Ruft Rapid, dann heb' nicht ab!

Ruft Rapid, dann heb' nicht ab!

Gut möglich, dass bald mehr als nur ein Großklub einen Trainer sucht. Die erfolgreichsten Übungsleiter kleinerer Vereine sollten sich aber sehr genau überlegen, ob sie abheben, wenn jemand wie Markus Katzer anruft.

Beim Blick auf die Tabelle fällt es kaum auf, doch vier von fünf Großklubs stecken in unterschiedlich ausgeprägten Krisen. Diese sind ganz verschieden gelagert, und sportlich unrund läuft es derzeit am ehesten noch beim regierenden Meister und auf alle Fälle beim SK Rapid, wo aktuell ein Trainer gesucht wird.

Gut möglich aber, dass bei Sturm, Salzburg oder der Austria – aufgrund interner Umwälzungen oder mehr oder weniger offen ausgetragener Konflikte – am Ende ebenfalls der Übungsleiter gehen muss.

Gerade für die Trainer kleiner Vereine ist ein Wechsel zu einem Großklub in dieser Situation jedoch eher Risiko als Chance.

Das ist erfolgreich, aber...

Objekte der Begierde gibt es einige: Maximilian Senft trainiert Aufsteiger Ried auf einen Meistergruppen-Rang. Fabio Ingolitsch könnte der erste seit Jahren sein, der im Ländle für frühe Ruhe sorgt. Über Philipp Semlic und seine punktgleichen Tiroler wurde ebenfalls viel Gutes geschrieben. Meistergruppen-Teilnahmen der Vereine sind zu diesem Zeitpunkt keineswegs ausgeschlossen.

Der Fußball, den sie alle drei mit vergleichsweise geringen finanziellen Mitteln spielen lassen, ist erfolgreich. Ried schlug unter anderem Rapid und den LASK, Altach den WAC zweimal, die WSG Sturm und Salzburg.

Baden-Frederiksen könnte Philipp Semlic erklären, wie es in der großen, weiten Fußballwelt ist
Foto © GEPA
Baden-Frederiksen könnte Philipp Semlic erklären, wie es in der großen, weiten Fußballwelt ist

Jede Woche kann das nicht funktionieren, dafür ist die Qualität der Spieler im Vergleich zur Tabellenspitze zu gering. Aber alle drei haben mehr als nur Ausrufezeichen für sehr unterschiedliche Fußballstile gesetzt.

Beschauliches Arbeiten

Der Erfolg dieser Trainer ist kein Zufall, sondern vor allem eine Frage der Rahmenbedingungen. Bei kleineren Vereinen ist die Implementierung eigener Vorstellungen aus mehreren Gründen einfacher. Die Entscheidungswege sind kürzer, weil Ideen mit weniger Personen abgesprochen werden müssen.

Aufgrund kleinerer Budgets sind klare Pläne gerade für die erste Mannschaft notwendig. Je enger der finanzielle Rahmen, desto exakter muss am Transfermarkt gearbeitet werden, aber auch hinsichtlich des eigenen Nachwuchses.

Umgekehrt ist die mediale Aufmerksamkeit geringer. Vereinfacht ausgedrückt wird bei großen Klubs nach drei Spielen ohne Sieg bereits die Krise ausgerufen, bei Ried, Altach oder der WSG ist das ein Stück weit normal und führt nicht sofort zu Grundsatzdiskussionen.

Finger verbrannt

Wie kurz die Zündschnur bei so manchem Verein ist, zeigen Beispiele aus den vergangenen Jahren. Bei Rapid scheiterten aus verschiedenen Gründen Georg Zellhofer (zuvor Pasching), Peter Schöttel (Wiener Neustadt), Damir Canadi (Altach) oder Ferdinand Feldhofer (WAC).

Allzu sehr muss sich Fabio Ingolitsch nicht aufregen; die Meistergruppe ist nicht weit weg
Foto © GEPA
Allzu sehr muss sich Fabio Ingolitsch nicht aufregen; die Meistergruppe ist nicht weit weg

Auch andere Vereine verbrannten sich letztlich ihre Finger, Roman Mählich (von Wiener Neustadt zu Sturm), Gerald Baumgartner (SKN zu FAK) oder Markus Schopp (Hartberg zum LASK) sind Beispiele dafür. Alle genannten Namen waren und sind gute Trainer, jedenfalls spielt das Umfeld offenbar eine große Rolle.

Ein passendes Beispiel dafür, wie sehr die Rahmenbedingungen einen Unterschied machen können, ist Chris Ilzer. In Wien-Favoriten vom WAC kommend klappte es gar nicht - dann entthronte er mit dem SK Sturm Serienmeister Salzburg. Didi Kühbauer wiederum tritt als Gegenbeispiel auf, er funktioniert im großen und im kleinen Rahmen. Viele Erfolgsgeschichten gibt es allerdings nicht, selbst wenn Ausnahmen bekanntlich die Regel bestätigen.

Manchmal musst du weggehen

Wenn man diesen Umstand ernst nimmt, ist es wenig verwunderlich, dass es Trainer gibt, die ein bestimmtes Umfeld für gute Performance benötigen. Das ist bei Spielern nicht anders. Ein großer Vorteil vieler Coaches ist zudem, dass ihre Karriere schlichtweg länger dauert. Wer mit Mitte 30 im Profifußball ankommt, hat mindestens doppelt so viel Zeit wie ein Spieler.

Zwei Namen, die das eindrucksvoll belegen, sind Miron Muslic und Gerhard Struber. Muslic und Ried funktionierten nach seinem Wechsel vom FAC überhaupt nicht. Dominik Thalhammer nahm ihn nach Cercle Brügge mit, und nach dessen Abgang machte Muslic zunächst dort, später in England bei Plymouth, auf sich aufmerksam. Mit Schalke liegt er aktuell auf Aufstiegskurs. Struber wiederum hatte bei Salzburg wenig Glück mit den Umständen, danach in Köln – und darf nun mit Bristol City in der Championship arbeiten.

Ja, eh!

Beide Karrieren zeigen: Ein Umweg ist nicht zwangsläufig ein Scheitern, sondern oft die Voraussetzung für den nächsten Schritt. Natürlich können Spieler wie Trainer bei einem Klub funktionieren und beim nächsten nicht. Manchmal zündet es einfach nicht. Werner Grabherr und Oliver Lederer werden es verzeihen, aber ihre Trainerkarrieren bei Altach und St. Pölten zündeten nicht. Sie haben ihr Auslangen anderweitig gefunden – Grabherr im Olympiazentrum Vorarlberg, Lederer im ÖFB-Nachwuchs. Auch das ist keineswegs ein Makel.

Maximlian Senft hat viel zu lachen
Foto © GEPA
Maximlian Senft hat viel zu lachen

Zudem sind beide mit 40 beziehungsweise 47 Jahren noch jung für Trainer. Wer einmal auf einer Bundesliga-Bank saß, wird das in aller Regel nicht als Endpunkt betrachten.

Die nächste Krise kommt bestimmt

Das ist letztlich der entscheidende Punkt. Mit Sicherheit fällt es schwer, einem der größten nationalen Namen abzusagen. Aber die drei eingangs erwähnten Trainer sind mit 42 (Semlic), 36 (Senft) und 33 Jahren (Ingolitsch) sehr jung. Da muss man nicht jede Gelegenheit auf Gedeih und Verderb ergreifen – schon gar nicht in einem Umfeld, das offensichtlich instabil ist.

Senft sagte zuletzt im 90minuten-Interview glaubhaft, dass er als Trainer nicht weiter als bis zum Sommer denkt. Natürlich beginnt man zu überlegen, wenn Rapid oder ein anderer Großklub anruft. Gegenwärtig ist bei allen genannten Vereinen jedoch so viel unsicher.

Darum gilt: Wer heute nicht abhebt, bekommt seine Chance später oder andernorts – und verbrennt sich seine Finger nicht.


Kommentare