Pepijn Lijnders: FC ohne-Red Bull Salzburg?
Foto © FC Red Bull Salzburg via Getty Images

Pepijn Lijnders: FC ohne-Red Bull Salzburg?

Es ist mittlerweile sieben Jahre her, dass Red Bull Salzburg mit Óscar Garcia einen Coach holte, der nicht aus dem eigenen Universum kam. Pepijn Lijnders ist quasi sein "Nachfolger". Was bedeutet seine Bestellung zum Cheftrainer für die Bullen?

Eigentlich ist es ja ein bisschen komisch. Der europäische Trainermarkt ist noch in Bewegung. Starcoaches wie José Mourinho oder Zinédine Zidane sind am Markt. Die gefühlt schon ewige Suche nach einem neuen Übungsleiter beim FC Bayern kann eine Kettenreaktion auslösen. Dazu kommt noch eine Europameisterschaft, wo große Namen wegen Misserfolg auf den Markt gespült werden können - oder eher unbekannte aufzeigen und ins Karussell einsteigen. Das könnte sich letztlich bis Österreich auswirken, aber nicht auf Red Bull Salzburg. Die in dieser Saison strauchelnden Bullen werden Onur Cinel wieder ins zweite Glied rücken und haben Ex-Liverpool- und Klopp-Co-Trainer Pepijn Lijnders geholt. Attraktiv genug für einen größeren Namen sind die Bullen mit Sicherheit.

Niederländische Schule?

Lijnders ist 41 Jahre alt und war nur Anfang 2018 Cheftrainer bei Nijmegen in der zweiten niederländischen Liga. Seine Karriere begann er 2003 in der Jugend von PSV Einhoven, ehe er von 2008 bis 2014 beim FC Porto als Techniktrainer zuerst für die U19, dann die zweite und letztlich die Kampfmannschaft wirkte. 2014 kam schließlich der Wechsel zum FC Liverpool, wo er 2015 zum Co-Trainer aufstieg. Nach dem knappen halben Jahr in seiner Heimat kehrte er ins Trainerteam von Jürgen Klopp zurück. Dort war er für die tagtägliche Trainingsarbeit zuständig

Ob er der richtige Trainer ist, werden der Spielstil und vor allem die Ergebnisse zeigen. So funktioniert der Fußball nun einmal.

Georg Sohler

Von der Taktik her wird er sich an dem orientieren, wofür Salzburg steht, nämlich Pressing und Intensität. Ansonsten würde es wirklich keinen Sinn machen. Wobei diese Aussage natürlich für jeden Trainer gelten würde. In einer Tradition mit Adriaanse, Stevens und Moniz dürfte er hingegen nicht stehen. Die niederländische Technik- und Ballverliebtheit ist zwar wichtig, unterscheidet sich aber vom RB-Stil. Dass er eben als erster Coach seit Óscar García (2015-17) nicht wie die Vorgänger Rose, Marsch, Jaissle und Struber aus dem Red Bull-Universum kommt, kann als Hinweis darauf gesehen werden, dass das Duo Stephan Reiter und Bernhard Seonbuchner einen neuen Reiz suchen.

Keine Ausreden

Unabhängig davon, ob es nun am Sonntag doch noch mit dem Titel klappt oder nicht, braucht vor allem der sportliche Leiter Seonbuchner nun einen Erfolg. Das Jahr eins nach Christoph Freund mag durch den kurzfristigen Wechsel von Matthias Jaissle nach Saudi-Arabien schwierig gewesen sein. Pech darf nicht als Ausrede herhalten. Klar, es gab mehr Verletzungen als selbst ein großer Klub auf Dauer kompensieren kann, gegen Benfica war es bis zur letzten Minute sehr knapp, wäre Baidoo einen Schritt weiter hinten gestanden, würde Struber vermutlich gerade Meistertrainer sein. Das darf aber über tieferliegende Themen, die in Seonbuchners Verantwortungsbereich liegen, nicht hinwegtäuschen.

Wenn man Trainer nach relativ kurzer Zeit entlässt, ist das immer eine Niederlage für den Verein, weil man den falschen Trainer ausgesucht hat.

Robert Klauß

Das beginnt schon bei der Kaderplanung. So talentiert können die Kicker gar nicht sein, dass sie sie die mangelnde Erfahrung kompensieren können. Nur drei Spieler sind älter als 25, davon ist einer der zweite Goalie. Alle anderen im weiteren Sinne Routiniers – Ulmer, Schlager, Capaldo und Fernando – sind aktuell verletzt. Dass der eine oder andere Kicker im Frühjahr im Kopf vielleicht schon woanders war, hätte man durch früher getätigte Transfers oder Kommunikation ändern können. Begeisternden Kick zeigte Seonbuchners erster Trainer, Struber, auch nicht. Dass das Team auch unter Cinel sehr wankelmütig agiert, spricht für eine Schieflage im Kader, die nicht nur am gescheiterten Coach lag.

Beweis antreten

Lijnders bekommt nun eine ganze Sommervorbereitung, neue Spieler und wahrscheinlich drei Qualifikationsrunden gegen die Ligazweiten aus Serbien, Schweiz und Co. Ob er der richtige Trainer ist, werden der Spielstil und vor allem die Ergebnisse zeigen. So funktioniert der Fußball nun einmal. Schuld wird dann aber nicht der Trainer sein, sondern der, der seine Bestellung verantwortet, letztlich Seonbuchner. „Ich würde mir wünschen, dass Vereine bei der Auswahl der Trainer besser arbeiten und nicht einfach aus dem Bauch heraus entscheiden, weil es gut ausschaut oder der Trainer attraktiv erscheint“, sagt im Zusammenhang Trainerwahl neulich Rapid-Coach Robert Klauß im 90minuten.at-Exklusiv-Interview. Diese Box kann man wohl abhaken, mit dem Niederländer haben wohl wenige gerechnet, nach den Leistungen der letzten Jahre hätte man,wie Eingangs aufgezeigt, wohl auch größere Namen an Land ziehen können.

Die Frage, so Klauß weiter, sei, ob der Trainer zum Verein und zur Mannschaft passt. „Wenn man Trainer nach relativ kurzer Zeit entlässt, ist das immer eine Niederlage für den Verein, weil man den falschen Trainer ausgesucht hat“, dieser Satz gilt eigentlich immer.

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