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Die Früchte von Rangnicks Arbeit: Erwarten, nicht hoffen [Exklusiv]

Das ÖFB-Team qualifiziert sich relativ souverän für die Europameisterschaft. Das alleine ist noch keine besondere Leistung. Die Art und Weise lässt Fußballösterreich jedoch erste Früchte von Rangnicks Arbeit ernten. Das neue Motto: Erwarten, nicht hoffen.

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Das Spiel zwischen Aserbaidschan und Österreich wird trotz der historischen Dimension mit der erneuten Qualifikation zu einer Europameisterschaft wohl kein YouTube-Klassiker: Am Ende konnten die Österreicher froh sein, dass sie dieses Spiel mit 1:0 gewinnen konnten. Es war die wohl schlechteste Leistung im Rahmen dieser Qualifikation und um ein Haar hätten Alaba & Co noch das letzte Spiel auswärts in Estland gebraucht, um die Qualifikation zu fixieren, wenn man vom Spiel zwischen Belgien vs. Schweden und den tragischen Ereignissen in Brüssel absieht.

 

Die Entwicklung unter Rangnick

Blicken wir zurück: Unter Franco Foda vor vier Jahren war es doch genau die gleiche Situation, als Österreich das letzte Spiel in Riga gegen Lettland nicht mehr gebraucht hat und bereits eine Runde vor Ende der Qualifikation fix für die Europameisterschaft qualifiziert war. Was ist also anders, warum wird allerorts (auch hier auf 90minuten.at) geschrieben, dass das Team unter Ralf Rangnick jetzt ganz anders zu bewerten sei also noch vor vier Jahren?

"Hat man früher unter Foda eher eine Art des Zweckoptimismus gelebt [...] ist es mittlerweile so, dass Alaba & Co die österreichischen Fans gegen Kroatien, Frankreich, Belgien & Co vor dem Match ganz natürlich über mögliche Sieg diskutieren lassen."

Zunächst hilft da natürlich ein Blick auf die Gruppe G im Jahr 2019: Polen, Nordmazedonien, Slowenien und Israel waren damals die Gegner. Klar, „leichte Gegner“ gibt es nicht mehr, aber Schweden und vor allem Belgien sind schon andere Kaliber. Dass Rangnicks Elf gegen Schweden und Belgien 7 von 12 möglichen Punkte holte, hätte es in der Ära unter Foda nicht gegeben, denn wir erinnern uns: Ein Pflichtspielsieg gegen in der Weltrangliste besser platzierte Nationen gelang damals nie. Und im Rahmen der WM-Qualifikation zur WM 2022 war Österreich gegen Dänemark, Schottland und Israel ohne Chance, auch nur annähernd einen der begehrten WM-Fixplätze zu erreichen.

Aber auch abseits der rein rechnerischen Betrachtung gibt es eine erfreuliche Entwicklung zu sehen: Wie schon bereits im >> Momentum am Montag gestern deutlich klargelegt, hat Österreich die Lücke zu den Top-Nationen unter Ralf Rangnick merkbar verkleinert. Hat man früher unter Foda eher eine Art des Zweckoptimismus gelebt, dass es gegen große Fußballnationen zu einem positiven Ausreißer kommen könnte, ist es mittlerweile so, dass Alaba & Co die österreichischen Fans gegen Kroatien, Frankreich, Belgien & Co vor dem Match ganz natürlich über mögliche Sieg diskutieren lassen. Und das hat nichts mit Größenwahn zu tun. In der Nations League besiegte man WM-Vizeweltmeister Kroatien und holte ein Remis gegen Frankreich, und vor allem die Art und Weise der Auftritte – auch bei Niederlagen wie gegen Dänemark, Frankreich oder Belgien – zeigten auf, dass man mit Top-Nationen mittlerweile regelmäßig mithalten und auch punkten kann.

"„Alles machbar beim Nachbar" [...] Man muss nicht mehr hoffen, sondern kann von Österreichs Nationalteam mittlerweile erwarten, im Konzert der Großen mitzuspielen. Das ist ein gutes Gefühl."

„Alles machbar beim Nachbar“

Rangnick hat es nicht nur geschafft, dem Nationalteam ein eindeutiges Profil zu verpassen, sondern auch dafür gesorgt, dass mit dem aktuellen Spielern so gespielt wird, wie es für sie auch am besten passt. Doch bevor Österreich jetzt nach erfolgter Qualifikation gleich wieder als neuer Europameister gesehen wird, muss man diese Entwicklung richtig einordnen: Gute Trainer und Strategen wie Rangnick sind kein Einzelfall, auch andere Nationen haben ähnliche Personalien. Zudem gibt es einfach Fußballnationen, zu denen Österreich in Sachen Finanzen, Infrastruktur und quantitativ hochwertigen Spielern nur aufblicken kann.

Österreichs Fußballnation erntet nach und nach die ersten Früchte von Rangnicks Arbeit. Es ist genau das Umfeld, das der „Fußballprofessor“, wie er selbst eigentlich nicht genannt werden will, liebt. Ein Verein oder Verband, wo er freie Hand hat, umrühren und etwas entwickeln kann.

„Alles machbar beim Nachbar“, hatten die ÖFB-Spieler nach dem Sieg gegen Aserbaidschan auf den Shirts stehen. Und auch wenn dieser Spruch ein wenig an eine Werbung einer Baumarktkette erinnert, hat sich jedenfalls eines in den vergangenen 18 Monaten geändert: Man muss nicht mehr hoffen, sondern kann von Österreichs Nationalteam mittlerweile erwarten, im Konzert der Großen mitzuspielen. Das ist ein gutes Gefühl.

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