Bei jenen Rapid-Fans, die das unterkühlte Viertelfinal-Aus schon verdaut haben, wird sie wohlige Gefühle auslösen: Die Hymne der UEFA Conference League, die den Hütteldorfern am Abend bei Lech Posen (ab 18:45 Uhr im LIVE-Ticker>>>) das erste Mal in der diesjährigen Ligaphase ertönen wird.
Lange hielt der Bewerb im schwierigen Vorjahr die Stimmung aufrecht. Und die Auslosung ließ im ersten Instinkt gewisse Hoffnungen auf eine Wiederholung aufkeimen.
Die Fiorentina als offensichtlicher Kracher, dahinter schon Lech Posen als zweitgrößte Nummer. Aber dann - Zrinjski Mostar, Rakow Czestochowa, Universitatea Craiova und ein Wiedersehen mit Omonia Nikosia: Nicht die klingendsten Namen.
Die Zahlen lügen selten
Doch ein Weiterkommen, auch nur unter den besten 24, wird kein Selbstläufer: Statistisch gesehen hat Rapid die viertschwerste Auslosung aller Conference-League-Teilnehmer erwischt.
Der Computer, der die Ligaphase durchspielte, spuckte Rapid auf Rang 22 aus. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 60,3 Prozent, in die Zwischenrunde einzuziehen – aber ebenso nur 6,3 Prozent, den Direkteinzug ins Achtelfinale zu wiederholen. HIER lassen sich diese Rechenspiele nachlesen>>>.
Statistiken sind eine Sache, Fußball wird am Rasen gespielt. Aber die nackten Zahlen sind Anhaltspunkt genug, um zu wissen: Der Schein der Auslosung trügt.
In Polen nichts leicht zu holen
Schon mit Lech Posen wartet ein Brocken, der einen ähnlich guten Start wie letztes Jahr in Istanbul zur Mammutaufgabe machen wird. Polens Meister ist die Speerspitze einer Nation, die ganz im Gegensatz zu Österreich auf europäischem Parkett wieder im Kommen ist.
Mit gleich vier Klubs in der ECL-Ligaphase stellte das Land einen neuen Rekord auf, und auch Rapid wird noch nach Czestochowa reisen dürfen.
Mit Omonia gab es im Vorjahr schon eine unliebsame Begegnung, und Zrinjski Mostar wurde vor Borac Banja Luka bosnischer Meister. Letzterer Klub war im Frühjahr auch ein mühsamer Gegner.
Das ist halt Rapid
Wer zum Rapid-Trainer bestellt wird, der nimmt unfreiwillig ein zweites Amt mit an: Jenes des Erwartungshaltungsmanagers.
Da musste Peter Stöger schon in den bisherigen Wochen immer und immer wieder ausrücken, um im Umfeld die Bodenhaftung zu bewahren. In Hütteldorf eine Aufgabe, welche die sportliche in Europa doch weit übersteigt.
Nach dem ersten dicken Rückschlag der Saison ist diese Aufgabe wieder zum Balanceakt geworden. Die Vernunft und manche Leistung am Platz sagt schon seit Saisonstart immer wieder: Es ist nicht erster Titelkandidat, wer in den ersten Wochen glänzt. Rapid selbst ist der Beweis.
Aber derlei Realismus blieb in Hütteldorf schon immer den Verantwortungsträgern übrig. Ja, auch die mediale Auseinandersetzung leidet gerne unter dem Syndrom, den schmalen Grat zwischen Anerkennung und angemessener Erwartungshaltung zu treffen. Selbst, wenn es oft genug nur in der Rezeption so erscheint.
All das gehört eben zu Rapid, es ist nicht neu.
Besser es bleibt ein Bonus, als das Rückgrat der Saison
Relativ neu dagegen ist, dass nach dem teuersten Einkaufsprogramm der Vereinsgeschichte und dem Viertelfinale im Vorjahr handfeste Argumente vorliegen, die ein gewisses Abschneiden im kleinsten Europacup fast schon einfordern könnten.
Allzu hohe Erwartungen können aber nichts Gutes bewirken. Und das ganz unabhängig davon, ob die Saison in den anderen Bewerben einen günstigen Verlauf nehmen wird – und die Conference League damit nicht erneut als Stimmungsretter herhalten muss.
Lech Posen ist eine angemessene Standortbestimmung, die Ansprüche schnell in gemäßigte Bahnen zurechtstutzen könnte. Besser laufen als erwartet kann es ja immer.