Woran hakt‘s bei ... der Admira?

In der Serie "Woran hakt's bei ..." werden aus taktischer Sichtweise die Probleme der vier Teams angesehen, die sich zurzeit auf den unteren Plätzen befinden. Im Laufe der Wochen kann es durchaus Veränderung auf den Tabellenplätzen geben, den Beginn macht der aber nun Letztplatziere Admira Wacker.

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+ + 90minuten.at Exklusiv + + Eine Admira-Analyse von Simon Goigitzer

 

1. Fehlende Abstimmung

FC Admira Wacker Mödling agiert meist im 4-4-1-1 Mittelfeldpressing, dass sich situativ zum 4-4-2 formt. Gegen Hartberg konnte man vor allem in den Anfangsminuten eine asymmetrische Raute im Mittelfeld erkennen, da Marcus Maier als rechter Flügel etwas tiefer und Kolja Pusch etwas höher agierte. Die Höhe des Anlaufens soll hier nicht in Frage gestellt werden, da es bei der Admira bei der Arbeit gegen den Ball an ganz anderen Sachen fehlt. Die Spieler der Admira sind schlecht darin, den Aufbau des Gegners auf eine Seite zu lenken. Vor allem Sinan Bakis nutzt den Deckungsschatten spärlich. Dies hat zur Folge, dass das Spiel des Gegners nicht ausrechenbar wird und es schwieriger wird Pressingtrigger zu erzwingen (sofern es diese bei der Admira überhaupt gibt – es sieht nicht danach aus). Die Mannschaft kann nicht geschlossen agieren, da es keine klaren Signale zum Anlaufen gibt. Wie auch, wenn der Gegner stets mehrere Anspielstationen hat und stets einen Ausweg finden kann?

Abbildung 1

Bakis läuft hier (Abbildung 1) im Bogen an, ohne Felix Luckeneder in den Deckungsschatten zu stellen. Der spielerisch starke Hartberger Innenverteidiger bekommt den Ball, kann Andribbeln und verlagern. Maier (nicht im Bild, rechter Flügel) versucht nach dem Pass auf Luckeneder zwar zu attackieren, sein Pressingweg ist jedoch viel zu weit weg und er orientierte sich wieder auf seinen direkten Gegenspieler, Linksverteidiger Christian Klem

Die Defensivprobleme der Admira beginnen also schon ganz vorne. Im 4-4-1-1 ist der zentrale Stürmer essentiell, um das gegnerische Aufbauspiel auf eine Seite zu leiten. Nur so kann der Zehner tatsächlich effektiv auf den Ballführenden gehen und ein 4-4-2 bilden. In weiterer Folge kann der Flügelspieler dann auch schon auf den Pass auf den gegnerischen Außenverteidiger lauern und mit dem gespielten Ball attackieren. „Gemeinsames Denken“ ist im Pressing gefragt. Bei der Admira hat jeder seine eigene Idee, weshalb ständig Freiräume für den Gegner entstehen.

Abbildung 2

Bakis versucht hier den ballerwartenden Innenverteidiger anzulaufen, bemerkt jedoch Rajko Rep in seinem Rücken nicht. Dieser ist so frei, dass er den Ball in Ruhe annehmen und mit Bakary Nimaga kombinieren kann, der dann Ball nach vorne zu Dario Tadic bringt. Hier muss Bakis klüger agieren: Er muss den Passweg auf Rep zustellen und Nimaga zu einem Pass zu Innenverteidiger Michael Huber verleiten um diesen dann anzulaufen.

 

2. Geringe Intensität und ballferne Räume

Durch das schwache Anlaufen vorne wird es natürlich schwieriger für die restlichen Spieler effektiv zu verteidigen. Neben der fehlenden Abstimmung kommt noch mangelhafte Intensität im Verteidigen dazu. Unter Intensität versteht man hier jedoch nicht Zweikampfhärte, sondern genau genommen die Zeit der Intervalle zwischen den Aktionen. In den vorherigen Szenen war die geringe Intensität eine Folge der schwachen Abstimmung: Zuerst joggt Bakis im Bogen an, dann möchte Maier reagieren und nach vorne verteidigen, muss sich dann aber zurückziehen. Währenddessen zerfällt der gesamte Admira-Defensivverbund. Die Szene dauerte ungefähr 20 Sekunden lang, und nur drei Aktionen fanden statt: Roman Kerschbaum deckte Bakary Nimaga, Bakis joggte an, Maier versuchte nach vorne zu verteidigen.

Bei Mannschaften mit guter Abwehrarbeit sind ständige Positionsanpassungen sichtbar, Spieler sprinten aus ihren Positionen um den Gegner zu stellen, während andere Spieler absichern. Nach dem weggespielten Ball sprintet man wieder zurück und sichert für den anderen und so weiter. Bei der Admira ist dies nicht zu erkennen. Meist warten die Spieler in ihren Positionen und stellen ihre Gegner maximal, kommen jedoch in keine tatsächlichen Zweikämpfe. Da überall auf dem Spielfeld natürlich Raum vorhanden ist und man diesen nur durch Kompaktheit und Druck auf den Ballführenden verknappen kann, sind diese freien Räume bei der Admira nicht nur vorhanden, sondern vor allem auch bespielbar.

Abbildung 3: Ein hoher Ball wurde weggeköpft (eingekreist). Vier Hartberg-Spieler sind jedoch schon für den zweiten Ball bereit und würden alle VOR ihren direkten Gegenspielern an den Ball kommen.

Abbildung 4

Im Bild (Abbildung 4) zeigt die Körperhaltung der Spieler deutlich: „Wir sind nicht bereit um zu sprinten“. Selbst im Screenshot ist ersichtlich, dass hier keine Dynamik im Defensivverbund der Niederösterreicher besteht. Deswegen kann der LASK auch einfach verlagern und eine lokale Überzahlsituation kreieren. Noch einmal: Hier geht es nicht um Tiefe des Verteidigens oder Abstimmung. Vor allem bei Atletico Madrid kann man in ihrer tiefen Abwehrposition oft sehen, wie viele Spieler gleichzeitig arbeiten. Stellen, absichern, Stellen, absichern – bei der Admira passiert weder das Eine noch das Andere.

 

3. Offensiv: Keine Anspielstationen im Spielaufbau.

Vor allem im Abstiegskampf wollen viele Trainer die Arbeit gegen den Ball fokussieren, weshalb das Angriffsspiel (angeblich) zu kurz kommt. Im Fußball passiert es jedoch, dass man auch mal den Ball hat. Dann sollte man auch etwas mit diesem anzufangen wissen, wenn man ein Tor erzielen – und schlussendlich gewinnen – möchte. Bei den Mannschaften von Klaus Schmidt, der ja dem Spiel mit dem Ball prinzipiell nicht abgeneigt ist, ist jedoch selten zu sehen, dass man etwas mit dem Spielgerät anzufangen weiß.

Wenn man auf die vorherigen Stationen in der Bundesliga von Klaus Schmidt zurückblickt, dann weiß man, dass sowohl Altach als auch Mattersburg durchaus gefälligen Fußball zu spielen wussten. Bei beiden Mannschaften hatte man jedoch jeweils zumindest einen Spieler, der die Rolle des zentralen Ankersechsers perfekt ausfüllte. Bei Altach hatte man Oum-Gouet, Valentino Müller und Patrick Salomon als spielstarke Sechser. Letztgenannter, sowie auch Jano, waren es beim SV Mattersburg. Bei der Admira zeigt sich Markus Lackner schwach und Morten Hjulmand ist eher ein Achter mit hohem Aktionsradius – kein Spieler, der den Spielaufbau an sich reißt und die Strippen zieht. Roman Kerschbaum war schon bei Wacker Innsbruck unter Trainer Thomas Grumser ein starker Sechser und könnte diese Position wohl besser ausfüllen als seine Mitspieler. Das Personal ist jedoch nicht die einzige Komponente: die Positionierung, das Anbieten in freien Räumen ist bei der Admira kaum vorhanden.

 

Abbildung 5

Kerschbaum könnte sich im ballfernen Halbraum anbieten (Abbildung 5). Dies würde ihn entweder frei für einen Wechselpass machen (Bundesligaspieler können diesen Pass entgegen der allgemeinen Meinung spielen), oder er würde Rep mitziehen und mehr Platz für Hjulmand schaffen. Dieser zeigt sich passiv, könnte sich aber genauso wie Lackner deutlich näher am Mitspieler anbieten um eine Anspielstation zu schaffen.

Dazu ein kurzes mögliches (besseres) Szenario:
Linksverteidiger Leonardo Lukacevic bekommt den Ball. Lackner läuft in der Mitte entgegen, kommt auf ungefähr 10-15 Meter Distanz. Währenddessen bewegt sich Morten Hjulmand Richtung eigenes Tor, ist anspielbereit.  Kerschbaum/Rechtsverteidiger Fabian Menig/Flügelspieler Maier bewegen sich in den ballfernen Halbraum und sind anspielbereit. Lukacevic spielt auf Lackner, der unter Gegnerdruck mit dem ersten Kontakt zu Hjulmand spielt. Hjulmand war nah genug an Lackner dran, dass dieser sich in seinem Sichtfeld befand. Hjulmand spielt mit spätestens den zweiten Kontakt einen (flachen) Wechselpass in den ballfernen Halbraum. Auch unter Gegnerdruck sollte er diesen Ball spielen können, da sich der ballfernen Halbraum in seinem Sichtfeld befindet. Die Admira kann nach vorne spielen.

 

Fazit

Dies sind nur die drei größten Baustellen der Admira. Vor allem im letzten Drittel gibt es auch hier immer wieder Probleme, jedoch sind diese am schwierigsten zu lösen und hier kommt es sehr oft auf individuelle Qualität an. Kolja Pusch, ein Spieler der auf der Zehn wohl am besten aufgehoben wäre, kann den tödlichen Pass spielen. Bakis ist unkonstant und leider kein Spieler der im Strafraum zu glänzen können scheint. Die drei von uns genannten Punkte sind jedoch alle mit Analyse und Training zu verbessern.

 

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