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Günter Kreissl plant "rot-weiß-roten Weg im Torwartbereich [Exklusiv-Interview] (3)

Der ÖFB hat im Torwartbereich Aufholbedarf - man möchte "entschieden besser werden", erklärt der dafür im Verband zuständige Günter Kreissl im Exklusiv-Interview mit 90minuten.at. Außerdem spricht er über das Vorbild Schweiz, Teamchef Rangnick und so manchen Hoffnungsträger/Hoffnungsträgerin.

90minuten.at: Im Juni hat eine Torwarttrainer-Fortbildung stattgefunden, ein Vortragender war dort Patrick Foletti, Head of Goalkeeping beim Schweizer Verband. Die Schweiz hat jetzt seit einigen Jahren eine sehr hohe Dichte an Torhütern, zumindest in der Nähe vom höchsten Niveau. Haben sie derzeit einfach eine gute – glückliche -  Phase, oder machen sie etwas anders als wir, vielleicht auch besser?

Kreissl: Im Sport braucht man immer eine kleine Portion Glück, Erfolg hat die Schweiz aber nicht zufällig, sondern planmäßig. Patrick Foletti leistet großartige Arbeit, die Schweiz hat aber auch ein Jahrzehnt gebraucht, bis sie so richtig in der Erntephase angekommen sind. Das ist die realistische, nachhaltige Zeitschiene. Foletti hat vor vielen Jahren eine klare Philosophie entwickelt, die in der Schweiz konsequent verfolgt wurde. Aufgrund dieser Initiative und dieser Einzelperson hat sich der Schweizer Torwartmarkt sehr positiv entwickelt und ist als Vorbild für uns zu sehen. Wir wollen einen ähnlichen Weg gehen und viel vor Ort in den Einrichtungen präsent sein.

 

90minuten.at: Wie kann man sich diese Philosophie greifbar vorstellen? Geht es dabei um Scouting, die Arbeit auf dem Platz…

Kreissl: In erster Linie geht es um die Arbeit auf dem Platz, um das Grundverständnis für Torwartspiel. Wir wollen, dass auch im österreichischen Profibereich – von Bundesliga bis LAZ – alle das gleiche Bild haben. Der zweite Punkt sind Leitlinien für die Trainingsarbeit, die Patrick Foletti vorgibt. Weil sich die Dinge gut entwickelt haben, wird er jetzt auch darüber hinaus einbezogen: Er hat erzählt, dass er inzwischen auch von Klubs um Rat gefragt wird. Wie kann man einen Torwart am besten entwickeln, ist eine Leihe sinnvoll – strategische Entscheidungen in der Spielerentwicklung.

"Ich möchte das nicht schmälern, es waren großartige Torwarte. Es wäre aber falsch zu sagen, dass Österreich über Generationen hinweg dafür bekannt war, Torwarte zu entwickeln." - Kreissl über die "Torwartnation" Österreich

90minuten.at: Österreich wird zumindest medial gerne als kleine „Torhüternation“ bezeichnet, wenn man über die 1980er und 1990er spricht. Sehen sie das grundsätzlich auch so?

Kreissl: Nein, ich denke, das wäre zu dick aufgetragen. Wir hatten damals eine sehr gute Phase, wahrscheinlich die beste in der österreichischen Torwartgeschichte. Mit Franz Wohlfahrt, Michael Konsel, Otto Konrad und dahinter weiteren großartigen Torhütern wie Wolfgang Knaller. Ich weiß wie gut er war, ich war viele Jahre hinter ihm die Nummer 2. Es gab eine hohe Dichte an Talenten, die uns passiert ist. Damals war das überhaupt nicht planmäßig. Es war aber auch nicht so, dass sie viele Jahre im Ausland gespielt haben. Ich möchte das nicht schmälern, es waren großartige Torwarte. Es wäre aber falsch zu sagen, dass Österreich über Generationen hinweg dafür bekannt war, Torwarte zu entwickeln. Ich glaube auch nicht, dass wir schlecht waren – ich glaube, dass wir normal gut waren. Uns als Torwartnation zu bezeichnen, wäre vielleicht charmant, aber zu viel.

 

90minuten.at: In Zukunft könnte sich das vielleicht ja noch ändern. Wie stehen wir denn aus ihrer Perspektive bei der WM 2026 im Torwartbereich da?

Kreissl: Wir müssen und wollen viel besser werden. Die Entwicklung der letzten Monate war sehr positiv. Es war nicht unbedingt absehbar, dass Alexander Schlager die Nummer 1 in Salzburg wird. Patrick Pentz ist bei einem neuen Verein, Tobias Lawal ist die Nummer 1 beim LASK, Heinz Lindner trainiert wieder. Ich möchte auch Nik Polster hervorheben, der beim U21-Team sehr gute Leistungen gebracht hat. Im Bereich der Frauen hat Mariella El Sherif bei der Frauen-U19-EM Topleistungen gebracht. Das ist aber nur der Blick auf das momentane Zeitfenster, darauf darf man sich nicht ausruhen.

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