Foto: © GEPA

Präsidentenkür: Entscheidet der Wahlmodus?

Heute, Samstag, tritt der mit großer Spannung erwartete Wahlausschuss zusammen, um Roland Schmid oder Gerhard Milletich für das Amt des neuen ÖFB-Präsidenten vorzuschlagen. Eine geheime Wahl steht im Raum, unabhängig davon geht Milletich mit einer 1:0-Führung ins Rennen.

++ 90minuten.at-Exklusiv – die 91. Minute von Michael Fiala ++

 

Es kommt also zum Showdown: Am Samstag treffen sich die neun ÖFB-Landespräsidenten und Bundesliga-Vorsitzender Philip Thonhauser in einem Salzburger Hotel, um bei einem Hearing nach wochenlangen, inhaltsleeren Diskussionen den Kandidaten für den neuen ÖFB-Präsidenten zu küren, der dann am 17. Oktober im Rahmen der Hauptversammlung zu Österreichs wichtigstem Fußballfunktionär gewählt werden soll.

Spät aber doch wird es am Samstag in diesem Hearing (hoffentlich) auch um Inhalte gehen. Ob diese auch noch einen Einfluss auf das Wahlverhalten haben werden, bleibt zweifelhaft. Viel mehr ist davon auszugehen, dass sich die zehn Personen mehr oder weniger bereits festgelegt haben. So gibt es laut 90minuten.at-Recherchen heute, Samstag, nur noch einen Landesverband, der sich noch nicht entschieden haben soll. So viel kann man aber sagen: Eine klare Mehrheit für einen der beiden Kandidaten zeichnet sich nicht ab. 

Mit welchen Inhalten Roland Schmid oder Gerhard Milletich den Wahlausschuss beeindruckt haben, bleibt ein Geheimnis. Bisher hat man jedenfalls nur Argumente gehört, warum gewisse Kandidaten wie etwa Georg Pangl, Heinz Palme oder Michael Krammer nicht geeignet sind. Das Prozedere hat in den letzten Wochen jedenfalls eindrucksvoll aufgezeigt, dass der größte Sportverband Österreichs in seinen Strukturen des 20. Jahrhunderts gefangen ist.

"Dem Argument zur geheimen Wahl kann ich einiges abgewinnen, aber es muss darüber abgestimmt werden. Persönlich bin ich mittlerweile auch für eine geheime Wahl." - Wolfgang Bartosch

Wahlgeheimnis oder nicht?

Es gibt dennoch einen Faktor, der die Wahl unter der Leitung von Vorsitzenden Wolfgang Bartosch (Landespräsident Steiermark) am Samstag möglicherweise noch beeinflussen kann: Es ist die Frage, ob die Abstimmung der zehn Herren offen oder geheim abgehalten wird. Bei den großen Verbänden UEFA und FIFA ist eine geheime Wahl übrigens mittlerweile Standard.

Laut Bartosch gibt es dazu in den Satzungen des ÖFB keine Regeln, „sodass allgemeine demokratische Rechtsgrundsätze anzuwenden sind. Das heißt aber auch, dass unterschiedliche Szenarien denkbar sind.“

Noch am Donnerstag meinte Bartosch auf 90minuten.at-Anfrage zu einer geheimen Wahl: „Tendenziell bin ich für eine offene Abstimmung, weil sowieso nichts „geheim“ bleibt“, so der Steirer. Bartosch meint vermutlich damit, dass selbst eine geheime Wahl über Umwege in den Medien irgendwann öffentlich wird. Das klingt plausibel.

 

„Persönlich bin ich mittlerweile für eine geheime Wahl“

Eines kann man aber mit Sicherheit sagen: Eine offene Wahl mit Handheben wird mit 100%iger Sicherheit medial „verwertet“. Bei einer geheimen Wahl wäre dies allerdings anders: Hier hat es jeder Landesverbandspräsident bzw. der Bundesliga-Vorsitzende selbst in der Hand, ob diese Information nach außen „geleakt“ wird oder nicht.

"Das Stimmrecht für Burgenland bleibt aber de facto als Startvorteil." - Wolfgang Bartosch

Am Freitag klang dies auf erneute Nachfrage bei Bartosch plötzlich anders: „Dem Argument zur geheimen Wahl kann ich einiges abgewinnen, aber es muss darüber abgestimmt werden. Persönlich bin ich mittlerweile auch für eine geheime Wahl.“

 

Geheime Wahl vs offene Abstimmung

Was würde für eine geheime Wahl sprechen? So müsste auch die Bundesliga mit ihrer Stimme für sich selbst Farbe bekennen und kann sich nicht mehr hinter dem Argument der Neutralität verstecken. Ein weiteres Argument für eine geheime Wahl: Die einzelnen Landespräsidenten können zumindest in dieser einen Sekunde frei und ohne Druck von außen entscheiden und so doch zum ersten Mal möglicherweise in diesem monatelangen Prozess Inhalte in den Vordergrund rücken.

Was spricht für eine offene Wahl? Journalisten und Medien fordern Jahr für Jahr mehr Transparenz. Eine geheime Wahl würde diese Forderung natürlich torpedieren. Zudem kann man eigentlich erwarten, dass die zehn gestandenen Herren, die heute abstimmen, kein Problem damit haben sollten, zu ihrer Meinung zu stehen, womit eine geheime Wahl eigentlich obsolet wäre. Und überhaupt: Im Parlament, der Wiege der Demokratie, wird auch offen abgestimmt.

 

„Startvorteil“ für Milletich

So oder so hat Milletich einen nicht zu vernachlässigenden Vorteil. Insgesamt werden heute zehn Stimmen vergeben. Der Burgenländer hat seine Stimme  auf einen anderen Bevollmächtigten des BFV übertragen und wird selbst nicht am Hearing von Schmid teilnehmen. Bartosch: „Das Stimmrecht für Burgenland bleibt aber de facto als Startvorteil.“ Eine Enthaltung der Stimme des burgenländischen Verbandes steht laut Bartosch nicht zur Diskussion. Damit steht es vor Beginn des Hearings bereits 1:0 für Milletich. Oder anders formuliert: Roland Schmid geht mit einer 0:1-Handicap-Wette ins Rennen.

Folge oder schreibe 90minuten.at-Chefredakteur Michael Fiala:

Twitter: @michaelfiala75

E-Mail: m.fiala@90minuten.at

90minuten.at-exklusiv

90minuten.at-TV: Das neue Everton Stadion

Leseempfehlungen
Schon gelesen?