Baumgartlinger mit Pressingresistenz auf höchstem Niveau [Legionärscheck]

Der ÖFB-Nationalspieler Julian Baumgartlinger zeigt bei Bayer Leverkusen mittlerweile anhaltend starke Leistungen.

Ein Legionärscheck von David Goigitzer

 

Bayer Leverkusen holte am vergangenen Freitag den dritten Sieg in Folge. Nach erfolgreichen Spielen gegen Stuttgart und Nürnberg gewann man gegen den FC Augsburg mit 4:1. Eine der Konstanten in der Startaufstellung: Nationalspieler Julian Baumgartlinger. Zu Beginn der Ära Peter Bosz hatte er noch einen schweren Stand, mittlerweile hat er sich jedoch wieder in die erste Elf gespielt. Wir haben uns seine starke Leistung gegen Augsburg näher angesehen.

 

Doppelsechs im 3-4-3

Trainer Peter Bosz ist vor allem für seine Vorliebe für das 4-3-3 bekannt. Auch das 3-4-3 wendet er immer wieder gerne an. Bei letzterem gibt es vor allem für Baumgartlinger die Chance sich neben dem primären Sechser der Leverkusener, dem Chilenen Charles Aranguiz, zu beweisen. Im Aufbau ist die Rollenverteilung zwischen den beiden pendelnd: Der ballnahe Sechser ist der tiefer agierende, während sein Gegenüber sich leicht höher positioniert. Diese Positionierungen verleihen dem Ballbesitzspiel der Leverkusener eine natürliche Diagonalität, da sich die Mitspieler entsprechend bewegen. Die Augsburger pressten im 4-1-4-1, wobei die Achter hier als Taktgeber im Pressing immer wieder ihre Positionen verließen und nach vorne pressten. Die Doppelsechs Aranguiz-Baumgartlinger positionierte sich vor jenen gegnerischen Achtern und lockte immer wieder das Rausattackieren an. Dies öffnete Räume im Mittelfeld, die die beiden Zehner Julian Brandt und Kai Havertz nutzen sollten. Einige Male konnten die Leverkusener das Augsburger Pressing durchspielen, indem sie nach Pässen zu Baumgartlinger oder Aranguiz sofort den flachen Diagonalpass zu ihren Zehnern suchten. Baumgartlingers kluge Positionierungen halfen beim Gelingen dieser Angriffe. Zum einen richtete er seinen Körper immer wieder passend aus, sodass er meist den ersten Ballkontakt schon nach vorne tätigen konnte. Zum anderen fand er immer wieder freie Räume für sich, in denen er genug Zeit hatte das Spiel zu diktieren. Baumgartlinger zeigte seine Pressingresistenz auf höchstem Niveau.

 

Ekurs: Pressingresistenz

Pressingresistenz bedeutet schlicht, wie resistent (= unempfindlich) man gegen gegnerisches Pressing ist. Also ob man sich gut dagegen behaupten kann. Spieler wie Sergio Busquets oder Luka Modric sind hier sehr gute Beispiele dafür, aber natürlich auch Lionel Messi oder Neymar. Alle vier haben gemeinsam, dass sie über eine herausragende Ballkontrolle auf engen Räumen und auch gegen mehrere Gegner verfügen. So können sie sich immer wieder mit Dribblings und Mitnahmen gegen versuchte Attacken der Gegner herauswinden. Baumgartlinger besitzt ebenfalls über eine saubere Technik, ihm verspringt selten der Ball und er kann die meisten Situationen mit zwei Kontakten lösen. Dennoch ist seine Ballkontrolle oder sein gegnerschlagendes Dribbling nicht auf Top-Niveau, gleichzeitig ist er auch nicht sonderlich explosiv, um sich mit Mitnahmen in den Raum zu lösen. Was macht Baumgartlinger also so pressingresistent?

Baumgartlinger blickt sich um, schätzt die Distanz des Gegners ein und entscheidet sich: Erster Kontakt mit links, zweiter Kontakt Wechselpass mit rechts. Eine Musterszene für Sechser.

Es ist primär seine Positionierung. Wie bereits erwähnt, richtet der geborene Salzburger seine Körperposition stets nach vorne aus, gibt sich selbst gute Voraussetzungen das Spiel nach vorne zu bringen. Zudem orientiert er sich gut vor der Ballmitnahme, blickt immer wieder über seine Schultern um gegnerischen Druck antizipieren zu können. Darüber hinaus positioniert sich Baumgartlinger oftmals so im Raum, dass der Gegner weit genug weg ist, um ihn beim ersten Kontakt nicht entscheidend stören zu können. So schafft er es meistens mit dem zweiten Kontakt den Ball weiterzuspielen, und der Gegner läuft ins Leere. In höheren Zonen, wo der Druck größer ist, hat Baumgartlinger eben deswegen Probleme. Der 31-jährige positioniert sich jedoch derart vorausschauend, dass dies auf der Sechserposition für ihn nur selten ein Problem darstellt. Gegen sehr gut und hoch pressende Gegner kann dies zwar zum Problem werden, aber Baumgartlingers Positionierung ist für die meisten Gegner auf deutschem und europäischem Niveau zu gut, um ihn wirklich greifen zu können.

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