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Ali Hörtnagl: "Da ist ein Stück weit Vertrauen und Zuspruch verloren gegangen"

Seit 2015 ist Ali Hörtnagl als General Manager für die sportliche Entwicklung des FC Wacker Innsbruck verantwortlich. Im Interview mit 90minuten.at spricht er über den sportlichen Status quo, das Vertrauen in Trainer Daxbacher und warum es so schwierig mit dem Zuschauerzuspruch ist.

Das Interview führte Georg Sander

 

2005 beendete der Mittelfeldspieler Alfred 'Ali' Hörtnagl seine aktive Karriere - und auch die erste Zeit als sportlicher Leiter bei Wacker Innsbruck. 2006 heuerte er bei Rapid Wien als Sportdirektor an. Diesen Posten bekleidete er bis 2011, er ging freiwillig. Es folgten Engagements als Nachwuchskoordinator bei Greuther Fürth sowie als Sportvorstand bei Rot-Weiß Erfurt, ehe er 2015 wieder bei Wacker anfing. 2017/18 gelang der Aufstieg in die Bundesliga. Die ersten Wochen und Monate lässt Hörtnagl im Interview mit 90minuten.at Revue passieren und gibt einen Ausblick auf die nahe Zukunft.

90minuten.at: Wie sieht Ihr allgemeines Resümee nach zehn Runden aus?

Ali Hörtnagl: Wir betrachten nicht nur die Bundesligamannschaft, sondern auch, wie die Verzahnung mit der zweiten Mannschaft funktioniert. Wir haben in der Profiabteilung neun Punkte, hätten gerne den einen oder anderen mehr. Es war vielleicht etwas schwieriger, als wir uns das erwartet und gewünscht haben. Umgekehrt haben wir nun einen sehr wichtigen Sieg geschafft und zu null gespielt. Von dem her sind wir auf der Spur. Wir wollen das Potential, das wir in einigen Phasen gezeigt haben, vermehrt ausspielen. Es soll Schritt für Schritt Richtung Stabilität gehen. Jetzt wissen wir, wie es "oben" läuft, wer welche Qualität hat. Wir wollen uns weiter entwickeln, Fehler nicht zwei Mal machen.

 

90minuten.at: Was wurde von dem vor der Saison Vorgenommenen umgesetzt und was nicht?

Hörtnagl: Wir konnten vom ersten Spieltag weg mitspielen, hatten Phasen, die richtig gut waren. Etwa die erste Halbzeit bei Austria Wien in der ersten Runde. Zuhause gegen Sturm konnten wir einen Rückstand aufholen, das war teilweise richtig gut. Wir hatten einfach mehrere Spiele, in denen wir besser oder ebenbürtig waren. Es konnte nicht immer in Tore und Punkte umgemünzt werden. Es sind Kleinigkeiten, aber wir hatten die Punkte nicht. Wir haben uns aber nicht dazu verleiten lassen zu sagen, dass eh alles gut läuft. Es wurde analysiert, aber wir werden weiter Lehrgeld zahlen. Positiv sind sicher die letzten beiden Spiele, da hat man gesehen, dass die Mannschaft funktioniert, dass der Zusammenhalt da ist und sie fighten können. Sie haben zuletzt alles rausgehaut. Das wollen wir mitnehmen. Und wir wollen kompakter werden und über Struktur und Organisation vermehrt die Null stehen haben. Das ist eine Erkenntnis, dass wir in der Defensive stabil werden und so in Umschaltmomente kommen.

" Ich erachte es als gefährlich zu sagen, dass man eh gut war." - Ali Hörtnagl

90minuten.at: Wie wichtig war es, vor der Länderspielpause den Sieg gegen den LASK einzufahren, auch für das Standing von Karl Daxbacher?

Hörtnagl: Der Sieg war wichtig, weil Punkte gefehlt haben und wir gesehen haben, dass wir gegen eine Topmannschaft mit hohen Ansprüchen zu gewinnen. Sie haben noch nicht so viel verloren und haben insgesamt eine rasante Entwicklung genommen. Das ist wichtig für den Kopf und das Selbstbewusstsein.

 

90minuten.at: Es war nicht der unbedingt verdienteste Sieg. Ist da auch einiges zurückgekommen, weil man vorher einige Punkte her geschenkt hat?

Hörtnagl: Wir finden in jedem Spiel Argumente und Möglichkeiten, ein Spiel zu drehen. Auch bei Rapid auswärts oder Sturm daheim. Es hat eben mit den Punkten nicht geklappt. Ich erachte es als gefährlich zu sagen, dass man eh gut war.

 

90minuten.at: Haben Sie intern Befürchtungen gehabt, dass es mit Daxbacher ähnlich sein wird wie beim SKN? Da stieg er auf und es klappte nicht.

Hörtnagl: Diese Gedanken waren nicht da. Wir haben mehr in die Richtung gedacht, wie wir punkten können und dass die Spieler das Gefühl haben, mitzuhalten. Das wurde auch zuletzt noch einmal besprochen, haben viel kommuniziert, haben den gewohnten Rhythmus anders gemacht - etwa den Fokus auf Standards offensiv wie defensiv oder dass wir mit einer Fünferkette stabiler sind. Gott sei Dank kam jetzt zum richtigen Zeitpunkt das Erfolgserlebnis. Wir können Karl Daxbacher auch viel verdanken, der Aufstieg war für Wacker Innsbruck essentiell wichtig, um in Tirol Profifußball zu spielen. Von daher ist jeder interessiert, dass wir den Weg gemeinsam weiter gehen. Dafür haben wir alles getan und werden es weiterhin tun.

 

90minuten.at: Die Liga ist sehr eng, der Vierte hat gerade einmal doppelt so viele Punkte wie der Letzte. Welche Marschroute kann es für die kommenden Wochen geben? Zuerst geht es gegen Salzburg, die Austria und Sturm - einfach wird es nicht. Ist da in den nächsten Runden jeder Punkt ein Bonus, bevor es nach dem Rapid-Spiel gegen Hartberg, den WAC und die Admira geht?

Hörtnagl: Eines machen wir nicht: Wir rechnen nicht und sagen, dass wir da und dort so und soviele Punkte holen. Wir konzentrieren uns auf das nächste Spiel. In der Länderspielpause bestreiten wir einen Test und dann bereiten wir uns auf Salzburg vor. Die vermeintlich einfacheren Namen sind auch schwer zu bespielen. So wie gegen den LASK werden wir wohl auch in den nächsten Spielen auftreten. Wir können schon auch den einen oder anderen Punkt mitnehmen. Wir fahren nicht nach Salzburg und holen uns eine Niederlage ab.

 

90minuten.at: Ist es da auch gar nicht so schlecht, dass die Karten nach 22 Runden neu gemischt werden?

Hörtnagl: Es ist ein Vorteil, weil es mehr Mannschaften gibt und nur einer absteigt. Umgekehrt werden Punkte halbiert, damit es vorne und hinten spannend bleibt. Es wird wohl länger eng bleiben. Nach zehn Runden sieht man, dass viele Mannschaften auf ähnlichem Niveau spielen, Überraschungen möglich sind. Darum ist es wichtig, dass wir unseren Style finden. Wir sind gerade dabei, daraus einen Leitfaden zu machen und ein paar Elemente als Fixpunkte zu verankern.

 

90minuten.at: Welche Eckpunkte sind das?

Hörtnagl: Es ist sicherlich ein Punkt, dass wir recht leicht Tore kassiert haben. Die Rückwärtsbewegung und das Doppeln ist wichtig. Wir konnten uns in der Defensive verbessern, das wird sicher ein fixes Element bleiben, damit es für die Gegner schwieriger wird, durchzukommen. Dazu kommt das Umschaltspiel, es hat uns auch in der letzten Saison ausgezeichnet, dass wir dem Gegner den Ball überlassen haben. Wir haben ja schnelle Spieler, die das einleiten können.

 

90minuten.at: Es gibt noch acht Runden bis zur Wintepause. Gab es schon Zeit für eine Kaderanalyse, an welchen Positionen etwas zu verändern wäre?

Hörtnagl: Das werden wir nach den Runden evaluieren. Wir haben einen kleinen, kompakten Kader und haben noch die zweite Mannschaft, da haben wir gesehen, dass Maranda und Hupfauf auch oben stabil sind. Das war der strategische Plan: Wir wollen die Jungen entwickeln. Wir wollen stabil in der Liga bleiben, der erweiterte Kader soll in der zweiten Liga spielen. Das bewährt sich. Es war ein super Schritt.

 

90minuten.at: Der Funken ist noch nicht ganz auf die Zuschauer übergesprungen. Der WAC hat in etwa denselben Schnitt. Warum zündet Wacker nicht?

Hörtnagl: Wir haben jetzt vier Jahre in der zweiten Liga gespielt. Da ist ein Stück weit Vertrauen und Zuspruch verloren gegangen. Die werden zum Teil erst wieder kommen, wenn wir spielbestimmender auftreten, die ersten Sechs möglich sind, kontinuierlich. Darauf warten sie schon. Aber die, die jetzt ins Stadion kommen, sind richtig positiv. Sie können die Situation durchaus richtig einschätzen, wir haben ein kleines Budget, eine junge Mannschaft und man weiß, dass diese Anpassungszeit notwendig ist. Es gefällt mir sehr gut, dass die Fans, egal wie der Spielstand ist, voll hinter dem Team stehen. Das sehe ich als totales Plus. Das sah man auch gegen den LASK. Als es nach dem 1:0 schwierig wurde, war es auch mit knapp 4.000 Fans ein Heimspiel, bei dem die Mannschaft voll unterstützt wurde. Die Leute, die kommen, unterstützen Wacker. Je mehr Erfolge wir einfahren, desto mehr kommen. Wir wollen nach den Großklubs die sein, die das Feld punkto Zuschauer anführen.

 

90minuten.at: Aber gegen einen der attraktivsten Gegner - Sturm - kamen nach vier Jahren zum ersten Bundesligaheimspiel nicht einmal 8.000 Fans. Was kann der Verein da aktiv tun?

Hörtnagl: Erfolg ist nun einmal einer der wichtigsten Faktoren. Beim Stadionerlebnis erhalten wir ein Stück weit Unterstützung. Wir haben nun Foodtrucks, es ist auch ein Fanlokal geplant. Es ist wichtig, dass die Leute früher kommen und später gehen. Das Stadionerlebnis war nicht ganz optimal. Da haben wir jetzt eben Akzente gemeinsam mit Stadt und Land etwas gemacht.

 

90minuten.at: Welcher Schnitt schwebt Ihnen mittelfristig vor?

Hörtnagl: Gegen gute Mannschaften ist das Interesse automatisch größer. Dieses Jahr werden es vier- bis fünftausend werden. Wenn die Menschen aber spüren, dass hier eine Mannschaft heran wächst, die die Topklubs zuhause fordert, werden wieder mehr kommen.

90minuten.at: Wir danken für das Gespräch!

 

Hintergrund: Wackere Zuschauerkrise & Daxbacher-Vertrauen

Noch ist die Bundesliga-Euphorie in Innsbruck noch nicht zu spüren: Mit einem bisherigen Schnitt von 4.546 Fans liegt Innsbruck in der Tabelle der Klubs zwar auf Platz 6, der Wert ist dennoch hinter den Erwartungen zurückgeblieben. >> Alle Details gibt es im 90minuten.at-Zuschauercheck

Vor dem wichtigen Sieg gegen den LASK sprach zudem Wacker-Trainer Karl Daxbacher über den logischen Vertrauensverlust, wenn man zu wenige Punkte einfährt. >> "Wenn du nicht gewinnst, wirst du in Frage gestellt"

 

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