. Minute. (Abbildung 2)

Abbildung 2: Nicht passendes Aufdrehen von Uros Matic im Ballbesitz

Uros Matic bekam vom Innenverteidiger den Ball und drehte sich nach links auf. Da er kurze Zeit mit dem Rücken zum Tor stand attackierte ihn der Gegenspieler sofort. Zwar konnte Matic einen Pass zu Vesel Demaku spielen, jedoch kam Demaku gleich in einen Zweikampf und konnte nur unsauber den Ball weiterpassen. Matic hätte beim Zuspiel des Innenverteidigers einige Schritte noch nach hinten gehen sollen, um mit einer offenen Körperposition (und dem rechten Fuß) den Ball anzunehmen. Dadurch wäre es ihm auch möglich gewesen direkt einen Pass zum eingerückten Stürmer zu spielen und die Austria hätte auch gleich das Mittelfeld der Gastgeber überspielt. Es gab weitere Szenen, in denen die Austria die Situation im Ballbesitz besser lösen hätte können. (Abbildung 3)

Abbildung 3: Fehlpass im Aufbau der Austria

Florian Klein rückte situativ ein wenig in das Zentrum und bekam den Ball. Danach spielte er einen Doppelpass mit Demaku und wollte daraufhin auf den rechten Flügel spielen. Jedoch konnte der gegnerische Außenverteidiger den Pass antizipieren und St. Pölten startete einen Konter. Durch den Doppelpass lockte man die Gastgeber auf die rechte Spielhälfte und der Raum wurde in dieser Zone enger. Die Austria hätte anschließend auf den ballfernen Flügel spielen können, um den freien Raum dort zu nützen. Auch gab es die Möglichkeit für Klein den Ball zum Innenverteidiger zurückzuspielen. Christian Schoissengeyer hätte die Seite wechseln, zum linken Innenverteidiger spielen oder falls der Wechselpass nicht möglich gewesen wäre mit einem Rückpass zum Tormann wieder das Spiel neu aufbauen können. So hatte man einen Ballverlust und die Gastgeber wieder eine Chance zum Kontern.

Aber nicht nur die Austria hatte nicht passende Entscheidungen im Ballbesitz, auch die Niederösterreicher hatten einige fehlerhafte Zuspiele. Vor allem in den Umschaltmomenten in die Offensive machten die St. Pöltner zu viele Fehlpässe oder trafen schlechte Entscheidungen beim Passen. Beispielsweise in der 47. Minute nach einem Ballgewinn am linken Flügel. (Abbildung 4)

Abbildung 4: Fehlerhafte Entscheidung im Konter

Nach dem Ballgewinn wurde Sandro Ingolitsch mit einem diagonalen Pass auf den freien rechten Flügel angespielt. Nach einigen Meter spielte er auf Daniel Schütz, der einen Lauf auf den rechten Flügel machte. Allerdings konnte Schütz nicht viel mit dem Ball machen, da er mit dem Rücken zum Tor stand, keine Anspielstation hatte und ein Gegner ihn stark unter Druck setzte. Eine passendere Entscheidung von Ingolitsch wäre ein diagonaler Pass zum mitlaufenden Martin Rasner gewesen. Nicht nur wäre die Körperposition des Mittelfeldspieler gleich in die Richtung des Tores orientiert, sondern hätte auch die große Lücke in der Abwehr der Austria ausnützen können, da Schoissengeyer nicht nachschob. Außerdem konnte Schütz den Innenverteidiger auf die Außenbahn mitziehen und die Lücke zwischen den Innenverteidiger größer machen. Falls der Pass zu Rasner gekommen wäre, hätte er in die Richtung des gegnerischen Tores dribbeln und auch zum Abschluss kommen können. So wurde der Pass gleich zum ersten Lauf in die Tiefe gespielt und nicht beachtet, wozu der Laufweg in die Richtung des rechten Flügele diente.

Fazit

Austria Wien hatte zwar mehr Ballbesitz gegen die tiefstehenden St. Pöltner, konnten sich aber nur wenige gute Torabschlussmöglichkeiten erspielen. Durch kleine fehlerhafte Details im Aufbau kamen die Wiener nicht immer sauber nach vorne oder machten auch einige Fehlpässe. SKN St. Pölten verteidigte tief und versuchte über Kontermöglichkeiten in das letzte Drittel zu gelangen, kam aber durch nicht passende Entscheidungen im Passspiel selten zum Torabschluss. Die Austria konnte nach einem Abwehrfehler und nach einem Elfmeter in der letzten Minute 2:1 gewinnen.

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