Philipp Hosiner: ‚Wir hätten auch unter Peter Stöger eine schwere Saison gehabt'
Zuletzt konnte Philipp Hosiner mit Toren wieder auf sich aufmerksam machen. Der Austria-Stürmer im Interview mit 90minuten.at über die Unterschiede zwischen Stöger und Bjelica, internationale Härte und warum es gebraucht hat, mit der Doppelbelastung umzug
90minuten.at: Die Tabelle scheint sich, auch dank vier Austria-Siegen aus fünf Spielen, aus violetter Sicht wieder zu normalisieren.
Philipp Hosiner: Die Champions League-Euphorie oder -Ablenkung haben wir nun verkraftet. Natürlich ist das etwas Besonderes, jeder spielt dort zum ersten Mal, man war in der Meisterschaft nicht immer mit 100 Prozent bei der Sache. Wenn man bedenkt, dass man am Dienstag nach Russland fliegt und gegen St. Petersburg spielt, ist das einfach im Unterbewusstsein drinnen. In den letzten Wochen haben wir das aber gut weggesteckt, auch in Porto gepunktet. Deswegen wollen wir das letzte Champions League-Spiel gegen Zenit gut rüber bringen, im Frühjahr ist dann sowie so nur noch die Meisterschaft. Das wird man dann in der Tabelle merken, dass wir uns voll auf die Meisterschaft konzentrieren werden, dann wird es noch weiter nach oben gehen können.
„Das ist der beste Hosiner", sagte Trainer Nenad Bjelica nach dem Hattrick beim Innsbruck-Siel. Sehen Sie das auch so?
Am Zenit bin ich sicherlich nicht, ich bin noch in der Entwicklungsphase. Ich komme in ein paar Jahren ins beste Fußballalter. Ich bin nicht mehr das Talent mit 24 Jahren, aber ich habe daraus bis jetzt einiges machen können – Torschützenkönig, Meister, Champions League-Qualifikation. Ich habe also schon ein paar Erfolge vorzuweisen, muss aber auch die Leistungen bestätigen. Das ist um einiges schwieriger, als sie zu erreichen. Ich denke aber, dass ich, wie auch die ganze Mannschaft, auf einem guten Weg bin, das Vorjahr zu bestätigen. Am Zenit bin ich hoffentlich noch nicht.
Im letzten Jahr konnten Sie internationale Erfahrung sammeln, ist da nicht physisch Entwicklungspotential zu orten?
Das Meiste kann man nicht trainieren, außer in der Kraftkammer. Davon halte ich persönlich nicht so viel. Es bringt nichts, wenn ich einen muskulösen Oberkörper habe und das passt aber alles nicht zusammen. Ich bin eher der, der viel im Stabilitätsbereich arbeitet, damit ich eben stabil bin, wenn ich meinen Körper zwischen Ball und Gegner bringe. Das ist wichtiger, als die 70 Kilo beim Bankdrücken zu schaffen. Internationale Spiele wie gegen Irland oder Atletico helfen vor allem, wenn jeden dritten Tag spielt. Da kommt die körperliche Weiterentwicklung von alleine. Man wird nicht nur physisch stärker, sondern kann das auch vom Kopf her besser verarbeiten. Man regeneriert auch noch besser. Nach den Spielen gegen Hafnarfjördur und Zagreb war das noch ziemlich schwer. Es sind ja drei Spiele innerhalb einer Woche. Jetzt sind wir im Rhythmus, verkraften das besser und sind körperlich topp drauf.
Geht es international wirklich härter zu?
Es ist nicht so, dass brutaler gespielt wird, alles ist auf einem höheren Niveau. Die Verteidiger sind eher in der heimischen Liga aggressiver. International sind sie um einiges schneller. Das muss man so sagen. Es war interessant zu beobachten, dass ich in Österreich zu den schnelleren Spielern gehöre, aber international ist das das Mindestmaß. Da rennt man einem Verteidiger nicht so leicht davon. Die sind schneller, haben ein besseres Stellungsspiel und man kommt nicht so leicht an den Ball. Es gibt weniger Abspielfehler und man muss defensiv mehr arbeiten.
Mario Sonnleitner und Marcel Sabitzerhaben uns neulich gesagt, dass in Österreich anders, mehr, gepfiffen wird.
Das fällt mir schon auch auf. International wird nicht so viel gepfiffen. Hier kommt es mir vor, dass, sobald einer schreit oder Körperkontakt da ist, Foul gepfiffen wird. Das stört den Spielfluss. Mir wäre es oft lieber, dass bei mir weniger Fouls gepfiffen werden – und auch bei unseren Verteidigern. Das würde das Niveau heben. Es schaut auch besser aus, wenn das Spiel hin und her geht und nicht bei jedem Zweikampf abgepfiffen wird. Da gibt es Verbesserungspotential, ohne den Schiedsrichtern etwas vorzuwerfen. Aber das sollte nicht so sein, weil die Fußballregeln ja eigentlich dieselben sind.
Das lassen wir einmal so stehen. Ein anderes Thema: Die Austria wurde Meister und hat sich als erstes Team aus Österreich seit 2005 für die Champions League qualifiziert. Trotzdem scheint es, dass es seit der Cupfinalniederlage oftnegative Schlagzeilen gibt. Nervt das nicht?
Ja, aber so ist das Fußballgeschäft. Letztes Jahr waren wir die Helden, auch noch nach der Champions League-Teilnahme. Dann scheidest du im Cup aus und bist wieder der Trottel. Es ist einfach ein hin und her. Das ist auch das Schöne am Fußball. Es geht sehr schnell. Jetzt geht es nach den vier Siegen in fünf Meisterschaftsspielen wieder schnell bergauf. Am Samstag geht es gegen die Admira, die wir sicher nicht unterschätzen werden. Wenn wir dieses Spiel gewinnen, schaut es eben da auch in der Tabelle besser aus. Dann werden die Fans bis unterm Christbaum wieder zufriedener sein. Natürlich ist die Erwartungshaltung gestiegen, weil wir uns die Latte durch die letzte Saison sehr hoch gelegt haben. Sollte Salzburg weiterhin Punkte lassen, wollen wir versuchen, da noch dranzukommen. Wenn man die Doppelbelastung aber mit einberechnet, kann man am Ende der Saison mit dem zweiten Platz auch zufrieden sein. Das sollte das Minimalziel sein.
Nenad Bjelica hat uns letztens gesagt, dass ein paar Spieler mit dem Erfolg nicht umgehen konnten. Das haben Sie ja auch gerade bestätigt, oder?
Das ist nach den 32 Toren in der letzten Saison leicht zu sagen. Das ist auch völlig normal. Ich weiß, was ich kann und habe weder das Fußballspielen noch das Toreschießen verlernt. Ich mache im Training genau dasselbe, versuche mich im Training zu verbessern. Dass es nicht immer so läuft wie letztes Jahr, ist auch klar. Ich bin aber nicht stehen geblieben. Das sehe ich weder bei mir, noch bei irgendeinem anderen Spieler. Natürlich war es schwer, das Leistungsniveau alle drei Tage zu halten. Da ist ein Hänger normal. Jetzt sind wir aber wieder auf einem guten Weg.
„Normal ist es nie, Tore zu schießen. Das ist ein hartes Stück Arbeit", sagten Sie im Jänner 2013, mitten im Lauf. Jetzt sind es neun Tore in 16 Bundesligaspielen, auch nicht schlecht. Aber sind Sie mit der öffentlichen „Wutrede" von Bjelica einverstanden?
(denkt nach) Ich muss ehrlich sagen, dass das einem Spieler nicht so gefällt, wenn der Trainer das so macht (siehe auch Bjelica: 'Ich wollte, dass mich die Spieler ernst nehmen'). Aber es ist sein gutes Recht und es hat gefruchtet! Mir hat es noch einen Punch gegeben, dass ich mich noch mehr beweisen wollte. Die Medien haben ja auch geschrieben, dass ich nicht mehr diesen Lauf habe und lieber verkauft werden hätte sollen. So was geht nicht spurlos an einem vorbei. Ich wollte mich beweisen, nach dieser schwierigen Zeit, in der viel auf mich und die Mannschaft eingeprasselt ist. Deswegen bin ich auch froh, dass die meine Leistung und jene der ganzen Mannschaft wieder besser geworden sind. Ich bin ein Spieler, der auch sehr viel vom Team abhängig ist, das habe ich letztes Jahr auch immer gesagt. Ich kann schon auch aus dem Nichts Tore schießen, aber ich brauche trotzdem meine Mitspieler. Das hat man gegen Sturm auch gesehen, das war ein super Pass vom Dani Royer. Die habe ich in der schlechten Phase nicht so bekommen, weil das Team stark unter Druck stand und nur wenige Spieler in Form waren. Das hat sich eben auch in meinem Spiel widergespiegelt. Ich hatte dann auch Pech im Abschluss, habe Chancen vergeben oder Aluminium getroffen. Oder wie in Grödig ein vermeintliches Abseitstor geschossen. Wir haben als Mannschaft das Leistungsloch überwunden!
Wenn alle immer so spielen würden wie letztes Jahr, würden ja nicht alle „nur" bei der Austria spielen. Dazu kamen Verletzungen. Ein Grünwald oder Gorgon sind durch Standards oder Schüsse auch immer für Tore gut, wenn es spielerisch nicht so läuft. Die sind verletzt.
Genau. Absolut.
Wie groß ist aber auch der Unterschied zwischen Peter Stöger und Nenad Bjelica. Letzterer wirkt autoritärer. War die Umstellung in Punkto Führungsstil auch schwierig für die Mannschaft?
(denkt nach und lacht kurz auf) Das kann man im Nachhinein natürlich wieder so sehen. Hätten wir so weitergespielt wie letztes Jahr, hätte das keiner erwähnt. Aber wir hätten auch unter Peter Stöger eine schwere Saison gehabt. Eben auch wegen der Doppelbelastung und weil sich in der Königsklasse jeder beweisen will. Wie erwähnt kostet das irrsinnige Kräfte, die Reisen gehen auf die Nerven, wenn du bis um fünf in der Früh am Flughafen herum sitzt. Das wäre unter Stöger auch so gewesen und man kann es im Nachhinein schwer beweisen, ob es so besser gewesen wäre. Wir haben uns an den neuen Trainer angepasst, er sich an uns. Das hat natürlich eine gewisse Zeit gedauert.
Also ist er anders, der Herr Bjelica?
Es gibt wenige Trainer, die gleich sind. Jeder hat seine eigene Fußballphilosophie. Dann gab es freilich taktische Änderungen, die nicht jeder Spieler gleich umsetzen konnte. Es heißt ja immer, dass es eine Zeit dauert, bis es alles greift, wenn ein neuer Trainer kommt. Irgendwann wird man dann ein Fazit ziehen können. Am Ende der Saison sieht man es dann.
Das stimmt schon, aber „wir" von den Medien müssen halt während dieses Prozesses auch über das Ganze berichten. Ich habe Bjelica gefragt: Zuerst freuen sich die Medien, dass einer auszuckt und dann halten wir es ihm vor.
(lacht) Ach, das wissen wir und das ist normal. Das ist euer Job. Unser Job ist das Fußballspielen und wir müssen Schlagzeilen liefern – positive und negative. Das gehört alles dazu.
Ein großes Thema war auch das Wechseltheater im Sommer. Sie haben aus Ihren Absichten kein Hehl gemacht, vermutlich wird es Sie nach dem zerschlagenen Transfer nun sogar billiger geben. Denken Sie über Ablösesummen nach?
Das beschäftigt mich nicht. Natürlich ist ein hoher Marktwert gut für den Spieler. Gut, im Sommer habe ich gesagt, dass ich gerne wechseln würde. Es hat nicht geklappt. Wer weiß, wofür es gut war? Vielleicht hätte ich mich verletzt, es hätte vom Verein her doch nicht gepasst oder es wäre irgendwas passiert. Ich bin froh, dass ich aktuell und gesund bei der Austria bin und Fußball spielen kann. Mein Ziel ist natürlich eine Topliga. Aber ob das im Winter, Sommer oder in zwei Jahren ist, wird man sehen. Ich mache mir da keinen Druck.
Mit nochmal 20 Toren oder mehr würde es sich auch leichter wechseln, also mit einer Bestätigung der tollen Saison 2012/13.
Es gehören Tore zum Stürmer. Aber ich habe vor allem in der Champions League aufgezeigt, mit zwei Stangenschüssen. Und das ist dort nicht so leicht. Ich habe auch gezeigt, dass ich sehr mannschaftsdienlich spielen kann, als Stürmer der erste Verteidiger bin. Ich habe gezeigt, dass ich das auch kann.
Also kein Wechsel um jeden Preis im Winter?
Nein. Es muss alles passen. Die Austria muss zufrieden sein, vor allem ich und es muss ein gutes Angebot sein. Nicht vom Geld her, sondern es muss ein guter Verein mit Ambitionen sein. Dann könnte ich mir das vorstellen. Aktuell ist das kein Thema.
Wir danken für das Gespräch.
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