Zoran Barisic: "Der Didi hat sich das einfach verdient" (2)

SK Rapid-Geschäftsführer Sport Zoran Barisic spricht im großen 90minuten.at-Exklusivinterview über die gegenwärtige sportliche Lage, die Vertragsverlängerung von Didi Kühbauer, die Kaderplanung und die "Mission 33".

Wir haben ja nichts davon, wenn wir einmal Meister werden und dann vier Mal nicht in den Europacup. Ist dann alles super?

Barisic über den heiß ersehnten Titel

90minuten.at: Bei Dejan Ljubicic könnte man bezüglich Ablöse durch die Finger schauen, Demir, Fountas oder Kara könnten Geld in die Kassen spülen. Müssen sich die Fans darauf einstellen, dass einige wichtige Spieler gehen, wie schon letzten Sommer?

Barisic: Darauf müssen wir uns immer wieder drauf einstellen, aber nicht nur, weil es harte Zeiten gibt. Es gibt viele Klubs, die ein Mehrfaches von uns bezahlen. Das ist eine Tatsache und der müssen wir ins Auge schauen. Darum gehe ich davon aus, dass es bei uns eine hohe Fluktuation gibt. Darum ist es wichtig, Spieler zu entwickeln oder solche dazu zu holen, die uns gegenwärtig und mittelfristig weiterhelfen und uns auch wirtschaftlich weiterbringen. Transfererlöse sind eine wichtige Säule und wir wissen nicht, wie sich der Transfermarkt entwickeln wird. Da geht es aber nicht nur uns so.

 

90minuten.at: Den Namen sind Sie gut ausgewichen – aber heißt das aber auch, dass man wie die Austria teure, erfahren Spieler nicht verlängert? Das wäre bei Sonnleitner und Barac der Fall, auch wenn man sie verlängern wollen würde?

Barisic: Das könnte bei uns definitiv so sein. Natürlich wollen wir verdiente Spieler wie den „Sonni“, der fit ist und spielen will, bei uns haben, bis er nicht mehr will und ihm einen Anschlussvertrag anbieten möchte. Man muss aber auf vielen Ebenen gerüstet sein und kreativ sein. Das betrifft etwa auch das Scouting, man kann nicht wirklich im Ausland scouten. Da muss man Tools, Elemente, Daten, Videosichtungen anwenden, Infos von Menschen erhalten – das ist sehr komplex.

90minuten.at: Bei den Offensivspielern geht es um hohe Summen, aber wenn sich Demir das Bein verletzt, kann man um viel Geld umfallen. Ich stelle es mir schwierig vor, so in alle Richtungen planen zu müssen.

Barisic: Man muss sich auf alles einstellen. Ich bin nicht unbedingt ein pessimistischer Mensch, denke eher positiv und glaube auch daran, dass wir die richtigen Schlüsse ziehen, um Entscheidungen zu treffen. Sport und Wirtschaft müssen passen, wir reden ja noch immer über einen Sportklub, darüber, dass wir den Verein wirtschaftlich so gut aufstellen wollen, damit wir sportlich erfolgreich sind. Da geht es nicht nur um Neuzugänge und Vertragsverlängerungen, sondern auch darum, um unseren eigenen Nachwuchs zu entwickeln. Wir wollen Werte für die Zukunft generieren. Natürlich tut ein Abgang wie von Stefan Schwab weh oder wenn wir es nicht schaffen würden, den Vertrag von Dejan Ljubicic zu verlängern, aber es ist nicht so, dass wir den Onkel Dagobert anrufen, um ihn um Geld anzupumpen, damit wir Verträge verlängern können. Das können wir nicht, das machen wir nicht. Wir versuchen seriös zu wirtschaften, Dinge, die nicht machbar sind, werden wir auch nicht machen.

 

90minuten.at: Wir kennen einander ein paar Jahre, ich weiß, dass Sie auf Abgänge stets gut vorbereitet sind. Bei einem Nachfolger für Dejan Ljubicic braucht es dann vielleicht ja nicht einmal neue Trikots. (Anm.: Sein Bruder Robert spielt beim SKN St. Pölten auf ähnlicher Position mit derselben Rückennummer)

Barisic: (lacht)

 

90minuten.at: Wie zufrieden sind Sie mit dem Nachwuchs in der 2. Liga? Gegenwärtig ist man Vorletzter.

Barisic: Wir haben uns dazu entschieden, aufzusteigen. Aber wir wussten damals schon, dass es eventuell ein Jahr zu früh ist. Aber man muss klar betonen, dass man in der Liga erstens einmal ankommen muss und wir zweitens mit Verletzungen und Corona große Probleme hatten. Im Winter sind viele Spieler fitter und gesund zurück gekommen. Jetzt gibt es mehr Möglichkeiten und mir macht die Zweier viel Freude. Ich habe die nächsten Entwicklungsschritte gesehen, aber unabhängig von der Ligazugehörigkeit ist es wichtig, Spieler für die Kampfmannschaft zu entwickeln. Wären wir nicht aufgestiegen, hätten die Burschen jetzt ein Jahr Spielzeit verloren. Das ist in dem Alter fatal. Zudem mussten dann 16- und 17-jährige Kinder spielen. Insgesamt war es ein wichtiger und richtiger Schritt.

90minuten.at: Damit hat man einen Rückstand auf Salzburg und den LASK bzw. die Austria aufgeholt. Gibt es von Ihrer Seite aus einen Plan, wie viele Junge eingebaut werden sollen?

Barisic: Sich auf eine Ziffer festzulegen wäre kontraproduktiv. Wir schauen in erster Linie, welche Spieler wir im Nachwuchs haben und wo der Weg hinführen kann. Das ist das Erste, worauf wir schauen und worauf wir schauen müssen; auch, wo es im Nachwuchs Probleme gibt. Es gibt in Österreich und europaweit auf einigen Positionen Probleme. Da muss man analysieren, warum zu wenige Spieler entwickelt werden. Dann muss man schauen, wie man jene Positionen nachbesetzt, die man nicht aus dem eigenen Nachwuchs besetzen kann. Da schauen wir in erster Linie nach Österreich, weil wir den Österreicher-Topf nicht überstrapazieren wollen. Warum soll ich Legionäre dafür zahlen, dass sie zuschauen? Da beißt sich der Fuchs in den Schwanz. Zuerst schauen wir auf den eigenen Nachwuchs, dann auf die heimischen Talente, der letzte Step ist der internationale Markt – welche Spieler sind vom Anforderungsprofil her Rapid-Spieler? Das sprechen wir mit den Trainern alles ab.

 

90minuten.at: Um das Thema Kaderplanung abzuschließen: Sie wissen schon, wie Sie Abgänge kompensieren?

Barisic: Ich habe immer gesagt, dass wir auch gerüstet sein müssen, wenn wir auch nur vermuten, dass einer gehen könnte. Wir haben dann Spieler in der Hinterhand, die wir schon länger beobachten. Man darf nicht ins Blaue reinarbeiten oder auf Zurufe vertrauen, dass Manager einem fünf vor zwölf noch zehn Spieler schicken. Damit können wir überhaupt nichts anfangen. Es gibt eben diese Fluktuation, diese Zeiten sind vorbei. Ich möchte aber betonen: Als ich gekommen bin, haben wir Bolingoli und Müldür verkauft, man meinte, die Welt ginge unter. Mit ihnen waren wir Siebter, ohne Sie sind wir Zweiter geworden. Rapid wird es immer geben, jeder ist zu ersetzen.

 

90minuten.at: Rapid wird es immer geben, der letzte Titel ist eine Zeit her. Es gibt einiges an Verständnis, nach ihrem Trainerabschied gab es einige Fehlentscheidungen. Der Salzburg-Verfolgerkreis hat sich erweitert. Welche Perspektive für den nächsten Titel können Sie den Rapid-Fans geben?

Barisic: So schnell kann es gehen. Vor dem Salzburg-Spiel war die Lage in der Öffentlichkeit noch anders, Hipphipphurra. Nach dem Spiel war das nicht mehr so. So sind wir eben konzipiert. Aber es geht um einen Prozess, um eine Entwicklung, die Spieler besser zu machen, eine DNA zu entwickeln – und am allerwichtigsten, dass sich die Fans mit der Mannschaft identifiziert. Dann folgen die nächsten Schritte. Durch den Meisterschaftsmodus kann es knapp werden, es ist vieles möglich. Aber dass wir es so knapp wie möglich machen können, müssen wir uns ständig verbessern, um dann ein besseres Gesicht abzugeben. Aber ich will den Fans nichts vorzugaukeln oder ihnen was zu versprechen. Sie sollen von unserer Arbeit überzeugt sein – das ist auch eine Perspektive.

 

90minuten.at: Wird es aber – wenn wir die Fans kurz rausnehmen – ohne Champions League-Saison oder ein Europa League-Achtelfinale und die damit verbundenen Ausgaben geben, dass man angreift?

Barisic: Es ging ja schon vorher ohne. Mein Wunsch ist, dass das Budget so ist, dass man ohne Minuszahlen ins Rennen geht, nicht davon abhängig ist. In Zeiten wie diesen ist es ohnehin schwer planbar. Ich möchte nicht Jahr für Jahr ein großes Risiko eingehen, um den Fans etwas zu präsentieren und mit Millionen auf den Titel losgehen. Das wäre unvernünftig und auch den Fans gegenüber nicht fair. Wichtig ist, nur das zu machen, was wir können. Es gibt ja auch Dinge, die wir tun können, aber nicht machen. Mir ist wichtig, dass wir uns – unabhängig davon, wie gut wir dastehen – weiterentwickeln, über unsere Grenzen hinaus gehen und die Extrameter gehen, die Rapid ausmachen. Das muss man vorleben und nachhaltig besser werden. Wir haben ja nichts davon, wenn wir einmal Meister werden und dann vier Mal nicht in den Europacup. Ist dann alles super? Nein. Jetzt waren wir, Siebter, dann Zweiter, vielleicht werden wir Erster, aber es ist schwierig mit einem Konkurrenten wie Red Bull Salzburg. Wenn man sich die europäischen Ligen ansieht, ist es schon meistens so, dass die an erster Stelle stehen, die das meiste Geld haben. Hoffentlich können wir das Durchbrechen – nur wann, kann ich nicht sagen.

 

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