Sebastian Prödl: ‚Haben mit dem Nationalteam eine neue Marke geschaffen'
Die Oberschenkel-Verletzung macht Sebastian Prödl derzeit mehr zu schaffen als ihm lieb ist. Einen Termin für ein Comeback traut sich der Bremer mittlerweile nicht mehr nennen, möglicherweise sieht man den Ex-Grazer erst im Frühjahr wieder am Feld. 90minu
Zu Beginn nochmal ein kurzer Rückblick: Wie sehen Sie die Leistungen Österreichs in der WM-Qualifikation. Was hat schlussendlich den Unterschied zu Schweden ausgemacht?
Ich glaube schon, dass wir den schöneren Fußball als die Schweden gespielt haben. Es war brutal eng. Im Endeffekt haben vier Minuten gefehlt. Die Qualifikation hat uns leider schon sehr früh Probleme bereitet mit dem Spiel gegen Deutschland. Das klingt jetzt vielleicht übertrieben, aber da hätten wir schon gewinnen oder zumindest einen Punkt mitnehmen können. Und dann dieses Spiel auswärts gegen Kasachstan, wo wir Punkte haben liegen lassen. Das sind Spiele, die wir nicht gewonnen haben. Im Duell mit den direkten Konkurrenten waren wir gut, haben sieben Punkte geholt. Am Ende haben Kleinigkeiten gefehlt. Wir haben uns zwar weiterentwickelt, es aber im Endeffekt nicht geschafft. Das hat in diesem Moment schon wehgetan.
< blockquote> Welche konkrete Entwicklung sehen Sie im Nationalteam in den vergangenen zwei Jahren? Sie waren im ÖFB-Trainingslager in Spanien mit dabei. Koller hat hier auch einige neue Spieler ausprobiert, wie etwa Hinteregger. Wie sehen Sie die junge Konkurrenz? Ihr habt auch aus Spanien den allseits bekannten Brief an eine Tageszeitung in Österreich geschickt. Jetzt heißt es immer wieder, dass die Medien in Deutschland so brutal sind. Wäre es denkbar, dass so etwas auch in Deutschland passiert? Haben Sie die Antwort von Österreich auf Ihren Brief auch mitbekommen? Wie „schwer" wird die Zeit bis zum nächsten Pflichtspiel des Nationalteams. Es gibt jetzt fast ein Jahr lang nur Freundschaftsspiele ... Natürlich sind Freundschaftsspiele unter einem anderen Stern zu sehen als Pflichtspiele. Vielleicht spielen wir ja auch vor der WM noch gegen WM-Teilnehmer, das wäre schön. Es gibt natürlich Gründe, warum wir die Quali nicht geschafft haben. Daher müssen wir einige Details verbessern. Wir dürfen jetzt nicht den Eindruck vermitteln, als ob die Qualifikation für uns erst im Herbst 2014 beginnt. Startschuss war das USA-Spiel, im Frühjahr 2014 beginnt die konzentrierte Vorbereitung. Sogenannte Freundschaftsspiele haben uns des Öfteren aus der Bahn geworfen, weil Ergebnis und Leistung nicht gestimmt haben. Wir brauchen aber auch hier Erfolge. Einerseits für die Weltrangliste, andererseits wollen wir uns Selbstvertrauen aufbauen. < blockquote> Das ist wohl auch oft eine Kopfsache, wenn man nicht 100%ig in ein Freundschaftsspiel geht, weil man vielleicht auch Angst vor einer Verletzung hat? Wie gehts eigentlich der Verletzung? Ist ein Einsatz noch in der Hinrunde realistisch? Wie sehen Sie Ihre Zukunft in Bremen? Machen Sie sich auch schon Gedanken, was nach Vertragsende in Bremen passieren kann? Was ist das Ziel der Mannschaft? Nicht abzusteigen? Danke für das Interview! Das Interview wurde im Rahmen einer von Tipico und R.E.S. Touristik organisierten Pressereise geführt.
Wir haben uns schon sehr gut weiterentwickelt. Ein Indikator sind da immer die Fans, wie die zu einem stehen. So viele positive Initiativen wie z.B. auf Facebook und Fan-Freundschaften des österreichischen Nationalteams hat es lange nicht mehr gegeben. Es sind unglaublich viele Leute ins Stadion zu unseren WM-Quali-Spielen gekommen. Es war auch ein gutes Zeichen für den österreichischen Fußball, dass Koller verlängert hat. Wir sind in unserer Entwicklung aber noch nicht am Ende angekommen. Natürlich wäre Brasilien schön gewesen, jetzt müssen wir uns auf Frankreich 2016 konzentrieren. Wir haben jedenfalls in den letzten 2 Jahren eine eigene Marke und Identifikation geschaffen. Es macht wieder Spaß uns zuzuschauen – uns macht es auch Spaß, das merkt man, glaub ich auch.
Es ist sehr wichtig für den österreichischen Fußball, dass das Team seinen Stamm gefunden hat. Auch wenn nicht immer jeder Spieler in seinem Klub Stammspieler war. Es war schon sehr wichtig, dass jeder die Philosophie bzw. das System unter Koller, das wir gelernt haben, verinnerlicht hat. Das ist sehr wichtig, weil man im Team nicht so viel Zeit hat, miteinander zu trainieren. Koller hat meiner Meinung nach einen guten Stamm gefunden und es macht auch extrem viel Spaß, ins Team zu kommen. Ein Test gegen die USA ist für die jungen Spieler natürlich eine Riesenchance. So war das bei mir auch damals. Die Jungen geben Gas und man merkt, dass jeder dabei sein will. Der gute Teamgeist ist nicht nur von außen betrachtet gut, das kann ich auch bestätigen. Martin (Hinteregger) hat ein solides Spiel gemacht, er hat seine Chance aufgrund meiner und der Verletzung von Pogatetz genützt. Auch wenn man die Ergebnisse der U-Mannschaften sieht, können wir hoffen, dass da Spieler dabei sind, die uns in den kommenden Jahren helfen können.
Der Brief hat für sich selbst gesprochen, auf den möchte ich eigentlich gar nicht mehr näher eingehen. Das Thema ist für uns damit abgeschlossen.
Das haben wir natürlich mitbekommen. In unserem Brief wurde alles gesagt, daher wollen wir die Antwort unkommentiert lassen.
Natürlich ist das nicht leicht, da geht es jedem gleich. So etwas nimmt man sich nicht vor, aber das ist sicherlich ein Fehler, der uns in der Vergangenheit passiert ist.
Die Prognose, die wir am Anfang hatten, ist leider nicht so eingetreten. Ich werde mich noch gedulden müssen und hoffe, dass ich Werder noch in der Hinrunde helfen kann. Aber ich möchte auf keinen Fall etwas riskieren und somit die Rückrunde im Frühjahr gefährden. Das Risiko, bei einer Muskelverletzung zu früh anzufangen, ist einfach zu groß.
Ich habe noch eineinhalb Jahre Vertrag. Es ist aktuell so, dass ich trotz meiner Verletzung bei allen Besprechungen der Mannschaft dabei bin, um zu wissen, wie wir taktisch spielen wollen. Ich möchte jetzt einfach schnell wieder fit werden. Wir haben im Herbst einiges gezeigt, was gut war und was nicht gut war – das gilt auch für mich. Es kribbelt natürlich schon bei mir, weil ich der Mannschaft bald wieder helfen will. Wir durchleben ein schwieriges Jahr und es gibt viel zu tun. Wir müssen jetzt viele Punkte sammeln, um Ruhe zu haben und nicht wieder in den Abstiegsstress zu kommen wie vergangenes Jahr. So eine Rückrunde will kein Spieler mehr erleben.
Ich bin jetzt im besten Fußballalter. Ich kann noch von einigen Sachen träumen, aber bei Werder fühle ich mich schon sehr wohl. In den 6 Jahren in Bremen ist viel passiert. Höhen und Tiefen gehören aber zu einer Profikarriere dazu. Ich kann mir schon auch vorstellen, irgendwann bei einem anderen Verein Erfahrung zu sammeln. Das ist aber nicht mein erstes Ziel. Ich möchte nicht weg, aber ich möchte vielleicht in meiner Karriere auch noch neue Erfahrungen sammeln. Wenn ich bei Werder alt werde, habe ich aber auch nichts dagegen.
Wir wollen sorgenfrei durch die Saison kommen. Wir haben neue Strukturen im Verein und viel umgestellt. Das eröffnet uns natürlich auch viele neue Chancen. Das ist für uns positiv, so wollen wir auch in die Zukunft blicken und uns nicht mit negativen Themen beschäftigen. Daher ist unser Ziel, so weit wie möglich von diesem ominösen Strich, der den Abstieg bedeutet, entfernt zu sein.