"Dank des Ligamodus gibt es für einen Club wie Ried keinen nächsten, logischen Schritt. Wir haben für so viele Highlights gesorgt und dann rutscht man aufgrund von fünf Minuten auf einmal mitten in den Abstiegskampf."
90minuten.at: Rund um die Trennung von Ex-Trainer Andreas Heraf wurde viel Staub aufgewirbelt, für Außenstehende war alles etwas undurchsichtig. Heraf hat in der Vorsaison für den Klassenerhalt gesorgt, der teilweise (sehr) defensive Spielstil wurde jedoch immer wieder hart kritisiert, teilweise standen 5 Innenverteidiger gleichzeitig am Platz. Unter Interimstrainer Heinle und nun unter Ibertsberger ist hier eine klare Verbesserung in punkto attraktiver Spielstil erkennbar. Hat man hier mit der Vertragsauflösung rückblickend also alles richtig gemacht?
Fiala: Zuerst muss ich sagen, dass wir dem Andi Heraf sehr dankbar sein müssen, weil er dem Verein in einer sehr schwierigen Situation geholfen hat. Ein längerer Krankenstand eines Cheftrainers ist für einen Bundesligaclub, egal in welcher Saisonphase, eine außergewöhnliche Situation. Hier gab es auch keine Erfahrungswerte von anderen Vereinen. Wir konnten also nicht sagen, aus der Erfahrung ist diese oder jene Entscheidung jetzt genau richtig. Unser weiteres Handeln war dann relativ klar und schnell, weil wir großes Vertrauen in das Trainerteam haben und auch damals gehabt haben. Wenn ein führender Mitarbeiter einen längeren Krankenstand antritt, wo man das auch die Dauer nicht genau abschätzen kann, dann muss man dem Interimstrainer auch die 100%ige Verantwortung und Entscheidungsfreiheit geben, was er machen möchte. Christian Heinle hatte hier in manchen Bereichen einfach einen anderen Ansatz und hat diesen auch rein gebracht. Am Ende des Tages war das schon sehr cool anzusehen, wie die Mannschaft dann gespielt hat. Aber so wie bei jedem anderen Profitrainer, der Grund warum die Amtszeit unter Christian als erfolgreich angesehen werden kann, waren die Punkte. Die Art und Weise, wie diese Punkte geholt wurden, war einfach etwas anders. Wir können erst rückwirkend beurteilen, ob wir alles richtig gemacht haben, wenn wir unser Saisonziel erreichen und das ist der Klassenerhalt. Erst dann können wir alles abschließend bewerten. Ich möchte hier auch sonst zu Andi Heraf nicht mehr viel sagen. Man kann hier entweder alles an die Medienöffentlichkeit tragen oder einfach in die Zukunft schauen. Wir haben uns entschieden, die Internas bei uns zu behalten und das bleibt auch weiter so.
90minuten.at: Was sind die mittel- bzw. langfristigen sportlichen Ziele in Ried? Heuer hat man sich gegenüber der Aufstiegssaison sportlich und punktemäßig stark verbessert gezeigt. Ist eine Qualifikation für die Meistergruppe daher der nächste, logische Schritt?
Fiala: Dank des Ligamodus gibt es für einen Club wie Ried keinen nächsten, logischen Schritt. Man sieht es am Beispiel der aktuellen Saison. Wir haben für so viele Highlights gesorgt, nicht nur im Cup, sondern auch in der Meisterschaft, mit zwei Derbysiegen, mit dem Spiel gegen WAC (Anm.: 3:3 nach 0:3 Rückstand) oder den Unentschieden gegen Salzburg und Rapid. Und dann rutscht man aufgrund von fünf Minuten auf einmal mitten in den Abstiegskampf. Das macht Prognosen einfach sehr schwierig. Die SV Guntamatic Ried will ein Verein sein, der in der Bundesliga spielt, darum geht es in erster Linie. Wenn wir es in den kommenden fünf Jahren vielleicht 2-3x in die Meisterrunde schaffen, dann freuen wir uns und es gibt uns auch mehr Planungssicherheit. Man sieht die Schwierigkeit einer längerfristigen Prognose auch etwa am Beispiel WSG Tirol, welche letzte Saison noch in der Meisterrunde gespielt hat und heuer tief im Abstiegskampf steckt. Um langfristig planen zu können, muss man es vermutlich wie der WAC schaffen, dass man einmal oder mehrmals in den Europacup kommt und hier Einnahmen lukriert. Wer mehr Geld hat, kann dementsprechend Dinge besser vorantreiben und dann kann man nach einigen Jahren den Anspruch haben, regelmäßig in die Meisterrunde zu kommen. Aber für uns ist das jetzt so schnell nicht das Ziel. Das Ziel für die SV Ried ist wie jede Saison der Klassenerhalt.
90minuten.at: Die SV Ried war unter Stefan Reiter für Jahrzehnte eine (gefühlte) One-Man-Show. In Ried gibt es mittlerweile dich als Vorstand Sport, Thomas Reifeltshammer als Sportlichen Leiter. Wie kann man sich einen gewöhnlichen Transfer- bzw. Kaderplanungsprozess in Ried vorstellen?
Fiala: Nachdem ich die Rolle des Vorstand Sport übernommen habe, war das erste Thema auf der Agenda die Optimierung von Kadergröße und Kaderhierarchie. Aufgrund des aufgeblähten Kader sind davor Spieler auf der Tribüne gesessen, die den Anspruch auf regelmäßige Spielzeit hatten. Daher haben wir im ersten Schritt eine Kaderstruktur definiert. Dabei handelt es sich um einen Grundstamm von 18 Profis, wobei innerhalb dieses Stammes auch eine klare Hierarchie erkennbar sein muss. Wir sprechen bei diesem Grundstamm zum Beispiel von Leuchttürmen, die in Sachen Erfahrung und Performance die Aushängeschilder sein sollen. Diese Kaderstruktur wurde klar definiert und diese wollen wir auch einhalten, weil unser Ziel über kurz oder lang ist, dass bei 2-3 Ausfällen Akademiespieler auf der Bank sitzen und Spielzeit sammeln. In der Vergangenheit sind dann verdiente Profis in den Kader gerückt, die dann aber trotzdem unzufrieden waren, weil sie der Meinung waren, dass sie auf dem Platz stehen sollten. Grundsätzlich sehe ich aber einen klaren Trend dahin, dass Vereine stärker in die Rolle kommen müssen, klare Ideen für den Transfermarkt zu entwickeln.
90minuten.at: Greift ihr bei Wunschkandidaten auf Positionsprofile zurück?
Fiala: Wir wollen einen Kader aus unterschiedlichen Spielertypen zusammenstellen, um dem Trainer möglichst viele Optionen und eine gewisse Flexibilität zu geben. Natürlich gibt es daher auch Positionsprofile. Als Beispiel sei das zentrale Mittelfeld auf Basis des aktuellen Kaders genannt. Auf diesen drei Positionen sind Marcel Ziegl, Nikola Stosic und Stefan Nutz derzeit in der Pole Position. Dort haben wir mit Marcel einen 6er, der als Anker fungieren soll. Er soll für eine bestimmte Balance in unserem Spiel sorgen. Er kann bei Angriffen zwar auch mitgehen, aber grundsätzlich soll er für diese Balance in Ballbesitz (Stichwort Restverteidigung) und bei gegnerischem Ballbesitz (Organisation des Pressings) verantwortlich sein. Zudem hat Marcel ein extrem gutes Passspiel, gerade wenn er das Spiel vor sich hat. Dann gibt es mit Niko einen Spieler, der sehr dynamisch ist, viele zweite Bälle erobert und den Ball über raum- und gegnerüberwindende Dribblings nach vorne treiben kann. Er ist mehr der box-to-box Spieler, der im Vorverteidigen auch Aggressivität in unser Spiel reinbringt. Und dann gibt es mit “Nutzi” noch einen Kreativspieler, der den letzten Pass spielen kann wie kaum jemand in der Liga. Er hat immer wieder Lösungen, welche für den Gegner unvorhersehbar sind. Der Gegner weiß zwar was kommen könnte, kann es aber schwer verteidigen.