Paul Scharner: „Wenn der Trainer dieses System reinbringt, muss der Fan das schlucken“
Ex-Nationalteamspieler Paul Scharner hat eine klare Meinung dazu, wie das Nationalteam spielen sollte und macht sich zudem Gedanken zu Liga und modernem Fußball.
+ + 90minuten.at Exklusiv - Von Georg Sander + +
Paul Scharner galt schon zu seiner aktiven Zeit als Kicker, der sich über mehr Gedanken macht. Im ausführlichen Interview mit 90minutenFM (>> „Ich bin ein Verfechter von aggressivem Pressing“) nimmt er vor allem zur Zeit nach seiner Karriere Stellung. Diese beendete er nach Auslandsstadionen in Norwegen, England und Deutschland im Jahr 2013. Die wichtigsten Aussagen von Scharner ...
… über die Entwicklung der Liga: „In den letzten Jahren wurden die Vereine von Salzburg mitgezogen. Am Anfang haben viele gesagt: Das ist unfair, wir haben icht so einen potenten Sponsor. Im Endeffekt profitiert aber jeder Verein von der Präsenz in Europa, dadurch wird die gesamte Liga interessanter für den europäischen Markt. Und wenn man sich anschaut, wie viele Legionäre es im Vergleich zu 2008 gibt, das ist wie Tag und Nacht.“
… über die Entwicklung des ÖFB in den letzten Jahren: „Wir haben mit dem Challengerprojekt 2008 neue Strukturen eingeleitet, LAZ und Akademien. Es hat eine Entwicklung stattgefunden, wie sind besser als 2000 und 1990 – aber ich würde gerade im Erfolg schauen, wo man sich verbessern kann. Die Frage ist, was wir in der Gegenwart neu erfinden können, um noch erfolgreicher werden zu können. Franco Foda pflegt einen anderen Fußballstil als Marcel Koller. Das ist seine Entscheidung. Natürlich will jeder Barca oder Bayern spielen. Wenn sich der ÖFB entscheidet, diesen Fußball umzusetzen, dann müssen die Führungspersönlichkeiten die Entscheidung so treffen, dass es umgesetzt werden kann. Wir als Fans wollen schönen Fußball sehen – wenn der Trainer dieses System reinbringt und forciert, muss das der Fan schlucken. Man darf aber nicht jedes Spiel einzeln bewerten, ich würde vier bis fünf Jahre als Periode hernehmen, dann abrechnen. Ein Nationalteam kann sich soetwas leisten. Man braucht einen Leuchtturm, an dem man sich orientieren kann.“
(Artikel wird unterhalb fortgesetzt)
Das Gespräch als Podcast
… den spielerischen Ansatz des Nationalteams unter Franco Foda: „Im Fußball geht man nicht auf das Individuum ein, sondern sieht das große Ganze. Die Ausrichtung des Trainers wird über die Spieler drüber gestülpt, das muss man schlucken oder nicht. Es gibt ja wenig, wo man noch etwas rausholen kann. Aber man das individuelle Level der Spieler anheben, da kann man den Hebel ansetzen. Ich bin ein Verfechter von gepflegtem Fußball, mit der athletischen Note und das aggressive Pressing umzusetzen. Das ist der effizienteste und beste Fußball, das ist schön zum Ansehen. Der Barcelona-Stil, mit viel Ballbesitz, an dem bin ich nicht interessiert.“
… den modernen Fußball: „Es gibt ein Paradebeispiel: Bayern München. Das ist ein absolut top geführtes Unternehmen, ohne Mäzene und Investoren. Die Frage ist, wie viele Vereine dieses Potential haben oder wie man es im Kleinen umsetzen kann. Das ist das Thema. Weil die großen Ligen, das ist ein Milliardenbusiness. Man sieht es schon in England, wie groß der Unterschied zwischen Premier League und Championship ist, wie groß die Probleme sind. Das hat alles eine falsche Entwicklung genommen, wenn als einzige Lösung über bleibt, dass man sich einen Investor ins Boot holt.“