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Torwartnation Österreich: Wie werden wir das, was wir nie waren? [Exklusiv]

Die erfolgreichsten Jahre in Österreichs Torwartgeschichte liegen inzwischen so weit zurück, dass sich die heutige Generation nicht einmal an sie erinnern kann. In Zukunft soll alles wieder besser werden, gerade rechtzeitig für die kommenden Großereignisse, für die man sich mit frischen Ambitionen qualifizieren will. Wie es aktuell läuft, hat sich 90minuten.at exklusiv angeschaut.

+ + 90minuten.at PLUS - Eine Bericht von Daniel Sauer + +

 

Land der Berge, Land der Torwarte? So, oder so ähnlich müsste es eigentlich heißen, wenn es nach den hohen Erwartungen an unsere Schlussmänner und -frauen einerseits und der Folklore über vergangene Tage andererseits geht. Trotzdem will bei uns nicht gelingen, was bei Ländern wie Dänemark, Slowenien, der Schweiz gelingt – warum eigentlich?

 

Neue Aufstellung

Für die Weiterentwicklung der österreichischen Torleute ist seit Jänner 2021 vor allem einer zuständig: Günter Kreissl, im heimischen Fußball bestens vernetzt, wurde vom ÖFB mit der „Gesamtplanung und Strukturierung des gesamten Torhüterbereichs“ betraut. Keine einfache Aufgabe, zumal der 49-Jährige auch Teile der Toptalenteförderung zu verantworten hat. Ganz alleine ist Kreissl aber nicht  - Roland Goriupp leitet seit 2018 die Torwarttrainer-Ausbildung im Verband, dahinter arbeiten weitere Fachkräfte wie Werner Pentz – Vater von Patrick. 

Im Bereich der Torwart-Agenden wurde, wie in mehreren Bereichen des ÖFB, über die letzten Jahre viel umgekrempelt, ohne allzu nachhaltigen Plan. Ab 2015 war Klaus Lindenberger Nationalteam-Torwarttrainer und Leiter der Trainerausbildung, nach seinem Rückzug 2018 übernahm Josef Schicklgruber interimistisch beim A-Team und Goriupp in der Ausbildung. 2019 kehrte Robert Almer zum Verband zurück – eigentlich als Torwarttrainer, allerdings mit erweitertem Profil samt Koordinationsaufgaben und einer Funktion als „Ansprechpartner“. Keine zwei Jahre später kam Günter Kreissl, um Teile dieser Arbeit zu übernehmen, hoffentlich längerfristig. Kontinuität täte diesem Bereich sehr gut. 

 

Die Schweiz kann es besser 

In der Schweiz werkt seit 2011 vor allem Patrick Foletti und das mit Erfolg: Philipp Köhn kenn man in Österreich, aber auch Yann Sommer, Gregor Kobel, Roman Bürki, Jonas Omlin, Marwin Hitz und Yvon Mvogo sind keine unbeschriebenen Blätter. Sie alle spielen oder haben über Jahre in Topligen gespielt. Auch vor Foletti gab es im Verband einigermaßen viel Konstanz, Erich Burgener hatte sein Amt von 2000 bis 20008 inne. Folettis Arbeit ist es jetzt aber, die Österreich und anderen Verbänden als Vorbild dient. „Er hat vor vielen Jahren eine klare Philosophie entwickelt, die in der Schweiz konsequent verfolgt wurde. Aufgrund dieser Initiative und dieser Einzelperson hat sich der Schweizer Torwartmarkt sehr positiv entwickelt", lobt Kreissl im 90minuten.at-Interview

Außen stehend ist gar nicht so leicht ersichtlich, was Foletti im Detail auszeichnet. Lesen kann man von Spezialbrillen, die mit Lichtreizen ablenken und damit die Konzentrationsfähigkeit der Torwarte erhöhen sollen. Auch sonst arbeitet er innovativ und engagiert, den Schweizer Stamm-Teamkeepern gestaltet er seit Jahren Motivationsvideos. Wenn man Kreissl zuhört, bekommt man aber den Eindruck, dass vor allem die Kontrolle, die Foletti über sein Fach hat, auch in Österreich ermöglicht werden soll. „Wir wollen, dass im österreichischen Profibereich alle das gleiche Grundverständnis haben“, erklärt er. Foletti gibt in der Schweiz Leitlinien für die Trainingsarbeit vor, inzwischen wird er dazu auch aktiv von Klubs um Rat gefragt. Soll ein Torwart verliehen werden, wie kann man ein Talent am besten entwickelt – diese Fragen werden in der Schweiz nicht nur, aber auch zentral koordiniert. 

Bewundert werden unsere Nachbarn jedenfalls nicht nur aus der Ferne: Im Juni war Patrick „Fox“ Foletti für einen Vortrag bei der ÖFB-Trainerausbildung eingeladen, die Verbindung besteht also. In der Schweiz habe es ein Jahrzehnt gebraucht, bis die gewünschen Resultate „erntereif“ waren, so Kreissl. Man wird sich also jedenfalls noch gedulden müssen.

 

Champions-League-Expertise für den ÖFB

Einen (virtuellen) Auftritt dort hatte auch Michael Gspurning, der im April als neuer ÖFB-Torwarttrainer präsentiert wurde. Man habe sich aus mehreren geeigneten Kandidaten entscheiden können, erklärt Kreissl, der für die Bestellung mitverantwortlich war. Bei Union Berlin arbeitet der 42-Jährige seit Jahren mit Erfolg, erstmals in der Vereinsgeschichte gelang zuletzt die Champions-League-Qualifikation. Wie Gspurning im exklusiven 90minuten.at-Interview erklärt, gab es nicht nur Kontakt zu Günter Kreissl: "Es folgte ein ausführlicher Zoom-Call mit Ralf Rangnick und Sportdirektor Peter Schöttel und ein Berlin-Besuch von ÖFB-Co-Trainer Lars Kornetka". Bei letzterem war auch Kreissl wieder dabei. 

"Wir suchen ein sehr anspruchsvolles Gesamtbild, in den letzten Jahren hat es oft in irgendeinem Bereich gefehlt." - Günter Kreissl

Überhaupt scheint sich die neue sportliche Führung aktiv in den Torwartbereich einzubringen. Teamchef Rangnick hat seine Teilnahme an einer bevorstehenden Fortbildung angekündigt, das müsse man sehr wertschätzen, meint Kreissl. Es wirkt nicht so, als wäre dieses Engagement in der Vergangenheit selbstverständlich gewesen. 

Die Klarheit bezüglich der Erwartungen Rangnicks an die Torhüter im Nationalteam dürfte dabei aber gar nicht so gegeben sein, wie zunächst angenommen. Ein mitspielender, aktiver Schlussmann wäre zwar wünschenswert, aber nicht die einzig denkbare Lösung. Daniel Bachmann wurde beispielsweise zu einem konservativeren Ansatz gecoacht: "Ich habe ihm in der Vorbesprechung des Spiels gesagt, dass wir das aktive Mitspielen bei uns nicht brauchen und nicht wollen, da bei uns ein Rückpass zum Torwart nur in absoluten Notsituationen passiert".  

 

Der Status Quo

Schlecht ist bei uns aber auch bei weitem nicht alles, nur der dringend benötigte Plan hat in den letzten Jahren augenscheinlich gefehlt. Die aktuelle Nr. 1 im Nationalteam spielt beim aktuell besten Verein des Landes – in Linz und Wien reifen zwei vielversprechende Talente heran. Dass es so kommt, war vor nicht allzu langer Zeit aber noch nicht unbedingt absehbar. Niklas Hedls Weg zum Stammplatz bei Rapid war nicht immer eben (>> siehe auch Exklusiv-Interview mit Niklas Hedl), Tobias Lawal konnte beim LASK nur aufrücken, weil Alexander Schlager nach Salzburg wollte. Dass er dort zum Spielen kommt, stand aber nicht sofort fest. Soweit die Situation zu Hause, im Ausland ist alles deutlich unsicherer. Martin Fraisl wurde vom Aufstiegstorwart bei Schalke 04 zum Abstiegstorwart von Arminia Bielefeld, inzwischen sitzt er auf der Bank des FC Midtjylland. Heinz Lindner ist nach überstandener Krebserkrankung weder beim Schweizer Zweitligisten Sion, noch beim Nationalteam Thema. Patrick Pentz reiht sich eher in die Liste der im Ausland mäßig erfolgreichen Schlussmann-Exporte ein – in Dänemark läuft es jetzt immerhin wieder besser. Und dann wäre da eben noch Daniel Bachmann – ein Torwart mit EM-Endrunden und Premier-League-Erfahrung und einem Stammleiberl samt Kapitänsbinde beim englischen Zweitligisten FC Watford. Trotz Aufstiegsplänen misslang seinem Team allerdings der Saisonstart, im Nationalteam – erstmals von Rangnick eingeladen – agierte er unglücklich. Auswahl hat der Teamchef derzeit, sogar zwischen unterschiedlichen Profilen. Wirklich heraus sticht aber keiner. 

Einen Hehl macht daraus beim ÖFB niemand: Michael Gspurning vermisst einen Keeper mit dem Prädikat "Weltklasse", Günter Kreissl sieht noch viel Luft nach oben.  

 

Über den Tellerrand schauen

Warum also nicht kreativ werden und einmal etwas ausprobieren? Mit möglichen Kandidaten von neuen Nationalteam-Keepern lässt sich eine lange Liste füllen, wenn man genug Fantasie mitbringt. Da gäbe es zum Beispiel Nicolas Kristof: Der gebürtige Deutsche ist beim Zweitligisten Elversberg gesetzt, der Saisonstart verlief an den Erwartungen gemessen ordentlich. Für den ÖFB stand der 23-Jährige schon im Nachwuchs auf dem Platz, mit Christoph Baumgartner würde er einen Nationalteam-Kollegen bereits kennen. Auch Florian Stritzel ist Stammkeeper in der 2. Bundesliga, mit Wehen Wiesbaden stellt er die viertbeste Defensive im Bewerb. Der Vater des 29-Jährigen kommt aus Österreich, anfragen könnte man ja einmal. Ivan Lucic besticht mit guten Leistungen bei Hajduk Split, in 28 Einsätzen verzeichnete er fast ebenso viele Gegentore (19) wie Weiße Westen (18). Cican Stankovic ist inzwischen Stammspieler bei AEK Athen - auch keine ganz schlechte Adresse.

Momentan ist Österreich mit Alexander Schlager gut aufgestellt, auch dahinter sieht es wieder besser aus, als vor einigen Monaten. Torwartrainer Gspurning erklärt: "Alex hat sich vorerst einen Status erarbeitet, nun sollte man die Nummer 1 auch schützen und unterstützen". Andere Kandidaten hätten aber laufend die Chance, ihm seinen Platz streitig zu machen. Aus Sicht des Nationalteams wäre es wohl ratsam, sich im Vorlauf der EM und für die Zeit danach breit aufzustellen.

 

Nicht groß genug für Graz

Nicht die Breite, sondern eher die Höhe war zuletzt in Graz Thema: Dass der Vizemeister den langjährigen, verdienten Stammtorwart mitten in der Saison entbehren konnte, schlug Wellen. Jörg Siebenhandl war Torwarttrainer Stefan Loch mit seinen 1,84 Metern Körpergröße zu klein, geholt wurden mit Arthur Okonkwo (1,98) und Kjell Scherpen (2,06) zwei Legionäre, die deutlich größer sind. Die Siebenhandl-Ära endete jedenfalls kurios, für nähere Nachfragen stand Loch leider nicht zur Verfügung. Günter Kreissl, der zuerst Loch und dann gemeinsam mit ihn Siebenhandl zum Verein geholt hat, allerdings schon. Wie bewertet er die Situation? "Ich denke, dass es für Sturm Graz darum geht, sich einen Ruf zu erarbeiten - dass man nicht nur ein Verein ist, der Feldspieler entwickeln kann. Ich will es aber nicht werten und bin auch nicht nahe genug dran", so Kreissl. Aktuell würde man mit physisch außergewöhnlichen Torhütern arbeiten, dabei werde man sich schon was denken. 

"Die Größe ist wichtig, aber nicht alles." - Niklas Hedl

Das offenbar gesuchte physische Profil gibt es in Österreich nicht oft, vor allem verlieren sich die Überlegungen dazu schnell in den Details. Der Größenunterschied zwischen dem "kleineren" Siebenhandl und der zurückgeholten Zukunftshoffnung Matteo Bignetti ist geringer, als der zwischen Bignetti und Okonkwo. Und ob Sturm Nein zu Niklas Hedl sagen würde, wenn man ihn bekommen könnte, darf auch bezweifelt werden - obwohl er nur um vier Zentimeter größer ist, als die ehemalige Nummer 1. Im Interview bei 90minuten.at brachte Hedl seine Sicht auf den Punkt: "Die Größe ist wichtig, aber nicht alles". Um das kleine Defizit auszugleichen könne man beispielsweise an der Sprungkraft arbeiten, oder an der Schnelligkeit. Der kleinste Bundesliga-Stammtorwart ist aktuell Alexander Schlager, die Torwartabteilungen der Bundesligisten sind in diesem Punkt aber wild durchgemischt. 

 

Anspruchsvolles Gesamtbild

Rein quantitativ ist die Bundesliga im Torwartbereich weniger rot-weiß-rot als in den letzten Jahren. Bei sieben der zwölf Teams steht ein Österreicher im Tor, 2021/22 waren es beispielsweise noch zehn. Diese Zahl schwankt aber ständig, die ein oder andere Verletzung könnte das Bild stark verändern. Das Problem liegt aber ohnehin in einem anderen Bereich, auf die reine Anzahl kommt es nicht an. Wie Günter Kreissl gegenüber 90minuten.at formuliert, sieht er den Nachholbedarf vor allem bei der qualitativen Ausgewogenheit: "Wir suchen ein sehr anspruchsvolles Gesamtbild, in den letzten Jahren hat es oft in irgendeinem Bereich gefehlt". Neben den Fähigkeiten im reinen Torwartspiel werden auch technische Aspekte wichtiger, die Mentalität ist es sowieso. "Derzeit ist es mir der ein oder andere Torwart, der kein Österreicher ist, zu viel. Ich will aber niemanden angreifen oder die Qualität beurteilen", schätzt der Head of Goalkeeping ein. 

 

Was kommt nach?

Zwei, die das gewünschte Profil mitbringen, sind Niklas Hedl und Tobias Lawal. Zwei der jüngsten Torwarte der Liga, die beide inzwischen regelmäßig bei heimischen Großklubs spielen - man darf sich Hoffnungen machen. Aber auch dahinter gibt es einige interessante Talente, die in Zukunft eine größere Rolle spielen könnten. Die unter Ralf Rangnick ins Leben gerufenen Perspektivlehrgänge sind in dieser Hinsicht eine gute Anlaufstelle, auch der Bundesliga-Vorstandsvorsitzende Christian Ebenbauer hatte im Sommer gegenüber 90minuten.at stolz erklärt: "Wir achten darauf, dass unsere Ausbildung so gut ist, dass man in den besten Ligen der Welt spielen kann. Beim erstmaligen Perpsktivlehrgang im Herbst waren 25 Spieler aus der ADMIRAL Bundesliga und 2. Liga dabei". Neben den etablierten Keepern Hedl und Lawal waren bisher Lukas Gütlbauer (WAC), Matteo Bignetti (Sturm Graz), Salko Hamzic (RB Salzburg), Lukas Jungwirth (LASK), Kenan Jusic (Austria Wien) und Elias Lorenz (Sturm Graz) nominiert.

Bei einigen von ihnen zeigt sich aber auch das Problem, das die Talententwicklung auf dieser Position kompliziert gestaltet: Die Plätze im Kader sind begrenzt, spielen kann nur einer pro Verein. Gütlbauer - vor einem Jahr als bester Torwart der 2. Liga zum WAC gewechselt - kommt aktuell nicht am Deutschen Hendrik Bonmann vorbei. Er selbst wirkt damit unzufrieden: "Ich habe mir natürlich etwas ganz anderes erwartet", die Vorsaison sei eine zum Abhaken gewesen. Matteo Bignetti muss sich bei Sturm II gegen den Abstieg aus der 2. Liga wehren, mit 23 Gegentoren stellt das Team die schlechteste Defensive der Liga. Immerhin kann der 19-Jährige Spielzeit sammeln, im Gegensatz zu Luka Maric (21) - immerhin U21-Teamspieler - der die Saison als Backup der Grazer auf der Bank verbringen wird. Auch beim LASK drängen sich die Talente, neben Jungwirth gibt es noch Nikolas Polster, den Kreissl positiv hervorhob. Aktuell ist er an den SV Horn verliehen. 

Gegen eine hypothetische Adaptierung des Österreicher-Topfes, bei der ein Torwart einen Sondertatus erhalten könnte, spricht sich Kreissl klar aus: "Es darf keine geschütze Werkstätte sein. Wir brauchen den Wettbewerb - Torwart heißt auch, sich in dem Wettbewerb um die Nummer 1 durchzubeißen". Der ÖFB-Torwarttrainer setzt bei der Spielerentwicklung auf intensiven Kontakt, vor allem mit den Vereinen. 

 

Flucht ins Ausland?

Wenn es in Österreich gar nicht, oder besonders gut läuft, führt der Weg vieler Talente ins Ausland. Alexander Schlager entschied sich in der Vergangenheit gegen einen solchen Schritt und wurde letztendlich dafür belohnt. Patrick Pentz gelang der Sprung nach Frankreich, wo ihn letztendlich ein ähnliches Schicksal ereilte, wie viele österreichische Keeper-Exporte vor ihm. Jürgen Macho konnte sich in England nicht langfristig durchsetzen, Bobby Olejnik rutschte nach seinem Wechsel von der Wiener Austria zu Aston Villa ins englische Unterhaus ab. Ramazan Özcan wurde vom Ersatztorwart bei RB Salzburg zum Ersatztorwart bei der TSG Hoffenheim, Tino Casali sitzt aktuell auf der Bank bei Eintracht Braunschweig. 

"Eine Entwicklung durch Konkurrenz ist gut für das Team, weil dies automatisch eine weitere Niveauanpassung nach oben bedeuten würde." - Michael Gspurning

Unabhängig vom Leistungsniveau verliefen Auslandstransfers österreichischer Keeper meistens glücklos. Ein Schicksal das theoretisch auch die jungen Nachwuchstalente von heute einmal treffen könnte. Günter Kreissl resümiert: "Wir hatten in der Vergangeneit wenige Torhüter, die ein komplettes Profil hatten. Von einem Legionär im Ausland wird das aber gefordert. Für viele hat es gereicht, um die Nummer 2 zu sein, aber das Paket war scheinbar nie überzeugend für mehr".

Talente wie Niklas Hedl und deren Berater werden sich der drohenden Gefahr des Zweierleiberls bewusst sein, eine Karriere will gerade bei Torwarten gut geplant sein. Einem Auslandtransfer zeigt sich der 22-Jährige im 90minuten.at-Interview nicht abgeneigt, eilig scheint er es aber nicht zu haben. "Ich bin noch jung und da heißt es für mich jetzt, viel Erfahrung mit Spielen zu sammeln". Über ein konkretes Angebot habe er sich noch nie Gedanken machen müssen, England, Deutschland und Italien wären in Zukunft einmal mögliche Ziele. Auf die Frage, ob ein Wechsel ins Ausland nur bei einer Aussicht auf Spielzeit denkbar wäre, antwortet Hedl klar: "Ja, natürlich will ich spielen". 

 

Torwartnation Österreich

Die meisten österreichischen Torwarte, die erfolgreich im Ausland Fuß fassen konnten, haben vor über 20 Jahren mit dem Kicken aufgehört. Über die "Torwartnation Österreich" wird gerne geschwärmt: Friedrich Koncilia (84 Länderspiele), Klaus Lindenberger (41 Länderspiele), Franz Wohlfahrt (59 Länderspiele), Michael Konsel (43) Länderspiele. Zwei Generationen von Torhütern haben dem Nationalteam zwischen 1970 und 2001 als Rückhalt gedient, das heutige Torwartteam wird sich an diese Ära nicht mehr erinnern können. "Damals war ich zum Teil noch gar nicht auf der Welt", erklärt auch Niklas Hedl auf die Namen angesprochen. Günter Kreissl kann sich erinnern, er habe selbst lange genug hinter Wolfgang Knaller (4 Länderspiele) die Bank gehütet und bezeugt die Qualität der Legenden. Mit der Bezeichnung als Torwartnation ist er aber nicht ganz einverstanden: "Ich denke, das wäre zu dick aufgetragen. Es gab eine hohe Dichte an Talenten, die uns passiert ist". 

Mit Konsel hatte Österreich für zwei Jahre einen Legionär bei der AS Rom, Wohlfahrt absolvierte 146 Spiele für den VfB Stuttgart. Die Karriere von Alexander Manninger (33 Länderspiele) erlebte ein vielfaches Auf- und Ab, immerhin stand er vielfach für den FC Arsenal und Juventus Turin auf dem Platz. Große Talente und große Karrieren - vor allem innerhalb Österreichs. Wenn es nach Günter Kreissl und Michael Gspurning geht, sollen sie in Zukunft aber noch übertroffen werden. Daran arbeitet inzwischen eine Task Force, an den Ambitionen soll es nicht scheitern. So sagt etwa Gspurning: "Eine Entwicklung durch Konkurrenz ist gut für das Team, weil dies automatisch eine weitere Niveauanpassung nach oben bedeuten würde."

 

Bei den Frauen schon näher dran

Vielleicht geht es aber auch schon schneller, auf einem guten Weg ist der ÖFB vor allem im Frauenbereich. Mit Manuela Zinsberger ist die Nummer 1 im Nationalteam wohl noch auf Jahre in guten Händen, die bald 28-Jährige spielt beim englischen Topklub FC Arsenal, auch wenn sie dort zuletzt ihren Stammplatz vorerst nicht mehr fix in der Tasche hat. Aber auch die drei anderen Torhüterinnen im ÖFB-Quartett von Teamchefin Irene Fuhrmann sind im Ausland aktiv. Isabelle Kresche (24) steht in Italien bei Sassuolo unter Vertrag, Kristin Krammer (21) ist Stammspielerin beim deutschen Bundesliga-Klub 1. FC Nürnberg. Auch Jasmin Pal (26) hat die Nummer 1 beim Erstligisten 1. FC Köln. Alle Nationalkeeperinnen sind in Topligen aktiv. Auch dahinter kommt viel nach: Günter Kreissl setzt große Hoffnungen in Mariella El Sherif von Sturm Graz, dahinter stehen mit Larissa Rusek (Neulengbach), Larissa Haidner (Austria Wien) und Christina Schönwetter (First Vienna) weitere Talente bereit.

Die Voraussetzungen bei den Herren und Frauen sind also aktuell gar nicht so schlecht. Mit dem gesetzten Fokus innerhalb des ÖFB wird zudem auch aktiv daran gearbeitet, dies sollte sich jedenfalls nicht negativ auswirken. Wenn alles gut läuft, kann sich Österreich in einigen Jahren möglicherweise als so wie die Schweiz als Torhüterinnen-Nation sehen. 

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