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LASK zunächst mit gutem Pressing, Sturm kämpft sich zurück [Spiel-Analyse]

Mit einer starken Leistung und hervorragendem Pressing können die Linzer in den ersten 40 Minuten gegen den SK Sturm Graz drei Tore erzielen. Aufgrund einer gewissen Lockerheit oder fehlenden Kräften sowie einer gelb-roten Karte kann Sturm den Drei-Tore-Rückstand noch aufholen.

+ + 90minuten.at Exklusiv - Eine Spielanalyse von Simon Goigitzer + +

 

Im ersten Spiel nach der Länderspielpause war das Topduell der österreichischen Bundesliga in der 15. Runde die Partie zwischen SK Sturm Graz und dem LASK. Vor der Pause konnten die Gäste aus Linz drei ihrer letzten vier Partien gewinnen. Im Vergleich dazu ging die Formkurve bei den Grazern stark nach unten. In den letzten fünf Spielen verlor Sturm vier und nur in der Europa League gegen Real Sociedad konnten sie ein Remis herausholen. Daraufhin kam es jedoch zu mehreren Corona-Fällen im Verein, sodass nicht nur das Spiel in der 14. Runde gegen den SCR Altach abgesagt werden musste, sondern auch mehrere Spieler für zwei Wochen nicht trainieren konnten. Somit konnte man den LASK als Favorit bezeichnen und das zeigten die Athletiker ab Minute eins.

 

Dominante erste Hälfte der Linzer

Cheftrainer Andreas Wieland begann, wie in den letzten Bundesliga-Spiele zuvor, wieder in einer 4-2-3-1-Formation. Da wie in der letzten Analyse „Rapid vs LASK“ wieder zwei Mannschaften aufeinandertrafen, die einen höheren Wert auf schnelle Umschaltmomente als längere Ballbesitzphasen legen, gab es auch diesmal wieder zu Beginn haufenweise Konter- und Gegenpressingsituationen. So kam es bei beiden Teams nur selten zu längeren Ballbesitzphasen. Jedoch war bei den Linzern klar zu erkennen, dass sie mit einer Viererkette und zwei Sechsern davor das Spiel aufbauten. Sascha Horvath, der auf der Zehn spielte, bewegte immer wieder in den Zwischenlinienraum, positionierte sich aber auch oft neben Mamoudou Karamoko, der als die einzige Sturmspitze agierte. Thomas Goiginger besetzte vor allem auf der rechten Seite immer wieder den Flügel und kam von dort aus auch mehrere Male in 1-gegen-1-Situation.

Besonders die Umschaltmomente konnten in der ersten Hälfte mehrfach gut aussgespielt werden. Nach einem Ballgewinn wurde auch der zweite Treffer erzielt. Wie auch in den Partien davor, war in den Umschaltmomenten ein klares Muster direkt nach Ballgewinn zu erkennen. Um sich aus dem Gegenpressing zu lösen, wurde meist der tiefste Spieler mit einem vertikalen Pass gesucht. Dabei agierte Karamoko als Ziel- und Wandspieler. Der Stürmer konnte mit seinem Rücken zum gegnerischen Tor die Bälle hervorragend von seinem Gegenspieler abschirmen. Dazu kam noch, dass er ein gutes Gefühl dafür hatte, wann er den Ball mit dem ersten Kontakt prallen ließ oder erst mit dem zweiten Kontakt auf einen nachrückenden Mitspieler passte. Durch den ersten Pass nach der Balleroberung und einem Prallen-Lassen auf einen Dritten konnten die Linzer mehrere Male das Gegenpressing überspielen und so auch häufig in das letzte Drittel kommen. Danach war jedoch das Problem, dass sie kaum in gute Abschlussmöglichkeiten kamen. Vor allem die suboptimale Entscheidungsfindung sorgte für Schüsse neben das Tor oder Ballverluste. Das zeigt auch der xG-Wert (expected Goals) der ersten Halbzeit, der für den LASK einen Wert von 1,01 auswies.

 

Das Pressing der Gäste

Ein besonderes Augenmerk konnte man diese Mal jedoch auf das Pressing der Linzer legen. Vor allem deswegen, da die Grazer den Spielaufbau nicht wie gewohnt mit einer Viererkette gestalteten, sondern mit einer Dreierkette. Die Gäste pressten in einer 4-2-3-1-Formation. Dabei war es jedoch oft zu sehen, dass sich Horvath von der Zehner-Position auf die Höhe von Karamoko bewegte. Auch auffällig war, dass Keito Nakamura höher stand und somit wurde der Spielaufbau von den Grazer immer wieder auf die rechte Seite der Linzer geleitet. Das bedeutet, dass das Pressing dann eher in einer asymmetrischen 4-3-3-Formation war. (Abbildung 1) Dabei stand Goiginger tiefer beziehungsweise ins Dreier-Mittelfeld und attackierte den linken Wingback der Fünferkette, wenn dieser den Ball bekam. Allerdings gab es auch Situationen, in denen Goiginger sich schon höher positionierte und dabei den rechten Innenverteidiger der Grazer attackierte. (Abbildung 2). Hier attackierte er von der Mitte aus, sodass er mit seinem Anlaufverhalten die Zentrumsspieler der Gastgeber in den Deckungsschatten stellte. Dadurch musste der rechte Außenverteidiger der Linzer Amadou Dante anlaufen. Dabei es war es jedoch wichtig, dass die Abstände der nachrückenden Viererkette nicht so groß waren.

Abbildung 1: Aus der 4-2-3-1-Formation geht LASK im Pressing in ein asymmetrische 4-3-3.

Abbildung 3: Auch hier wieder asymmetrische 4-3-3, jedoch mit Goiginger tiefer.

Das Pressing funktionierte auch in der ersten Halbzeit sehr gut. Vor allem bis zum dritten Treffer sorgten die Linzer immer wieder Balleroberungen in der gegnerischen Hälfte und ließen die Grazer kaum den Spielaufbau flach gestalten. Was waren die Problematiken bei den Grazern in den ersten 40 Minuten?

 

Probleme der Grazer und die Änderungen der 2. Halbzeit

Sturm war im (Gegen-)Pressing zunächst zu spät am Gegenspieler, aber auch die Entscheidungsfindung mit dem Ball war nicht optimal. Das heißt, dass mehrere Male Pässe gespielt worden sind, die den Mitspieler in gefährliche Situationen brachten. Dies führte immer wieder zu Ballverlusten und auch in den Umschaltmomenten konnten sie nicht richtig zu Abschlussmöglichkeiten kommen. Auch die Bewegung einzelner Spieler im eigenen Ballbesitz war mehrmals zu wenig, um sich beispielsweise aus dem Deckungsschatten zu befreien. Dadurch hatte es die Dreierkette schwer im Spielaufbau Lösungen nach vorne zu finden.

Allerdings wurde der LASK nach der 3:0-Führung ein wenig lockerer, es kam zu vielen suboptimalen Entscheidungen und Ballverlusten. Das könnte an der Lockerheit liegen, die eine so klare Führung mit sich bringt, aber auch an schwindender Ausdauer. Wie auch immer: Es kam zu fehlender Rückwärtsbewegung einiger Spieler, wodurch der erste Anschlusstreffer der Grazer passierte.

Abbildung 3: Kräfte schwinden für die Rückwäresbewegung.

Der Ball kam über zwei Stationen in der Mitte zu Jusuf Gazibegovic, der an der Strafraumgrenze in eine 1-gegen-1-Situation kam. Nachdem er seinen Gegenspieler überlaufen konnte, spielte er per Querpass auf Yeboah, der das 3:1 erzielte. Der Pass auf den rechten Flügel hätte verhindert werden können, wenn Nakamura, wie in den Situationen vor der 3:0-Führung schneller auf seine Position zurückgelaufen wäre.

Jedoch änderte sich einiges in der zweiten Halbzeit. Von Beginn an der zweiten 45 Minuten waren die Linzer nicht mehr die dominantere Mannschaft und ließen die Grazer immer besser in das Spiel kommen. Es gab nur noch vereinzelte hohe Pressingphasen, wodurch die Grazer mehr Ballbesitz und dadurch auch längere Ballbesitzphasen hatten. Den Spielaufbau konnten die Gastgeber höher gestalten und somit gab es auch mehr Druck auf die Linzer. Zwar gab es immer wieder Umschaltmomente, wodurch sie auch zum Abschluss kamen, jedoch war die Schüsse nicht genau genug. Auch die Statistik der expected Goals zeigt an, dass der LASK kaum etwas in der Offensive gemacht hat.

Im Twitter-Beitrag sieht man die xG-Grafik zum Spielverlauf, der auch zeigt, dass die Linzer in der ersten Halbzeit die dominantere Mannschaft war und in den zweiten 45 Minuten kaum noch Chancen herausspielten.

In der 60. Minute kam es auf der Seite der Hausherren auch zu einem systemändernden Wechsel. Niklas Geyrhofer musste für Andreas Kuen Platz machen. Christian Ilzer veränderte somit das System zur gewohnten 4-1-2-1-2-Formation. Vor allem sah man sofort große Unterschiede im Gegenpressing, da die Positionen der Spieler viel enger waren und die Grazer dadurch schneller wieder versuchten konnten den Ball zurückzuerobern. Gegen Ende des Spieles traf es die Linzer noch schlimmer als Rene Renner die Gelb-Rote Karte kassierte und aus dem Freistoß auch noch gleich das 3:3 resultierte.

 

Fazit

Die Linzer zeigten in den ersten 40 Minuten eine hervorragende Leistung und konnten auch schnell 3:0 in Führung gehen. Vor allem das Pressing und die Abläufe in den Umschaltmomenten funktionierten sehr gut. Allerdings wurden dann entweder die Spieler zu lässig oder auch die Kräfte ließen nach, da vor allem die Rückwärtsbewegung und das Gegenpressing nicht mehr so intensiv war wie zu Beginn. Besonders in der zweiten Hälfte ließ zudem das hohe Pressing immer mehr nach und die Grazer kamen besser ins Spiel.

Sturm Graz hatte nach den Corona-Fällen im Verein und einem System-Wechsel Schwierigkeiten in die Partie zu finden. Auch wurde in der zweiten Halbzeit zur gewohnten 4-4-2-Formation mit einer Raute gewechselt, wodurch vor allem das (Gegen-)Pressing besser funktioniert. Daraufhin konnten die Grazer jedoch nur durch zwei Standardtore den Ausgleich erzielen. Dadurch bleiben die Grazer auf dem zweiten Tabellenplatz und stehen noch vor dem WAC. Die Linzer konnten diesmal mehr Tore als ihren xG-Wert erzielen, bleiben aber dennoch ohne Sieg. Dadurch stehen sie auf dem vorletzten Tabellenplatz, wobei Altach noch ein Spiel weniger hat.

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