Fällt es schwer, das Jahr positiv zu bilanzieren, Herr Ebenbauer?
Foto © GEPA

Fällt es schwer, das Jahr positiv zu bilanzieren, Herr Ebenbauer?

Die Liga ist zwar spannend, aber international haben die Topklubs Probleme. Zur sportlichen Misere gesellt sich eine schwierige wirtschaftliche Lage mit geringeren TV-Erlösen. Im Interview findet Bundesliga-Boss Christian Ebenbauer dennoch Positives.

Geringere TV-Einnahmen, Unleistungen in Europa, weniger Österreicher, Spielbetriebseinstellung, eine anhaltend sehr schwierige wirtschaftliche Lage - schlimmer geht es immer, aber die ADMIRAL Bundesliga und mit ihr die 2. Liga hatten es schon einmal leichter.

Die gute Nachricht: Es gibt Potenziale und Möglichkeiten, dennoch frohen Mutes auf das kommende Jahr 2026 zu blicken. All diese Themen bespricht Bundesligavorstandsvorsitzender Christian Ebenbauer im ausführlichen 90minuten-Interview:

90minuten: Ein niedriger als erhofft abgeschlossener TV-Vertrag, die ADMIRAL Bundesliga rückt gefühlt wegen schwächerer Leistungen zusammen, in der Fünfjahreswertung stürzt Österreich ab. Fällt es schwer, das Jahr trotzdem positiv zu bilanzieren?

Christian Ebenbauer: Man muss es vor allem realistisch bilanzieren. Das erste Halbjahr war sportlich sensationell. Der Meister- und der Abstiegskampf waren bis zur letzten Minute spannend. Das kannst du dir nicht anders wünschen. Das zweite Halbjahr ist national gesehen ebenfalls perfekt. Ich sage das bewusst, sehe hier keine Schwäche: Die Bundesliga ist ein cooler Bewerb und ich bin froh, dass es so ist und sich nicht alle beschweren, weil die Liga zu fad ist.

Nichtsdestotrotz zeigt die Kurve nach unten. Mit dem Medienvertrag sind wir finanziell genauso wenig zufrieden wie mit der Entwicklung in der Fünfjahreswertung. Aber es ist auch ein Ansporn, um wieder nach oben zu kommen.

90minuten: Warum ist die Liga aus Ihrer Sicht so eng?

Ebenbauer: Es gibt mehrere Aspekte. Wir sehen, dass die in den letzten Jahren finanziell schwächeren Klubs kontinuierlich gut gearbeitet und sich herangekämpft haben. Ein Ziel bei der Reform vor ein paar Jahren war es ja, die Kleinen durch den Verteilungsschlüssel stärker zu machen. Wenn man sich deren Leistungen ansieht, ist das gelungen.

Dass die Spitzenklubs aktuell sportlich unterperformen, stimmt aber ebenfalls. Das Mittelfeld hat sich von den Punkten her nicht so stark verändert.

Der wichtigste Punkt ist der Stadionbesuch. Wir haben im Herbst die 9.000er-Grenze geknackt, das entspricht einem Plus von knapp fünf Prozent. Das ist positiv.

Christian Ebenbauer

90minuten: In welchen Zahlen schlägt sich diese erwähnte Spannung nieder?

Ebenbauer: Der wichtigste Punkt ist der Stadionbesuch. Wir haben im Herbst die 9.000er-Grenze geknackt, das entspricht einem Plus von knapp fünf Prozent. Das ist positiv und ein Faktor, an dem alles hängt: mehr Zuschauer führen zu mehr Medien- und Sponsoreninteresse; dann kann wieder in den Sport investiert werden und so weiter. Im Normalfall ergibt sich daraus ein Erfolgskreislauf. Die Rezession verhindert das aktuell. 

90minuten: Bereitet es nicht Sorge, dass die großen Vereine unterperformen? Mittelfristig schlägt sich das sehr wohl auf die Zuschauerzahlen nieder.

Ebenbauer: Es geht in alle Richtungen. Du wirst in einem sportlichen Wettbewerb nie erreichen, dass die Kleinen besser sind und so viele Fans erreichen wie die Großen. Ich erinnere mich an die erste erfolgreiche WAC-Saison, der Schnitt wuchs um 65 Prozent. Im besten Fall ist das nachhaltig, aber es schwankt eben. Es braucht Konstanz und der Schlüssel dazu ist die Infrastruktur. Seit der Infrastrukturoffensive vor 15 Jahren ist sehr viel passiert, es wurden über 300 Millionen Euro investiert. Das erhöhte Infrastrukturniveau führt dazu, dass die Fans auch bei Misserfolgen kommen.

90minuten: Wer viel in Steine investiert, macht das zulasten der Beine. Wird sich das wieder drehen?

Ebenbauer: Der amtierende Meister Sturm investiert beispielsweise viel. Es ist ein mutiger Schritt, in den Nachwuchs und in Folge ins Stadion zu investieren. Die Grazer haben durch ihre aktuelle Infrastruktur einen wirtschaftlichen Nachteil gegenüber Salzburg, Rapid, Austria und dem LASK, den sie versuchen, wettzumachen. Und weil die Budgetverteilung meiner Einschätzung nach bei den Großklubs ähnlich ist, ist es richtig, dass Sturm auf die Stadionmodernisierung pocht. Noch geht es sich sportlich aus, aber es ist ein Balanceakt.

Der 1975 geborene Wiener ist seit 2006 bei der Fußballbundesliga, seit 2008 im Vorstand, seit 2018 Vorsitzender des Gremiums
Foto © GEPA
Der 1975 geborene Wiener ist seit 2006 bei der Fußballbundesliga, seit 2008 im Vorstand, seit 2018 Vorsitzender des Gremiums

90minuten: Sollte die öffentliche Hand in Sachen Infrastruktur noch mehr eingreifen?

Ebenbauer: Es ist völlig klar, dass Sportinfrastruktur ohne öffentliche Investitionen nicht möglich ist. Damit sind wir nicht alleine, wiewohl Fußball der Sport ist, der von den meisten Menschen ausgeübt wird und somit soziale Verantwortung übernimmt - das muss auch unterstützt werden. 

90minuten: In anderen Ländern geht das leichter.

Ebenbauer: Ich will da nicht immer Vergleiche anstellen. Fakt ist: Es geht nicht ohne öffentliche Hand.

90minuten: Bei Finanzierung geht es nicht nur um die Infrastruktur. Ex-Rapid-Präsident Martin Bruckner, zuletzt Investor in Tschechien, denkt, dass die 50+1-Regelung ein Hemmschuh ist, weil sie außer dem riesigen Deutschland kein Land hat. Auf Sicht könnte das ein Problem werden. Wie sehen die Klubs das aktuell?

Ebenbauer: Vor zwei Jahren wurde das sehr intensiv diskutiert. Damals ging es um eine genauere Ausformulierung der Regel. Gerade jetzt im Herbst und in Zukunft diskutieren wir, ob die Notwendigkeit besteht, Änderungen vorzunehmen oder nicht. Wir sind auch immer im Austausch mit deutschen Kollegen. Die haben wegen der Bestandschutzregelung (Bayer Leverkusen, VfL Wolfsburg, Anm.) ein größeres Problem. Das haben wir nicht. Wir sprechen auch mit der Schweizer Liga, die ist das genaue Gegenteil von uns - es gibt viele Investoren. Ein Vorteil von Investorengeld ist, dass es mehr Möglichkeiten bietet.

Umgekehrt ist die Unsicherheit größer, weil ein Eigentümerwechsel schnell passieren kann. Insgesamt ist das eine spannende Diskussion, die wieder Fahrt aufnimmt. Formal ist es einfach: Zwei Drittel der Klubs müssen zustimmen, um die bestehende Regelung abzuändern oder zu streichen.

Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass in der Regel nur steht, dass der Verein 51 Prozent Stimmenmehrheit an der Spielbetriebskapitalgesellschaft haben muss, nicht 51 Prozent Kapitalmehrheit.

Ebenbauer über 50+1

90minuten: Die aktuelle wirtschaftliche Lage mit Rezession spielt dabei eine Rolle?

Ebenbauer: Ja.

90minuten: Gibt es vonseiten der Bundesliga eine Position zu dem Thema?

Ebenbauer: Der Klubwille zählt. Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass in der Regel nur steht, dass der Verein 51 Prozent Stimmenmehrheit an der Spielbetriebskapitalgesellschaft haben muss, nicht 51 Prozent Kapitalmehrheit.

90minuten: Aber es schreckt potenzielle Investoren ab, weil es in Wahrheit heißt, dass man Geld investieren kann, aber nur in überschaubarem Maße mitstimmt.

Ebenbauer: Das stimmt. Aber all das wird diskutiert werden.

90minuten: Hat der Klubfußball sonstige Entwicklungen verschlafen, die international erfolgt sind, wo sollten wir nachziehen?

Ebenbauer: Das Wichtigste ist die Digitalisierung. Seit zwei Jahren treiben wir ein Projekt voran, bei dem es um zentrale Vermarktungsmöglichkeiten hinsichtlich der Fans geht. Das ist durchaus schwierig, weil die Klubs sehr unterschiedlich sind. Es geht darum, die Fans besser kennenzulernen, um beispielsweise in einem nächsten Schritt auch ein zentrales Ticketing zu ermöglichen.

90minuten: Sprich: Es geht um die Generierung von First-Party-Data? (Dabei handelt es sich um Informationen, die ein Unternehmen direkt von seinen Kunden oder Nutzern über eigene Kanäle sammelt, Anm.).

Ebenbauer: Marketing, Directmailing und Co. müssen unter gleichen und rechtlich passenden Gegebenheiten funktionieren. Unser Ziel ist ein einfacherer Zugang für die Kunden zum Angebot. Insbesondere kleinere Klubs haben hier noch Potenzial. Es ist auch ein Baustein hinsichtlich einer eigenen Plattform (eigene DTC-Plattform zur direkten Vermarktung an den Endkonsumenten, Anm.). Die Belgier, Schweden oder Norweger sind hier einen Schritt voran und da müssen wir nachziehen.

Polen hat - mit Unterstützung - 2013 eine eigene Produktionsfirma gegründet. In Tschechien und in der Slowakei gibt es beispielsweise eine zentrale Bandenvermarktung, wie in der Champions League. So wird mehr erwirtschaftet. Das Thema internationales Benchmarking und zentrale Vermarktung oder Einkauf von Leistung ist eines, das uns stetig begleitet.

Zwei Jahre plante die Liga das letztlich gescheiterte Projekt der TV-Eigenvermarktung. Wie heißt es so schön: Dieser Drops ist noch nicht zu Ende gelutscht
Foto © GEPA
Zwei Jahre plante die Liga das letztlich gescheiterte Projekt der TV-Eigenvermarktung. Wie heißt es so schön: Dieser Drops ist noch nicht zu Ende gelutscht

90minuten: Wie viel Zeit und Raum hat das Projekt TV-Vertrag in Anspruch genommen?

Ebenbauer: Es war ein enormer Aufwand, in jeder Hinsicht. Das sind Prozesse, die vom bestehenden Team – mit Unterstützung einer Agentur - neben dem Tagesgeschäft abgewickelt werden müssen – und das wird in dieser Zeit ja nicht weniger. Dieses Projekt ist intensiv, weil zwei Jahre Planung dahinter stehen. Das Ergebnis ist letztlich ernüchternd. Das Wichtigste ist, sich am Ende des Tages in den Spiegel schauen und sagen zu können: Wir haben alles getan, was möglich ist.

90minuten: Wie ist die Stimmung unter den Vereinen, weil sich wohl alle erhofft haben, dass am Ende des Tages mehr Geld da ist?

Ebenbauer: Dass sie mehr wollten, ist logisch und verständlich. Es sind aktuell viele Punkte auf einmal, die einem das Leben schwer machen: geringere Medienerlöse, wir werden weniger Erlöse aus den UEFA-Solidarity-Payments haben, die Sponsorenlandschaft ist auch schwierig. Derzeit gibt es wenig Hebel in die andere Richtung. 

90minuten: Das sind ja schöne Zukunftsaussichten …

Ebenbauer: Vor neun Jahren haben wir einen TV-Vertrag abgeschlossen, der über acht Jahre ein Plus von 60 Prozent gebracht hat. Es gab und gibt mehr Geld von der UEFA, die Endrundenteilnahmen der Nationalmannschaft spülen Geld in die Kassen. Es gibt Ansätze und Möglichkeiten, um Erlöse zu erhöhen und sportlich wieder besser zu performen.

90minuten: Gehen wir einen Schritt zurück zur Digitalisierung: Wie schwierig ist es den Klubs zu sagen, dass sie jetzt eine Datenbank kaufen sollen und keinen Kicker?

Ebenbauer: Genau das ist derzeit ein Thema. Mit dem Strategietopf haben wir rechtzeitig Entwicklungen angestoßen. Wir haben das Feld für die Förderungen aus diesem Topf erweitert, der früher nur für Sicherheit, Infrastruktur und später auch CSR da war.

Vor der Herausforderung, mit enger geschnalltem Gürtel das Optimum herauszuholen, stehen wir gesamtwirtschaftlich. Der größte Budgetposten ist das Personal.

Christian Ebenbauer

90minuten: Wie soll aber ein Produkt mit weniger Mitteln besser werden?

Ebenbauer: Vor der Herausforderung, mit enger geschnalltem Gürtel das Optimum herauszuholen, stehen wir gesamtwirtschaftlich. Es wird an der einen oder anderen Stelle Einsparungen geben müssen. Der größte Budgetposten ist das Personal, im Schnitt liegt der im sportlichen Bereich bei 55 Prozent. Bei Einschnitten von knapp 20 Prozent bei den Medienerlösen wird es eben schwierig, aber der solidarische Verteilungsschlüssel ist gut für den Wettbewerb. 

90minuten: Ein natürlicher Reflex auf Einsparungen im Personalbereich wäre der vermehrte Einsatz junger Spieler.

Ebenbauer: Das ist relativ. Wir bekommen von Klubs aktuell oft die Info, dass die Österreicher eher teurer sind. Aus erster Hand kann ich das nicht beurteilen, weil ich selbst keine Kaderplanung mache. Aber darum wurde der Österreicher-Topf so intensiv diskutiert.

2004 betrug der Anteil an Österreichern in der Liga etwas mehr als 50 Prozent, dann ging es rauf bis 75. Jetzt sind wir bei rund 55 – mit dem Riesenpferdefuß, dass nicht mehr nur ein, zwei Klubs auf den Topf verzichten, sondern bis zu sechs, derzeit sind es fünf. Somit ist das mittlerweile ein Umverteilungs-, aber kein Fördertopf mehr.

90minuten: Österreichische Nachwuchsspieler gelten gerade wegen des Topfs als teuer, viele Klubs setzen auf Spieler aus dem Ausland, die günstiger sind und mehr Geld einbringen sollen. Wird da nun der erhoffte Effekt – mehr junge heimische Kicker – eintreten?

Ebenbauer: Ein klassisches Thema, bei dem sich ÖFB, Liga und Klubs ständig Optimierungen überlegen. Die Frage, wie die Spieler in der ersten Mannschaft ankommen, beginnt bereits in der U14. Vor eineinhalb Jahren gab es eine große Reform des Akademiebereichs. Der ÖFB, die Landesverbände und die Klubs sind sich einig, dass man hier bald wieder agieren muss, weil die Neuaufstellung möglicherweise zu weit gegriffen war bzw. mit den wirtschaftlichen Möglichkeiten im Land nicht funktioniert. 

Genauso ist es weiter oben: Wie kommt ein Klub zum bestmöglichen Ergebnis? Der wichtigste Faktor in den letzten 15 Jahren ist die Entwicklung in der Transfererlössäule. Die ist von unter fünf Prozent auf durchschnittlich 15 bis 20 Prozent gegangen. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gibt es hier steigende Erlösmöglichkeiten. Unter diesem Aspekt muss man aufpassen, wie viel man wo investiert. Die Großklubs investieren viel in die Nachwuchsentwicklung, man sieht, wie wichtig ihnen das ist. Es gibt meiner Meinung nach keinen Klub, der nicht lieber einen 17-, 18-jährigen Österreicher in die Kampfmannschaft einbaut, wenn es sportlich und wirtschaftlich passt. Die Begründung, warum ein Klub das nicht tun sollte, wüsste ich gerne.

Aus Johannes Moser einen Superstar wie Konrad Laimer zu machen, ist ein Ziel der Liga
Foto © GEPA
Aus Johannes Moser einen Superstar wie Konrad Laimer zu machen, ist ein Ziel der Liga

90minuten: Offenbar gibt es zu wenig Potenzial.

Ebenbauer: Jeder Klub wünscht sich junge österreichische Identifikationsfiguren. Fakt ist, dass wir alle zum Ziel haben, fertig ausgebildete österreichische Spieler in die Top-5-Ligen bringen zu wollen.

90minuten: Viele sehen das aktuelle Liga-Format als Grund dafür, dass weniger Junge ins kalte Wasser geworfen werden.

Ebenbauer: Seit die Zwölferliga eingeführt wurde, ist die Anzahl der U22-Einsatzminuten in den letzten zehn Runden jedes Jahr höher als im Grunddurchgang. Ihre These ist also relativ leicht widerlegbar. Die Klubs wollen natürlich junge Österreicher verpflichten, müssen aber auch auf das Geld schauen.

90minuten: Die Abwertung des Österreicher-Topfes müsste also dazu führen, dass die Österreicher billiger sind, weil es keinen Aufschlag gibt?

Ebenbauer: Die Deregulierung soll dazu führen, dass sie billiger werden, ja.

90minuten: Öffentlich wurde das nicht kommuniziert.

Ebenbauer: Ich habe bereits öfters erwähnt, dass Spielerberater den Österreicher-Topf aufschlagen, das ist die Info, die wir von vielen Klubs bekommen. Die Frage ist letztlich, wie viel aufgeschlagen wird, die einen sagen 30, die anderen zehn Prozent. Die Änderung der Regelung halte ich für richtig, ist aber für die Klubs, die derzeit daran verdienen, wirtschaftlich dramatisch. Hartberg spielt beispielsweise derzeit gut und erfolgreich mit vielen Österreichern und muss zukünftig finanzielle Ausfälle kompensieren. 

Die Meisterschaft soll am Rasen entschieden werden. Eine unterjährige Spielbetriebseinstellung tut mir deshalb sehr weh. Zwanzig Jahre lang wurde das vermieden, das schaffen nicht alle Länder.

Ebenbauer über Stripfing

90minuten: Kommen wir zurück zu den internationalen Ergebnissen und zum Ligenformat. Es wird ein Startplatz weniger. Werden die Klubs, die regelmäßig Europacup spielen, den Startplatz für die Qualifikationsgruppe in Frage stellen?

Ebenbauer: Wir haben das in der letzten Sitzung angesprochen und in Erinnerung gerufen, dass es einen Anreiz in der Qualifikationsgruppe geben muss. Bei Einführung hatten wir vier UEFA-Startplätze, sodass der Siebente im Normalfall gegen den Viert- und Drittplatzierten gewinnen muss. Die Möglichkeit für den Achtplatzierten, Europacup zu spielen, gibt es, weil bei fünf Startplätzen sonst der Siebte in zwei Spielen zum UEFA-Ticket kommen kann.

Es muss aber eine zusätzliche Hürde für den Sieger der Qualifikationsgruppe geben. In über 80 Prozent der Simulationen, die wir bei der Entwicklung durchgeführt haben, hat der Vierte bzw. Fünfte gegen den Siebten gewonnen und darum gibt es das Play-off.

90minuten: Gehen wir eine Liga runter. Wie weh tut der Fall Stripfing?

Ebenbauer: Die Meisterschaft soll am Rasen entschieden werden. Eine unterjährige Spielbetriebseinstellung tut mir deshalb sehr weh. Zwanzig Jahre lang wurde das vermieden, das schaffen nicht alle Länder. Es ist jedenfalls ungünstig und schlecht für den Bewerb. Der konkrete Fall hat aber nichts mit der allgemein schwierigen wirtschaftlichen Lage zu tun, sondern ist ein Einzelfall.

Als die Privatinsolvenzen vom Herrn Kirisits bekannt wurden, habe ich beim Klub angerufen und gemeint, dass man vor der Meisterschaft noch handeln kann. Selbst mit 15 Mannschaften zu starten wäre noch besser gewesen, als unterjährig einen zu verlieren. Mir wurde versichert, dass die Privatinsolvenz keine Auswirkung haben wird, das wurde auch dem Senat 5 gegenüber offiziell so mitgeteilt.

90minuten: Wie ist die Lage bei Austria Klagenfurt?

Ebenbauer: Wir sind in stetigem Austausch mit dem Klub und Zeljko Karajica. Als Geschäftsstelle versuchen wir zu unterstützen, im Umgang mit der Transfersperre und im Umgang mit den zuständigen Gremien. Es gibt Zusicherungen, Zahlungen sind noch offen – aber wir hoffen, dass das gelöst wird. Sollte nicht gezahlt werden, können die Spieler zu Beginn des Transferfensters entscheiden, ob sie bleiben oder nicht.

Wer den Aufstieg in die Bundesliga schafft, hat viel zu jubeln. Wer in der 2. Liga bleibt, bekommt zum hängenden Kopf noch finanzielle Herausforderungen dazu
Foto © GEPA
Wer den Aufstieg in die Bundesliga schafft, hat viel zu jubeln. Wer in der 2. Liga bleibt, bekommt zum hängenden Kopf noch finanzielle Herausforderungen dazu

90minuten: Sprechen wir etwas Positives an. In der 2. Liga hat sich vorne auch einiges zusammengeschoben, aber es geht sich ein Aufstieg von Lizenz und Infrastruktur bei den ernsthaften Aufstiegskandidaten relativ easy aus, oder?

Ebenbauer: Ich mache mir über die Aufsteiger keine Sorgen, eher um die, die in der 2. Liga bleiben. Bei der Strukturreform vor neun Jahren ging es darum, dass die Bundesliga das Aushängeschild und der Topbewerb ist, die 2. Liga eine Drehscheibenfunktion einnimmt und erdigen Fußball bietet. Diese Liga ist für die Ausbildung da und verfolgt somit ein anderes Ziel als die Bundesliga.

Die große Herausforderung ist der erhebliche Unterschied zwischen Bundesliga und 2. Liga. Man muss sich also überlegen, wie man den Abstieg in die 2. Liga sowie die Struktur der 2. Liga zukünftig organisiert.

90minuten: Die Absteiger hatten zuletzt nicht die allergröbsten finanziellen Probleme.

Ebenbauer: Es gibt derzeit ein Solidaritätspolster von rund 400.000 Euro, das in Zukunft 320.000 Euro betragen wird. Dazu kommen noch die UEFA-Solidarity-Payments. Das federt kurzfristig ab. Es geht aber darum, wie lange man es über das erste Jahr nach dem Abstieg hinaus schafft, den Betrieb aufrecht zu halten.

90minuten: Ist mit der Verminderung der Abstiegsplätze genug Druck rausgenommen worden?

Ebenbauer: Nein.

90minuten: Was wäre der Wunsch der Liga gewesen?

Ebenbauer: Dass wir beim jetzigen System bleiben, es drei Absteiger gibt und der ÖFB die Schiedsrichterkosten weiterhin übernimmt. Die Schiedsrichterkosten selbst zu tragen, wiegt schwerer, als einen Abstiegsplatz weniger zu haben. Die höchste Spielklasse zahlt 3,15 Millionen Euro pro Saison an die 2. Liga, das sind weniger als die bislang 3,8 Millionen Euro. Die Wettdatenrechte sinken ebenfalls, von 900.000 auf weniger als die Hälfte. Das ist insgesamt viel zu schlucken in den nächsten zwei Jahren. Man muss zudem gemäß Kollektivvertrag zahlen, es gibt aufgrund des Wartungserlasses eine Ausgliederungspflicht – das ist alles kaum stemmbar.

Die Zwölferliga in der höchsten Spielklasse ist gut und richtig in Österreich. Dänemark hat die 14er-Liga ausprobiert und ist schnell wieder zur Zwölferliga zurückgegangen.

Ebenbauer über das Ligaformat

90minuten: Was ist die Konsequenz daraus?

Ebenbauer: Derzeit haben die Klubs im Schnitt 2,6 Millionen Euro Personalkosten. Vor sieben Jahren waren wir deutlich darunter. Wenn sich vor der Reform keine 20 Profivereine ausgegangen sind, gehen sich 22 im Jahre 2025 erst recht nicht aus. Entweder, die Klubs schaffen es, massiv zu sparen – oder man ändert das Format.

90minuten: In Richtung einer einzigen Profiliga?

Ebenbauer: Das glaube ich nicht. Die Zwölferliga in der höchsten Spielklasse ist gut und richtig in Österreich. Dänemark hat die 14er-Liga ausprobiert und ist schnell wieder zur Zwölferliga zurückgegangen, weil sich das aus verschiedenen Gründen nicht ausging, etwa Vermarktung oder Wirtschaft. Aber vor allem deshalb, weil wir keine geschlossene Liga haben. Wenn man Auf- und Abstieg will, braucht man ja nicht nur die zwölf Klubs, sondern mehr. Die zweithöchste Spielklasse könnte geändert werden. Das ist eine Frage, die wir in den nächsten Monaten beantworten werden müssen.

90minuten: Also eine Reduktion der Teilnehmer?

Ebenbauer: Wir prüfen so etwas stetig. Vor eineinhalb Jahren haben wir im Zuge eines Evaluierungsprozesses 10, 12, 14 und 16 überprüft. Es hat viele Auswirkungen, alleine von den Schiedsrichter- oder Produktionskosten her ist es ein Unterschied, ob ich eine 16er-Liga mit 240 Spielen habe oder eine Zehnerliga mit 180. 

Ich möchte da schon auch sagen, dass die sportliche Performance – auch dank LAOLA1 und dem ORF sowie allen anderen Partnern – aus meiner Sicht sensationell ist. Das betrifft die Ausbildung, also die Drehscheibenfunktion zwischen Profi- und Breitensport. Selbst die Zuschauerzahlen hätten wir uns so nicht erwartet, im Stadion und vor den Endgeräten. Uns war ja wichtig, dass die, die lizenziert sind, dasselbe bekommen wie zuvor.

Drei Millionen Euro Solidaritätszahlungen an die 2. Liga waren 2017 das Ziel, zwei von den Bundesligaklubs, eine Million vom ÖFB. 2025 sind wir bei 3,8 Millionen von der Liga und einer Million vom ÖFB, dazu kommen unregelmäßige Einnahmen wie ein Anteil an den Solidarity-Payments in der Höhe von 660.000 Euro, Einnahmen von den Europameisterschaften und von Wettdatenrechten. Nur: Die Vereine geben diese Steigerungen weiter.

Der Kollektivvertrag, den die Spielergewerkschaft erreicht hat, ist gut - aber teuer
Foto © GEPA
Der Kollektivvertrag, den die Spielergewerkschaft erreicht hat, ist gut - aber teuer

90minuten: Das heißt, es ist alles angerichtet, die Vereine schaffen es nicht, mit dem Geld umzugehen.

Ebenbauer: Das so zu sehen, wäre unfair. Der Mindestlohn laut Kollektivvertrag ist in den letzten Jahren um 20 Prozent gestiegen. Ohne Wartungserlass könnten mehr Klubs nicht in eine Spielbetriebs-GmbH ausgliedern. Derzeit sind es nur zwei. Doch die Finanzämter erzwingen das, sobald 50% der Spieler über 25.000 Euro brutto im Jahr verdienen. Auch wenn die 2. Liga vor neun Jahren keine Profiliga im engeren Sinne war, wird sie von der Öffentlichkeit als solche wahrgenommen.

90minuten: Kann man sich mit anderen Sportarten bzw. Liga vernetzen und mit der Politik sprechen?

Ebenbauer: Wir sprechen aktuell mit dem ÖFB-Aufsichtsratsvorsitzenden Josef Pröll, der ja selbst Finanzminister war. Die Summe von 20.000 Euro wurde 2017 festgelegt, nun wurde sie auf 25.000 Euro angehoben. Das ist nicht einmal die Inflationsanpassung.

90minuten: Wie könnte ein neues Format aussehen, wenn es sich nicht ausgeht?

Ebenbauer: Zuerst müssen sich die Klubs bzw. der ÖFB und die Landesverbände klar werden, was möglich ist. Hier geht es um die 2. Liga sowie die Regionalliga. Die Verbreiterung auf vier Ligen führt zu einem Nachteil für die jungen Spieler. Richtung März müssen wir wissen, wohin wir gehen. Vom Format her geht es um die Absteigeranzahl. 

Wenn man zwei Absteiger hat, geht eine Zehnerliga nicht. Bei eineinhalb Absteigern kann man eine Zwölferliga andenken, bei einem sogar eine Zehnerliga. Eine Zwölferliga wie in der höchsten Liga halte ich für nicht uninteressant.

90minuten: In einer Zwölferliga wird man nicht mit drei Zweitvertretungen plus Liefering spielen können.

Ebenbauer: Warum nicht?

90minuten: Weil es den anderen Klubs zu viel werden könnte?

Ebenbauer: Die 16er-Liga funktioniert sportlich und von der Ausbildung her perfekt. Es ist eine Frage der wirtschaftlichen Möglichkeiten und da müssen alle die Karten auf den Tisch legen. Wenn man nur die dreieinhalb Amateurmannschaften ausschließt und auf zwölf Vereine reduziert, macht das wirtschaftlich keinen Sinn, weil genau die, die dann weg sind ja ohnehin kein Geld erhalten. Bleiben die Zweitvertretungen dabei, würden sich nur noch acht oder neun Vereine den Kuchen aufteilen.

Dass wir wieder bei einer WM dabei sind, hilft nicht nur dem Fußball, sondern insgesamt der Begeisterung dem Sport gegenüber.

Ebenbauer freut sich auf etwas

90minuten: Wer sich die 2. Liga aktuell leisten kann, kann sich also nicht wehren.

Ebenbauer: Eine größere Liga führt zu weniger sportlicher Dichte. Darum sage ich ja, dass es die größte Errungenschaft ist, dass die sportliche Qualität bei der Aufstockung auf 16 Klubs nicht gelitten hat. Es würde sich auch kein Klub freuen, wenn er jetzt absteigt.

90minuten: Nach oben hin ist es so, dass man rund 10 Millionen Euro braucht, um Bundesliga zu spielen. Wenn man die letztjährigen Umsätze um das durchschnittliche Plus erweitert, schaffen diese zehn Millionen nur die Admira, die Vienna, Lustenau und der SKN.

Ebenbauer: Wir rechnen immer mit drei bis vier Mannschaften mehr als in der Liga sind. Darum gibt es den Lizenzbonus. Sprich: Für eine 16er-Liga wären 19, 20 Vereine notwendig. Auch hier gilt, dass der Kuchen nicht größer wird, von Sponsoren bis hin zu den UEFA-Zahlungen.

90minuten: In der 2. Liga ist das Format mit 16 Klubs für die Entwicklung gut, weil die Wahrscheinlichkeit, bis zur 30. Runde etwas mit dem Abstieg zu tun zu haben, ist geringer als in der Bundesliga.

Ebenbauer: Das ist auch ein Punkt, warum die 16er-Liga ja eigentlich ein gutes Format für die 2. Liga ist. Bei nur zwei Absteigern verstärkt sich dieser Effekt.

90minuten: Das wäre doch für die Bundesliga auch nicht unattraktiv, oder?

Ebenbauer: Ich bin skeptisch, weil die Budgets in der 2. Liga nicht so weit auseinandergehen wie in der Bundesliga. Es ist ein Unterschied, ob der reichste Klub (ohne Liefering, Anm.) acht, neun Millionen Umsatz hat und der ärmste 2,3 oder ob der Unterschied von über 100 bis sechs, sieben Millionen geht. Da kann man sich durchrechnen, was das für das Niveau bedeutet.

90minuten: Heidenheim hat auch deutlich weniger Geld als die Bayern.

Ebenbauer: Den Einwand lasse ich in allen Ligen außerhalb der Top-5-Ligen gelten. Ich lasse mich gerne mit Ligen vergleichen, die ähnlich groß sind wie unsere. Hypercube hat uns auch in jeder Analyse bestätigt, dass sich nur die Top-5-Ligen ein so großes Format leisten können (mit 18, 20 Klubs, Anm.). In allen kleineren Ligen muss man verdichten, um die sportliche Qualität zu erhalten. Große Ligen wie in Norwegen und Schweden sind für mich eine Ausnahme.

90minuten: Abschließend: Worauf freuen Sie sich 2026?

Ebenbauer: Ich freue mich darauf, wenn uns unser Nationalteam stolz macht. Dass wir wieder bei einer WM dabei sind, hilft nicht nur dem Fußball, sondern insgesamt der Begeisterung dem Sport gegenüber. Und dann hoffe ich, dass die Bundesliga wieder bis zum Schluss so spannend bleibt.

90minuten: Wir danken für das Gespräch!


Kommentare