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Peter Pacult: "Jeder zweite Satz: Reden's mit meinem Berater" [Exklusiv-Interview]

Peter Pacult hat es mit Austria Klagenfurt in die Bundesliga geschafft und zwei Mal in die Top6. Was kann da noch kommen? Wie geht der 63-Jährige mit den jungen Kickern um? Und mit den von ihm viel gescholtenen Schiris? 90minuten.at hat mit Peter Pacult gesprochen.

+ + 90minmuten.at PLUS - Das Interview führte Georg Sander + +

 

Peter Pacult ist mittlerweile 63 Jahre alt und hat sich den Urlaub, den er am Tag nach dem Interview antreten wird, redlich verdient. Schon längst abgeschrieben, hievte er Austria Klagenfurt in die Bundesliga und konnte zweimal dank der Teilnahme an der Meistergruppe den Klassenerhalt schaffen. Nun wäre es doch an der Zeit, den Europacup anzugehen, oder? Darüber und über die von Berater entmündigten Kicker, das schwierige Trainergeschäft, seine Vergangenheit sowie die von ihm oft kritisierten Schiedsrichter spricht er im 90minuten.at-Exklusiv-Interview.

 

90minuten.at: Herr Pacult – sechster Platz, wie geht es in Ihnen nach der Saison?

Peter Pacult: Das war eine erfreuliche Saison, das muss man sagen. Damit hat man von Anfang an nicht rechnen können, aber die Mannschaft hat das toll umsetzen können.

90minuten.at: Austria Klagenfurt ist aufgestiegen und zweimal ins Playoff gekommen. Wie viel näher ist man dem Rest der oder wie viel näher ist man die Big Five rangekommen, als es im Vorjahr der Fall war?

Pacult: Im Endeffekt war das von der Punkteausbeute her sehr zufriedenstellend. Ich weiß nicht, ob man die alle zu den Big Five zählen soll. Die Austria war vor zwei Jahren im untereren Playoff, der LASK letztes Jahr. Für mich sind die Großen Salzburg, Sturm Graz, der LASK und Rapid, vom Finanziellen her. Sportlich ist die Situation beim einen oder anderen anders. Finanziell sind uns diese vier Vereine weit voraus.

 

90minuten.at: Wie könnte man doch einmal an einem vorbeikommen. Austria Klagenfurt ist ja nicht das Armenhaus der Liga...

Pacult: ...naja. Da muss man aufpassen und nicht darüber reden, dass wir nächstes Jahr wieder unter den Top6 sind. Wir müssen den Ball da flach halten. Die nächste Saison wird ganz schwierig, was so im Vorfeld schon so durchsickert. Wir haben den Toptorschützen im Februar verloren, der war für uns natürlich wichtig. Dann wird man sehen, welche Abgänge wir noch haben werden. Bis jetzt sind ja jene Spieler verabschiedet worden, bei denen der Vertrag ausläuft. Wir werden den einen oder anderen Spieler halten können, das ist aus meiner Sicht auch wünschenswert und deponiert. Man wird sehen, wie die Planung aussieht, aber jetzt schon auf das nächste Jahr schauen, da spielt es von meiner Seite aus nicht.

 

90minuten.at: Muss man da in den entscheidenden Phasen von Glück sprechen?

Pacult: Wir hatten das Quäntchen Glück. Wir konnten uns mit dem Sieg gegen Sturm wieder zurückmelden. Aber es lag nicht in unserer Hand, ob wir es oben rein geschaffen haben. Man darf nicht vergessen, dass die WSG punktelos blieb. Erst dadurch sind wir ins Rennen gekommen und hatten dann eine gute Ausgangsposition.

 

90minuten.at: Austria Klagenfurt ist ein langfristiges Projekt.

Pacult: (unterbricht) Wenn man bedenkt, dass Ried letztes Jahr den sechsten Platz erst in letzter Minute verloren hat und wir sind vor ihnen geblieben... Heuer hat es sie leider erwischt. Ich nehme aber immer den Satz von unserem Gesellschafter Zejlko Karajica her: Wir sind gekommen, um zu bleiben. Das wollen wir bewerkstelligen.

 

90minuten.at: Was fehlt auf den nächsten Schritt?

Pacult: Wir sind noch immer ein Verein, der vor zwei Jahren erst aufgestiegen ist. Seit dem Aufstieg hatten wir nicht viele gestandene Bundesligaspieler in den Reihen und geholt haben wir auch so gut wie keine. Wir haben sie günstig bekommen und sie haben zu uns gepasst, also hat es geklappt.

"Bis in die dritte deutsche Liga werden Summen gezahlt, da können wir nicht mithalten." - Peter Pacult

90minuten.at: Aber man könnte schon, wenn man wollte, mehr Geld in die Hand nehmen. Ohne ihn konkret zu meinen, aber ich denke da an Spieler der Klasse von Stefan Schwab.

Pacult: Ich glaube nicht, dass wir uns solche Spieler leisten können. Wenn wir das könnten, hätten wir Pink nicht abgegeben. Wir werden weiterhin kleinere Brötchen backen müssen und mit Spielern vorliebnehmen müssen, die sich Klagenfurt leisten kann. Ich habe schon letztes Jahr gemerkt, dass es einen gewissen Bereich an Spielern gibt, die wir gerne geholt hätten, sie aber nicht zahlen haben können – komischerweise war es bei anderen Vereinen möglich. Da gibt es Vereine in unserer Größenklasse, die finanziell besser ausgestattet sind.

 

90minuten.at: Es kommt immer mehr Geld in den Sport, die Reichen werden immer reicher. Registrieren Sie das auch? Manche Kicker ziehen ja die 2. deutsche Bundesliga gegenüber der ersten österreichischen vor.

Pacult: Ich kenne einen Spieler, der von den Rapid Amateuren zu Arminia Bielefeld gegangen ist. Er war auch bei uns im Gespräch. Das Finanzielle war für uns nicht machbar. Bis in die dritte deutsche Liga werden Summen gezahlt, da können wir nicht mithalten.

 

90minuten.at: Dabei wäre es gerade für junge Kicker wichtig, dass sie spielen.

Pacult: Ja, aber die entscheiden ja nichts mehr selber. Das ist ja das Schlimme. Wenn man einen Spieler heute etwas fragt, ist jeder zweite Satz: Reden's mit meinem Berater. 

 

90minuten.at: Woran liegt das? An der Zeit? Sie waren am Anfang ihrer Karriere beim WSC ja beispielsweise noch Post-Angestellter.

Pacult: Das kann man nicht vergleichen. Am Vormittag Briefe austragen und am Nachmittag profimäßig trainieren. Wenn wir am Sonntag gespielt haben – da war ich schon Nationalspieler – bin ich am Montag um sechs Uhr in der Früh auf der Post gewesen. Aber das war eine andere Zeit. Heutzutage ist es ja ein Widerspruch: Wir wollen mutige und selbständige Entscheidungen am Platz, aber beim Vertrag entscheiden sie nichts.

 

90minuten.at: Wenn man nun vor jungen Spielern steht, kommen Sie mit dem Argument durch, dass die Spieler selbst ohnehin viel mehr verdienen als ihre Freunde und dass das Spielen wichtiger ist als auf der Bank zu sitzen.

Pacult: Nein, weil das entscheidet der Berater. Leider sind die Spieler in dem Bereich nicht mehr mündig.

 

90minuten.at: Auch das Trainergeschäft ist anders. Nun wurde Didi Kühbauer beim LASK raus geworfen, obwohl er eine gute Saison spielt und Dritter wurde. Wird es auch für Trainer immer schwieriger?

Pacult: Für mich ist das unbegreiflich. Die Begründung ist die Kaderzusammenstellung. Puh,...ich weiß nicht, was dort passiert ist. Er hat eine super Arbeit geleistet, schafft den dritten Platz und auf einmal trennt man sich. Man wird sehen, wie es weiter geht. Heutzutage geht es blitzschnell. Thomas Tuchel gewinnt die Champions League, startet nicht gut in die Liga und weg war er. Ob das so gut ist, ist eine andere Frage. Siehe Ried: Die haben heuer drei Trainer verbraucht und was ist rausgekommen? Sie sind abgestiegen. Ob es immer der Weisheit letzter Schluss ist, den Trainer zu entlassen, bleibt dahingestellt.

 

90minuten.at: Bei Ihnen läuft es, Sie haben noch Vertrag bis 2025. Was würden Sie sich wünschen, was bis dahin passiert?

Pacult: Ich wünsche mir nur, dass meine Familie und ich gesund bleiben. Es geht im Endeffekt um den Klub, das ist wichtig. Austria Klagenfurt muss den guten Weg weiter gehen. Alles andere wird sich im Laufe der Saison zeigen.

 

90minuten.at: Wie befriedigend ist die aktuelle Situation nun für Sie, vor allem nach dem, was nach Leipzig kam mit den kurzen Engagements?

Pacult: Die Frage ist, was erfolgreich ist. Ich kann mich nur wiederholen: Es ist nicht einfach, in Albanien die Champions League-Qualifikation zu erreichen. Es ist nicht einfach in Montenegro den Verein in die Europacup-Qualifkation zu führen. Im Ausland, wo man die Sprache nicht kann, ist es nicht einfach. Aber mir ist es gelungen. Das wird aber belächelt. Auch in Serbien war ich auf Rang drei, also erfolgreich. Am Balkan herrschen andere Gesetze. In Albanien gibt es keinen Trainer, der zwei Jahre hintereinander einen Verein trainiert. Dort herrschen eben andere Gesetze und das muss man wissen. Aber es ist auch schwierig in Österreich wieder Trainer zu sein, wenn du mit Rapid Meister warst.

"Wir haben vor 30 Jahren am Sonntag über Fehlentscheidungen diskutiert, jetzt sagte man, es wird mit dem VAR besser. Scheinbar nicht." - Peter Pacult

Im Endeffekt habe ich mir nichts zu schulden kommen zu lassen. Nachdem ich damals von Rudolf Edlinger fristlos entlassen worden bin, kam das Angebot von Mateschitz und Leipzig in der vierten Liga. Dort gab es ja eine Zukunftsvision. Dass es dann nicht geklappt hat, hat andere Gründe. In Salzburg hat sich 2012 ja etwas geändert. Wäre Ricardo Moniz damals nicht freiwillig zurück getreten, wüsste ich nicht, wo RB stehen würde mit beiden Klubs. Dann kam das mit Ralf Rangnick ins Rollen. Er hat einen kompletten Umbruch gemacht und es hat mich getroffen. Ein halbes Jahr später habe ich mit Dynamo Dresden den Klassenerhalt geschafft. Ein paar Leute waren unzufrieden, weil wir das mit der Relegation geschafft haben. Die zweite Frage nach dem Sieg war: Sind Sie morgen noch Trainer?

 

90minuten.at: Eine Neuerung zu früher ist auch der VAR. Sie thematisieren das recht oft. Was könnte man verbessern?

Pacult: Die Schiedsrichterkommission braucht eine einheitliche Linie. Ich rede ja mit Schiedsrichtern nach dem Spiel. Man braucht nur das Handspiel hernehmen. Da gehen die Meinungen auseinander, ob es Absicht ist oder nicht, ob der Körper verbreitert ist oder nicht. Das sind alles Geschichten, die auch die Schiedsrichter enorm beschäftigen. Sie haben selber große Schwierigkeiten und man muss eine Linie finden. Auch bei Foulspielen. Bei uns gibt es eine rote Karte, bei Gegnern wird es wenn, dann mit einer Gelben geahndet. Das sprechen die Schiedsrichter auch an, dass sie damit im Stich gelassen werden. Aber ich erkläre sicher nicht, wie es zu machen ist. Die Statistik zeigt, dass Austria Klagenfurt der Verein ist, der am meisten gehandicapt wurde.

 

90minuten.at: Sie werden diese Themen also nächste Saison auch wieder ansprechen?

Pacult: Ich sage einmal so: Wir haben vor 30 Jahren am Sonntag über Fehlentscheidungen diskutiert, jetzt sagte man, es wird mit dem VAR besser. Scheinbar nicht.

 

90minuten.at: Allerdings wurde nie gesagt, dass es keine Fehlentscheidungen mehr geben wird.

Pacult: Man muss den Schiedsrichtern endlich eine klare Linie mitgeben, die alle vertreten. Ich komme noch einmal zum Handspiel. Herr Schüttengruber erklärt mit in Graz: Hand ist Hand. Zwei Stunden später spielt Rapid gegen Austria, ein klares Handspiel wurde nicht gegeben. Da gibt es keinen Elfmeter, bei uns wird Elfer gegeben, wenn einer aus zehn Zentimetern angeschossen wird. Was soll der Spieler machen? Sich die Hand abschneiden. Man muss eine Linie finden, das wird man aber nicht, weil jeder das anders auslegen wird. Ich werde das weiter akzeptieren.

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