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Fredy Bickel: "Es hat nicht viel gebracht, dass Didi die Liga gekannt hat"

Niemand steht bei Rapid Wien derzeit so oft in der Kritik wie Sportchef Fredy Bickel. Ein Gespräch über das Konzept, mit dem der Verein wieder erfolgreich werden will.

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90minuten.at: Was wurde denn mit Didi Kühbauer vereinbart: Wie wird er Fußball spielen lassen?

Die Dominanz des Rapid-Spiels bleibt so, weil wir ja mehr Ballbesitz haben. Wir müssen sicher variabler werden. Das kannst du nur mit unterschiedlichen Spielertypen, damit wir in der Meisterschaft nicht so leicht ausrechenbar sind.

 

90minuten.at: Wie gefällt Ihnen die Arbeit von Ralf Rangnick?

Die ist toll und wunderbar. Aber man macht sich ein falsches Bild. Nicht jeder Verein kann sich leisten, dass du genau den Spielertypen holst, der zur Mannschaft passt. Du brauchst auch einen starken finanziellen Partner, der dich unterstützt. Red Bull kann schon für 16jährigen Spieler Ablösesummen zahlen, die bei uns Rekordwert wären!

Bickel: "Wir können bei den Gehältern zum Teil nicht mit allen Vereinen in Österreich mithalten."

90minuten.at: Aber so arm ist Rapid ja im Vergleich mit den meisten Teams der Liga nicht. Nach Salzburg kommt schon Rapid.

Aber es ist eine riesige Differenz zwischen Rapid und Salzburg. Rapid kann nicht am zweitmeisten ausgeben, zumindest war es in der Sommertransferzeit so. Wir können bei den Gehältern zum Teil nicht mit allen Vereinen in Österreich mithalten. Ich beklage mich nicht über die Finanzen. Wir unterschätzen aber die übliche, finanzielle Seite in Österreich. Ich könnte keinen Stammspieler aus der Schweiz holen, der dort bei den ersten vier Mannschaften spielt. Das geht sich wirtschaftlich nicht aus.

 

90minuten.at: Aber RB Salzburg holt ja nicht immer nur das Teuerste, sondern oft auch das Klügste. Wenn Rapid einen Marco Rose gefunden hätte, wäre der wohl nicht zu teuer gewesen.

Ja, kann ich mir vorstellen.

 

90minuten.at: Man hat den Eindruck: Rapid fängt bei jedem Trainerwechsel bei null an. Auch jetzt: Man baut den Kader für die Spielweise von Kühbauer um und beginnt damit wieder einmal von vorne.

Nein. Du kannst und sollst Red Bull nicht kopieren. Man muss einen eigenen Weg finden. Wir suchen auch im Nachwuchs Spieler nach gewissen Positionen. Diese Linie haben wir und die wurde klar eingeführt. Einmal im Monat ist eine Sitzung mit allen Nachwuchstrainern, wo besprochen wird, wie und auf welcher Position wir die Spieler weiterbringen, damit er auch in die erste Mannschaft kommen kann.

 

90minuten.at: Sie wollen jetzt mehr Spieler holen, die in die Tiefe gehen können. Warum will man das erst jetzt und wollte das nicht schon letzten Sommer?

Da hatten wir noch einen anderen Trainer. Es ist aber auch logisch, dass jeder Trainer eine Mannschaft etwas anders zusammenstellen will, jeder Coach einzelne Spieler anders bewertet. Man will schon einen Trainer nehmen, der Spiel und Spieler ähnlich sieht, damit man nicht alles umstellen muss, weil nichts mehr passt. Ein großer Unterschied von Gogo und Didi ist: Gogo wollte, dass Spieler über das Zentrum kommen. Didi will, dass sie viel mehr über die Breite spielen. Jetzt hast du jemanden, der das ein wenig anders sieht und jetzt musst du halt korrigierend darauf einwirken. Das heißt aber nicht, dass du die halbe Mannschaft auswechseln musst. Du kannst mit ein, zwei Transfers die Richtung ein wenig ändern. Jeder Trainer ist anders, jeder Trainer hat seine Qualitäten und seine Schwierigkeiten.

 

90minuten.at: Aber rund um die Präsentation von Kühbauer wurde gesagt: Er kennt den Kader und hat ihn für gut befunden. Dann hat man in den letzten Monaten diese Meinung wieder geändert, oder?

Wir haben jeden einzelnen Spieler mit ihm durchgenommen. Dies hat für ihn damals gepasst.. Er sieht jetzt aber auch, dass er das eine oder andere nicht so spielen konnte, wie er gerne möchte.

 

90minuten.at: Was wir noch nicht ganz verstehen: Rapid hat meistens viel Ballbesitz und muss im Spielaufbau Lösungen finden. Warum holt man dann nicht einen Trainer, der diese Spielweise schon erfolgreich umgesetzt hat?

Wir haben mit Didi auch darüber gesprochen. Er hat seine Mannschaften immer nach deren Qualitäten ausgerichtet und tut dies auch jetzt. Und ich betone noch einmal: Für mich war wichtig, dass er Ruhe bringt und die Liga kennt.

 

90minuten.at: Ist das Kriterium Ruhe nicht sehr schwach? Wenn es bei Rapid vier Spiele lang nicht läuft, ist diese Ruhe sofort weg. Egal welchen Trainer ich habe.

Logisch. Das wissen wir auch. Das wird auch bei ihm so sein, wenn wir weiterhin solche Resultate in der Liga haben. Du musst aber einmal die Möglichkeit schaffen, damit du zu Beginn Ruhe hast.

 

90minuten.at: Es gab ja andere Trainerkandidaten: Roger Schmidt und Martin Schmidt. Was hat gegen die beiden gesprochen? Dass sie die Liga nicht kennen?

Ja, das habe ich so gesagt, wobei Roger ja schon einige Zeit in Österreich tätig war.  

"Es kommen dann Umstände dazu, wie wir sie hatten, die diese Nachhaltigkeit verhindern. Jetzt muss einmal der Kader stehen. Und dazu brauchte es auch einen Trainer, der Ruhe bringt. Kühbauer kann das kurzfristig und auch nachhaltig schaffen." - Fredy Bickel

90minuten.at: Deni Alar kennt die Liga. Er hat einen Vierjahresvertrag bekommen, spielt aber nicht.

Alle wissen, was er kann. Und alle wollen ihm helfen, dass er seine Qualitäten abrufen kann. Die Länge des Vertrages war die Chance ihn zu kriegen. Rein aus finanziellen Gründen hätten wir ihn nicht bekommen.

 

90minuten.at: Wann denken Sie, dass Sie damit anfangen können, den Verein nachhaltig erfolgreich zu machen?

Wir haben schon nachhaltige Entscheidungen getroffen. Die Frage ist: Wann tritt das nach außen hin auf. Für mich ist das Trainingszentrum ein Fundament, aber es bringt kurzfristig keine Punkte. Aber du brauchst diesen Unterbau. Du musst so etwas zuerst bauen, bevor du Erfolge holen kannst. Hier hast du wenig Zeit, das habe ich unterschätzt. Aber diese Hausaufgabe haben wir gelöst und da haben wir eine Linie drinnen. Es ist halt schwierig eine Nachhaltigkeit in der ersten Mannschaft hinzubekommen mit den vielen Trainerwechseln und Transfers, die es in den letzten Jahren gegeben hat.

 

90minuten.at: Wie kann denn Rapid nachhaltig Erfolg haben, trotz Trainer- und Spielerwechsel? Ist so etwas überhaupt möglich? Gibt es einen Plan dafür?

Keine Mannschaft kann mit vielen Trainerwechseln und zu vielen Änderungen des Kaders nachhaltig Erfolg haben. Die Mannschaft, die in einer Saison über dreißig Spieler einsetzt, wird nie ganz vorne dabei sein. Es kommen dann Umstände dazu, wie wir sie hatten, die diese Nachhaltigkeit verhindern. Jetzt muss einmal der Kader stehen. Und dazu brauchte es auch einen Trainer, der Ruhe bringt. Kühbauer kann das kurzfristig und auch nachhaltig schaffen, auch deswegen hat er einen relativ langfristigen Vertrag erhalten!

Danke für das Gespräch!

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