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Wann ist ein Derby ein Derby? [Momentum am Montag]

Am Samstag kam es in Oberösterreich, der Steiermark und Kärnten zu Bundesland-internen Fußballspielen. Sind das schon Derbys?

+ + 90minuten.at PLUS - Von Georg Sander + +

 

Sturm gegen Hartberg, Austria Klagenfurt gegen den WAC und Ried gegen den LASK werden als Derbys bezeichnet - aber stimmt das? Das Momentum am Montag geht der Frage auf den Grund.

Bevor es um Sinn und Unsinn von Derbys geht: Der Begriff kommt von einem jährlich „Sportereignis“ mittelalterlichen Ursprungs in England zurück – das Shrovetide-Fußballspiel. Teilnehmer sind hauptsächlich die Einwohner des Dorfes Ashbourne in der Region Derbyshire. Bei dem Spiel geht es darum, dass die Spieler versuchen, mit einem Ball das gegnerische Tor – einen Mühlstein – zu berühren. Mit Fußball hat das weniger zu tun, das erste nachweisbare Derby fand 1866 zwischen Nottingham Forest und Notts County statt. Österreich kann mit Rapid gegen Austria das zweit meist gespielte Derby nach dem Old Firm zwischen Rangers und Celtic vorweisen. Seit 8. September 1911 wird das Spiel ausgetragen. Nicht immer ist es das beste Spiel des Landes, aber eines der hitzigsten. Derby wird es aber eher erst seit den 50er-Jahren genannt.

 

Das "Urderby"

Während die Meistertitel vor dem 2. Weltkrieg zwischen verschiedensten Wiener Mannschaften ausgetragen wurden, kristallisierten sich Rapid und Austria - in den Ursprüngen Nachbarn in Penzing und Ober St. Veit - als die Topteams des Lands heraus. Zum Lokalaspekt kamen natürlich auch noch die Gegensätze der Anhänger (Arbeiter vs Bürgerliche) oder die Spielstile (rustikel vs Scheiberlkick) hinzu. Geschichten und G'schichtln gibt es nun schon seit Generationen. Um zwei herauszugreifen: Der „Papierene“, Austria-Legende Matthias Sindelar, und auch Franz „Bimbo“ Binder, ein grün-weißes Pendant, kassierten ihre einzigen Platzverweise in Derbys. In jüngeren Jahren gab es eher andere, sicherheits-bezogene Aufreger, aber jedes Wiener Derby ist bereits im Vorfeld eine mediale Show. Und schon sind wir beim Kern des Problems.

 

Die anderen?

Die Rahmenbedingungen – gleiche Stadt, unterschiedliche Klientel – finden sich in Linz und Graz. Einen Legitimitätsanstrich bekam auch das Westderby zwischen Austria Salzburg und Wacker Innsbruck; in den letzten Jahren etablierte sich das kleine Wiener Derby zwischen Vienna und dem Wiener Sportclub zum Marketingschmäh „Dörby of Love“. Und das ist es letztlich oftmals: Marketing. Eine Rivalität, die es nicht gibt, die baut man gerne auf und überhöht sie. Red Bull Salzburg stilisierte jüngst den Gastauftritt in Innsbruck gegen die WSG Tirol zum „Westderby“. Das passt unter vielen Umständen nicht, alleine schon deshalb, weil es ja zwei Mannschaften gibt, die noch weiter westlich gelegen sind.

 

Wann ist nun ein Derby ein Derby?

Inwiefern sind die drei Eingangs erwähnten Duelle aber nun Derbys? Immerhin wären doch Graz und Hartberg beide in der Steiermark? Es ist zudem Peripherie gegen Landeshauptstadt, das könnte man sich schon schönreden, haben doch aus Sicht der Bewohner:innen von Kaff XY die in Landeshauptstadt Z sowieso keine Ahnung von irgendwas (von der Hauptstadt ganz zu schweigen...). Aber diese Rivalität gibt es nicht. Sturm hat sich, nicht zuletzt wegen der Crashs des GAK, als der Bundeslandverein etabliert. Der TSV kickt eben nur zufällig auch in der grünen Mark.

"Eigentlich könnte man gleich auch noch Ried gegen Wolfsberg zum heißen Derby ausrufen, sind doch sowohl Guntamatic als auch RZ Pellets im Holzschnitzelgewerbe" - Georg Sander

Ganz anders ist die Sachlage in Oberösterreich. Die Duelle zwischen Landeshauptstadt und regionalem Zentrum werden auf Bundesebene seit mehr als 30 Jahren ausgetragen, ab und an hatten die „kleinen“ Rieder die Nase vor dem großen LASK vorne. Überhaupt können wohl noch Anhänger anderer oberösterreichischer Vereine etwas über die Athletiker sagen, es hätte wohl Derbycharakter. Etwas jünger ist die Historie bei Austria Klagenfurt und dem WAC. Streng genommen gibt es erst seit 2021 Bundesliga-Duelle. Gräbt man etwas tiefer, dann scheint hier wiederum der Bundesland-interne Gegensatz Stadt-Land gegeben zu sein.

 

Nicht alles, was nebeneinander spielt...

Es ist also definitiv nicht alles Derby, was so genannt wird. Ein Bezahlfernsehsender wollte mal Sturm gegen WAC zum Packderby ausrufen. Salzburg gegen Rapid soll „der Klassiker“ sein und eigentlich könnte man gleich auch noch Ried gegen Wolfsberg zum heißen Derby ausrufen, sind doch sowohl Guntamatic als auch RZ Pellets im Holzschnitzelgewerbe. Letztlich aber ist die räumliche Nähe schon durchaus entscheidend. In unteren Klassen erfreuen sich Lokalduelle ja auch größerer Beliebtheit und somit Zuschauer:inneninteresse als andere Spiele. Doch es gehört eben mehr dazu, eben Geschichte und G'schichtln.

Diese gibt es beispielsweise mittlerweile in Oberösterreich bei Ried gegen LASK. Noch vor 30 Jahren hätte niemand von einem Derby gesprochen. Auch wenn es Fußballpurist:innen nicht gerne hören: Es können auch noch neue Rivalitäten in der Nachbarschaft entstehen. Etwa in Kärnten, aber wohl nicht zwischen Hartberg und Sturm. Das ist dann nur noch Marketing.

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