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Markus Mader: "Werden nie die Mannschaft sein, die sich hinten reinstellt" [Exklusiv-Interview]

Austria Lustenau spielt am Samstag gegen den SCR Altach. Nach einem holprigen Saisonstart kommt das Derby. 90minuten.at hat den grün-weißen Cheftrainer Markus Mader zum Interview über den Saisonstart, die Kaderplanung und den modernen Fußball gebeten.

+ + 90minuten.at PLUS - Das Gespräch führte Georg Sohler + +

 

Markus Mader hatte sich früh abgefunden, kein Geld mit Fußball zu verdienen. Dann kamen das Dornbirn-Engagement, ein Aufstieg, gute Leistungen und aus dem Immobilienmakler wurde doch noch ein Mensch, der vom Fußball leben kann. Mit Austria Lustenau schaffte er den Klassenerhalt und startete nun in die zweite Saison als Bundesliga-Trainer. Der Start verlief holprig, nun steht das Derby gegen den SCR Altach an; ein stets besonderes Spiel. Welchen Fußball er aber eigentlich spielen lassen will, was er von der Kooperation mit Clermont Foot, Spielerberatern und saudischen Millionen hält, erklärt er im 90minuten.at-Exklusiv-Interview.

 

90minuten.at: Vier Spiele, zwei Punkte. Wie schätzen Sie den Saisonstart ein?

Markus Mader: Der Start war sehr holprig. Wir haben auswärts bei Hartberg und dem WAC je einen Punkt mitgenommen, da muss man eigentlich zufrieden sein und wir können damit leben. Aber die Leistungen haben nicht immer gepasst. Wir haben in den ersten Halbzeiten eher reagiert als aktiv am Spiel teilgenommen. Die Heimspiele gegen die Austria und Sturm gingen verloren, aber das ist kein Beinbruch. Vor allem gegen Sturm hat mir die Leistung gefallen. Insgesamt war es ein durchwachsener Start.

 

90minuten.at: Am Samstag steht das Vorarlberg-Derby an. Wie geht man das nun an?

Mader: Wir müssen dort weiter machen, wo wir gegen Sturm aufgehört haben. Längere Ballbesitzphasen, mutig hoch attackieren, von hinten raus kombinieren. So wollen wir in allen Spielen agieren, egal ob Derby oder nicht. Allerdings ist so ein Spiel immer besonders, mir ist der nächste Schritt in der Entwicklung wichtiger.

 

90minuten.at: Schlecht spielen und drei Punkte oder gut spielen und verlieren?

Mader: Wenn es ein dreckiges 1:0 ist, nehmen wir das natürlich. Eine Prognose ist bei Derbys aber immer schwierig, da entscheidet oft auch die Mentalität.

 

90minuten.at: Austria Lustenau ist ja etwas besonders. Wie ist es, wenn man erst kurz vor der ersten Runde oder auch danach weiß, welche Spieler der Partnerverein Clermont hergeben möchte?

Mader: Die Situation kennen wir ja. Und auch wenn im Netz das Bild (Anm.: vom kleinen Kader bei Saisonstart) belächelt wurde und es blöde Kommentare gab, wussten wir, dass es so kommen wird. Die Neuzugänge kamen ja und wir sind auch noch nicht fertig. Im Endeffekt ist es so, wie wir es erwartet haben. Aber eine Vorbereitung mit einem recht kleinen Kader ist schwierig, mit 14, 15 Leuten kommen taktische Inhalte zu kurz, weil man gewisse Spielformen nicht trainieren kann. Vielleicht kommt das noch dazu, weswegen der Auftakt mäßig war. Ich will aber nicht jammern und sagen: Wir müssen gegen Hartberg und Wolfsberg gewinnen.

"Talente bekommen eine Plattform, um sich zu präsentieren. Eine win-win-Situation, weil wenn sie sich gut präsentieren, haben wir Erfolg. " - Markus Mader

90minuten.at: Im letzten halben Jahr gingen mit Bryan Teixeira, Hakim Guenouche und Jean Hugonet drei wichtige Stützen, ich würde nicht darauf wetten, dass Fridrikas bleibt. Das Los eines kleinen Vereins?

Mader: Das ist unsere Philosophie. Talente bekommen eine Plattform, um sich zu präsentieren. Eine win-win-Situation, weil wenn sie sich gut präsentieren, haben wir Erfolg. Es ist so gewollt, dass sie den nächsten Schritt machen und erfüllt einen mit Stolz. Das zeigt, dass der Weg von Lustenau passt.

 

90minuten.at: Als Kind wollten Sie Koch werden, zum Profifußballer hat es nicht gereicht, dafür hätten Sie Vorarlberg verlassen müssen. In den letzten Jahrzehnten ist Vorarlberg eine fixe Größe in den Profiligen. Trauern Sie dem nach?

Mader: Natürlich. Jeder junge Bursche hat den Traum, Profifußballer zu werden und zu meiner Zeit gab es keinen Bundesligafußball in Vorarlberg. Der nächste Schritt wäre gewesen, irgendwohin zu ziehen. Umgekehrt weiß ich nicht, ob ich das Talent und Durchsetzungsvermögen gehabt hätte. Umso schöner ist es, jetzt nach meiner aktiven Karriere im hohen Alter Fußball zu meinem Beruf zu machen.

 

90minuten.at: Haben es die Kicker heute leichter? Sie sind 55, Ende der 80er, als Sie Twen waren, war von Bosman und Transfersummen noch keine Rede...

Mader: Das unterschreibe ich zu hundert Prozent. Heute hat jedes talentierte 14-jährige Bürschchen drei Berater hinter sich, die ihm den Weg vorzeichnen. Oftmals werden die Jungs viel zu früh gehypet und mit Vorschusslorbeeren in ganz Europa angeboten. Wer noch Talent, Wille und Durchsetzungsvermögen hat, schafft es.

 

90minmuten.at: Ich höre eine Kritik heraus. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?

Mader: Es ist alles viel zu früh. Ein aktuelles Beispiel: Wir reden immer von Akademien, aber die richtig Guten gehen mit 14 zu Augsburg, Freiburg, Hoffenheim oder Stuttgart. Unsere Bundesligisten haben ja nicht einmal die Chance, so einen im Kader zu haben. Die Berater binden die Kinder bzw. eigentlich die Eltern früh an sich und die haben dann auch eine Gaudi, wenn der Sohn nach Freiburg in die Akademie geht. Er bekommt eine gute Ausbildung, aber für den Vorarlberger Fußball ist das schade, weil sie nur dann kommen, wenn es nicht funktioniert.

 

90minuten.at: Lustenau, wie andere Klubs auch, pfeift aber wie andere auch auf den Österreicher-Topf. Wegen des Partnerklubs und weil es eben keine guten Österreicher gibt?

Mader: Es gibt auch andere Gründer. Die Berater kennen den Topf und ein junger Österreicher ist fast teurer als ein junger Ausländer. Sie wissen ja, dass die Klubs mehr Geld bekommen, wenn sie mehr Österreicher haben. Aber wir gehen absichtlich den Weg über die Clermont-Schiene, weil die drei Leihen sind Ausländer, Muhammed Cham war ein Zufall.

"Was soll man ihnen vorschreiben, was sie mit ihren Milliarden machen? Der eine kauft sich ein Auto, der andere einen Ronaldo." - Markus Mader

90minuten.at: Wird das immer mehr werden, bis die Fußballblase platzt oder schafft es der Klubfußball, sich selbst wieder etwas zu regulieren? Gerade kaufen die Saudis sich groß ein.

Mader: Ja mei, das ist eben ihr Hobby, so wie sie sich einen Ferrari kaufen. Was soll man ihnen vorschreiben, was sie mit ihren Milliarden machen? Der eine kauft sich ein Auto, der andere einen Ronaldo. Früher gab es auch solche Transfers in Österreich, wie Hansi Müller (Tirol) oder Mario Kempes (Vienna, St. Pölten, Krems). Solche Ausreißer gab es früher auch. Aber wir in Lustenau befassen uns damit nicht. Wir stehen zu unserer Philosophie.

 

90miuten.at: Kommen wir noch zu Ihnen persönlich. Für welchen Fußball kann Austria Lustenau unter Markus Mader stehen? Die Austria ist ein kleiner Verein, viele imitieren auf verschiedenen Ebenen Red Bull Salzburg?

Mader: Das, was wir spielen. Wir werden nie die Mannschaft sein, die sich hinten reinstellt und die Bälle vorschießt, ein Tor aus einem Konter macht und ein Unentschieden erblockt. Wir wollen aktiv sein, Ballbesitz haben, uns trauen, Fußball zu spielen und den Ball in unseren Reihen halten; das am liebsten flach. Lange Bälle wollen wir nicht spielen. Es braucht eine Balance zwischen Ballbesitz und Umschaltspiel. So scouten wir auch unsere Spieler. Ich will eine spielerische Umschaltmannschaft.

 

90minuten.at: Nun sind sie Regionalliga- und 2. Liga-Meister, haben einen der begehrten Trainerstühle inne, können seit 2021 vom Fußball leben. Warum hat es erst so spät mit dem Schritt in den Profifußball geklappt?

Mader: Das hat mit dem Aufstieg von Dornbirn in die 2. Liga zu tun. Wir wurden Meister, ich konnte den Prolizenz-Kurs machen. Ich war einer der wenigen, die daneben noch Vollzeit, als Makler, gearbeitet hat. Ich habe dann gemerkt, dass ich gerne die Möglichkeit hätte, als Profitrainer zu arbeiten. Es hat sich dann auch daraus ergeben, dass wir mit einer Amateurmannschaft Siebter wurden. Der Erfolg hat sich herumgesprochen, ich habe die Chance bekommen und die Gelegenheit mit der Familie durchbesprochen. Ich wollte die Möglichkeit nützen. Es ist ein Traumberuf.

 

90minuten.at: Vorarlberg haben Sie bislang nie verlassen. Was müsste passieren, dass Sie es doch tun? Wollen Sie ewig Trainer bleiben?

Mader: Grundsätzlich bin ich hier sehr glücklich. Im Fußball ist aber bekanntlich immer alles möglich, bei Spielern und bei Trainern. Mein Wunsch ist, so lange wie möglich Profifußballtrainer zu sein.

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