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ÖFB-Legionär Benedikt Pichler vor Aufstieg: "Die Euphorie in der Mannschaft noch gebremst"

Ex-Austria-Stürmer Benedikt Pichler steht mit Holstein Kiel vor dem Aufstieg in die Bundesliga. Er war zu Gast im Sky Sport Austria Podcast „DAB|Der Audiobeweis".

Benedikt Pichler (Spieler Holstein Kiel):

...über den Zeitpunkt der Rückkehr nach seiner Verletzung: „Das ist wahrscheinlich die Frage, die ich mir selber in letzter Zeit am meisten gestellt habe. Ich bin seit zwei Wochen wieder im vollen Training dabei. Deswegen glaube ich, dass es auch bald wieder hinhauen wird. In der Vergangenheit war es öfter so, dass es wegen einiger Rückschläge mehr Zeit gebraucht hat, als eigentlich vorhergesehen war. Ich denke aber weiterhin positiv und bin überzeugt, dass das langsam das Ende des Ganzen war."

...über seine Top 3 der Vereinshymnen: „Das ist ganz schwer, sich da festzulegen. Natürlich gibt es Vereinshymnen, die singt man eher leiser mit. In Deutschland haben es mir schon einige Hymnen angetan, auch wenn man in den Stadien war und gehört hat, wie tausende Fans das mitsingen. Das sind für mich die Momente, auf die ich mein Leben lang hingefiebert habe. Dafür habe ich als Kind auch schon sehr gebrannt. Genau festlegen kann ich es nicht, aber ein guter Freund von mir, Eric Martel, spielt beim 1. FC Köln, dadurch bin ich ein bisschen sensibilisiert auf die Hymne. Die gefällt mir schon sehr gut. Zum Rest will ich mich nicht äußern."

...über einen möglichen Aufstieg mit Holstein Kiel in die Deutsche Bundesliga: „Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass sich bei uns keiner damit beschäftigt. Nachdem wir jetzt die ganze Saison konstant oben mit dabei waren, ist es schon so, dass du intern die Stimmung merkst. Da ist einfach Erfolg da, das merkst du vor allem bei den Fans und in der Stadt. Fünf Spiele vor Schluss ist es, mit sechs Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz, schon so, dass sehr viele zum Träumen anfangen. Man selber denkt auch schon daran, wie es sein könnte, wenn man da hoch geht. Die Wahrheit ist aber auch, dass wir die Liga in der Mannschaft viel zu gut kennen, um zu sagen, dass es jetzt schon eine sichere Sache wäre. Wenn man sich unseren Spielplan anschaut, sind das alle noch brutale Hausnummern. Da muss man erst einmal gewinnen. Auch St. Pauli, die Übermannschaft der ganzen Saison, hat jetzt zwei Spiele hintereinander verloren und ist jetzt in einer schwierigeren Situation. Deswegen ist die Euphorie in der Mannschaft noch gebremst."

 ...über die Stadionthematik in Kiel: „Ich glaube, dass es ja diese Sonderlinzenz gibt, sofern man zeigen kann, dass man angefangen hat mit einem Stadionumbau oder Stadionneubau. Ich glaube, dass das schon genehmigt ist, dass wir in dem Stadion zumindest für ein Jahr spielen dürfen. Wie es dann genau weitergeht, dazu kann ich nichts sagen. Da kenne ich mich zu wenig aus. Natürlich ist es so, dass das Stadion schon sehr alt ist. In unserer Kabine muss man sich schon manchmal ducken. Das ist für die Bundesliga schon nicht mehr so passend, auch von den Zuschauerzahlen her. Das wäre natürlich ein super Schritt für den Verein, wenn da ein neues Stadion zugelassen wird. Wir Spieler machen uns da aber keinen Kopf darum. Das Wichtigste für uns ist, dass der Verein in die Bundesliga kommt."

...über seine Verletzungshistorie: „Die Verletzung an meiner Ferse letztes Jahr, wo ich acht Monate raus war, war sehr hartnäckig. Die hat schon ihre Spuren hinterlassen, das war eine sehr harte Zeit. Das hat meinen Fitnesszustand sehr zurückgeworfen, weil man immer wieder von neu anfangen hat müssen. Das hat mich sehr viel Kraft gekostet. Ich habe aber sehr viel und hart gearbeitet, habe viele Dinge neu versuchen müssen und neu entdeckt. Es war die größte Herausforderung für mich, mental vor allem, weil ich nicht gewusst habe, wie lang es noch dauert. Danach bin ich wieder sehr gut zurückgekommen, habe direkt wieder der Mannschaft helfen können und jedes Spiel gespielt. Vielleicht war es einen Tick zu viel auf einmal. Da melden sich die einen oder anderen Stellen, die zuvor lange nicht auf so einem Niveau beansprucht wurden sind. So ist man in einem Kreis gefangen. Da hat es Themen gegeben, die man vorher nicht so im Kopf gehabt hatte, auch dass ‚viel' nicht immer gleich ‚mehr' ist. Die Zeit ist beinhart gewesen und viele Dinge dabei kann man sich gar nicht erklären. Ich muss das jetzt aber annehmen. Ich weiß, dass ich meine Leistungen immer auf den Platz gebracht habe, wenn ich fit war. Das gibt mir Kraft."

 ...über seine Erkenntnisse aus dieser schwierigen Zeit: „Jeder, der mit mir zusammengearbeitet hat, weiß, wie viel ich für den Fußball gebe und investiere. Auch in den eigenen Körper, wo ich immer schon versucht habe, alles herauszukitzeln. Dann trainiert man eigentlich acht Monate lang vollgas jeden Tag, teilweise zwei Mal am Tag im Kraft raum seine Beine, macht sich fertig. Dann wirst du eingewechselt und es kommt auf einmal eine muskuläre Verletzung zustande, wo man sich denkt: ‚Ich habe euch zu Turbinen gemacht und dann lasst ihr mich so kurz im Stich'. Das kann man sich teilweise nicht erklären, ich habe es auch schon oft bei anderen Sportlern mitgekriegt und mitgelitten. Da dachte ich mir: ‚Wie gibt es sowas'. Jetzt habe ich es halt selber erfahren müssen. Das ist eben ‚part of the game'. Da gibt es sicherlich Sportler, die haben es noch viel schwieriger. Deswegen bin ich froh, dass ich nach meinen Verletzungen immer an meine Leistungen anknüpfen konnte. Da muss ich jetzt sensibler sein und vielleicht mehr auf meinen Körper hören. Hier gelassen zu bleiben und weiter positiv zu sein, das ist natürlich die größte Challenge daran. Am Ende des Tages wird sich das alles bezahlt machen und wieder zurückkommen."

...über die Unterstützung von Vereinsseite nach seinen Verletzungen: „Ich habe extrem viel Unterstützung bekommen vom Trainerteam. Wir haben auch einen unglaublich guten Rehatrainer, der immer positiv mit mir ist. Ich bin ein sprintstarker Spieler, der viele intensive, explosive Meter hat. Unser Trainer Marcel Rapp legt großen Wert darauf, dass die Stürmer volle Wäsche ansprinten und direkt wieder Anschlussläufe haben. Das ist natürlich ein sehr intensives Spiel als Stürmer. Wenn man sich aber meine Spieldaten anschaut, sieht man, dass ich nach meiner Verletzung kein Spiel durchgemacht habe, immer frühzeitig ausgewechselt wurde. Das war überwiegend Belastungssteuerung, was mir oft nicht getaugt hat als fitter Spieler. Auch in den Trainings haben sie mich gesteuert. Da hatte ich vollste Unterstützung. Warum es zu einer weiteren Sache geführt hat, kann ich nicht sagen. Da kann ich vor dem Trainerteam nur den Hut ziehen, was sie mir für Vertrauen und Geduld entgegengebracht haben. Es gibt Tage, da kommt man ins Training und denkt sich: ‚Für was tu ich das eigentlich'. Dass sie sich an solchen Tagen trotzdem verstehen und weiter an einem Strang ziehen, das ist im Fußballgeschäft nicht selbstverständlich. Dafür bin ich sehr dankbar und das möchte ich bald zurückzahlen."

 ...über den Wechsel von Austria Wien zu Holstein Kiel: „Ich bereue sowieso keine Schritte, die ich gemacht habe. Die habe ich ja mit reiflicher Überlegung gemacht. Es war immer schon mein Ziel, einmal in Deutschland zu spielen. Damals hat sich die Möglichkeit ergeben, zu Holstein Kiel zu wechseln, die in dieser Saison schon um den Aufstieg gespielt haben und zum zweiten Mal in der Relegation gescheitert waren. Das war ein Verein, wo ich  mir vorstellen konnte, dass ich den Schritt in die deutsche Bundesliga schaffen kann. Wenn nicht, dann ist es eine super Möglichkeit, in Deutschland Fuß zu fassen und sich zu zeigen. Das war der richtige Schritt. Ich konnte schon sehr coole Erfahrungen sammeln und viele schöne Momente erleben."

 ...über seinen Werdegang: „Was da ganz witzig ist, was einige vielleicht nicht wissen, ist, dass ich wirklich in jeder Liga in Österreich gespielt habe. Ich habe von der 1. Klasse bis in die Landesliga, Salzburger Liga, Regionalliga überall mindestens ein Spiel gemacht. Sogar 2. Klasse habe ich gespielt, kommt mir gerade. Von da bis in die Bundesliga habe ich jede Liga kennenlernen können und diese Schritte quasi erzwungen. Da kommst du in die 2. Landesliga und denkst dir schon: ‚Wow, geiler Schritt'. In Wahrheit merkst du dann aber wieder, dass da noch viel mehr geht. Dieser Hunger und diese Unzufriedenheit, immer weiterkommen zu wollen, ist vielleicht genau das, was mich bis heute weiter stark macht und positiv bleiben lässt."

...über Maximilian Entrup und dessen Sprung ins ÖFB-Team: „So etwas überrascht mich nicht, weil es bei mir ja ein ähnlicher Weg ist. Bei ihm ist es von 0 auf 100 noch schneller gegangen. Da ist es in kurzer Zeit steil nach oben gegangen, bei mir ist es eher über einen längeren Zeitraum mit vielen Hochs und Tiefs bergauf gegangen.

...über seine Nichtberücksichtigung fürs ÖFB-Team: „Da mache ich mir keine Gedanken, weil ich weiß, dass ich als nicht hundertprozentig fitter Spieler keinerlei Berechtigung habe, beim Nationalteam dabei zu sein. Das möchte ich auch gar nicht. Wenn ich dabei bin, möchte ich bei 100 Prozent sein und Vollgas zeigen können, was ich kann. Es bestärkt mich eher, weil er ein ähnlicher Spielertyp ist, der gerne tiefe Laufwege hat, nicht der klassische Mittelstürmer ist. Das ist für mich sicherlich ein Grund zu glauben, dass es möglich ist. In der jetzigen Situation über das Nationalteam zu reden macht keinen Sinn. Ich werde aber natürlich als Fan vor dem Fernseher sitzen."

...über seine Faszination für Leichtathletik: „Damals in der Schule haben wir oft bei Wettkämpfen teilnehmen können. Das hat mich immer fasziniert, weil es einfach so athletisch ist. Dass du dich mit anderen messen kannst und den direkten Vergleich hast, das hat mir immer getaugt. Das beeindruckt mich auch heute noch."

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