Phillipp Mwene verließ seine Geburtsstadt Wien als Teenager. Ausgebildet bei Austria Wien und dem VfB Stuttgart, überzeugte der Außenpracker beim 1. FC Kaiserslautern, PSV Eindhoven und dem 1. FSV Mainz 05.
Dort ist der heute 31 Jahre alte Jungpapa Stammspieler und auch aus dem ÖFB-Nationalteam ist er seit 2021 eigentlich nicht mehr wegzudenken.
Ein Jahr vor der Weltmeisterschaft 2026 in den USA, Kanada und Mexiko und vor einer weiteren Saison in der deutschen Bundesliga spricht er im 90minuten-Interview über die aktuellen Ziele und verrät auch, ob er in der Conference League lieber gegen die Austria oder Rapid spielen würde.
Man muss bedenken: Vor einem Jahr erst haben wir den Klassenerhalt am letzten Spieltag geschafft. Jetzt international spielen zu dürfen, ist eine fantastische Entwicklung.
90minuten: Über Phillipp Mwene findet man eigentlich recht wenig. Im Juli 2022 hast du deine Natalie geheiratet, viel mehr gibt es nicht. Achtest du besonders auf deine Privatsphäre?
Phillipp Mwene: Klar könnte ich mehr Sachen über mich ausplaudern, aber so spannend ist mein Leben jetzt auch wieder nicht. Darüber hinaus halte ich vieles gerne privat. Was ich erzählen kann: Vor kurzem bin ich Vater geworden - das ist großartig und eine Riesenaufgabe, die sehr viel Zeit in Anspruch nimmt.
90minuten: Wobei schaltest du dann zwischen Training, Klub, Nationalteam und Papa sein ab? Viele deiner Kollegen spielen PlayStation oder gehen ins Kino.
Mwene: Dafür ist derzeit nicht viel Zeit. Ich gehe gerne mit Freunden ins Café und plaudere entspannt. Zudem ist meine Familie oft hier. Mein Vater etwa schaut sich dann auch gerne meine Spiele an.
90minuten: Dann sprechen wir gleich über den Sport. Vor ein paar Monaten habt ihr von der Champions League träumen können. Du kennst den Europacup von Eindhoven, die meisten deiner anderen Kollegen nicht. Haben sie sich bei dir erkundigt, wie das ist?
Mwene: Das war tatsächlich ein Thema. Diese Europacup-Nächte sind natürlich schon top und für die vielen jungen, qualitativ guten Spieler wird das sicherlich eine gute Erfahrung, um den nächsten Schritt in ihrer Karriere zu machen. Wir waren Anfang des Jahres auf Champions-League-Kurs, hatten aber dann zwischendurch eine kleine Durststrecke.
Nun sind wir in den Conference-League-Playoffs, was für unseren Verein auch schon ein Riesen-Erfolg ist. Man muss bedenken: Vor einem Jahr erst haben wir den Klassenerhalt am letzten Spieltag geschafft. Jetzt international spielen zu dürfen, ist eine fantastische Entwicklung.

90minuten: Ihr habt mit Leipzig, Wolfsburg oder Stuttgart einige große Namen hinter euch lassen können. Warum funktioniert das kleine Mainz so gut?
Mwene: Das Zusammenspiel von Mannschaft, Trainerteam und Fans funktioniert hervorragend. Gerade der Trainer ist positiv verrückt, immer super vorbereitet und wir vertrauen ihm blind. Im Training geht es immer heiß her, jeder gibt alles - auch die Fans. Ich kann mich an Zeiten hier erinnern, da war das anders. Jetzt ist die Fantribüne schon beim Aufwärmen voll. Von dieser positiven Energie profitieren alle.
90minuten: Deine Ex-Arbeitgeber Kaiserslautern und Eindhoven sind auch für ihre Fans bekannt.
Mwene: Ja, gerade bei PSV Eindhoven war das schon etwas Besonderes, sowohl im Europacup als auch auswärts. Wenn so viele Fans mitreisen, gibt es dir eine Extraportion Motivation.
90minuten: Was in dem Zusammenhang interessant ist, sind die Unterschiede zwischen PSV und Mainz. Wie ist das bei einem großen Klub in einem kleineren Land im Vergleich zu einem doch eher kleineren in einem Top5-Land?
Mwene: Bei Eindhoven mussten wir jedes Spiel gewinnen. Schon bei einem Unentschieden wurden die Fans unruhig bzw. waren bei einem unspektakulären 1:0 unzufrieden. Auch hier in Mainz muss man immer hundert Prozent geben und es entscheiden Kleinigkeiten, aber die Dichte an Qualität ist in der Bundesliga natürlich höher als in den Niederlanden. Bei PSV gab es die großen Spiele auch "nur" gegen Ajax und Feyenoord, aber ich wollte das eigentlich jeden Spieltag, weswegen ich auch zurückgekommen bin.
Kinder wollen immer vorne spielen und Tore schießen. Als ich angefangen habe, waren Außenverteidiger auch eher breite, große Typen, die vor allem defensiv gut sein müssen.
90minuten: Dabei war deine erste Zeit bei Mainz im Vergleich zum aktuellen Dasein als Stammspieler aktuell nicht so erfolgreich, wenn man sich rein die Leistungsdaten ansieht.
Mwene: Ich habe die zwei Jahre davor bei Kaiserslautern in der zweiten Liga immer gespielt und wollte daran anschließen. Aber erstens ist das Niveau in der Bundesliga höher und zweitens war ich verletzt, hatte damit längere Probleme und musste mich letztlich operieren lassen. Das war alles langwierig und so habe ich ein Jahr verloren, musste mich danach erst wieder reinkämpfen. Bo Svensson hat mir dann das Vertrauen sofort geschenkt, als er kam. Das ist Gold wert, wenn du vorher verletzt warst. Seitdem habe ich nahezu immer Startelf gespielt.
90minuten: Das wollte ich gerade sagen: Wenn du einmal Stammspieler warst, bist du es geblieben. Vielleicht liegt das auch an der besonderen Position als Außenpracker? 90minuten hat einmal recherchiert und die Position ist heiß begehrt, aber es gibt nicht so viele Spieler.
Mwene: Kinder wollen immer vorne spielen und Tore schießen. Als ich angefangen habe, waren Außenverteidiger auch eher breite, große Typen, die vor allem defensiv gut sein müssen. Die Position hat sich sehr gewandelt und ist viel anspruchsvoller, vor allem läuferisch musst du topfit sein.
Man muss ausdauernd und schnell sein, weil man sich in jedem Angriff einschaltet und immer defensiv da ist. Gerade bei uns ist das wichtig, weil wir mit Fünferkette spielen. Mir gefällt das. Natürlich ist jede Position in Fußball anspruchsvoll - vielleicht kann ich aber dabei mithelfen, dass der Außenverteidiger auch bei den jungen Talenten populärer wird.
90minuten: Machst du etwas Außergewöhnliches im oder abseits des Trainings, um diese Dauerbelastung und die vielen Sprints auszuhalten?
Mwene: Ich habe offensichtlich gute Voraussetzungen und hier auch einen tollen Athletikstaff. In der Sommerpause haben wir auf unsere Positionen abgestimmte Trainingspläne mitbekommen, weil ich als Außenverteidiger nicht 45 Minuten in eine Richtung laufe, sondern viele Tempo- und Richtungsänderungen gefragt sind. Mainz ist ja auch insgesamt bei den Laufstatistiken weit vorne mit dabei.
90minuten: Du hast niederländische Pokal- und Supercupsiege in der Vita, aber keinen Meistertitel. Du bist jetzt 31 Jahre alt. Kannst du dir vorstellen, es deinem Ex-Kollegen Karim Onisiwo gleichzumachen und vielleicht in einem kleineren Land Meister zu werden?
Mwene: Das war schon damals der Grund, zu PSV zu gehen, letztlich hat es nicht geklappt und wir sind "nur" zweimal Zweiter geworden. Diese Erfahrung, um Meistertitel mitzuspielen, hat mir aber viel gebracht. Du willst als Fußballer immer das Bestmögliche erreichen, und das ist hier in der Bundesliga natürlich schwieriger. Wir hatten jetzt eine gute Saison, arbeiten im Trainingslager hart daran, ein paar Sachen noch weiter zu verbessern. Dann wird man sehen, wofür es am Ende reicht.
90minuten: Der Name Onisiwo ist gefallen, du bist beim FSV, dazu kommen aktuell Nikolas Veratschnig und Konstantin Schopp. Warum passt Mainz und rot-weiß-rot so gut - weil man als Österreicher da so gut David gegen Goliath spielen kann?
Mwene: Wahrscheinlich scouten sie viel in Österreich. Aber man lebt sich auch schneller ein, wenn schon jemand aus dem eigenen Heimatland da ist. Wir waren jetzt auch in Österreich auf Trainingslager. Vielleicht sind es all diese kleinen Verbindungen, die dafür sorgen.
Und wir (in Österreich, Anm.) haben auch einen Riesenschritt nach vorn gemacht, vor allem was die Nachwuchsarbeit betrifft. Es kommen immer mehr Talente, die auch schon früher den Schritt in größere Ligen im Ausland machen. Vorbilder sind vielleicht Belgien und die Niederlande, die sogar in die Weltspitze vorstoßen. Wir haben aktuell einfach eine gute Phase, auch hinsichtlich des Nationalteams.
Aus Österreich kommend gibt es in der Bundesliga körperlich und technisch hinsichtlich der Intensität Nachholbedarf.
90minuten: Denkst du, es ist heute für deine jungen Kollegen leichter, aus Österreich kommend in Deutschland anzukommen?
Mwene: Ich glaube, dass ein Anpassungsprozess noch immer notwendig ist. Aus Österreich kommend gibt es in der Bundesliga körperlich und technisch hinsichtlich der Intensität Nachholbedarf. Diese Liga ist wirklich anspruchsvoll, auch wenn du als Österreicher immer darauf schaust, hierhin zu kommen. Das war schon als ich mit 16 Jahren nach Stuttgart kam so. Und egal, ob erste oder dritte Liga, der Fußball und die Kultur rundherum werden in Deutschland extrem gelebt. Insofern hoffe ich, dass sich Schoppi und Niki hier durchsetzen.
90minuten: Mit Veratschnig könntest du hier und im Nationalteam an deiner Nachfolge arbeiten.
Mwene: Der ÖFB-Staff hat sich diese Saison schon bei mir nach ihm erkundigt. Er war jetzt im Sommer ja schon mal im Nationalmannschaftskader dabei. Es ist ein gutes Zeichen, dass man Spieler wie ihn auf dem Radar hat. Wir können uns auch gegenseitig pushen.
90minuten: Wie entscheidend ist dieses Jahr für dich? Nächstes Jahr könnte es für den ÖFB bekanntlich erstmals nach 1998 wieder zu einer WM gehen. Hast du das im Kopf?
Mwene: Klar hofft man auf die WM-Teilnahme. An erster Stelle steht aber immer der Verein, das Nationalteam ist dann bei der Einberufung ein großes Thema und dann klarerweise beim Lehrgang. Es ist immer eine andere Aufgabe, sei es in der Liga, Pokal, Nationalteam oder hoffentlich Europapokal. Es ist aber immer besser, viel zu spielen. Ich möchte mein Niveau halten und nächstes Jahr im Sommer fit sein.

90minuten: Die Öffentlichkeit erwartet sich die WM in Amerika - die Gegner sind zugegebenermaßen einfacher als zuletzt. Wie gehst du damit um?
Mwene: Die Gegner sind uns eigentlich relativ egal. Wir geben gegen alle gleich viel, nicht nur England, Frankreich oder Deutschland. Jetzt liegt alles in unserer Hand! Wir haben eine qualitativ hochwertige Mannschaft, und es ist unser Anspruch, die Quali zu schaffen.
90minuten: Wenn wir vor der WM reden sollten, was soll dann passiert sein?
Mwene: Wir als Mainz dürfen uns schon Ziele setzen, die über den Klassenerhalt hinaus gehen. Wir sind ja eine super Truppe. Die Conference League ist ein guter Wettbewerb, und unsere Fans können sich sicher sein, dass wir antreten, um jedes Spiel zu gewinnen. Im Pokalwettbewerb hatten wir zuletzt schnell große Gegner, deshalb möchten wir diesmal weiter kommen. Und in der Liga wollen wir spielerisch einen Schritt nach vorn machen, zeigen, dass wir zurecht so weit vorne landeten.
90minuten: Wenn's in der Conference League nach Wien geht - lieber Hütteldorf oder zu deinem Jugendklub?
Mwene: Schwierig (denkt nach). Ein Sieg gegen Rapid würde süßer schmecken, es wäre aber mein Kindheitstraum, einmal gegen die Austria zu spielen. Aber egal welcher Verein, ich würde mich riesig freuen, weil dann alle meine Freunde und die ganze Familie kommen könnten.
90minuten: Wir danken für das Gespräch