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Stadion Liebenau: Nagls Werk und Elkes Beitrag [12 Meter]

Es liegt jetzt mit Brief und Siegel auf dem Tisch. Das Stadion Liebenau ist nicht mehr für die Champions League-Gruppenphase geeignet. Die Stadt Graz hat versagt. Am meisten ein ehemaliger Langzeitbürgermeister, prolongiert von der aktuellen Rathauskoalition. Sturm muss jetzt das Heft in die Hand nehmen, die Zeit des Dampfplauderns im Rathaus ist vorbei.

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Sturm spielt aktuell die Champions League-Qualifikation gegen PSV Eindhoven und im Falle, dass dieses Unterfangen erfolgreich verläuft, ein Play-off gegen den Sieger aus Glasgow Rangers gegen Servette Genf. Dieses Spiel, das über die Teilnahme an der Gruppenphase entscheidet, dürfte dann schon nicht mehr in Liebenau ausgetragen werden. Der veraltete und zu kleine Medienbereich ist der Knackpunkt dafür. SPÖ-Politiker Michael Ehmann, Sprecher der Grazer Stadtregierung zum Thema Stadion, hat im Frühling im 'BlackFM'-Stadiongipfel wissen lassen, es wäre ihm äußerst unangenehm, müsste Sturm eine europäische Gruppenphase wo anders als in Graz austragen. Genau dort sind wir aber jetzt angelangt, sollte Sturm den Einzug in die Champions League schaffen.

 

Spitzenfußball hat keine Priorität in Graz

Die Grundthematik ist weithin bekannt. Bürgermeisterin Elke Kahr übernahm mit ihrer Koalition eine bankrotte Stadt und setzt im Budget aktuell andere Schwerpunkte als Sportförderung. Die von beiden Grazer Klubs präferierte Zwei-Stadien-Lösung (Sturm übernimmt Liebenau als Pächter, der GAK baut ein kleines neues Stadion in Weinzödl) ist in weite Ferne gerückt. Spitzenfußball hat keine Priorität in Graz. Und das, obwohl Sturm seit Jahren auf hohem Level agiert und so einiges an Mehrwert für die Stadt schafft (Steuergeld, Arbeitsplätze, Tourismuswerbung etc.). Zurück kommt nichts, weder beim Thema Stadion noch für dringend notwendige Infrastrukturinvestitionen im Akademie- und Nachwuchsbereich sowie für das Damenteam. Andreas Schicker, Geschäftsführer Sport bei Sturm, wurde zuletzt bei einer 'BlackFM'-Aufzeichnung vor Publikum in Graz sehr deutlich. Er sei bei diesem Thema mittlerweile am Limit, man würde ständig hingehalten wie ein "Trottel" und es ginge nichts weiter.

Im Zuge der UEFA-Bekanntgabe, dass Liebenau nicht mehr Champions League-tauglich ist, hat aber ein Grazer ÖVP-Politiker den aktuellen Vogel abgeschossen. Kurt Hohensinner, Sportstadtrat und langjähriger Wegbegleiter des früheren ÖVP-Langzeitbürgermeisters Siegfried Nagl, beschwerte sich auf Facebook wortreich über das Versagen der "kommunistisch-grünen" Koalition. Diese hätte es über Jahre verabsäumt beim Thema Stadion die richtigen Maßnahmen zu setzen. Ein politisches Versagen am Rücken des Fußballsports, konstatiert Hohensinner bestürzt. Man glaubt es kaum, was man da liest, und es stellt sich die Frage, ob dieser Mann noch ganz bei Trost ist?

"Das wesentliche Thema für den Profifußball bleibt, wie man diese von Siegfried Nagl angerichtete und der aktuellen Stadtregierung prolongierte Stadionmisere lösen kann." - Jürgen Pucher

Hohensinner von Sinnen

Sein damaliger Chef und Förderer Siegfried Nagl stand zwischen 2003 und 2021 an der Spitze der Stadt Graz und hat zum Thema Stadionlösung in fast zwei Jahrzehnten nichts beigetragen. Nagl hat das Thema ignoriert, negiert und alle Vereinsvertreter schlichtweg gegen die Wand laufen lassen. Zudem hat er eine bankrotte Stadt übergeben und somit den Handlungsspielraum für nachfolgende Protagonisten radikal eingeschränkt. Und Kurt Hohensinner geht her und spricht trotz dieses Kapitalversagens der früheren Grazer Stadtregierung, der er selbst angehört hat, über politisches Versagen bei den anderen. Das ist nichts anderes als dreist, unerhört und am Ende schlichtweg ein wenig dumm.

Nun ist dieser Kurt Hohensinner mit seinem Statement natürlich ein Ärgernis und eine Provokation für die Sturmfans, er wird aber trotz allem nur eine Randnotiz in der Grazer Stadthistorie bleiben. Das wesentliche Thema für den Profifußball bleibt, wie man diese von Siegfried Nagl angerichtete und der aktuellen Stadtregierung prolongierte Stadionmisere lösen kann. Vor allem Sturm muss sich jetzt bald etwas überlegen, da mit einem Stadiongipfel nach dem anderen offensichtlich außer Frustration nichts zu erreichen ist. Entweder man geht für die Übernahme von Liebenau in Kombination mit einem eigenen Stadion für den GAK "all in" oder man überlegt sich Alternativen. "All in" meint in dem Fall, alle kommunikativen und sonstigen Druckmittel einzusetzen, um einen Meinungsumschwung in der Grazer Stadtpolitik herbeizuführen. Die Unterstützung des Landes ist ohnehin gegeben.

Oder man verfolgt doch einen Neubau in Eigenregie, wofür es durchaus den einen oder anderen Befürworter in der Geschäftsstelle geben soll. Der dritte Weg wäre eine Fortsetzung des nicht zufriedenstellenden Status Quos. Sturm muss das Heft in die Hand nehmen, sich für einen der beiden vorher genannten Wege entscheiden und diesen dann mit Nachdruck verfolgen. Die Zeit der Gipfel, Gespräche und des Verhandelns ist vorbei. Von der Politik ist ohne massiven Druck von Vereinsseite weiterhin nichts als heiße Luft zu erwarten. Oder es gibt tatsächlich eine sinnvolle Möglichkeit für ein neues Stadion, dann sollte man mit dieser Option nicht länger hinter dem Berg halten und die Karten auf den Tisch legen.

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