
WSG-Geschäftsführer Julian Heiss: "Das ist jetzt ein finaler Versuch"
Sieben Jahre im Innsbrucker Tivoli-Stadion sind der WSG Tirol genug. Ab September 2026 soll wieder in Wattens gespielt werden - wenn alles nach Plan läuft. WSG-Geschäftsführer Julian Heiss erklärt, was sich der Verein vom Umzug erhofft.
Ihre achte Bundesliga-Saison möchte die WSG Tirol gerne in der eigentlichen Heimat Wattens bestreiten. Um dieses Vorhaben möglich zu machen, muss das Gernot-Langes-Stadion umgebaut werden - im aktuellen Zustand fehlt es an mehreren Ecken und Enden für eine Lizenz.
Die Ausweichlösung im Tivoli hat nicht nur aus emotionaler Sicht ein Ablaufdatum. Der Zuschauerschnitt tendiert in der Saison 2025/26 zwar aufwärts, ist aber immer noch der niedrigste der Liga. Rund 200.000 Euro kostet außerdem die Miete pro Jahr - für einen Bundesliga-Klub mit kleinem Budget eine suboptimale Gesamtsituation.

Nicht zum ersten Mal liegen seit wenigen Wochen konkrete Pläne auf dem Tisch. Ab dem kommenden Frühjahr soll bis in den Herbst ein kompaktes Stadion mit einer Kapazität von 5.300 Plätzen, einem neuen Gästesektor und einer Rasenheizung gebaut werden. Die Kosten von rund sechs bis sieben Millionen Euro teilt sich die WSG in ihrem Wunschszenario mit dem Land Tirol, Gespräche dazu laufen noch.
Wie stehen die Chancen, dass die Umsetzung wirklich gelingt? Julian Heiss, Geschäftsführer Wirtschaft der WSG, zeigt sich im 90minuten-Interview optimistisch.
90minuten: Die WSG hat sich seit einigen Monaten rund um das Thema Stadion relativ bedeckt gehalten. Warum ist es jetzt der richtige Zeitpunkt, um mit den Plänen an die Öffentlichkeit zu gehen?
Julian Heiss: Wir haben im Sommer alle Medienanfragen abgeblockt. Mit dem Bürgermeister war vereinbart, dass wir erst an die Öffentlichkeit gehen, wenn die Planungen fertig abgeschlossen sind. Wir haben schon im März damit begonnen, den Umbau noch einmal neu aufzuziehen. Uns war bewusst, dass das alte Projekt seine Fehler hatte, insbesondere in der Spieltagsabwicklung. Die Prämisse war, so anrainerfreundlich wie möglich zu sein. Es gibt ein neues Verkehrskonzept, ein neues Parkplatzkonzept und einen klaren Plan, wie ein Spieltag im Gernot-Langes-Stadion ablaufen soll. Wir haben unsere Überlegungen zuerst im Gemeinderat und einen Tag später den Anrainern präsentiert. Es waren knapp 90 Leute dabei, die rund um das Stadion wohnen. Erst nachdem wir dort viel positives Feedback bekommen haben, hat ein Mediengespräch stattgefunden.
Das ist jetzt ein finaler Versuch, den wir unbedingt richtig angehen wollten.
90minuten: Sind das die Lektionen, die der Verein aus dem letztlich gescheiterten Anlauf im Jahr 2021 gezogen hat?
Heiss: Beim letzten Mal ist sicher auch viel gegen uns gelaufen, teilweise war das auch selbst verschuldet. Das ist jetzt ein finaler Versuch, den wir unbedingt richtig angehen wollten. Der Bürgermeister hat uns im guten Austausch einen Weg aufgezeigt, den er für gangbar hält - daran haben wir uns orientiert. Momentan bin ich sehr zufrieden damit, wie die letzten Wochen gelaufen sind.
90minuten: Dass das Projekt vor allem an der Meinung der Nachbarn hängt, hat sich ja schon in der Vergangenheit klargestellt. Wie viele Aussprachen oder Anrainerabende hat es denn in den letzten Jahren gegeben?
Heiss: Genau das ist ein wichtiger Punkt - es war der Erste. Wir haben das damals nicht gemacht und waren seitdem nicht mehr so weit, dass wir etwas Konkretes präsentieren hätten können. Es war sicher Teil der guten Resonanz, dass viele es wirklich gut gefunden haben, ins Boot geholt zu werden. Die Anrainer haben erkannt, dass wir uns bemüht haben, auf sie zu schauen und die Belastung in Grenzen zu halten. Nach der Veranstaltung haben uns einige die Hand gegeben und sich bedankt. Einige andere haben uns zu Recht darauf hingewiesen, dass es eine gute Idee gewesen wäre, gleich mit ihnen zu reden. Es war ein Fehler, jetzt machen wir es hoffentlich besser. Das ist auch mit ein Grund, warum man jetzt keine Kritik mehr hört.
90minuten: Da muss ich zumindest ein bisschen widersprechen. In der Bezirkszeitung haben vor wenigen Tagen zwei Anrainer anonym Skepsis geäußert…
Heiss: Ich habe mir gedacht, dass das jetzt kommt (lacht). Unter dem Bericht gibt es eine Umfrage, in der sich eine klare Mehrheit für das Projekt ausspricht. Das ist ein gutes Zeichen. Wahrscheinlich hätten wir die Bedenken oder Fragen auch beantworten können, wenn man sie direkt an uns gestellt hätte. Leider hat sich der Redakteur der Bezirkszeitung Hall/Rum nicht im Vorfeld auch bei uns gemeldet.

90minuten: Waren die Erfahrungen in der Vergangenheit so negativ? Das in dem Bericht gezeichnete Bild ist relativ dramatisch: Die angereisten Fans würden an Spieltagen die Parkplätze blockieren und sich womöglich in den Gärten rund um das Stadion erleichtern.
Heiss: Nein, wirklich nicht. Man muss sagen, dass die WSG noch nie Bundesliga im Gernot-Langes-Stadion gespielt hat. Wir haben aber Erfahrungswerte aus der 2. Liga, damals hat es auch ein Derby mit Wacker Innsbruck und in diesem Zusammenhang den einen oder anderen Einzelfall gegeben. Abgesehen davon ist alles reibungslos verlaufen. Die Frage nach den Auswärtsfans haben wir bei unserem Infoabend auch gestellt bekommen. Sie sollen natürlich nicht mitten im Wohngebiet aus dem Bus steigen, sondern werden direkt zum Gästesektor gebracht, dort stehen auch ausreichend Toiletten im Freigelände zur Verfügung. Dadurch gibt es keinen Berührungspunkt mit Anrainern oder ihren Gärten. Für den restlichen Verkehr haben wir mit einem Verkehrsplaner ein Konzept ausgearbeitet. Je nachdem, welcher Verein mit wie vielen Personen zu Gast ist, kann das stufenweise angepasst werden. Und um die Heimfans, die großteils zu Fuß zum Spiel kommen, müssen wir uns keine Sorgen machen.
90minuten: Laut den neuen Plänen soll der Gästesektor jetzt auf der Südseite entstehen, gibt es abgesehen davon - und den gestiegenen Kosten - große Änderungen gegenüber 2021?
Heiss: In unserem ersten Plan war das Dach der Osttribüne mit 8,5 Metern Höhe geplant, da hat es verständlicherweise Kritik von den Anrainern gegeben. Das konnten wir nach der Überarbeitung auf 6,3 Meter verringern - das ist gleich hoch wie ein Zaun, den es jetzt schon gibt. Wir haben das bei der Präsentation grafisch gezeigt, damit sich alle ein gutes Bild davon machen können. Auf der Nordseite gibt es jetzt außerdem eine Stehtribüne, die war damals auch noch nicht vorgesehen. Dass die Baukosten höher sind als 2021, trifft leider nicht nur auf uns, sondern die meisten Projekte zu.
90minuten: Laut Medienberichten noch offen war die Lösung für den VIP-Bereich. Was gibt es da noch zu entscheiden?
Heiss: Es gibt verschiedene Überlegungen, die gehen von einem Mietzelt über eine Lösung mit Containern bis zu einer Art "Almhütte". Wir führen dazu noch Gespräche und holen Angebote ein, ich bin mir aber sicher, dass wir eine gute Lösung finden werden.
Wir sind überzeugt, dass mehr Fans kommen werden, als im Tivoli - auch wenn das natürlich vom Gegner abhängt.
90minuten: Gibt es eine grobe Kalkulation, mit wie vielen Fans nach dem Umzug zurück nach Wattens gerechnet werden kann?
Heiss: Der Hauptgrund warum wir das Projekt überhaupt angehen wollen, ist, dass der durchschnittliche Wattens-Fan aus den umliegenden Gemeinden wieder zu Fuß ins Stadion gehen kann, so wie es früher war. Wir sind überzeugt, dass es mehr werden, als im Tivoli - auch wenn das natürlich vom Gegner abhängt. Bei normalen Spielen rechnen wir grob mit 2.500, bei Topspielen sind wir davon überzeugt, dass wir ausverkauft sein werden.
90minuten: War es im Zuge der neuen Planungen im Frühjahr noch einmal Thema, vielleicht doch ein komplett neues Stadion zu bauen? Eine Wunschvorstellung in diese Richtung gab es ja schon vor Jahren, auch wenn es natürlich deutlich teurer wäre.
Heiss: Nein. Wir haben uns am Anfang des Planungsprozesses sehr kurz darüber unterhalten, weil es in der Nähe ein Areal gibt, das dafür eigentlich prädestiniert wäre. Am Ende des Tages ist das für die WSG aber unfinanzierbar, weil es rund 20 bis 30 Millionen Euro kosten würde. Deswegen haben wir das sehr schnell verworfen.
90minuten: Über die Unterstützung vom Land Tirol wird aktuell noch verhandelt, finanziell nicht beteiligen wird sich die Gemeinde Wattens, der das Gelände gehört. Im Endeffekt wird es durch das Bauprojekt natürlich aufgewertet - braucht es da nicht ein Entgegenkommen?
Heiss: Seit wir das Gelände pachten, bekommen wir von der Gemeinde einen jährlichen Zuschuss für die Betriebskosten. Zusätzlich bekommen wir noch Unterstützung beim Kredit für die Sanierung des Trainingsgeländes vor einigen Jahren. Darüber sind wir auch sehr dankbar und glücklich. Darüber hinaus kann die Gemeinde nichts beisteuern, dafür habe ich auch Verständnis und kann nicht einfach darauf pochen, dass uns weiteres Geld zur Verfügung gestellt wird. Optimal ist es vielleicht nicht, als Pächter viel Geld in das Gelände zu investieren; damit können wir aber leben, weil der Verein am Ende ja auch viel davon hat.

90minuten: Im Sommer haben Sie in einem Interview mit Kosten von vier bis fünf Millionen Euro gerechnet und gemeint, dass eine Umsetzung ab Kosten von sieben Millionen Euro schwierig wird. Jetzt bewegt sich die Kalkulation am oberen Ende des Spektrums. Was hat sich verändert?
Heiss: Diese Zahlen waren in den letzten Jahren immer meine Schätzung, wenn mich jemand gefragt hat. Die Bestimmungen der Bundesliga werden laufend angepasst, ein Beispiel sind die mobilen Tribünen, die jetzt nicht mehr zum Einsatz kommen dürfen. Das treibt die Kosten natürlich in die Höhe. Es wäre einfach nicht möglich gewesen, die Bundesligatauglichkeit sinnvoll für weniger Geld zu erreichen. Nach allen Kreditrechnungen, die wir in den letzten Wochen gemacht haben, sind sieben Millionen Euro mit Unterstützung vom Land Tirol aber absolut finanzierbar.
90minuten: Wie zukunftsträchtig ist das adaptierte Stadion letztendlich? Wenn die Bestimmungen regelmäßig angepasst werden, könnte es ja passieren, dass es zusätzliche Investitionen braucht, bevor der ursprüngliche Kredit abbezahlt ist.
Heiss: Ich habe mich dazu schon mit der Bundesliga ausgetauscht. Es gibt einen Punkt, der in Zukunft einmal zur Diskussion stehen könnte: Nämlich, dass alle Plätze überdacht sein müssen. Das ist bei uns derzeit nicht der Fall, könnte aber nachgerüstet werden. Es sollte schon so sein, dass unsere aktuelle Planung die Bestimmungen für die nächsten zehn Jahre erfüllen sollte.
Die Rate, die am Ende für die WSG übrig bleibt, würde auch in einem Zweitliga-Budget Platz finden.
90minuten: Ein weiterer Faktor, den man als WSG in den Berechnungen berücksichtigen muss, ist das Thema Abstieg. Wäre die Kreditrate auch in der 2. Liga stemmbar?
Heiss: Die Rate, die am Ende für die WSG übrig bleibt, würde auch in einem Zweitliga-Budget Platz finden. Das war eine absolute Grundprämisse bei allen Überlegungen. Wir müssen jedes Jahr im Lizenzierungsverfahren auch ein Budget für die zweite Liga abgeben und haben das natürlich mitberücksichtigt.
90minuten: Der Baustart ist für das Frühjahr 2026 anvisiert, nach wenigen Monaten soll alles fertig sein. Ab wann ist der Umzug dann wirklich realistisch?
Heiss: Es ist wahrscheinlich zu optimistisch, zu sagen, dass wir vor dem Start der nächsten Saison wechseln können. Mit der einen oder anderen Verzögerung müssen wir rechnen, ein gutes Ziel ist die erste Länderspielpause 2026/27, das wäre im September. Bis dahin bleiben wir im Tivoli oder spielen mehrere Auswärtsspiele.
90minuten: Ist die Flexibilität, um das erst kurzfristig im Sommer zu entscheiden, wirklich gegeben? Gibt es beim Mieten eines Stadions eine Kündigungsfrist?
Heiss: Jein. Im Rahmen der Lizenzierung werden wir wie gehabt den Mietvertrag für das Tivoli-Stadion abgeben. Den werden wir natürlich entsprechend anpassen müssen, um uns den Umzug zu ermöglichen, sobald das Gernot-Langes-Stadion fertig ist.
Wir können mit einer mittleren sechsstelligen Summe zusätzlich im Budget rechnen, die natürlich zu einem großen Teil in den Sport fließen wird.
90minuten: Eine Sorge, die viele Fans bei größeren Investitionen in Infrastruktur haben, ist, dass das Budget für den Sport darunter leidet. Lässt sich das im Fall der WSG verhindern?
Heiss: Ich formuliere es anders - wir machen das Projekt auch, damit es sich auf das Sportbudget auswirkt, und zwar positiv. Es wäre unseriös, jetzt schon Zahlen zu nennen, weil wir einfach noch kein Bundesliga-Spiel in Wattens abgewickelt haben. Wir können mit einer mittleren sechsstelligen Summe zusätzlich im Budget rechnen, die natürlich zu einem großen Teil in den Sport fließen wird. Am Ende sind wir ja auch ein Sportverein.
90minuten: Eine Frage, die sich in Österreich einfach aufdrängt, ist die nach dem Stadionnamen. Es gibt kaum Vereine in der Bundesliga, die ohne Namenssponsoring auskommen. Wie sieht es bei der WSG aus?
Heiss: Dazu kann ich noch nichts Konkretes sagen. Sobald wir den Baubescheid haben, können wir uns über solche Themen Gedanken machen. Bei uns ist es natürlich eine spezielle Situation, weil Gernot Langes extrem viel für den Fußball in Tirol und Österreich getan hat. Damit sind natürlich Emotionen verbunden.

90minuten: Es gäbe ja auch die Option, den Namen zu erhalten und ein Sponsoring zu ergänzen - "Gernot-Langes-Stadion powered by …" zum Beispiel.
Heiss: Genau darüber werden wir nachdenken, jetzt ist es aber noch zu früh. Fest steht, dass eine Namensänderung für uns nur in Frage kommen würde, wenn wir so nennenswerte Einnahmen erzielen und den Kredit schneller abzahlen könnten.
90minuten: Wie haben die aktuellen Sponsoren auf die Stadionpläne reagiert?
Heiss: Wir haben - Stand jetzt - knapp über 70 Sponsoren. Davon hat mir ein großer Teil angekündigt, uns zu unterstützen, wenn wir den Schritt zurück nach Wattens machen. Soll heißen: Sie bleiben uns als Sponsoren erhalten und würden ihren Einsatz sogar noch einmal erhöhen. Ich bin dafür extrem dankbar, weil wir mit vielen Unternehmen schon seit Jahren zusammenarbeiten können. Der Werbewert im Gernot-Langes-Stadion wäre natürlich um ein Vielfaches höher, als im Tivoli. Die TV-Kameras filmen in Zukunft auf eine volle Tribüne, auf der wir die Firmen besser platzieren können.
90minuten: Auch von Privatinvestoren war im Sommer einmal die Rede. Hat es dazu jemals konkrete Gespräche gegeben?
Heiss: Nein. Vor längerer Zeit haben wir Gespräche mit einer Gruppe geführt - die sind aber im Sand verlaufen, weil die Vorstellungen weit auseinandergelegen sind. Abgesehen davon hat sich nichts Konkretes ergeben.