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Sturm Graz: Niedrige Impfquote, großer Cluster

Die Impfdebatte hat nun auch den österreichischen Profifußball erreicht. Der Fall des SK Sturm zeigt: Eine niedrige Impfquote kann abseits der gesundheitlichen Folgen ein millionenschweres Sportunternehmen in arge Bedrängnis bringen.

++ 90minuten.at investigativ von Michael Fiala und Jürgen Pucher ++

 

Dass die stark steigenden Corona-Zahlen nicht spurlos am österreichischen Profifußball vorüberziehen werden, war irgendwie klar. Zuletzt häuften sich einzelne Fälle von Corona-Meldungen bei Vereinen der österreichischen Bundesliga wie etwa beim LASK oder Salzburg, wo es Trainer Matthias Jaissle erwischte.

Die großen Cluster blieben jedoch aus und das liegt wohl an der relativ hohen Impfquote. Ende Oktober meldete nämlich die APA: „76 Prozent der Kicker der zwölf heimischen Oberhaus-Clubs sind gegen Covid-19 vollimmunisiert.“ Dazu kämen elf Prozent Genesene. In der sogenannten "Roten Gruppe", der etwa auch Betreuer angehören, beträgt der Anteil der Geimpften laut Bundesliga sogar 81 Prozent, mit den Genesenen landet man bei 89 Prozent. Und: Wenn schon nicht sportlich, liegt der SK Rapid wenigstens in dieser Wertung auf Platz eins. Der gesamte Profikader der Hütteldorfer ist immunisiert, die Quote liegt bei 100 Prozent, berichtete zuletzt der KURIER.

Zum Vergleich: Von der österreichischen Gesamtbevölkerung waren Ende Oktober rund 62,5 Prozent vollständig geimpft.

 

Sturm: Die Ausnahme bestätigt die Regel

"Von der Impfquote von 76 Prozent durch die Impfung vollimmunisierter Spieler bundesligaweit sind die Grazer weit entfernt." - Michael Fiala / Jürgen Pucher

Und dann kam der SK Sturm: Zunächst hat es Jusuf Gazibegovic erwischt, es folgte mit Kelvin Yeboah ein zweiter Kicker und kurz darauf waren so viele Blackies mit dem Corona-Virus infiziert, dass das Spiel gegen Altach sogar abgesagt werden musste, weil man nicht einmal mehr eine Mannschaft hätte stellen können. Zur Erinnerung: Erst einmal musste ein Spiel der Bundesliga wegen eines Corona-Clusters verschoben werden – jenes des WAC am 8. November 2020 pikanterweise gegen den SK Sturm. Nur: Damals gab es noch keine Impfung.

Und genau hier sitzt das Problem: Wie 90minuten.at nach investigativer Recherche aus gut informierter Quelle aus dem direkten Vereinsumfeld in Erfahrung bringen konnte, liegt die Impfquote bei den Spielern des Profikaders (im Gegensatz zu den Betreuern und Mitarbeitern) des SK Sturm leider sprichwörtlich im Tabellenkeller. Von der Impfquote von 76 Prozent durch die Impfung vollimmunisierter Spieler bundesligaweit sind die Grazer weit entfernt.

"Ein vierter Sturm-interner Impftermin wäre jetzt für die Länderspielpause angesetzt gewesen. Zu spät. Die Rechnung für die niedrige Impfquote bekommt man jetzt präsentiert." - Michael Fiala / Jürgen Pucher

Folgeschäden nicht abschätzbar

Nicht zuletzt wegen der Länderspielpause werden die Grazer diesen Cluster möglicherweise mit einem blauen Auge überstehen können. Die Folgeschäden für den SK Sturm sind dennoch nicht abschätzbar: Es bleibt natürlich zu hoffen, dass die Verläufe der Erkrankung möglichst mild ablaufen. Aber die sportlich beste Aufstellung könnte für einige Zeit ein frommer Wunsch bleiben. Und abseits der gesundheitlichen Folgen wird den Steirern jetzt auch möglicherweise bewusst, welche wirtschaftlichen Folgen dieses Verhalten für ein millionenschweres Unternehmen hätte haben können bzw. möglicherweise noch haben wird. Und wäre dieser Cluster nicht vor der Länderspielpause passiert, hätte sogar der gesamte Ligabetrieb mit massiven Problemen zu kämpfen gehabt. 

Klar, man kann Sportlern genauso wenig wie anderen Arbeitnehmern vorschreiben, dass sie sich impfen lassen müssen. Aber ganz offensichtlich hat die Vereinsführung rund um Thomas Tebbich und Andreas Schicker das Thema – im Gegensatz zu anderen Klubs – zu lange unterschätzt. Durchgeführte Beratungsgespräche im Klub blieben erfolglos. Übrigens: Ein vierter Sturm-interner Impftermin wäre jetzt für die Länderspielpause angesetzt gewesen und hätte - so Sturm-Sprecher Walter Wenegger gegenüber 90minuten.at - fast alle noch nicht Geimpften immunisiert. Zu spät. Die Rechnung bekommen die Grazer bereits jetzt präsentiert.

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