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Fredy Bickel: "Es hat nicht viel gebracht, dass Didi die Liga gekannt hat"

Niemand steht bei Rapid Wien derzeit so oft in der Kritik wie Sportchef Fredy Bickel. Ein Gespräch über das Konzept, mit dem der Verein wieder erfolgreich werden will.

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Das Gespräch führten Michael Fiala und Gerald Gossmann

 

Fredy Bickel, weißes Hemd, rahmenlose Brille, galt in der Schweiz lange als erfolgreicher Macher. Eigentlich hätte er vor seinem Rapid-Engagement gerne „eine Verschnaufpause“ eingelegt, wie er im Gespräch erzählt. Doch seit er hier ist, war nicht viel mit Verschnaufen. Trainerwechsel, Kaderumbrüche, Fankrawalle. Bickel wirkt erschöpft. Er hetzt von einem Gespräch mit Trainer Didi Kühbauer zum Interviewtermin. Einem Gespräch über die künftige Strategie von Rapid. Denn dort hakt es seit Jahren beim Rekordmeister: Der Verein, der so viel Geld wie noch nie ins Rennen werfen kann, weiß nicht, wie er langfristig Erfolg haben will. Der Schweizer Bickel ist der sportlich Verantwortliche, der seine Rolle zwischen Kreativdirektor und biederem Sachbearbeiter noch nicht gefunden hat. Wie will Rapid langfristig erfolgreich werden und welches Konzept hat der Verein dafür? Fredy Bickel bestellt ein Glas Wein. Das Gespräch beginnt. 

 

90minuten.at: Sie waren einst Journalist und wurden dann Sportdirektor. Warum wollten Sie ins Fußballgeschäft?

Fredy Bickel: Eigentlich wollte ich Fußballer werden. Ich war überzeugt, dass ich das kann. Bis mir ein Trainer etwas anderes gesagt hat. Ich wollte dann gar nichts mehr von Fußball wissen. Eine Sportreporterlegende hat mir in den Achtzigerjahren dazu geraten eine Journalistenausbildung zu machen, weil Fußballvereine künftig Medienleute einstellen werden. Das war der einfachste Weg, um nahe am Fußballgeschehen zu sein.

90minuten.at: Welche Fähigkeiten braucht denn ein Sportdirektor?

Es gibt keine klassische Jobbeschreibung. Man muss ein Chamäleon sein. Das wichtigste sind die Mannschaft und der Staff. Der Sportchef braucht grosse Sozialkompetenz und das Gespür, wo diese Gruppe deine Unterstützung braucht. Und: Man darf nicht selbstverliebt oder eitel sein.

 

90minuten.at: Rapid hat Sie vor ihrer Verpflichtung einem Persönlichkeitstest unterzogen. Wie läuft so etwas ab?

Ich wollte das zuerst gar nicht machen. Bei den ersten Telefonaten dachte ich: so schade, aber ich muss absagen. Ich wollte eine Verschnaufpause einlegen. Mir kam das Interesse von Rapid eigentlich einfach zu früh. Rapid sagte: Das Engagement wäre eh erst in drei Monaten. Somit hab ich zugesagt. Auch hat mich dieser Persönlichkeitstest gereizt und ich fragte, ob ich die Auswertung für mich behalten dürfe. Ich habe eineinhalb Stunden Fragen beantwortet und bekam viele Seiten zurück, auf denen nicht nur schöne Dinge gestanden sind. Ich hatte den Eindruck: Da  schreibt jemand über mich, der mich seit fünfzig Jahren kennt. Das ist unheimlich.

 

90minuten.at: Sie sind seit zwei Jahren Sportchef. Wie nachhaltig konnten Sie bereits arbeiten? Bislang sah es eher danach aus, als würden Sie akute Baustellen bearbeiten.

Ich war bislang nur unter Zeitdruck. Zuerst funktionierten Trainer und Mannschaft nicht. Da habe ich zu viel Zeit verbraucht. Ich wollte nicht gleich den Trainer auswechseln. Im ersten Sommer musste ich den Kader reduzieren, es waren über dreißig Spieler da. Dann kamen die Trainergeschichten, die dich auf Trab halten. Gleichzeitig wollte ich im Nachwuchsbereich unbedingt etwas unternehmen. Und das Scouting war zu sehr im Ausland aktiv, aber zu wenig in der Region.

"Aber in diesem Moment war es für mich entscheidend, dass der Trainer die Liga und die Spieler kennt. Für mich war das alternativlos und an den fehlenden Resultaten trägt Didi keine Schuld." - Fredy Bickel

90minuten.at: Aber sie haben ja zuletzt auch Spieler aus dem Ausland und nicht aus der Region verpflichtet.

Aber trotz allem wollen wir die besten Talente in Österreich zu Rapid holen. Ich will jedes Jahr zwischen einem und drei Nachwuchsspieler in die Kampfmannschaft bringen. Das ist bisher auch ziemlich gelungen. Das Scouting im Nachwuchsbereich wird weiter ausgebaut werden.

 

90minuten.at: Warum wollten Sie Didi Kühbauer zu Rapid holen und wonach suchen Sie eigentlich bei einem Trainer?

Es geht darum: was braucht die aktuelle Mannschaft. Da schaue ich weniger in die langfristige Zukunft. Der momentane Erfolg ist entscheidend. Ich setze mich mit Trainern auseinander und treffe mich mit ihnen. In der Schweiz kannte ich alle Trainer, hier kannte ich sie zu wenig. Aber in meiner Zeit in Österreich habe ich bis zu zehn Trainern immer wieder gesprochen. Dabei war mir wichtig, dass der amtierende Trainer davon weiß. Ich wollte über den österreichischen Fußball etwas lernen und den Menschen hinter dem jeweiligen Trainer kennenlernen. Drei, vier Gespräche gab es auch mit Didi Kühbauer. Und für mich war schnell klar, dass es zum besagten Zeitpunkt nur diese Lösung geben kann.

 

90minuten.at: Aber wonach haben Sie gesucht?

Mir war wichtig, dass der neue Trainer die Liga und die Spieler kennt. Die Tabellensituation war ja nicht einfach. Zudem sollte dieser neue Mann mit seinem Namen oder seinem Renommee für Ruhe sorgen.

 

90minuten.at: Als Sie zur Rapid kamen war die Situation auch nicht einfach und Sie kannten die Liga und die Spieler nicht. War ihre Verpflichtung dann eine falsche Entscheidung, weil Sie ja das Umfeld nicht kannten?

Nein, generell ist das nicht falsch. Aber in diesem Fall gibt es den ominösen Strich und du kannst einem Trainer nicht zwei Monate Anlaufzeit geben. Im Nachhinein kann man sagen: Es hat nicht viel gebracht, dass er die Liga gekannt hat. Aber in diesem Moment war es für mich entscheidend, dass der Trainer die Liga und die Spieler kennt. Für mich war das alternativlos und an den fehlenden Resultaten trägt Didi keine Schuld.

Auf Seite 2 des Interviews spricht Fredy Bickel über die Wichtigkeit des taktischen Aspekts bei der Trainersuche, warum die mentale Stärke im Vordergrund steht und es im Europacup besser klappt als in der Meisterschaft!

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