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Günter Kreissl plant "rot-weiß-roten Weg im Torwartbereich [Exklusiv-Interview] (2)

Der ÖFB hat im Torwartbereich Aufholbedarf - man möchte "entschieden besser werden", erklärt der dafür im Verband zuständige Günter Kreissl im Exklusiv-Interview mit 90minuten.at. Außerdem spricht er über das Vorbild Schweiz, Teamchef Rangnick und so manchen Hoffnungsträger/Hoffnungsträgerin.

90minuten.at: Zwei Spieler aus einer anderen Altersklasse, die derzeit Stammspieler in der 2. Deutschen Bundesliga sind und für Österreich spielberechtigt sein sollten. Florian Stritzel und Nicolas Kristof. Beide kennt man in Österreich wenig bis gar nicht – Stehen die beiden inzwischen auch auf der Beobachtungsliste, oder haben da andere die Nase vorne?

Kreissl: Es ist unser Job, das am Schirm zu haben. Es spielen ja auch in anderen Ländern noch Torwarte, die für Österreich einsetzbar wären. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es aber aus unserer Sicht nicht so, dass einer dieser Torwarte über jene zu stellen ist, mit denen wir derzeit im Nationalteam zusammenarbeiten.

 

90minuten.at: In den letzten Wochen wurde darüber berichtet, dass der ÖFB an einer Einbürgerung von Salko Hamzic interessiert wäre.

Kreissl: Das ist richtig. Er ist ein interessanter Torwart und ein guter Typ, der in Österreich aufgewachsen ist. Wir unterstützen ihn und haben gute Gespräche geführt.

 

90minuten.at: Vielversprechende Talente gab es in Österreich auch in den letzten Jahren immer wieder. Was selten funktioniert hat, ist der Sprung ins Ausland. Hat das mit Pech zu tun, oder gibt es dafür einen anderen Grund?

Kreissl: Wir hatten in der Vergangenheit wenige Torhüter, die ein komplettes Profil hatten. Von einem Legionär im Ausland wird das aber gefordert. Für viele hat es gereicht, um die Nummer 2 zu sein, aber das Paket war scheinbar nie überzeugend für mehr. Um das geht es, Torwarte zu entwickeln, die alles mitbringen und im besten Fall so früh wie möglich auf gehobenem Niveau Spielpraxis sammeln. Dann werden sie auch interessanter für den internationalen Markt. Für mich persönlich kann auch jemand ein guter Torwart sein, der 1,83 groß ist, in den absoluten Topligen wird aber einfach auch auf diese körperlichen Qualitäten geschaut.

"Ich denke, dass es für Sturm Graz darum geht, sich einen Ruf zu erarbeiten – dass man nicht nur ein Verein ist, der Feldspieler entwickeln kann. Ich will es aber nicht werten und bin auch nicht nahe genug dran." - Günter Kreissl

90minuten.at: Damit sprechen Sie ein Thema an, das in Österreich vor kurzem noch aktuell war. Torwarttrainer Stefan Loch unter Ihnen zum Verein gekommen, genau wie Jörg Siebenhandl. Stefan Loch ist noch da, Siebenhandl nicht mehr – als Begründung für die Trennung wurde auch angegeben, dass Siebenhandl mit 1,84 Metern zu klein ist. Hat sich im Fußball in den letzten Jahren etwas drastisch verändert, wodurch die Körpergröße bei Torhütern wieder wichtiger wird?

Kreissl: Ich kann nur mutmaßen, das ist ja auch die strategische Entscheidung eines Klubs. Natürlich ist die Chance größer, einen athletisch starken, großen Torwart zu entwickeln, um ihn an einen Topverein abzugeben, als mit einem kleineren Torwart zu arbeiten. Ich denke, dass es für Sturm Graz darum geht, sich einen Ruf zu erarbeiten – dass man nicht nur ein Verein ist, der Feldspieler entwickeln kann. Ich will es aber nicht werten und bin auch nicht nahe genug dran. Aktuell arbeitet man mit Torhütern, die ein außergewöhnliches physisches Profil mitbringen, man wird sich dabei etwas denken.

 

90minuten.at: Sturm Graz setzt derzeit auf Legionäre im Tor, bei sieben von 12 Bundesligisten sind Österreicher die Nummer 1. Wie zufrieden ist man mit der Spielzeit, die heimische Keeper derzeit bekommen?

Kreissl: Natürlich wünsche ich mir in meiner Funktion so viele Österreicher wie möglich, am liebsten 12 von 12. Allerdings mit dem Zusatz, dass es keine geschützte Werkstätte sein darf. Es darf keine Garantie geben, wir brauchen den Wettbewerb – Torwart heißt auch, sich in dem Wettbewerb um die Nummer 1 durchzubeißen. Zukünftig entwickeln wir hoffentlich genügend Torwarte, die das schaffen. Derzeit ist es mir der ein oder andere Torwart, der kein Österreicher ist, zu viel. Ich will aber niemanden angreifen, oder die Qualität beurteilen – am Schluss bleibt das auch eine Vereinsentscheidung.

"In der Spitze haben wir auch im internationalen Vergleich sehr interessante Torfrauen, da ist mir nicht bang." - Günter Kreissl

90minuten.at: Kommen wir noch einmal auf Ihre Position zurück, der Titel ist ja eher allgemein angelegt. Sie sind als „Head of Goalkeeping“ auch für die Frauen zuständig.

Kreissl: Ja, für den gesamten Goalkeeping-Bereich.

 

90minuten.at: Dann zweigen wir doch einmal zum Frauen-Nationalteam ab. Mit Manuela Zinsberger gibt es ein klares Aushängeschild, auch die anderen Nationalteam-Keeperinnen sind im Ausland aktiv. Wie weit sind wir denn bei den Frauen?

Kreissl: Sehr gut in der Spitze, noch nicht so gut in der Breite. Bei der U19-Euro hat Mariella El Sherif von Sturm Graz überragend gespielt, sie ist vor allem eine ausgezeichnete Fußballerin in der Spieleröffnung. In sie setzen wir große Zukunftshoffnungen, dahinter gibt es mit Larissa Rusek, Larissa Haidner und Christina Schönwetter schon die nächsten. In der Spitze haben wir auch im internationalen Vergleich sehr interessante Torfrauen, da ist mir nicht bang. In der Breite hätte ich gerne mehr, das hängt aber überhaupt an der Entwicklung des Frauenfußballs, wo der ÖFB sehr viel unternimmt.

 

>> Weiterlesen - Seite 3: Was macht die Schweiz besser? War Österreich eine Torwartnation?

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