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Innsbrucks Meisterstück gegen die SV Ried [Spielanalyse]

Die Innsbrucker besiegeln mit einem 3:1 Heimsieg gegen die SV Ried den Aufstieg in die neue 12er-Bundesliga. Eine schwache erste Halbzeit mit viel Passivität und wenig Mitteln gegen das Rieder Pressing kann man mit einer zweiten, verbesserten Hälfte noch ausgleichen und gewinnt schlussendlich verdient, wenngleich der Unterschied zwischen beiden Mannschaften nur marginal war.

Eine Spielanalyse von David Goigitzer

Die Grundaufstellung von Innsbruck auf Ried (klick auf das Bild für eine größere Darstellung)

Innsbrucker Pressing ist passiv

Die Innsbrucker traten im Pressing im 4-1-4-1 an und attackierten meist einige Meter nach dem Mittelkreis. Bei tieferem Ballbesitz von Ried agierte man im 4-4-2. Situativ, vor allem bei Abstößen, versuchten sie die Rieder schon etwas früher zu stören. Die Doppelspitze, gebildet von Dedic und Freitag, stand beieinander und sollte den etwas tiefer und als Spielmacher agierenden Grgic davon abhalten beim Rieder Spiel die Fäden zu ziehen. Jener kam aufgrund dessen manchmal etwas näher zu seinen Innenverteidigern, Gabriele nahm dann aus dem zentralen Mittelfeld die Verfolgung auf, um bei einem Pass auf Grgic Zugriff zu erhalten.

Man wollte den Spielaufbau der Gäste nach außen leiten, um dort einfacher Bälle gewinnen zu können. Im Mittelfeld agierte man lose mannorientiert, wollte vor allem schnellen Zugriff und Zweikämpfe finden anstatt Pässe abzufangen. Vor allem auf den Flügeln war man doch recht mannorientiert und verblieb immer etwas breiter und tiefer als der Rest des mannschaftlichen Verbundes. Der ballferne Halbraum wäre hier für die Rieder dann öfter mit diagonalen Pässen aus dem Aufbau bespielbar gewesen. Auf dies schienen die Innviertler jedoch nicht zu achten. Generell agierten die Innsbrucker eher passiv und leitend, selten setzte man die Rieder aktiv und kollektiv unter Druck. Die Gastgeber versperrten jedoch primär die wichtigen Zonen und kamen immer wieder in Zweikämpfe und konnten simple Durchbrüche der Rieder weitestgehend verhindern.

1: Innsbruck hier in einer 4-4-2 Staffelung. In den Anfangsminuten hatte man noch einige Angriffspressingsituationen. Jene verschwanden nach ungefähr 15 Minuten völlig.

Im Ballbesitz formierte sich Wacker im 4-1-4-1 und wollte den Ball flach durch die eigenen Reihen laufen lassen. Hierfür nutzte man natürlich die gut besetzte Zentrale mit ballsicheren Spielern. Aufgrund des recht engen Zustellens eben jener Spieler und dem teilweise gut getimten Pressings der Rieder musste man etwas mehr über die Flügel aufbauen, als man dies wahrscheinlich wollte. Über die Außenverteidiger musste man so nun Wege in die Mitte finden. Der junge Linksverteidiger Albert Vallci ragte hier heraus, fand durch gute Dribblings und diagonale Flachpässe Lösungen gegen intensives Anlaufen der Gäste. Fand man etwas Raum vor, wollten die Innsbrucker sehr schnell attackieren und mit temporeicher Ballzirkulation zum Torerfolg kommen. Über die Mitte sollten die schnellen Außenspieler Rakowitz und Imbongo eingesetzt werden, während Dedic in der Sturmzentrale stets den Rücken der Abwehr suchte. Aus einem dieser Schnellangriffe konnte man in der 17. Minute einen Corner erreichen, der zwar zu Beginn abgewehrt wurde, nach erneuter Hereingabe kam dann Dominik Baumgartner mit dem Kopf an den Ball und erzielte das wichtige und frühe 1:0 für Innsbruck.

 

Rieder intensiv mit guten Pressingtriggern

Die Rieder traten im Pressing im 4-2-3-1 an und attackierten recht hoch, wie man es von den Oberösterreichern diese Saison gewohnt ist. Sportdirektor Schiemer ist Fan und Lehrling der Red-Bull-Schule, setzt also auf hohes Pressing und vertikales (und nicht allzu viel) Spiel mit dem Ball. Das 4-2-3-1 ist eine klassische Spiegelformation des 4-1-4-1 und sollte wohl dabei helfen, die Mannorientierungen im Pressing einfacher auszuführen. Chabbi agierte als Keil zwischen den Innsbrucker Verteidigern, während Prosenik Kerschbaum in enge Bewachung nahm. Ziegl und Grgic kümmerten sich um Gabriele und Freitag, was den Innsbrucker Aufbau deutlich verlangsamte.

Durmus und Wießmeier deckten die Halbräume ab und pressten intensiv auf die Außenverteidiger der Innsbrucker, wenn diese den Ball erhielten. Dieses intensive Pressing hatte zur Folge, dass die Tiroler nur schwer ins Spiel kamen. Die Grün-Schwarzen sind eine der mit dem Ball dominantesten Mannschaften in der Ersten Liga, fanden jedoch nur selten längere Phasen in Ballbesitz.

2: Chabbi lenkt hier den Ball nach links, Wießmeier ist schon auf dem Sprung um Linksverteidiger Vallci anzupressen.

Im Ballbesitz agierte Ried sehr direkt und vertikal, wie man es gewohnt ist. Viel wurde über die Außenverteidiger und entlang der Linie gespielt. Auch immer wieder gechippte Bälle auf die beiden körperlich starken Stürmer, um dann ins Spiel um den zweiten Ball zu gehen, wurden häufig genutzt. Haring, rechter Innenverteidiger, wurde nur selten angespielt. Der 25-jährige ist einer der spielstärksten Innenverteidiger der Ersten Liga (neben Stefan Umjenovic vom FAC). Er findet immer wieder Flachpässe in die Spitze, ist auch der einzige Spieler bei den Riedern, der immer wieder in den ballfernen Halbraum blickt. Dedic versuchte für die Innsbrucker Peter Haring immer wieder abzuschneiden und in den Deckungsschatten zu stellen. Jedoch blickte Reifeltshammer nur selten zu seinem Partner, sodass er ihn gar nicht hätte sehen können, wenn er frei gewesen wäre.

Mit einfachen Chipbällen über Dedic, Spiel über den Dritten mit einem Sechser oder auch Abkippen eines Sechsers und Staffelungsveränderung hätte man Peter Haring immer wieder ins Spiel bringen können. Der gebürtige Eisenstädter sollte jedenfalls in den Notizblöcken eines jeden Bundesligascouts stehen.

Julian Wießmeier, der wohl beste Spieler bei den Riedern neben Haring, agierte eingerückt als rechter Mittelfeldspieler und bildete immer wieder eine Raute im Rieder Mittelfeld, die eine schnelle Zirkulation ermöglichte. Das Spiel der Rieder fokussierte sich jedoch primär auf die linke Seite, auf welcher Ilkay Durmus als offensiver Flügelspieler agierte. Der flinke Außenspieler ist spielerisch sehr simpel gestrickt, kann also mit etwas Geschick und Vorbereitung gut gestoppt werden. Der Linksfuß geht so gut wie immer nur links entlang der Linie vorbei und kombiniert das nur selten mit Finten, ist also recht leicht zu durschauen.

3: Haring macht keinerlei Anstalten, sich freizulaufen. Reifeltshammer hat keine Optionen.

Innsbruck führt, Ried spielt

Die erste Halbzeit waren die Rieder deutlich mehr am Ball. Durch das starke Pressing konnten die Oberösterreicher Angriffsversuche der Innsbrucker immer wieder sehr früh ersticken, die Gastgeber kamen kaum zu Chancen. Zwar konnte man sich das eine oder andere Mal aus dem Druck lösen, fand dann jedoch keine aussichtsreichen Abschlusspositionen. Die Rieder selbst konnten zwar Abschlüsse generieren, jedoch war das Spiel der Mannschaft von Trainer Thomas Weissenböck im Angriff mehr auf Quantität als auf Qualität getrimmt. So kam es zwar zu einigen Flanken, jene brachten immer nur recht wenig ein. Die geradlinigen Läufe von Durmus mit anschließenden Hereingaben waren früh zu durchschauen und einfach zu verteidigen, sodass die Rieder aus ihren Vorteilen in Sachen Pressing und auch mehr Ballbesitz aufgrund passivem Innsbrucker Pressings kein Kapital schlugen.

 

Innsbruck intensiver aus der Kabine

In der zweiten Halbzeit sah man ein weniger intensives Pressing der Rieder, was automatisch zu mehr Spielanteilen der Gastgeber führte. Die Innsbrucker konnten vor allem über Vallci auf links vielversprechende Aufbauszenen kreieren, die Partie war nun ausgeglichener. Die SV Ried spielte öfters hohe Bälle als vorhin, die Freilaufbewegungen der in rot gekleideten Gäste waren nun noch langsamer bis teilweise gar nicht vorhanden. Dies ist auch etwas, das man Peter Haring durchaus vorwerfen kann: Er bewegte sich nur selten aus dem Deckungsschatten von Dedic heraus, der ihn nicht einmal allzu konsequent deckte.

Einzig Ziegl war in seiner Positionierung immer fleißig und klug, musste das gesamte Spiel über mit seinen Armen über den Kopf herumwinken, bis Reifeltshammer ihn das erste Mal nach rund 30 Minuten (!!) mit einem flachen Diagonalpass im Zentrum fand. Mit besserem Positionsspiel hätten die Rieder schon in Halbzeit eins zu guten Chancen kommen können, in Halbzeit zwei verlor man nun noch öfter den Ball. Auch weil Die Innsbrucker konsequenter ihre Gegenspieler zustellten und bisweilen auch auf die Aufbauspieler pressten.

4: Eine der am meisten gesehenen Szenen in diesem Spiel: Ziegl bittet um den Ball von Reifeltshammer, bekommt ihn aber nicht.

In weiterer Folge gelang den Innsbruckern in Minute 64 das 2:0, als Vallci den Ball mit gutem Vorwärtsverteidigen im Gegenpressing gewann und an der zweiten Stange den heransprintenden Rakowitz sah. Jenen bediente er mit einer langen Flanke, der junge Flügelstürmer schloss volley aus sehr spitzem Winkel ab, Gebauer sah hier nicht unbedingt gut aus. Vallcis Flanke sah zwar etwas schlampig aus, war jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit Absicht: Kurz zuvor blickte er auf in Richtung zweite Stange. Die Innbsrucker mussten zwar kurz vor Schluss noch zittern, als Durmus in der 86. Minute mit einem Linksschuss nach Vorarbeit von Chabbi den Anschlusstreffer erzielte, Zlatko Dedic stellte den alten Vorsprung nur vier Minuten später wieder her und besiegelte den 3:1 Endstand.

 

Innsbruck brennt

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