Altach: Die Sehnsucht nach der Meistergruppe
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Altach: Die Sehnsucht nach der Meistergruppe

Wieder ist es nichts geworden mit der ersten Teilnahme des SCR Altach in der Meistergruppe. Die Vorarlberger zeigen sich selbstkritisch und wollen endlich an den richtigen Schrauben gedreht haben, wie Geschäftsführer Christoph Längle im Exklusiv-Interview mit 90minuten.at erklärt.

 

+ + 90minuten.at PLUS - Das Gespräch führte Georg Sohler + +

 

Wieder gab es nach 22 Runden lange Gesichter beim SCR Altach. So wie in allen Spielzeiten, seit die Liga auf zwölf Teams aufgestockt wurde. Noch im März 2023 zeigte sich Geschäftsführer Christoph Längle optimistischer. „Als SCR Altach mit dem oberen Playoff zu planen, wäre vermessen. Nichtsdestoweniger haben es Klubs geschafft, die geringere budgetäre Mittel oder Rahmenbedingungen zur Verfügung haben“, sagte er damals gegenüber 90minuten.at. Auch heuer wurde in Altach der Ligaverbleib als primäres Ziel ausgegeben, stetig will man sich aber dem vielzitierten Strich annähern: „Wir haben Sehnsucht danach, unter die Top6 zu kommen. Ich werde mich nie an die Qualifikationsgruppe gewöhnen, das sind keine schönen Wochen, das sind kurze Nächte, das Umfeld leidet, es ist ein Riesendruck da – einfach grausam.“

Eine Formatdiskussion will er dennoch nicht aufmachen. Das Format sei gut, es bringt Spannung und Dramatik. Bislang war Altach durch den Admira-Abstieg zwar der einzige Profiteur, aber er spricht sich nach wie vor gegen die Punkteteilung aus, denn: „Die gehört dazu, dafür bezahlt Sky ja auch gutes Geld. Aber die Leute können oft nicht einschätzen, wie brutal März, April, Mai sind.“
Dabei will man die Hausaufgaben besser erledigt haben. Nach Interimstrainer Klaus Schmidt wurde kein Weltstar wie der gescheiterte Vorgänger Miroslav Klose verpflichtet, sondern auf rot-weiß-rote Power gesetzt. Joachim Standfest übernahm seinen zweiten Cheftrainerposten im Profibereich nach dem SK Amstetten in der Saison 2020/21. Ihm zur Seite steht neben Co-Trainer Roman Wallner ein verbreitertes sportliches Team rund um Sportdirektor Roland Kirchler, Sportkoordinator Philipp Netzer und Chefscout und Kaderplaner Marc-Andre Kriegl.

 

Umgebrochen auf dem Weg

Ein Umbruch ist im Gange, die erwähnten Führungsköpfe passen besser zum Verein als viele der Vorgänger.  Grabenkämpfe im Rheindorf wurden auf die Seite gelegt. „Es war richtig Miro Klose zu verpflichten, insgesamt war sein Name allerdings zu groß für den SCRA“, meint Längle nochmals zurückblickend, „Da geht es nicht um seine Qualität, aber um Nebenschauplätze.“ Am Ziel sei man aber eben noch lange nicht. Der Saisonstart war einer der besten der Vereinsgeschichte, in den ersten elf Spielen verlor man nur gegen Salzburg, Rapid, Sturm und den LASK. Nach einem 0:0 gegen Wolfsberg folgten aber vier Niederlagen in Folge.

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Atdhe Nuhiu traf als Stürmer-Routinier zu wenig.

„Wir haben zu oft an die Stange geschossen, hatten auch das Gefühl, vom VAR benachteiligt worden zu sein“, sagt er und fügt sofort an: „Das müssen wir aber weglassen. Der VAR betrifft auch andere Klubs, wir haben uns dann in Diskussionen verzettelt und den Fokus verloren.“ Besonders bitter aus seiner Sicht war die Seuche am Fuß von Stürmer-Routinier Atdhe Nuhiu. Der langjährige England-Legionär steuerte 2022/23 zehn Tore bei, derzeit hält er bei einem. In der Rückrunde des Grunddurchgangs gelang nur noch der Derbysieg gegen den späteren Absteiger Austria Lustenau. Knapp war es nur allzu oft. „ Wir sehen bei xG und xPoints, dass mehr drinnen gewesen wäre“, bilanziert er.

 

Viel Aufwand, wenig Ertrag

Die Kaderqualität schätzt er prinzipiell gut ein, Keeper Dejan Stojanovic zählt er zu den drei besten Keepern des Landes. Aber vorne hakt es. Nur die Nachbarn aus Lustenau haben weniger getroffen, der zentrale Mittelfeldmann Mike-Steven Bähre ist mit fünf Treffern bester Torschütze. Genau in dem Punkt unterscheidet man sich 2023/24 von Klubs wie Hartberg und Klagenfurt, die es mehrmals nach oben geschafft haben. Entrup und Avdijai haben im Grunddurchgang neun bzw. sechs Tore geschossen, Karweina zehn. „Ich schiele, was das Sportliche betrifft, neidisch nach Hartberg und Klagenfurt“, gibt er zu.

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Die sportliche Leitung rund um Roland Kirchler hat die "SCRA-DNA"

Durch das neu aufgestellte Scouting könne man derartige Spieler ebenfalls finden, vielleicht klappt es schon mit Neuzugang Lincoln. Unsummen kann Altach sowieso nicht zahlen. Qualitätsspieler müsse man orten und finden, sie sollen zur SCRA-DNA passen. Am Geld kann es ja nicht liegen, weder der TSV noch die Austria haben viel mehr Spielerbudget zur Verfügung. „Wir bitten immer um Zeit, ich weiß, aber dieses Mal glaube ich, ist das Gefühl ein anderes“, stellt er klar und blickt positiv in die Zukunft: „Ich trau es uns zu, wir können den Stamm halten und mit den richtigen Transferaktivitäten wirklich um die Plätze fünf bis acht mitspielen. Das muss klar unser Ziel sein, wenn man unser Gesamtpaket sieht. Wir müssen klar über anderen Vereinen stehen. Den Schuh müssen wir uns anziehen.“

 

Steine, Beine und so weiter

Doch man soll sich keinesfalls nur selbst geißeln, auch wenn es mit der Meistergruppe noch nicht geklappt hat. Der SCR Altach ist grundsätzlich ein prosperierender Verein. Das Sponsoringvolumen konnte wieder gesteigert werden, es gibt 20 Prozent mehr Dauerkarten, die Anzahl der Vereinsmitglieder steigt. In den letzten Monaten wurden 1.000 Dressen verkauft, der Zuschauer:innenschnitt beträgt über 5.000, so viel wie seit der Saison 2016/17, als man Winterkönig wurde, nicht mehr. Die Altacher veranstalten Fußballcamps und besuchen jährlich 2.000 Kinder in den Schulen. Mittlerweile gibt es nach zwei Jahrzehnten höchste oder zweithöchste Spielklasse eine zweite Fangeneration.

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Die Vorarlberger investieren einiges in die Infrastrukstur.

„Wir entwickeln uns schön langsam, ich spreche nicht von Traditions- und Kultverein, aber unser Stammpublikum baut sich auf. Der Umsatz beträgt elf Millionen Euro, Sponsoring und Hospitality machen fünf Millionen aus. Das sind super Zahlen und zeigt, dass in Marketing und Vertrieb gut gearbeitet wird“, freut sich Längle. Und die Vorarlberger machen weiter. Nie hatte man Probleme mit der Lizenz, jetzt nimmt man 13 Millionen Euro (teils kreditfinanziert) in die Hand und errichtet mit dem Hospitalitybereich und Trainingsplätzen das größte Projekt der Vereinsgeschichte. „Wir investieren und sind besser unterwegs als der eine oder andere, der in der Tabelle vor uns liegt“, attestiert er, „Da werden andere wohl auf uns schielen in Sachen Wirtschaft und Infrastruktur.“

 

Irgendwann wird es klappen

Dennoch: Man wirft den Altachern vor, zu wenig in den Sport zu investieren. Eine merkliche Steigerung des Umsatzes sei aber ohne Transfers und Europa nicht möglich. So kann man nur daran arbeiten, bald wirklich einmal oben anzudocken zu sein. „Man wirft uns vor, zu viel in die Infrastruktur zu investieren, dabei steigt auch das Spielerbudget“, sagt er selbstkritisch, „Auch das können wir uns vorwerfen: Ich habe einmal Karl-Heinz Rummenigge zitiert, der gemeint hat, die Bayern investieren in Steine statt Beine. Der Unterschied: Die gewinnen Titel, wir nicht.“

Er ist aber überzeugt, dass es notwendig ist, all diese Investitionen zu tätigen, um Teil der Bundesliga zu sein und zu bleiben. Wann diese Investitionen zum Tragen kommen, ist offen. Aber: „Irgendwann wollen wir best of the rest sein.“

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