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Christian Ebenbauer: "Der Fußball darf nicht komplett hinter einer Paywall verschwinden"

Im Interview mit 90minuten.at spricht Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer über nachhaltiges Zuschauerwachstum, die Situation um den TV-Vertrag und über die wachsende Schere zwischen armen und reicheren Klubs in Österreich und Europa.

Interview Christian Ebenbauer Seite 1 - Seite 2 - Seite 3

 

 

90minuten.at: Betrachtet man den Umsatz der österreichischen Klubs, so kann man feststellen: Große Umsatztreiber sind die internationalen Teilnahmen an der Europa oder Champions League. Sonst stagniert der Umsatz. Was kann man hier in den kommenden Jahren erwarten?

Ebenbauer: Der Sponsoring-Bereich ist in Österreich ziemlich ausgereizt. Im Medien-Bereich brauchen wir klarerweise eine Steigerung. Eine weitere Steigerung wäre der Zuschauerbereich. Optimalerweise machen die Medien-Erlöse künftig ein Viertel der Budgets aus. Die Vereine würden dann in eine positive Spirale kommen: Mehr Einnahmen, mehr sportliche Erfolge, mehr Fans. Da greift dann eins ins andere.

 

90minuten.at: In den vergangenen Monaten wurden die TV-Rechte für die Deutsche Bundesliga mit einem Rekordergebnis vergeben, ganz aktuell nun die Rechte an der Champions League – ebenfalls mit einem Rekord. In Italien wurde jetzt die Ausschreibung zurückgezogen, weil es keine zufriedenstellenden Angebote gegeben hat. Die österreichische Liga hat die Rechte aktuell neu ausgeschrieben. Welche Lehren kann man aus österreichischer Sicht dadurch ziehen?

Ebenbauer: Wir lernen ständig und wir sehen uns das alles natürlich an. Die Situation im Heimatland ist aber anders. Es nützt nichts, nach Deutschland zu blicken, wenn dort mehr als zehn Medienunternehmen an den Rechten mitgeboten haben und wir in Österreich eine gänzlich andere Situation haben. Von der Gesamtentwicklung in Europa ist der Trend zum Pay-TV noch klarer geworden, auch in den skandinavischen Ländern, wo die Zahlungsbereitschaft für Pay-TV höher ist als bei uns. Die Entwicklung in Italien ist bemerkenswert, das erste Mal hat ein Big-Player den Schritt gewagt und die Ausschreibung zurückgezogen. Die Italiener sehen die Gefahr, dass sie auch sportlich nicht mehr mithalten können, wenn sie bzgl. TV-Erlöse zu weit hinter England und Deutschland zurückfallen.

 

 

"Bei jeder Plattform, die gestartet wird, muss sichergestellt werden, dass der Fußball nicht komplett hinter einer Paywall verschwindet." - Christian Ebenbauer

90minuten.at: Ist Italien auch ein warnendes Beispiel für Österreich? Stellen Sie dem Markt die Rute ins Fenster und drohen mit einer Eigenvermarktung der Bundesliga?

Ebenbauer: Es ist eine Alternative in den Verhandlungen, kein Druckmittel. Man braucht auch für die Eigenproduktion strategische und finanzielle Partner, um so etwas umsetzen zu können. Die Klubs benötigen ja eine finanzielle Sicherheit. Bei der Eigenvermarktung geht es darum, selbst gestalten zu können und den Wert des eigenen Produktes besser zu kennen. Das ist ein interessantes Modell, mit dem sich jeder Sportverband der Welt auseinandersetzen muss. Wir tun das intensiv, aufgrund des Marktes und auch aufgrund der Konsumationsweise von Medien an sich.

 

90minuten.at: Wie groß ist die Hoffnung, dass aufgrund des neuen Mediennutzungsverhaltens auch neue Plattformen in den Markt drängen?

Ebenbauer: Es geht vor allem darum, strategische Partner zu finden. Wir dürfen jedoch nicht darauf warten, bis diese selbst auf die Idee kommen, sondern wir gehen aktiv auf diese zu. Anhand von Analysen und Geschäftsmodellen könnte man dann gemeinsam zu dem Schluss kommen, dass es sinnvoll ist. Das Potenzial ist durch die neuen Medien gestiegen. Man darf aber eines nicht vergessen: Bei jeder Plattform, die gestartet wird, muss sichergestellt werden, dass der Fußball nicht komplett hinter einer Paywall verschwindet. In gewissem Rahmen muss der Fußball konsumierbar sein. Bei uns ist dieser Rahmen aktuell mit einem Live-Spiel pro Woche ziemlich großzügig angelegt.

 

90minuten.at: Haben Sie die Angst, dass nach all diesen Rekord-Deals kein Geld mehr für die österreichische Liga vorhanden ist?

Ebenbauer: Wenn man von den rein österreichischen Medienhäusern ausgeht, sind die Mittel natürlich begrenzt. Geht man von den großen, internationalen Konzernen aus, ist Österreich nur ein kleiner Punkt. Natürlich muss es sich rechnen. Der springende Punkt dahinter ist: Was kann man anbieten, dass das Produkt Fußball gemeinsam gut funktioniert. Aktuell bin ich der Meinung, dass wir mit Fußball mehr erreichen als wir an finanziellen Mitteln erhalten.

90minuten.at: Wie ist das erste Feedback vom Markt nach Beginn der Ausschreibung?

Ebenbauer: Die Ausschreibungsunterlagen sind am Markt, wir können konkret erst Anfang Juli etwas sagen, wenn die Angebotsfrist vorbei ist. Derzeit sind wir noch in der Rückfrage-Phase.

 

90minuten.at: Was jedenfalls schon fix ist, ist die Aufteilung des künftigen TV-Geldes. Sie haben vorher gemeint, dass die österreichische Liga sportlich gesehen noch relativ ausgeglichen ist. Dennoch wurde durch die neue Aufteilung festgelegt, dass größere Klubs mit mehr Fans künftig mehr Geld erhalten als kleine. Damit macht man in Österreich doch die Schere künstlich weiter auf?

Ebenbauer: Wir haben ein ausgeglichenes Verhältnis, wenn man betrachtet, was die UEFA gerade bei der Aufteilung der künftigen Champions League Prämien gemacht hat.

 

90minuten.at: Aber das ist doch eigenartig: Bei der UEFA regt man sich über die Schere auf und in der Liga beschließt man ebenso eine unsolidarische Aufteilung?

Ebenbauer: Nein, ich bin nicht der Meinung, dass wir die Schere in diesem Ausmaß öffnen …

 

90minuten.at: … nicht in diesem Ausmaß, aber man macht sie größer. Die Aufteilung wird unsolidarischer als es bisher der Fall war.

Ebenbauer: Unsolidarischer hängt davon ab, wie stark man den Faktor Leistung bewertet. Aktuell werden derzeit über 50% der TV-Gelder Leistungsbezogen ausgeschüttet: Zuseher, Sport und Österreicher-Topf sind Leistungsfaktoren. Das Fixum liegt bei 42%. Künftig werden wir 30% Fixum haben, also 12% weniger. 30% wird durch sportliche Leistung verteilt, was bei einem Wettbewerb ein wesentlicher Faktor ist, 20% durch den Österreicher-Topf – der ist ein wichtiger Topf, er war aber überbewertet, denn z.B. hat Salzburg nichts daraus bezogen aber jedoch einige Nationalspieler hervorgebracht. Der letzte Topf ist der Zuschauertopf, der von 8% Anteil auf 20% steigt. Unser Hauptzweck ist, dass wir Stadionzuschauer generieren, dann gleicht sich das auch wieder aus. Daher bin nicht der Meinung, dass man auch nur annähernd den Vergleich ziehen darf wie bei der Champions League, wo 30% für Titel von vor 50 Jahren herangezogen werden. Wenn wir die Saison 2015/16 als Grundlage nehmen, hätte der Klub mit dem meisten TV-Geld das 1,8-Fache bekommen als der Klub mit dem wenigsten TV-Geld. Nach dem neuen Modell ist es am Beispiel der Saison 2015/16 das 2,0-Fache. Es ist ein guter Ausgleich zwischen Leistung und Solidarität, dem die Klubs mit über Zweidrittel-Mehrheit zugestimmt haben.

 

90minuten.at: Noch ein Themenwechsel: Leo Windtner wurde am Sonntag mit einer Gegenstimme zum dritten Mal zum ÖFB-Präsidenten gewählt. Warum hat eigentlich die Liga innerhalb des ÖFB-Wahlausschusses die Wiederwahl von Leo Windtner zunächst blockiert?

Ebenbauer: Ich sitze nicht im Wahlausschuss …

 

90minuten.at: Aber die Liga wird dazu ja vorher eine gemeinsame Meinung akkordiert haben?

Ebenbauer: Das ist Aufsichtsrat-Thema und nicht ein Thema des Bundesliga-Vorstands. Grundsätzlich: Es geht nicht um die Titel Vizepräsidenten, sondern um die Vertretungsregeln, wenn der Präsident verhindert ist. Die Satzungen des ÖFB haben bis 2012 das Direktorium vorgesehen, wo die Vertretungen vorgesehen waren. Im Prinzip ist es jetzt nicht anders. Es braucht klar geregelte Vertretungsregeln.

 

90minuten.at: Aber ist die öffentliche Diskussion dazu nicht komisch gelaufen?

Ebenbauer: Dazu kann ich jetzt nichts sagen.

 

90minuten.at: Aber schadet das nicht dem Fußball?

Ebenbauer: Öffentliche Diskussionen darüber helfen nicht weiter. Man muss nach vorne kommen und am besten geht man dann in die Öffentlichkeit, wenn es Ergebnisse gibt. So wie es hier dargestellt wurde, dass es um den Titel Vizepräsidenten geht, ist nicht optimal gewesen.

 

Danke für das Interview!

 

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