[Exklusiv] So will die SV Ried den Bundesliga-Klubs das Leben schwer machen
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[Exklusiv] So will die SV Ried den Bundesliga-Klubs das Leben schwer machen

Im Grunddurchgang 55 Prozent mehr Punkte, daheim ungeschlagen und das trotz vieler Abgänge im Sommer. SV Ried-Sportvorstand Wolfang Fiala erklärt im ausführlichen 90minuten.at-Interview, wie die Rieder den Weg weiter gehen wollen.

Dank des Ligamodus gibt es für einen Club wie Ried keinen nächsten, logischen Schritt. Wir haben für so viele Highlights gesorgt und dann rutscht man aufgrund von fünf Minuten auf einmal mitten in den Abstiegskampf.

Wolfgang Fiala

+ + 90minuten.at exklusiv - Das Interview führte Gerald Emprechtinger + +

 

90minuten.at: Die Auftaktspiele in der Qualifikationsgruppe gegen die Admira und Altach waren vermutlich die bis dato schwächsten Saisonleistungen. Kam das Derby gegen den LASK nach der Länderspielpause genau zum richtigen Zeitpunkt? Und warum konnte man gegen Hartberg nicht an die Leistung vom Derby anknüpfen?

Wolfgang Fiala: Der Kontext ist entscheidend. Es ist nicht einfach, wenn man aufgrund von 4-5 Minuten die Meisterrunde verpasst. Dass man dann eine Woche später eine Glanzleistung bringt, ist von der mentalen Seite schwierig. Wir müssen das jetzt aber endgültig abhaken. Nach der Länderspielpause war insofern der richtige Zeitpunkt für das Derby, weil man sich in den zwei Wochen ohne Druck sammeln konnte. Die zwei Niederlagen konnten aufgearbeitet werden. Das Derby hat dann sowieso immer eigene Regeln und eine besondere Stimmung. Dort war auch der Spielverlauf sowie maßgebliche taktische Vorteile auf unserer Seite. Das war schon ein Ausrufezeichen nach den beiden eher schwächeren Leistungen. Das Spiel gegen Hartberg ist einfach irgendwie bezeichnend für die Qualifikationsgruppe an sich. Die Gegner stehen auswärts tiefer, das ist dann nie einfach zu bespielen. Wir können auch nicht davon ausgehen, dass wir jeden Bundesligisten zuhause automatisch schlagen, die Gegner haben auch viel Qualität und gehen mit einem Plan ins Spiel. Daher denke ich auch nicht, dass man nach einem Unentschieden ganz negativ sein muss.

 

90minuten.at:  Im Grunddurchgang konnte man heuer 29 Punkte holen, das ist eine Steigerung von 55% gegenüber den 16 Punkten aus dem Vorjahr. Zudem blieb man den gesamten Grunddurchgang hinweg daheim ungeschlagen. War diese Steigerung gegenüber der Vorsaison in diesem Ausmaß erwartbar oder prognostizierbar?

Fiala: Das sind imposante Zahlen, aber das war so nicht erwartbar. Auch hier ist der Kontext wichtig, mit den Abgängen von Marco Grüll (Anm.: zu Rapid Wien), Thomas Reifeltshammer (Anm.: Karriereende) und Kennedy Boateng (Anm.: zu Santa Clara/POR) gab es Abgänge von absoluten Leistungsträgern. Da hat die Mannschaft - es gab ja mehrere Trainer (Anm.: Heraf, Heinle, Ibertsberger) - mit einem unglaublichen Teamgeist und viel Qualität dafür gesorgt hat, dass wir so viele Punkte geholt haben. Dass man zu Hause so lange ungeschlagen bleibt, muss generell ein Ziel der SV Guntamatic Ried sein. In die josko.ARENA sollen die Gegner einfach nicht gerne kommen wollen. Wenn wir unsere Tugenden auf den Platz bringen, die in Ried ja alles andere als neu sind, dann sind wir einfach eine Mannschaft, die für alle Gegner sehr schwer zu bespielen ist.

 

90minuten.at: Eine weiterführende Frage dazu: muss man in der josko.ARENA eigentlich sogar ungeschlagen bleiben, wenn man sich im gleichen Atemzug die Auswärtsbilanz der SV Ried (Anm.: letzter Platz) anschaut? Kann man sich den Unterschied der Leistungen zuhause und auswärts irgendwie erklären?

Fiala: Das ist nur schwer erklärbar. Die Heimstärke ist mit den Fans im Rücken und der besonderen Stimmung in diesem engen Stadion schon erklärbar. Da holt man dann vielleicht das eine oder andere Mal auch einen Punkt mehr oder erzielt ein spätes Tor. Auswärts sind es ja keine anderen Spieler, die Jungs haben die gleichen Qualitäten, daher ist es nicht ganz einfach erklärbar. Das müsste man wirklich viel detaillierter beleuchten.

90minuten.at: Rund um die Trennung von Ex-Trainer Andreas Heraf wurde viel Staub aufgewirbelt, für Außenstehende war alles etwas undurchsichtig. Heraf hat in der Vorsaison für den Klassenerhalt gesorgt, der teilweise (sehr) defensive Spielstil wurde jedoch immer wieder hart kritisiert, teilweise standen 5 Innenverteidiger gleichzeitig am Platz. Unter Interimstrainer Heinle und nun unter Ibertsberger ist hier eine klare Verbesserung in punkto attraktiver Spielstil erkennbar. Hat man hier mit der Vertragsauflösung rückblickend also alles richtig gemacht?

Fiala: Zuerst muss ich sagen, dass wir dem Andi Heraf sehr dankbar sein müssen, weil er dem Verein in einer sehr schwierigen Situation geholfen hat. Ein längerer Krankenstand eines Cheftrainers ist für einen Bundesligaclub, egal in welcher Saisonphase, eine außergewöhnliche Situation. Hier gab es auch keine Erfahrungswerte von anderen Vereinen. Wir konnten also nicht sagen, aus der Erfahrung ist diese oder jene Entscheidung jetzt genau richtig. Unser weiteres Handeln war dann relativ klar und schnell, weil wir großes Vertrauen in das Trainerteam haben und auch damals gehabt haben. Wenn ein führender Mitarbeiter einen längeren Krankenstand antritt, wo man das auch die Dauer nicht genau abschätzen kann, dann muss man dem Interimstrainer auch die 100%ige Verantwortung und Entscheidungsfreiheit geben, was er machen möchte. Christian Heinle hatte hier in manchen Bereichen einfach einen anderen Ansatz und hat diesen auch rein gebracht. Am Ende des Tages war das schon sehr cool anzusehen, wie die Mannschaft dann gespielt hat. Aber so wie bei jedem anderen Profitrainer, der Grund warum die Amtszeit unter Christian als erfolgreich angesehen werden kann, waren die Punkte. Die Art und Weise, wie diese Punkte geholt wurden, war einfach etwas anders. Wir können erst rückwirkend beurteilen, ob wir alles richtig gemacht haben, wenn wir unser Saisonziel erreichen und das ist der Klassenerhalt. Erst dann können wir alles abschließend bewerten. Ich möchte hier auch sonst zu Andi Heraf nicht mehr viel sagen. Man kann hier entweder alles an die Medienöffentlichkeit tragen oder einfach in die Zukunft schauen. Wir haben uns entschieden, die Internas bei uns zu behalten und das bleibt auch weiter so.

 

90minuten.at: Was sind die mittel- bzw. langfristigen sportlichen Ziele in Ried? Heuer hat man sich gegenüber der Aufstiegssaison sportlich und punktemäßig stark verbessert gezeigt. Ist eine Qualifikation für die Meistergruppe daher der nächste, logische Schritt?

Fiala: Dank des Ligamodus gibt es für einen Club wie Ried keinen nächsten, logischen Schritt. Man sieht es am Beispiel der aktuellen Saison. Wir haben für so viele Highlights gesorgt, nicht nur im Cup, sondern auch in der Meisterschaft, mit zwei Derbysiegen, mit dem Spiel gegen WAC (Anm.: 3:3 nach 0:3 Rückstand) oder den Unentschieden gegen Salzburg und Rapid. Und dann rutscht man aufgrund von fünf Minuten auf einmal mitten in den Abstiegskampf. Das macht Prognosen einfach sehr schwierig. Die SV Guntamatic Ried will ein Verein sein, der in der Bundesliga spielt, darum geht es in erster Linie. Wenn wir es in den kommenden fünf Jahren vielleicht 2-3x in die Meisterrunde schaffen, dann freuen wir uns und es gibt uns auch mehr Planungssicherheit. Man sieht die Schwierigkeit einer längerfristigen Prognose auch etwa am Beispiel WSG Tirol, welche letzte Saison noch in der Meisterrunde gespielt hat und heuer tief im Abstiegskampf steckt. Um langfristig planen zu können, muss man es vermutlich wie der WAC schaffen, dass man einmal oder mehrmals in den Europacup kommt und hier Einnahmen lukriert. Wer mehr Geld hat, kann dementsprechend Dinge besser vorantreiben und dann kann man nach einigen Jahren den Anspruch haben, regelmäßig in die Meisterrunde zu kommen. Aber für uns ist das jetzt so schnell nicht das Ziel. Das Ziel für die SV Ried ist wie jede Saison der Klassenerhalt.

 

90minuten.at: Die SV Ried war unter Stefan Reiter für Jahrzehnte eine (gefühlte) One-Man-Show. In Ried gibt es mittlerweile dich als Vorstand Sport, Thomas Reifeltshammer als Sportlichen Leiter. Wie kann man sich einen gewöhnlichen Transfer- bzw. Kaderplanungsprozess in Ried vorstellen?

Fiala: Nachdem ich die Rolle des Vorstand Sport übernommen habe, war das erste Thema auf der Agenda die Optimierung von Kadergröße und Kaderhierarchie. Aufgrund des aufgeblähten Kader sind davor Spieler auf der Tribüne gesessen, die den Anspruch auf regelmäßige Spielzeit hatten. Daher haben wir im ersten Schritt eine Kaderstruktur definiert. Dabei handelt es sich um einen Grundstamm von 18 Profis, wobei innerhalb dieses Stammes auch eine klare Hierarchie erkennbar sein muss. Wir sprechen bei diesem Grundstamm zum Beispiel von Leuchttürmen, die in Sachen Erfahrung und Performance die Aushängeschilder sein sollen. Diese Kaderstruktur wurde klar definiert und diese wollen wir auch einhalten, weil unser Ziel über kurz oder lang ist, dass bei 2-3 Ausfällen Akademiespieler auf der Bank sitzen und Spielzeit sammeln. In der Vergangenheit sind dann verdiente Profis in den Kader gerückt, die dann aber trotzdem unzufrieden waren, weil sie der Meinung waren, dass sie auf dem Platz stehen sollten. Grundsätzlich sehe ich aber einen klaren Trend dahin, dass Vereine stärker in die Rolle kommen müssen, klare Ideen für den Transfermarkt zu entwickeln.

 

90minuten.at: Greift ihr bei Wunschkandidaten auf Positionsprofile zurück?

Fiala: Wir wollen einen Kader aus unterschiedlichen Spielertypen zusammenstellen, um dem Trainer möglichst viele Optionen und eine gewisse Flexibilität zu geben. Natürlich gibt es daher auch Positionsprofile. Als Beispiel sei das zentrale Mittelfeld auf Basis des aktuellen Kaders genannt. Auf diesen drei Positionen sind Marcel Ziegl, Nikola Stosic und Stefan Nutz derzeit in der Pole Position. Dort haben wir mit Marcel einen 6er, der als Anker fungieren soll. Er soll für eine bestimmte Balance in unserem Spiel sorgen. Er kann bei Angriffen zwar auch mitgehen, aber grundsätzlich soll er für diese Balance in Ballbesitz (Stichwort Restverteidigung) und bei gegnerischem Ballbesitz (Organisation des Pressings) verantwortlich sein. Zudem hat Marcel ein extrem gutes Passspiel, gerade wenn er das Spiel vor sich hat. Dann gibt es mit Niko einen Spieler, der sehr dynamisch ist, viele zweite Bälle erobert und den Ball über raum- und gegnerüberwindende Dribblings nach vorne treiben kann. Er ist mehr der box-to-box Spieler, der im Vorverteidigen auch Aggressivität in unser Spiel reinbringt. Und dann gibt es mit “Nutzi” noch einen Kreativspieler, der den letzten Pass spielen kann wie kaum jemand in der Liga. Er hat immer wieder Lösungen, welche für den Gegner unvorhersehbar sind. Der Gegner weiß zwar was kommen könnte, kann es aber schwer verteidigen.

 

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