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Ex-ÖFB-Profi Viktoria Schnaderbeck: "Deswegen habe ich mich viele Jahre geschämt"

Die Ex-ÖFB-Kapitänin war zu Gast in der neunten Ausgabe des neuen Sky Sport Austria Talkformats „RIESENrad – Sportgrößen im Waggon 28 und sprach über Frauen-Fußball und ihr Outing.

Viktoria Schnaderbeck (Ex-ÖFB-Kapitänin):
…zu ihrem kürzlich vollzogenem Karriereende und über die erste Zeit danach: „Mir geht es tatsächlich gut. Ich bin sehr im Reinen mit mir selber. War natürlich eine Entscheidung, die schon länger dauert, bis man dann tatsächlich zum Entschluss kommt. Umso schön ist es, dass ich jetzt sagen kann: Es war die richtige Entscheidung. Und ich weiß auch, dass es nicht nur die richtige Entscheidung war, sondern auch die richtige Entscheidung, zum richtigen Zeitpunkt. Ich freu mich jetzt auf das, was kommt.“

…angesprochen auf ihre Anfänge in Burschenmannschaften: „War eine ganz wichtige Schule, mit den Burschen zu kicken. Habe dabei die Möglichkeit bekommen, mich zu entwickeln. Du wirst halt maximal gefordert und denke, hat mir auch schon sehr, sehr viel gebracht. Aber man muss sich natürlich vorstellen: Alles was ich gemacht habe, war ich die erste, die einzige oder ich musste komplett einen neuen Weg kreieren.“

…auf die Frage, ob schon immer klar war, dass sie Profifußballerin werden wollte: „Habe damals tatsächlich ein Fernsehinterview im Alter von zehn Jahren gehabt, wo ich gesagt habe, dass ich einmal Profifußballerin werden will. Aber ich hatte damals natürlich keine Vorstellung, was das wirklich bedeutet, welche Hürden noch vor mir liegen und welche Strapazen das mit sich bringen würde. Aber dieser Traum, an dem ich viele Jahre festgehalten habe, hat mir dann in den schwierigen Phasen geholfen, weiterzumachen.“

…über ihren Schritt, als Sechszehnjährige, zu Bayern München (Anm. gemeinsam mit Carina Wenninger): „War eigentlich komplette Eigeninitiative. War ja nicht so, dass Bayern München angeklopft hat, sondern ich bzw. wir haben bei Bayern angeklopft und gesagt, dass wir ein Probetraining machen möchten und weiterkommen möchten, weil in Österreich ist man damals relativ schnell angestanden.“

…weiter zu diesem Schritt, nach Deutschland zu gehen: „Waren natürlich große Zweifel da. Ich bin ein sehr heimatverbundener Familienmensch und war davor noch nie wirklich weg von daheim. Dann gehst du weit weg, wo du keine Freunde und Familie hast und wo gefühlt eine ganz andere Welt auf dich wartet. Da habe ich schon Heimweh mit im Gepäck gehabt, es war nicht immer einfach.“

…auf die Frage, was sich seit damals im Frauenfußball im Positiven geändert hat: „Die Wahrnehmung und die Akzeptanz der Frau in der Gesellschaft und im Frauenfußball hat sich in der Öffentlichkeit extrem verändert. Als ich damals nach München gegangen bin, haben es viele belächelt und heute, nach meinem Karriereende, applaudieren viele. Man kann jetzt auch viel mehr Geld im Frauenfußball verdienen, auch wenn es meiner Meinung nach noch nicht genug ist. Sind kleine Meilensteine, die jetzt aber schon zu einer großen Veränderung führen.“

…weiter über Veränderungen im Frauenfußball: „Habe dann als Kapitänin und Repräsentantin einer Nationalmannschaft wirklich diese Verantwortung gespürt, meinen Mund aufzumachen. Aber nicht um als Rebell dazustehen, sondern meine Stimme zu benützen, um Veränderung zu erzielen, um Menschen aufmerksam zu machen und auf Missstände oder Ungleichheiten aufmerksam zu machen. War mir sehr wichtig, auch um so Vorbild sein zu können, für junge Mädls.“

"War einfach der perfekte Tag, wie man sich ihn vorstellt. Letztendlich wieder Geschichte zu schreiben, war einfach ganz, ganz groß" - Schnaderbeck über die Euro

…auf die Frage, welche Dinge heute noch immer unfair ist: „Viele glauben noch immer, Frauen können nicht Fußball spielen, Frauen können keine Stadien füllen und viele glauben noch, Frauen gehören in die Küche und nicht auf den Fußballplatz und Fußballprofi ist kein Beruf für Frauen. Stimmt nicht.“

…über Veränderungen nach dem Sommermärchen 2017: „Auch im Verband hatten wir davor Verhandlungen, wo es um wenige Euros gegangen ist und selbst die schon zu viel waren. Danach waren plötzlich alle auf unserer Seite. Da ist mir eigentlich bewusst geworden, wie es läuft. Wenn du Erfolg hast, dann sind alle auf deiner Seite, aber zu Beginn, wenn du die ehrliche Unterstützung brauchst, dann schauen alle weg.“

…über die EURO 2022: „War das Jahr davor eigentlich lange und schwer verletzt und habe eigentlich nicht gewusst, ob ich das noch schaffen kann. Daher war dann diese Einberufung wirklich ein ganz großer Moment für mich. Ein zweiter ganz großer Moment war dann das Eröffnungsspiel gegen England im Old Trafford. Da wusste ich, dass mein Ziel erreicht wurde und mein Traum voll in Erfüllung gegangen ist. Da habe ich große Dankbarkeit und Demut gespürt.“

…weiter zur EURO 2022: „Und mein letztes Spiel, gegen Norwegen, wo wir wieder ins Viertelfinale eingezogen sind, setzt schon gewisse Emotionen aus. War einfach der perfekte Tag, wie man sich ihn vorstellt. Letztendlich wieder Geschichte zu schreiben, war einfach ganz, ganz groß. Sind einfach Momente für die Ewigkeit.“

…über ihren Abschied vom Fußball, nach dem Ausscheiden gegen Deutschland im Viertelfinale: „Da war schon tiefe Traurigkeit da, muss ich ehrlich sagen. Einerseits, weil die sportliche Reise zu Ende war und andererseits aber auch, da du dich von Menschen verabschiedest, mit denen du eigentlich dein halbes Leben gegangen bist, groß geworden bist und durch dick und dünn gegangen bist. Waren sehr emotionale Momente. Aber wenn es extrem emotional wird, dann bedeutet es auch, dass es extrem schön war.“

…zu ihrem Coming-out im Jahr 2019: „Habe schon früher gewusst, dass ich auf Frauen stehe, hatte auch davor schon Beziehungen, aber habe es in der Öffentlichkeit komplett verheimlicht. Habe entweder gelogen, Ausreden gesucht oder einfach in Verleugnung gelebt. Basiert auf der Tatsache, dass ich mich für viele Jahre dafür geschämt habe und mich als Außenseiterin und Enttäuschung gefühlt habe. Heute kann ich aber mit Stolz sagen, dass ich so bin wie ich bin. Aber in vielen Jahren war das nicht der Fall.“

…weiter über die Hintergründe ihres späten Outings: „Habe versucht, es aufzuarbeiten und ich denke, es beruht sehr stark auf diesen heteronormativen Einstellungen, die Leute noch pflegen und den unterschwelligen Kommentaren, dass im Fußball eh nur Lesben sind. Wollte nicht dem Klischee entsprechen und dir wurde oftmals gesagt: Homosexuell zu sein, ist schlecht, oft auch durch die Blume. Habe auch Angst gehabt, dass es meine Karriere beeinflussen würde bzw. ich eine Versagerin bin.“

…abschließend mit einem Gesamteindruck zu ihrer Karriere: „Würde es absolut nochmal genauso machen.“

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