Roland Daxl: "Diese Strategie bringt Unerfahrenheit mit sich" [Interview] (2)
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Roland Daxl: "Diese Strategie bringt Unerfahrenheit mit sich" [Interview] (2)

SV Ried-Präsident Roland Daxl hat den Verein aus dem Innviertel wieder in die Admiral Bundesliga geführt. Sich dort zu etablieren, ist schwierig. Nicht nur wegen der Liga an sich, wie er im 90minuten.at-Exklusiv-Interview verrät.

Als ich das erste Mal gegangen bin, war der Verein schuldenfrei. In der Zwischenzeit hat es dann ein Jahr gegeben, das war äußerst negativ.

Roland Daxl

Ich hab' zwar die Platzreife, aber ich habe keine Zeit zum Golfspielen. Ich arbeite viel zu gerne, für mich ist Arbeit Hobby – egal ob in meinen Unternehmungen oder beim Verein.

Roland Daxl

90minuten.at: Aber was erwarten Sie sich von ihm und was kann er sich alles leisten? Seit 2017 waren es neun verschiedene Cheftrainer, 14 inklusive Interimstrainer. "Trial and Error" funktioniert nicht, oder?

Daxl: Es gibt positive Beispiele in dieser Hinsicht – Andreas Heraf zum Beispiel. Auch Interimstrainer Heinle, nachdem der Andi krank geworden ist. Es gibt negative Beispiele - Miron Muslic: Mit extrem viel Pech keinen Sieg geholt, ich erinnere da nur an Rapid auswärts. Der Demir haut in der 89. Minute das 1:0 rein – gewinnt Miron die erste Partie, kriegen die Spieler eine andere Brust, glauben vielleicht mehr an diese Spielidee, die er verfolgt hat. Alles Geschichte. Wir wollen das nicht mehr, da gibt es mehrere Gründe dafür. Erstens muss sich ein Trainer mit dem Verein hundertprozentig identifizieren können, sollte bei uns – weil wir auch kein Vermögen zahlen können – wenn möglich örtlich aus einer gewissen Nähe kommen, weil man sich dann einfach leichter tut. Bei einem Trainer, der normalerweise in Hamburg daheim ist, werde ich mir schwerer tun, eine schwierige Phase gemeinsam durchzustehen. Der sagt: "Gut, ist mir eh wurscht, ich lese eh die Zeitung nicht mehr und mein Herz hängt nicht am Verein". Wir brauchen Leute mit Herz und Hirn, die bereit sind ein bisschen mehr als üblich zu geben, weil er vielleicht aus der Region ist, weil ihm der Verein wichtig ist und ihm ans Herz gewachsen ist. Diese Leute wachsen nicht auf Bäumen. Wir tun uns auch schwer, unsere Akademie-Trainerposten mit den entsprechenden Lizenzinhabern zu besetzen, weil es bei uns in der Region nicht so viele gibt. Wir sind der Meinung, dass wir einen sehr guten Cheftrainer haben, der mit wenig Erfahrung ausgestattet ist. Ich bin auch relativ jung selbständig geworden, habe es auch geschafft. Aber die Chance muss man kriegen, sonst kann man es nicht schaffen. Ich bin guter Dinge.

 

90minuten.at: Im Interview mit 90minuten.at hat Wolfgang Fiala erwähnt, dass man eine Kaderstruktur braucht. Man wollte weg vom aufgeblähten Kader. Ist man da auf einem guten Weg?

Daxl: Wir haben elf Abgänge und neun Zugänge gehabt. Das heißt wir haben nominell um zwei Spieler weniger. Wir haben in der Abstufung unseres Kaders den Weg ganz klar eingehalten, aber sind noch nicht dort, wo wir hinwollen. Das dauert dann meistens zwei, drei Transferfenster – das schafft man nicht in einem, weil es Verträge gibt, die eingehalten werden müssen. Wir sind auf einem ganz guten Weg, wobei wir uns natürlich schon schwertun, gestandene Bundesligaspieler entsprechend nachbesetzen zu können. Da geht es in erster Linie gar nicht ums Geld, sondern beispielsweise darum, dass die Freundin lieber in Wien wohnt als in Ried, auch wenn die Chance auf Spielzeit bei uns ungleich höher ist. Da gibt es viele Einflüsse, die wir nicht beeinflussen können und wir auch daran arbeiten,diese im Rahmen unserer Möglichkeiten zu verringern.Aber die verschwinden nicht, es ist Ried und nicht Wien, oder Innsbruck. Es gibt auch das Thema mit den Universitäten und so weiter und so fort, weil wir ganz einfach die räumliche Lage dafür nicht besitzen.

90minuten.at: Trotzdem hat man ein gutes wirtschaftliches Ergebnis, man hat im Sommer dann hauptsächlich mit ablösefreien Transfers und Leihen gearbeitet. Ist das eine Kompensation für Mehrkosten, die man derzeit tragen muss, will man sich wirtschaftlich konsolidieren, um später anzugreifen und nicht jeden Cent gleich wieder ausgeben – was ist da der Hintergrund?

Daxl: Der Hintergrund ist der: Als ich das erste Mal gegangen bin, war der Verein schuldenfrei. In der Zwischenzeit hat es dann ein Jahr gegeben, das war äußerst negativ. Ich will das gar nicht mehr aufblasen. Wir haben viel investiert und dann sind wir abgestiegen. Das hätten wir, wenn wir den Abstieg vorausgesehen hätten, niemals gemacht – zum Beispiel das Trainingszentrum. Aber wir haben es geschafft - durch enorm sparsames Wirtschaften und gutes Arbeiten beim Sponsoring und den Vertriebskanälen - dass wir Ende dieser Saison wieder de facto schuldenfrei sind und unser Trainingszentrum mehr dem Vermögen unserer SV Guntamatic Ried zuzuordnen ist. Wir sind in diesem Bereich gut unterwegs, aber das eine Jahr brauchen wir noch, damit wir dort sind, wo wir uns das Ziel gesetzt haben. Dann können wir auch wieder abseits der Steine in Beine investieren.

 

90minuten.at: Bleiben wir bei den Beinen: sie wollen schon auf Sicht auch, dass die Nachwuchsspieler über die Akademie und die Jungen Wikinger in die 1. Mannschaft kommen – aber jetzt muss man durch die Saison durchbeißen.

Daxl: Es hat etwas Gutes und etwas Schlechtes. Das Gute ist, dass Leute wie David Ungar oder Michael Martin - die als Perspektivspieler gekommen sind - jede Partie machen, eine tolle Entwicklung zeigen und auch das Potenzial, das sie zweifelsohne in sich haben, abrufen können. Es werden auch wieder Phasen kommen, wo es vielleicht nicht so leicht von der Hand geht oder uns die Performance nicht so mit Freude erfüllt, wie es derzeit ist. Aber Fakt ist, dass gut gearbeitet worden ist. Was Wolfgang Fiala vor eineinhalb Jahren mit den Transfers von Philipp Pomer, Tin Plavotic und Co gestartet hat, führen Wolfgang und Thomas Reifeltshammer jetzt gemeinsam fort. David Ungar haben wir ja vor einem Jahr schon geholt und an den FAC verliehen, um ihm die Spielpraxis zu geben, auf die er bei uns nun aufbauen kann. Das machen wir jetzt auch bei Nico Wiesinger, den wir an Vorwärts Steyr kooperiert haben. Wir haben uns bei unserer Kaderstruktur committed, wie es Fiala ausgeführt hat, dass es ganz klar Plätze für unsere Jungen, unsere Talente, gibt. Diese Strategie bringt Unerfahrenheit mit sich. Aber wir müssen diesen Leuten die Chance geben zu spielen.

90minuten.at: Wir haben uns umgehört, es gibt auch rund um das Stadion einige Themen - das Stadiondorf zum Beispiel. Auch, dass die Kantinengastro nicht die allerbeste sein soll bei Topspielen. Insgesamt wird die Josko Arena auch 20 Jahre alt, gibt es da Pläne, trotzdem auch in die Steine zu investieren – vielleicht ein Facelift zu machen. Wie sieht es da aus?

Daxl: Photovoltaik haben wir schon in den Bereichen, wo es möglich ist. Das Stadion zupflastern können wir nicht, weil das aufgrund der Statik nicht möglich ist - weil vor 20 Jahren keiner daran gedacht hat Photovoltaik auf dem Stadiondach zu montieren. Wir installieren gerade E-Tankstellen mit einem Partner von uns, haben Solar auf unserem Trainingszentrum und auf der Akademie, da waren wir der Zeit eigentlich voraus. Was die Kantinen betrifft haben wir ein tolles Team, da hat es sicher Verbesserungen gegeben. Wir haben eine Gastronomie, die ist auf rund fünfeinhalb tausend Leute ausgerichtet und wenn es mehr sind, ist es ein Problem. Wenn ein Stadion ausverkauft ist, wird man sich bei jeder Kantine anstellen müssen. Wir verfolgen das aber ganz genau und auch die Kritikpunkte nehmen wir sehr ernst. Wir haben sogar ein Zählsystem, wie viele Negativ- und Positivmeldungen es in Hinblick auf die Gastronomie gibt, nicht nur im VIP-Bereich. Wobei ich nie sagen möchte, dass man am Ende, am Zenit angelangt ist – man kann immer etwas verbessern.

 

90minuten.at: Es soll in Linz die Möglichkeit auf Förderungen geben. Ist da der Draht nicht gut genug zu den Förderstellen?

Daxl: Doch, der Draht ist gut genug! Beim Stadiondorf gibt es zwei Planungen, eine ist relativ weit gediegen – wir haben auch Bauplatz und Kanal schon so weit gemacht. Nur wissen wir noch nicht, wie groß und wie hoch wir das machen. Wir haben auch die Möglichkeit, Flächen zu vermieten - da gibt es verschiedenste Ideen, bei denen wir jedoch noch nicht so weit sind. Und wir haben auch beim Land das grundsätzliche "Go" schon bekommen, damit wir diese Investitionen gefördert bekommen – im Vergleich zum Stadionbau in Linz ist die Fördersumme bei uns deutlich geringer – konkret ein Zehntel davon. Dennoch ermöglicht die Zusage des Landes Oberösterreich die nächsten wichtigen Schritte im Bereich der Infrastruktur zu setzen. Wir müssen auch andere Dinge machen. Das Erste, was wir angehen werden, ist die Stadionakustik. Das ist das eine, zusätzlich brauchen wir auch zwei neue LED-Wände. Die eine ist 20 Jahre alt und hat nicht mehr die nötige Qualität. Für die Stehplatztribüne gegenüber brauchen wir auch eine, um den Informationsgehalt entsprechend hochhalten zu können. Dann haben wir schlechte Kamerapositionen, weil das Stadion zu niedrig ist. Wir würden auch mehr Lounges und Skyboxen benötigen, zwei oder drei mehr. Uns wird im Präsidium nicht fad, aber damit man was investieren kann, muss zuerst konsolidiert werden. Wir Innviertler sind fleißige Leut’ und gemeinsam werden wir das angehen!

 

90minuten.at: Wenn Sie auf die letzten Jahre, seit Sie in die erste Reihe getreten sind, zurückblicken: Wie viele Entscheidungen würden Sie ganz anders treffen, was war vielleicht der größte Fehler in dieser Zeit?

Daxl: Mit dem heutigen Wissen hätte man viele Dinge wahrscheinlich anders gemacht. Vielleicht Investitionen in ein breiteres Management, auch wenn es finanziell wehgetan hätte, trotzdem gemacht, weil man selbst weniger angreifbar ist– und für den Verein Entscheidungen besser treffen und transportieren hätte können. Sportlich war der Wiederaufstieg im dritten Jahr für mich ein Jahr zu spät, aber da war vielleicht meine Vorsichtigkeit in wirtschaftlichen Belangen schuld. Ich habe den Verein mit einer entsprechenden Hypothek übernommen und nicht aus der Hüfte geschossen agieren können. Aber ich würde viele Entscheidungen anders treffen, vor allem würde ich bei gewissen Entscheidungen einen anderen Zeitpunkt wählen. Ich bin zwar 48, aber lerne auch noch dazu.

 

90minuten.at: Schauen wir fünf Jahre in die Zukunft, wo soll die SV Ried stehen? Was soll passiert sein, damit Sie sich denken „Ich geh' golfen, es dreht sich nicht mehr alles um die SV Ried?"

Daxl: Ich hab' zwar die Platzreife, aber ich habe keine Zeit zum Golfspielen. Ich arbeite viel zu gerne, für mich ist Arbeit Hobby – egal ob in meinen Unternehmungen oder beim Verein. Für mich ist das in dem Sinn keine Belastung. Natürlich gehe ich auch nicht jeden Tag mit einem Grinser umher, aber es ist mein Lebenselixier und man muss ja „positiv deppat“ sein, sonst tust du dir das sowieso nicht an. Aber wenn ich sage: In fünf Jahren, 2027, dann bin ich 18 Jahre in führender Funktion bei der SV Guntamatic Ried, da möchte ich, dass mein Verein – wenn ich das so sagen darf – unser Verein, in der ersten Liga nach wie vor eine tragende Rolle spielt, ein toller Gastgeber ist, wir die Voraussetzungen, um die jungen Talente an den Spitzenfußball heranzuführen, nochmals verbessert haben, wir eine Mannschaft in der Josko Arena sehen, wo fünf oder sechs Abgänger unserer Akademie ein fester Bestandteil sind und unser Mitgliederstand vierstellig ist. Und, falls ich dann noch aktiv sein sollte, jeden Tag aufhören kann, weil ich super Nachfolger habe."

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