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Österreich siegt über harmlose Slowenen [Spielanalyse]

Die österreichische Nationalmannschaft konnte im eigenen Drittel ihr Spiel gut aufbauen und die erste Pressinglinie immer wieder überspielen. Allerdings hatten sie gegen die Slowenen Probleme zu richtigen Abschlussmöglichkeiten zu kommen.

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+ + 90minuten.at Exklusiv + + Eine Spielanalyse von Simon Goigitzer

 

Österreich musste, im Gegensatz zum Spiel gegen Israel, auf Marko Arnautovic verzichten. Für den 30-Jährigen rückte Michael Gregoritsch in die Startformation. Der Stürmertausch war die einzige personelle Veränderung von Franco Foda. Die Österreicher spielten in einem 4-4-2. Besonders kam dies im Pressing zum Vorschein, da die Gastgeber aus Slowenien auch in einem 4-4-2 spielten und die Gäste im Pressing mannorientiert agieren konnten. Im Ballbesitz hatten die Gäste öfters gute Ideen, um die erste Pressinglinie zu überspielen, waren dann aber im mittleren/letzten Drittel oft zu ungenau und kamen kaum zu Torabschlüssen. Slowenien wollte vor allem mit gezielten Bällen auf die Stürmer oder mit Chipbällen in den Raum zwischen Abwehr und Mittelfeld der Österreicher nach vorne zu kommen.

 

Österreich mit guten Ansätzen im Ballbesitz und im Pressing

Auch im Ballbesitz agierten die Österreicher eher in einem 4-4-2. Nur Konrad Laimer bewegte sich oft in den Halbraum und orientierte sich vom Flügel aus eher in die Mitte. Dadurch gab es aber auch immer wieder Platz für Andreas Ulmer, der als Außenverteidiger auf der linken Seite nach vorne schieben konnte. Auch Marcel Sabitzer war nicht wirklich an die zweite Stürmerposition gebunden. Er bewegte sich meist als Zehner zwischen der gegnerischen Mittelfeldlinie und der Abwehrreihe. In der zweiten Halbzeit kam es auch einige Male zu einem Positionstausch mit Laimer. Im zentralen Mittelfeld spielten Julian Baumgartlinger und Stefan Ilsanker. Beide positionierten sich eher näher zu den Innenverteidigern und versuchten mit einem kurzen Pass angespielt zu werden. Besonders Baumgartlinger bot sich öfters zwischen den beiden gegnerischen Stürmern oder hinter der ersten Pressinglinie an. Ilsanker rückte zwar einige Male auch höher bis in den Zehnerraum, blieb aber im Aufbau doch eher defensiver.

Zunächst versuchten die Österreicher das Pressing der slowenischen Nationalmannschaft mit vertikalen Pässen in den Zwischenlinienraum zu überspielen. Sowohl beide Innenverteidiger, als auch die beiden Sechser probierten öfters, mit Erfolg, Gregoritsch oder Sabitzer zwischen den Linien anzuspielen. Wie zum Beispiel in der Szene von Abbildung 1.

Abbildung 1: Dragovic spielte einen vertikalen Pass, mit den er zwei Pressinglinien überbrückte.

Aleksandar Dragovic bekam den Ball und dribbelte den Raum vor sich an. Zuerst fand er keine Anspielstation, da die meisten Mitspieler im Deckungsschatten der Slowenen standen. Allerdings bewegte sich daraufhin Ilsanker zu Dragovic und zog seinen Gegenspieler mit. Nicht nur war er für Dragovic anspielbar, sondern öffnete mit seiner Bewegung den Passweg zu Sabitzer. Zudem schien es so, dass der österreichische Sechser das Entgegenkommen absichtlich machte, nur um den vertikalen Pass nach vorne zu ermöglichen. Denn er machte auch einen Schulterblick und sah womöglich, dass Sabitzer im Zwischenlinienraum viel Platz hatte. Auch der Leipzig-Legionär bewegte sich aus dem Deckungsschatten des Sechser heraus und war mit einem vertikalen Pass von Dragovic zwischen den Linien anspielbar. Nicht nur konnten die Österreicher mit diesem Pass beinahe die zweite Pressinglinie überspielen, sondern hatten auch einen großen Raumgewinn im Spielaufbau.

In der 12. Minute gab es ein weiters Beispiel für die vertikalen Zuspiele zwischen den Linien. (Abbildung 2)

Abbildung 2: Diesmal spielte Ilsanker den vertikalen Pass auf Sabitzer und Österreich hat wieder mit einem vertikalen Pass einen großen Raumgewinn.

In dieser Szene kam der vertikale Pass zu Sabitzer von Ilsanker. Der zentrale Mittelfeldspieler bot sich zwischen den beiden gegnerischen Stürmern an und bekam den Ball von Dragovic. Da er sich viel mit Schulterblicken umschaute, wusste er, wo die Gegenspieler standen und ob er sich aufdrehen konnte. Außerdem positionierte er sich mit seinem Körper in die Spielrichtung, sodass er sich bei der Ballannahme gleich nach vorne orientieren konnte. Mit dem zweiten Kontakt spielte er einen vertikalen Pass zu Sabitzer, der sich wieder gut zwischen den beiden Viererketten anbot. Der Offensivspieler konnte sich wieder aus dem Deckungsschatten der gegnerischen Sechser lösen und angespielt werden. In dieser Szene haben die Österreicher mit nur zwei Pässen die beiden gegnerischen Pressinglinien überbrücken können.

 

Mehrere positive Aspekte, aber Probleme im letzten Drittel

Allerdings war der Spielaufbau im eigenen/mittleren Drittel nicht der einzige positive Aspekt in diesem Qualifikationsspiel. Das Pressing und die beiden Umschaltphasen (also defensiv und offensiv) funktionierten bei den Österreichern gut. Im Pressing agierten sie in einem 4-4-2 und konnten die Slowenen immer wieder früh unter Druck setzten. Zudem hatten die Gäste auch sehr viele Ballgewinne im mittleren Drittel von den Mittelfeldspielern, die viele vertikale Pässe von den gegnerischen Innenverteidigern antizipierten. Im Gegenpressing waren die Österreicher auch effektiv. Nach Ballverlust konnten sie den ballführenden Gegenspieler sofort unter Druck setzen und ihn immer wieder zu Fehler zwingen, damit sie den Ball wieder zurückerobern konnten. Auch nach Ballgewinnen konnte sich die österreichische Nationalmannschaft aus den engen Räumen und dem Gegenpressing der Slowenen gut herauskombinieren. Daraufhin wurde meist in den ballfernen Raum gewechselt, damit sie in der Umschaltphase in das letzte Drittel gelangen.

"In dieser Partie kam es oft vor, dass ein Außenspieler aus dem Halbfeld hereinflankte, allerdings der Strafraum höchsten mit zwei Mitspielern besetzte war und diese dadurch gegen die gegnerischen Abwehrspieler in Unterzahl waren."

Österreich hatte zwar im gesamten Spiel viele Abschlüsse, allerdings kamen nur ein Bruchteil dieser Schüsse überhaupt auf das Tor. Die Gäste kamen immer wieder von der eigenen Hälfte gut in das letzte Drittel. Besonders nach Umschaltphasen in die Offensive hatten sie gute Kontermöglichkeiten. Jedoch kam es oft zu einem Missverständnis zwischen den Spielern oder der Pass selber war zu ungenau, sodass es wieder zu einem Ballverlust kam. Mehrere Male kam es zu einem Zuspiel, das nicht zum Laufweg des Mitspielers übereinstimmte und sie direkt wieder in die Defensive umschalten konnten. Falls das Zuspiel irgendwie doch zum Mitspieler ankam, konnte der Offensivspieler nur schwer den Ball mitnehmen und tat sich in der Folgeaktion schwer den Ball zu halten.

Außerdem flankte die österreichische Nationalmannschaft sehr früh, obwohl der Strafraum nicht gut besetzt war. In dieser Partie kam es oft vor, dass ein Außenspieler aus dem Halbfeld hereinflankte, allerdings der Strafraum höchsten mit zwei Mitspielern besetzte war und diese dadurch gegen die gegnerischen Abwehrspieler in Unterzahl waren. Zudem waren die Stürmer im Strafraum nicht in der Bewegung, sodass es für die Spieler schwer gewesen wäre, den Ball auf das Tor zu bringen.

 

Slowenien sehr harmlos

Die slowenische Nationalmannschaft spielte in einer 4-4-2/ 4-4-1-1-Formation. Im Pressing agierten sie nicht so hoch wie die Österreicher. Zunächst attackierten sie erst ab der Höhe der Mittellinie. Nur phasenweise wurde ganz hoch angepresst. Zum Beispiel, wenn ein Abstoß der Österreicher kurz abgespielt wurde. Allerdings stand die ganze Mannschaft nach dem 0:1-Rückstand etwas höher und gegen Ende vom Spiel ließen sie den Gästen kaum Platz zum Aufbauen.

Im Ballbesitz agierten sie in zwei flachen Viererketten. Anfangs wurde oft der hohe Ball auf die Stürmer gespielt. Vor allem in der ersten Hälfte versuchten sie immer wieder das Pressing der Österreicher mit hohen Bälle zu überspielen. Zwar kamen die hohen Bälle mehrmals an, aber die Folgeaktionen waren oft erfolglos. Zudem war der Sechser, durch ein falsches Anlaufen der Österreicher im Pressing (was nicht sehr oft vorkam), einige Male im Aufbau anspielbar. Durch den Fokus auf die hohen Bälle nahmen sie sich selbst oft die Möglichkeit die erste Pressinglinie der Gäste mit einem einfachen vertikalen Pass auf den Sechser zu überbrücken. Erst in den zweiten 45 Minuten versuchte Slowenien mit flachen Pässen das Spiel aufzubauen. So kamen sie auch kontrollierter in die gegnerische Hälfte und auch manchmal in das letzte Drittel. Dennoch konnten sie gegen die starke defensive Mannschaft der Österreicher kaum zu richtigen Torabschlüssen kommen und hatten im Spiel insgesamt nur zwei Schüsse auf das Tor von Cican Stankovic.

 

Fazit

Die österreichische Nationalmannschaft konnte aus einer Standardsituation einen Treffer erzielen und einen wichtigen Schritt in die Richtung der EM-Qualifikation machen. Vor allem sah man gute Ansätze im Spielaufbau und im Pressing. Diesmal funktionierte auch das Gegenpressing und sie konnten nach Ballverlust den ballführenden Gegenspieler schnell wieder unter Druck setzen. Allerdings fehlt noch ein wenig bei der Chancenkreierung, da sie oft viel zu früh abschließen oder ungenau Pässe im letzten Drittel spielten.

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