2018

Rudi Hiden: Die Hand des Wunderteams

David Herrmann-Meng beschreibt in „Rudi Hiden – die Hand des Wunderteams“ das Leben und Wirken eines der weltweit besten Torhüter der Zwischenkriegszeit.

Von Jürgen Zacharias

Kaum zu glauben, aber schon vor David Alaba, Herbert Prohaska und Hans Krankl reiften Österreicher zu Weltklassespielern. Der Austrianer Ernst Ocwirk etwa wurde 1952 von der französischen Fußballzeitung France Football als „bester Spieler der Welt“ bezeichnet und war 1953 und 1955 Kapitän der Weltauswahl. Im Kicker-Olymp ihrer Zeit residierten auch Gerhard Hanappi, Karl Zeman und Ernst Happel und schon zwei Jahrzehnte früher waren es die Wunderteam-Kicker rund um Matthias Sindelar, Karl Sesta, Walter Nausch, Josef Smistik und Karl Zischek, die europaweit kaum Gegner fanden. Ihre Sternstunden gegen Schottland (5:0), Deutschland (6:0 auswärts und 5:0 in Wien), Ungarn (8:2), Frankreich (4:0), Belgien (6:1) und England (3:4 in einem dramatischen Spiel im Stadion Stamford Bridge) sind unvergessen und zu einem großen Teil auch einem Mann zu verdanken, der keine Tore erzielte, dem der Journalist David Herrmann-Meng mit „Rudi Hiden – die Hand des Wunderteams“ nun aber eine Biografie gewidmet hat.

 

 

Der 1909 in Graz geborene Rudi Hiden machte sich schon früh bei seinem Stammverein GAK einen Namen, mit 18 Jahren wechselte der Torhüter zum Wiener AC. Per Motorrad brauste Hiden damals von Graz nach Wien direkt ins Ring-Café, um dort WAC-Manager Max Seemann und die anderen Funktionäre kennenzulernen. Diese staunten nicht schlecht, als der Jungspund in rustikaler Lederhose das Lokal betrat. Die Aufregung verkam aber rasch zur Randnotiz. Mit starken Leistungen spielte sich Hiden in den Kader des Nationalteams, beim Praterklub trug er entscheidend zum Cupsieg 1931 und zum Einzug ins Finale des Mitropacups im selben Jahr bei.

 

Sein kompromissloses Spiel rief aber auch Kritiker auf den Plan, wie David Herrmann-Meng schreibt: „,Raubein Rudi’ musste sich mehrmals vor den Bezirksgerichten wegen Verdachts der Körperverletzung verantworten: Im Herbst 1929 wurde er angeklagt, Slovan-Spieler Richard Novotny auf dem Sportplatz mit der Faust ins Gesicht geschlagen und an der Nase verletzt zu haben. Der Angeklagte bestritt den Vorsatz und wurde freigesprochen.“ Schon im Jahr darauf sollte der Steirer abermals vor dem Richter landen. David Herrmann-Meng: „FAC-Urgestein und Stürmer Karl Jiszda erlitt nach einem unglücklichen Zusammenstoß mit Torhüter Hiden einen doppelten Schienbeinbruch und musste seine Karriere beenden. Ein aufgebrachter Zuschauer zeigte den Keeper der Athletiker bei Gericht an, erneut wurde ein Strafverfahren wegen Körperverletzung eingeleitet.“ Wieder wurde Hiden freigesprochen, ein dritter Freispruch folgte wenige Wochen später, als sich der Austrianer Nausch im Zweikampf verletzte und eine anonyme Anzeige dem Torhüter neuerlich Ärger einbrachte.

 

Davon unbeeindruckt ging Rudi Hiden sportlich seinen Weg. Nachdem sich ein Wechsel zu Herbert Chapmans Arsenal zerschlagen hatte, schlug er bei RC Paris seine Zelte auf, wo er auch die französische Staatsbürgerschaft annahm und es zu einem Einsatz im Trikot der „Équipe Tricolore“ brachte. In „Rudi Hiden – die Hand des Wunderteams“ schreibt David Herrmann-Meng auch über die Jahre danach. Über Hidens Trainerstationen in Italien (Salernitana, Messina, Palermo und Carrarese). Über seine Rückkehr nach Österreich und seine Finanzprobleme. Über seinen gescheiterten Versuch als Hotelier nochmals durchzustarten. Und über seinen schlechten Gesundheitszustand, der 1972 eine Amputation von Hidens rechtem Bein notwendig machte und im Jahr darauf zu seinem Tod führte.

 

David Herrmann-Reng gelingt es bei all diesen Schilderungen eine kritische Distanz zu einem der besten Fußballer, den Österreich jemals hervorgebracht hat, zu wahren Roter Faden der Biografie sind natürlich die Karrierestationen des Steirers, darum herum weiß der Autor aber auch viel Privates und Interessantes zu berichten, was „Rudi Hiden – die Hand des Wunderteams“ zu einer kurzweiligen Lektüre macht, die nicht nur Wunderteam-Zeitzeugen, sondern wohl auch jüngeren Fußballfans gefallen dürfte.

 

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