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Stadion Liebenau: Star Fours [Exklusiv]

Neben dem Dauerthema „Zwei-Stadien-Lösung“, stellt sich in Fußballgraz aktuell eine noch viel akutere Frage: Kann Sturm in Liebenau überhaupt eine etwaige Europacup-Gruppenphase bestreiten? Was zu tun wäre, ist geklärt. Ob es wer bezahlt, noch nicht. Einmal mehr zeigt sich: Die Stadionfrage in Graz muss endlich grundlegend beantwortet werden.

+ + 90minuten.at PLUS - Eine Reportage von Jürgen Pucher + +

 

Graz und sein Fußballstadion. Ganz im Gegensatz zum Höhenflug des SK Sturm in Meisterschaft und Cup, ist die Stadionthematik in der steirischen Landeshauptstadt kein sehr glorreiches Thema. In der Frage einer Zwei-Stadien-Lösung für die beiden ansässigen Profiklubs gibt es aktuell zwar Lippenbekenntnisse, ob sich im Juni der angekündigte nächste Gipfel mit Standortvorschlägen für eine zweite Spielstätte neben Liebenau ausgeht, wird sich aber erst weisen. Was man abseits zitierbarer Statements hört, klingt vorsichtig positiv. Der Standort Weinzödl kristallisiert sich als einzig gangbarer Standort für ein GAK-Stadion heraus, die Gutachten zur Machbarkeit sind angeblich bereits in Arbeit. Wann es hier aber einen konkreten Fortschritt zu vermelden gibt, ist bis jetzt nicht fix.

Zudem schwebt seit einigen Wochen ein Damoklesschwert im Raum herum: Die in die Jahre gekommene Arena in Liebenau, die noch dazu laut Stadionverwaltung in all den Jahren „kaputt gespart“ wurde, liefe Gefahr nicht mehr europacuptauglich zu sein. Die Stadt Graz vermietet also ein Stadion an Sturm und den GAK, das vielleicht bald nicht mehr in der Kategorie „4 Sterne“ sein könnte.

 

Build or bye

90minuten.at hat bei Gerald Pototschnig, dem Leiter des Sportstättenmanagements, und Thomas Tebbich, Geschäftsführer Wirtschaft des SK Sturm, nachgefragt, wie der Stand der Dinge zu diesem Thema aktuell ist. Zur Erinnerung: Die Probleme gibt es in den Bereichen: Flächen für TV-Übertragung, Medienplätze mit Pult im Stadion und Sicherheitsauflagen, speziell für den Auswärtssektor. Pototschnig berichtet, dass man in intensivem und produktivem Austausch mit Sturm zu alldem steht. In fast allen Bereichen sei man sich mittlerweile einig, wie die Probleme zu lösen seien. Vorausgesetzt, es gibt ein Budget dafür. Aber dazu später.

"Eine etwaige KO-Phase wäre in Liebenau in keinem Fall möglich. Hier müsste nach Klagenfurt oder Wien ausgewichen werden. " - Jürgen Pucher

Zunächst: Was ist zu tun? Die UEFA verlangt für eine Gruppenphase im Europacup (CL und EL) 1.000m² Fläche für TV-Übertragungswägen und Equipment. Dafür sollen zusätzlich zu den schon bestehenden Bereichen jene Flächen genutzt werden, wo jetzt die Busse vor dem Auswärtssektor parken. Diese sollen, nachdem die Fans ausgestiegen sind, umgeleitet und woanders abgestellt werden. So könne man, laut Gerald Pototschnig und Sturm-Geschäftsführer Thomas Tebbich, die benötigte Fläche zusammenbringen.

Im Stadion selbst verlangt der europäische Verband 100 Medienplätze mit Pult. Derzeit gibt es in Liebenau etwa ein Drittel. Die improvisierten Plätze in den Reihen vor der fixen Medientribüne will die UEFA zukünftig nicht mehr akzeptieren, es braucht also eine dauerhafte Lösung. Pototschnig schlägt vor, einige Plätze in den Sektoren vor der Presse zu „opfern“ und zu Medienplätzen umzubauen. Hier spießt es sich mit Sturm. Der Klub präferiert eine mobile Lösung, um nicht Liga-Abo-Plätze in den begehrten Sektoren bei der Mittelauflage zu verlieren. Man würde speziell dort langjährige Abonnenten vergraulen, die teilweise seit Eröffnung des Stadions in diesen Sektoren ihre Stammplätze haben, so Tebbich. In jedem Fall muss die eine oder andere Lösungsvariante umgesetzt werden.

 

Security matters

Die UEFA verlangt außerdem großzügig angelegte Büros für ihr vor Ort arbeitendes Personal. Durch räumliche Rochaden, unter anderem auch die Umquartierung der Stadion-Polizeiinspektion, die nur an Spieltagen genutzt wird, soll die ausreichende Größe geschaffen werden. Das ist wohl der am einfachsten zu lösenden Punkt in diesem Themenkomplex. Komplizierter wird es bei den von UEFA und heimischen Behörden verlangten Sicherheitsauflagen für den Auswärtssektor.

"Wenn man das Kind beim Namen nennt, müssen die Sicherheitsthemen außer Diskussion stehen. Wird nicht einmal das umgesetzt, könnte man Gefahr laufen, überhaupt die Genehmigung für Fußballspiele in Liebenau zu verlieren. " - Jürgen Pucher

Das Spiel gegen Feyenoord in der letzten Europa League und ein Vorfall in der Liga gegen die Austria, waren dafür nachhaltig ausschlaggebend, erklärt Gerald Pototschnig. Es brauche Maßnahmen, um zu verhindern, dass Gästefans den Sektor verlassen. Das bedeutet eine Einzäunung des Blocks wie es ihn zum Beispiel in den Wiener Stadien von Austria und Rapid gibt. Dasselbe gilt für alle Zugänge zum Sektor. Und zusätzlich muss beim Stadiongraben vorgesorgt werden, dass Personen nicht hinunterstürzen oder -springen können, wie es in der letzten Saison einmal passiert ist. Weiters wird verlangt, „mannshohe Drehkreuze“ für den Zugang zum Auswärtssektor zu bauen. Man kennt das in Österreich bereits von anderen Stadien. Diese Sicherheitsauflagen machen den Löwenanteil der Kosten aus, die für Europacupspiele in Graz zu leisten wären. Es ist mehr als eine Randnotiz, was dazu außerdem noch anzumerken ist: All das gilt nur für Spiele in Gruppenphasen der europäischen Bewerbe. Eine etwaige KO-Phase wäre in Liebenau in keinem Fall möglich. Hier müsste nach Klagenfurt oder Wien ausgewichen werden.

 

It‘s all about the money

Was zu tun ist, ist also relativ klar. Bezahlen muss das aber auch jemand. Konkret die Eigentümerin der Spielstätte, nämlich die Stadt Graz. Aus dem laufenden Budget des Sportstättenmanagements ist das nicht zu stemmen, wie Pototschnig wissen lässt. Die Gesamtkosten für alle Maßnahmen werden sich auf einen mittleren sechsstelligen Betrag belaufen. Dieser müsste von der Stadt, konkret dem zuständigen Büro des Finanzstadtrats Manfred Eber (KPÖ), zur Verfügung gestellt werden. Die Erwartungshaltung von Seiten des SK Sturm dazu ist klar. „Ich gehe davon aus, die Stadt legt Wert darauf, dass wir internationale Spiele in Graz austragen können. Ich hoffe deshalb auf eine gute und rasche Lösung“, sagt Thomas Tebbich. Einen Termin im Büro des zuständigen Stadtrats soll es Mitte nächster Woche geben, wo dann die geplanten Maßnahmen und ihre Kosten besprochen werden. Wenn man das Kind beim Namen nennt, müssen die Sicherheitsthemen, wie der Zaun und der Zugang zum Auswärtssektor, dabei außer Diskussion stehen. Wird nicht einmal das umgesetzt, könnte man Gefahr laufen, überhaupt die Genehmigung für Fußballspiele in Liebenau zu verlieren.

"Wir vermieten ein Stadion in der Kategorie „4 Sterne“, das für internationale Spiele tauglich ist. Das müssen wir nach meinem Verständnis auch zu Verfügung stellen. " - Michael Ehmann, SPÖ Graz

Stefan Herzog, Sprecher von Finanzstadtrat Eber, lässt im Gespräch mit 90minuten.at wissen, dass es natürlich im Interesse des Stadtrats sei, Sturm in Graz Europacup spielen zu sehen. „Wir sind selbstverständlich bemüht, wie wir es auch in der Vergangenheit schon immer waren, dass wir behördliche und von der UEFA geforderte Auflagen erfüllen und die Kategorie „vier Sterne“ für Liebenau erhalten. Wir gehen deshalb auch guter Dinge in den Termin mit dem Sportstättenmanagement und Sturm.“ Eine fixe Zusage, dass die Stadt die gesamten Kosten für die beschriebenen Maßnahmen übernehmen wird, war Herzog aber vor dem Besprechungstermin nicht zu entlocken. Er bitte um Verständnis, dass es zu einem solchen Thema schon noch einen detaillierten Austausch brauche, bevor man die Finanzierung zusagen könne. In jedem Fall werde es aber nach dem Termin nächste Woche eine verbindliche Entscheidung geben.

 

Time is running

Das ist auch notwendig, denn viel Zeit bleibt nicht. Ein Monat vor Ankick des jeweiligen Bewerbs muss der UEFA bekanntgegeben werden, in welchem Stadion gespielt werden soll. Das beinhaltet die Garantie der Sicherstellung der dafür notwendigen Auflagen. Für eine Gruppenphase in der Europa League, die Mitte September beginnt, wäre das also bis Mitte August zu erledigen. Sonst würde es „unangenehm“, um es in den Worten von Michael Ehmann, dem Sprecher der Stadtregierung zum Thema Stadion, zu schreiben. „Wir vermieten ein Stadion in der Kategorie „4 Sterne“, das für internationale Spiele tauglich ist. Das müssen wir nach meinem Verständnis auch zu Verfügung stellen. Wie ich schon beim Stadiongipfel von BlackFM im Mai gesagt habe, wäre es mir äußerst unangenehm, müsste Sturm für eine Europacup-Gruppenphase an einen anderen Standort ausweichen.“

Die Frage der Europacuptauglichkeit zeigt einmal mehr, wie wichtig es wäre, die Stadionfrage in Graz final zu klären. Dass es bezüglich der Standortfrage für ein etwaiges GAK-Stadion Bewegung gibt, ist zu begrüßen. Zusätzlich wurde erst unlängst wieder bekannt: allein das Fußballstadion beschert der Stadt Graz jährlich einen Abgang von rund einer Million Euro. Freilich lässt sich ein Wegfallen dieses Verlustes für die Stadt – würde Sturm das Stadion als Pächter übernehmen – nicht eins-zu-eins in ein Finanzierungspotenzial für neue Projekte umrechnen. Dass sich Graz aber einen Patzen Geld ersparen würde, ist nicht von der Hand zu weisen. Für alle Beteiligten - Politik, Klubs und Fans – wäre es wohl eine große Erlösung, würde diese seit Jahrzehnten bestehende Problematik endlich einer Lösung zugeführt werden.

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