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Ashley Barnes: Strache verliert „Schwarzer Peter“ gegen Kickl

Monatelang hat sich der ÖFB um die Einbürgerung von Ashley Barnes bemüht. Die Minister Strache und Kickl spielten dabei mit dem Fußballbund offenbar „Schwarzer Peter“, das der Innenminister schlussendlich für sich entscheiden konnte.

Ein Kommentar von Michael Fiala

 

Ob Ashley Barnes nun der Wunderstürmer ist, den Österreich unbedingt braucht, ist natürlich eine Diskussion, die die acht Millionen Teamchefs hierzulande oft geführt haben. Pikanterweise ist die Antwort auf diese Frage aber durchaus relevant. Vor allem mit Blick auf ein mögliches Einbürgerungsverfahren. Doch dazu etwas später.

Der ÖFB wurde heute, Mittwoch, jedenfalls informiert, dass die Personalie Barnes im Ministerrat nicht behandelt wurde. Nur wenige Stunden danach folgte eine Information des Sportministeriums, dass die Prüfung des Falls Bashley endgültig abgeschlossen wurde und damit klar ist: Barnes wird kein Österreicher.

Dies ist nach den Entwicklungen der vergangenen Tage keine Überraschung. Wie die breite Öffentlichkeit mitbekommen hat, war es dem Sportministerium in Person von Philipp Trattner bereits am Montag ein Anliegen, Klarheit in die Causa Barnes zu bekommen. In der Aussendung stellte der Sportsektionschef fest: „(...) Ashley Barnes erfüllt wesentliche Kriterien für eine Einbürgerung nach § 10 Abs. 6 Staatsbürgerschaftsgesetz nicht: seine bisherigen sportlichen Leistungen haben keinen Bezug zu Österreich, insbesondere wurden sie nicht über einen relevanten Zeitraum in Österreich erbracht. (…) Jedoch ist eines klar: Staatsbürgerschaften sind keine Geschenke und es gelten für alle die gleichen Spielregeln - ob herausragende Leistungen im besonderen Interesse der Republik in Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft oder eben Fußball erbracht wurden. (...)“

Am Dienstag folgte dann die Antwort des ÖFB, der sich durchaus verwundert gezeigt hat. Und das zu Recht, weil Trattner in der Aussendung nur eines von fünf möglichen Kriterien für den Erwerb der Staatsbürgerschaft genannt hat. Die restlichen vier Kriterien blieben unerwähnt. Und, besonders wichtig: Im Bereich „Staatsbürgerschaftswesen“ auf der Homepage des Innenministeriums steht dazu geschrieben: „Die Kriterien müssen nicht kumulativ erfüllt werden, sondern ist ein punktuelles, aber überwiegendes Erfüllen der Kriterien im Einzelfall ausreichend, wenn diesen eine besondere Gewichtung in der Gesamtbetrachtung des Einzelfalles zukommt.“

Die Kriterien im Detail:

- es steht aktuell kein anderer, hinsichtlich des Leistungsniveaus vergleichbarer österreichischer Leistungssportler zur Verfügung, auch nicht aus dem Nachwuchsbereich;

- die herausragenden sportlichen Leistungen wurden bereits über einen längeren Zeitraum, der mindestens ein Jahr beträgt, in Österreich erbracht;

- Absehbarkeit, dass die aktive, erfolgreiche Laufbahn als Sportler, insbesondere unter Berücksichtigung seines Alters, noch länger andauern wird;

- Beabsichtigung und formalrechtliche Möglichkeit der sofortigen Einsetzbarkeit in einem österreichischen Nationalteam;

- sehr gute Platzierungen bei nationalen oder internationalen Wettkämpfen als Einzelner oder mit der Mannschaft.

Betrachtet man nun die fünf Kriterien, kann man natürlich darüber diskutieren, ob Barnes diese „überwiegend“, also drei von fünf erfüllt. Fakt ist, die Punkte 3) und 4) werden ohne Diskussion erfüllt, bei Punkt 1) ist das deutliche Bemühen des ÖFB ein weiteres Indiz dafür, dass kein vergleichbarer Leistungssportler zur Verfügung steht und über Punkt 5) kann man natürlich geteilter Meinung sein. Je nach Willen oder Sichtweise kann man also durchaus argumentieren, dass Barnes sehr wohl ein Kandidat für eine österreichische Staatsbürgerschaft wäre.

 

"Hätten Medien gewissenhaft recherchiert"

An dieser Stelle kommt wieder Sektionschef Philipp Trattner ins Spiel. In seiner Aussendung von Montag meinte der Beamte auch: „Hätten die Medienvertreter gewissenhaft recherchiert oder zumindest bei uns angerufen, wäre dieses Thema der Einbürgerung erst gar nicht in die Sportschlagzeilen gerückt.“

Gesagt, getan. Wir haben zwar nicht angerufen, aber an Philipp Trattners Pressestelle am Dienstag-Nachmittag eine umfassende Anfrage zur Causa Barnes mit der Bitte um Beantwortung dieser Fragen geschickt:

„Für 90minuten.at recherchiere ich zum aktuellen Fall Barnes. Dazu habe ich bzgl. Ihrer OTS-Aussendung ein paar Fragen, die ich Sie bitte, bis morgen, Mittwoch 12:00 zu beantworten – ein entsprechender Artikel wird am Mittwoch-Nachmittag veröffentlicht. Nachdem Hr. Trattner sich ja in der Aussendung auch darüber geäußert hat, dass Medien offensichtlich nicht recherchieren, will ich diese Gelegenheit hiermit wahrnehmen:

1) In der OTS vom 25. Februar meint Hr. Trattner: „Denn Ashley Barnes erfüllt wesentliche Kriterien für eine Einbürgerung nach § 10 Abs. 6 Staatsbürgerschaftsgesetz nicht: seine bisherigen sportlichen Leistungen haben keinen Bezug zu Österreich, insbesondere wurden sie nicht über einen relevanten Zeitraum in Österreich erbracht.“ Hr. Trattner argumentiert dabei bzgl. eines von fünf möglichen Kriterien, die Barnes nicht erfüllt. Es gibt jedoch noch vier weitere Kriterien. Im BMI auf der Homepage unter dem Punkt „Staatsbürgerschaftswesen“ (https://www.bmi.gv.at/406/verleihung.aspx) heißt es dazu: „Die Kriterien müssen nicht kumulativ erfüllt werden, sondern ist ein punktuelles, aber überwiegendes Erfüllen der Kriterien im Einzelfall ausreichend, wenn diesen eine besondere Gewichtung in der Gesamtbetrachtung des Einzelfalles zukommt.“ Daher meine Frage: Wenn Hr. Barnes laut OTS vom 25. Februar offensichtlich einen Punkt nicht erfüllt, warum wird dann argumentiert, dass er „wesentliche Kriterien“ nicht erfülle?

2) Warum hat man dem ÖFB wie heute in einer Pressekonferenz bis vor kurzem signalisiert, dass eine Einbürgerung sehr wohl im Bereich des Möglichen wäre?

3) Vielmehr kommt daher aus der Sicht einiger Beobachter der Kritikpunkt auf, wonach die Einbürgerung nicht an den Fakten scheitere sondern politisch nicht gewollt sei. Können Sie dieses Argument entkräften?“

 

„Nicht weiter kommentiert“

Die Antwort, die noch am Dienstag-Abend zurückgesendet wurde, verblüffte dann doch ziemlich: „Der Fall Barnes ist ein Einbürgerungsverfahren nach Paragraph 10 Absatz 6 des des Staatsbürgerschaftsgesetz, das vom Sportministerium nicht mehr weiter kommentiert wird“, hieß es in einer Mail als Reaktion auf die drei gestellten Fragen.

Ich halte also fest: Das Sportministerium wundert sich über nicht recherchierende Medien, geht aber dann nicht auf Fragen ein, wenn diese gestellt werden.

Zuletzt gab es aber dann doch noch einen Funken Hoffnung, da Vizekanzler und Sportminister Heinz-Christian Strache im Austausch mit ÖFB-Präsident Leo Windtner Signale ausgesendet hat, wonach er sich für eine Einbürgerung einsetzen werde. Wenn der Vizekanzler sich einschaltet, muss das doch Gewicht haben. Doch daraus wurde offenbar nichts: Am Mittwoch-Nachmittag bekräftigte dann das Bundesministerium für öffentlichen Dienst und Sport in einer weiteren Aussendung, dass die juristische Prüfung des Innenministeriums ergeben habe, dass die Voraussetzungen nicht erfüllt worden sind. Konkret heißt es darin: „Diese Kriterien sind nicht alle gleichwertig. Besonders die Erbringung von Leistungen in Österreich und die Einsetzbarkeit im Nationalteam sind einerseits als „bereits erbrachte Leistungen“ und andererseits als „zu erwartende außerordentliche Leistungen“ im Interesse von Österreich von zentraler Bedeutung. (…)Das Kriterium, dass ein Staatsbürgerschaftswerber die Leistungen bereits in Österreich erbracht haben muss, ist der wesentliche Punkt. Wenn dies nicht so wäre, könnten weltweit Fremde eingebürgert werden. Auch in der Vergangenheit fanden nur Einbürgerungen statt, wenn dieser Punkt erfüllt war und würde ein Abrücken davon eine wesentliche Veränderung in der bisherigen Praxis darstellen.“ 

 

Schwarzer Peter

In Summe ergibt das ganze Theater aber ein schlüssiges Bild: Offensichtlich wurde hier eine Partie Schwarzer Peter gespielt. Zunächst haben die Medien und der ÖFB den schwarzen Peter gezogen. Der schwarze Peter wanderte dann auf Initiative von Heinz-Christian Strache zum Innenministerium und ist nun schlussendlich wieder persönlich bei Heinz Christian Strache gelandet. Betrachtet man die Faktenlage, kann man nur feststellen: Wenn Barnes nicht eingebürgert wird, ist dies eine rein politische Entscheidung, aber jedoch keine, die sich zwingend aus den aktuellen Regeln des Staatsbürgerschaftswesen ergibt. 

Und wie endete nun das Kartenspiel? Für den ÖFB und den Sport bleibt der fahle Beigeschmack, Ressourcen und tausende Euro sinnlos vergeudet zu haben und die offene Frage, wie sehr man sich auf Sportminister Strache - Stichwort Nationalstadion - verlassen kann. Und Sportminister Heinz Christian Strache hat den Schwarzen Peter und damit das Kartenspiel gegen seinen eigenen Innenminister Herbert Kickl verloren. 

 

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