Foto: © GEPA Reportage / 2017 / Juli

Quo Vadis, Frauenfußball? Die Probleme hinter der EM-Euphorie

Während die Frauen-Nationalmannschaft in den letzten Monaten mit ihren Erfolgen für Begeisterung sorgte, zeigt sich in der Breite ein anderes Bild. Hier kämpfen Jahr für Jahr Frauenteams um die Existenz. Von Stefan Berndl

Reportage Frauenfußball in Niederösterreich: Seite 1Seite 2 - Seite 3

 

Die St. Pöltnerinnen selbst haben sich von einem Landesliga-Verein zum besten Team in Österreich gemausert. Der Weg begann als Spratzern, dann in Verbindung mit dem SKN St. Pölten. Im letzten Jahr  wurde das Team dann endgültig in den Klub inkludiert. Die letzten drei Jahre holte St. Pölten schließlich den Titel, zuletzt zweimal vor den Frauen von Sturm Graz. Der Herren-Bundesligaverein im Rücken hilft natürlich, für Erfolg garantiert ein solcher aber auch nicht, wie Schmaus sagt: „Es kommt immer darauf an, wie der Bereich Männer den Frauenfußball unterstützt, begleitet, hilft. Ab dem Zeitpunkt, wo man professionelle Unterstützung bekommt, tut man sich logischerweise in vielen Bereichen leichter.“

Die Frage nach der Finanzierung

Während erst Neulengbach, nun St. Pölten in den letzten 15 Jahren die Liga dominierten, hat der Rest der Liga Probleme, überhaupt einen Hauptsponsor zu finden. In vielen Fällen erhalten die Spielerinnen bloß Kilometergeld, ein Fixum gibt es nur selten. Wie sehr hier die Schere zwischen Männern und Frauen aufklafft, zeigt ein Blick auf die Gehälter. Hier wird in Niederösterreich vielerorts in einer 2. oder 3. Klasse der Herren (vorletzte und letzte Leistungsstufe) mehr verdient, als bei den Frauen in der Bundesliga. „Das ist traurig, aber wahr. Und da gehört auch einmal ein Riegel vorgeschoben“, meint Wirnsberger.

"Wir spielen vor einem kleinen Publikum, in der Bedeutungslosigkeit des Zuschauerinteresses" - Wilfried Schmaus über das St. Pöltener Frauenteam

Um diese Problematik weiß auch Gerhard Polsterer, Vorsitzender des Frauenfußballausschusses in Niederösterreich: „Man darf eines nicht vergessen: Es zählt für einen Verein immer nur die Herrenmannschaft. Es bedarf sehr viel Überzeugungsarbeit bei den Funktionären, damit die Frauen einen höheren Stellenwert bekommen. Wenn man nach der Herren-Kampfmannschaft erst die Reserve und den Nachwuchs den Frauen vorzieht, sieht man, welchen Aufholbedarf wir noch haben.“ Daher müssten sich die Vereine teilweise auch selbst bei der Nase nehmen, wie Polsterer sagt: „Wenn ich schon eine Frauenmannschaft habe, dann muss ich sie hegen und pflegen.“

Ein weiteres Problem: Der Frauenfußball ist für die meisten Sponsoren nicht attraktiv genug. „Wenn man nicht in die Medien kommt, ist man für einen Sponsor, der mehr als einen Matchball zahlen soll, auch nicht interessant. Da ist es für Vereine natürlich schwierig, potente Sponsoren zu finden“, weiß Schmaus um die Problematik, „Die Medienwirksamkeit ist gleich null.“ Seinem Team würden in diesem Fall die „drei Buchstaben SKN“ helfen. Dazu kommt, dass „wir vor einem kleinen Publikum, in der Bedeutungslosigkeit des Zuschauerinteresses spielen. Solange die Aufmerksamkeit nicht erhascht werden kann, tut man sich schwer.“ Im letzten Heimspiel der abgelaufenen Saison gegen Bergheim waren etwa – nach Angaben des NOEFV – bloß 96 Zuschauer im Stadion.

Mannschaftsschwund in Niederösterreich

Die Konsequenz der finanziellen und personellen Probleme ist, dass viele Teams den Betrieb einstellen müssen. In Niederösterreich sind es in der kommenden Saison statt 77 nur mehr 68 Frauenmannschaften. Die Jahre zuvor war die Anzahl der Teams stetig gestiegen, neue Ligen wurden eingeführt. Nun macht der Verband wieder einen kleinen Rückschritt. „Natürlich bereitet das Sorgen, das ist ganz klar. Das sind ja zum Teil renommierte Vereine, die sich auflösen“, sagt Polsterer. Die zweite Neulengbacher Mannschaft ist wohl das prominenteste Beispiel, aber auch Hollabrunn und Furth – die beide in der Landesliga aktiv waren – stellten den Spielbetrieb im vergangenen Winter, beziehungsweise am Ende der Saison ein.

Andreas Suchanek war als Sportlicher Leiter lange Jahre für die Further Damen verantwortlich. Nachdem ein Jahr zuvor schon die zweite Mannschaft aufgelöst wurde – dies aber aus internen Gründen – setzte der Klub nun einen endgültigen Schlussstrich. „Man hat es als kleiner Verein überhaupt nicht einfach. Erstens hat man wenig finanzielle Unterstützung, man muss sich jeden Hunderter selbst aufstellen. Zudem haben viele auch keine Unterstützung im Verein gefunden. Das ist ein schwieriges Thema und eine große Herausforderung“, erzählt Suchanek, „Da hat es keine Mannschaft wirklich leicht.“ Eine Grundschwierigkeit sei schon, überhaupt Verantwortliche zu finden, die sich dem Frauenfußball annehmen. „Das ist eine schwierige Arbeit, die auch in Öffentlichkeit nicht unbedingt hoch angesehen ist.“

 

>>> Seite 3: "Ohne einen zentralen Hauptsponsor für die Frauenliga wird es nicht mehr gehen"

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