Schröder-Abgang: Red Bull gepredigt, Wein getrunken
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Schröder-Abgang: Red Bull gepredigt, Wein getrunken

Rouven Schröder forderte von den Salzburg-Kickern stets völlige Hingabe für den Klub ein. Nun ist er bei erster Gelegenheit weg. Ein Rückblick auf seine Arbeit:

"Wir brauchen Spieler, die sich zu 100 Prozent mit dem Verein identifizieren, die zu dem stehen, was wir wollen und machen."

"Wer nächstes Jahr in der Kabine sitzt, der ist 100 Prozent Red Bull Salzburg."

"Wir wollen einfach in Gesichter schauen, die Bock haben, hier etwas zu reißen."

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass diese Zitate von Rouven Schröder stammen.

Ausgerechnet der 49-jährige Deutsche forderte von den Spielern des FC Red Bull Salzburg stets Loyalität und Identifikationsbereitschaft gegenüber dem Verein ein, nur um sich nun bei der erstbesten Gelegenheit und dem Vernehmen nach ohne Vorwarnung zu verabschieden.

In der wohl schwierigsten Phase der Salzburger Red-Bull-Ära wurde der Deutsche erst vor weniger als einem Jahr in die Mozartstadt gelotst, um den Verein zu stabilisieren. Gelungen ist ihm das nicht.

Was übrig bleibt? Eine Menge leerer Worthülsen, der ein oder andere Flop-Transfer und vor allem ein sehr bitterer Nachgeschmack. 

Eine 90minuten-Einordnung der kurzen Amtszeit Schröders und wie es nun weitergehen könnte:

Kein Mann für die Salzburger "Message Control"

Zuerst eine Einschätzung zur Person Rouven Schröder:

Schröder redet wie ein Maschinengewehr - extrem schnell und teilweise in alle möglichen Richtungen streuend.

Seine Aussagen richtig zu transkribieren und vor allem zu interpretieren, fällt nicht immer leicht. Erst vor wenigen Wochen sorgte die Schlagzeile “Schröder: ‘Rapid hat den besten Kader’” für Aufsehen - tatsächlich gab er nur das damalige Öffentlichkeitsecho aus seiner Sicht wieder. 

Er ist ein Mann, der eigentlich nicht in die in Salzburg gepflegte “Message Control”, wie sie Geschäftsführer Wirtschaft Stephan Reiter einmal in einem anderen Kontext bezeichnete, passt. 

Die “Message Control” kennt man eigentlich aus der Politik und wurde hierzulande in Zusammenhang mit Altkanzler Sebastian Kurz bekannt. Kurzgefasst geht es dabei darum, die Oberhand über die öffentliche Meinung zu behalten, unter anderem indem kohärente Informationen ausgegeben werden. 

Widersprüchliche Aussagen zur Kadergestaltung

Nach dem Abgang von Dorgeles Nene in die Türkei kündigte er die Verpflichtung eines Offensivspielers an. Eine Woche später hieß es auf einmal, es würde nur noch jemand verpflichtet werden, wenn ein weiterer Spieler abgegeben werde.

Bei Schröder war im direkten Gespräch nicht immer klar zu erkennen, welche Aussagen er "off record" traf und welche für die Öffentlichkeit bestimmt waren; außerdem widersprach er sich oftmals selbst. 

Erst gegen Ende der Sommertransferperiode war dem so. Nach dem Abgang von Dorgeles Nene in die Türkei kündigte er die Verpflichtung eines Offensivspielers an. Eine Woche später hieß es auf einmal, es würde nur noch jemand verpflichtet werden, wenn ein weiterer Spieler abgegeben werde.

Schröder räumte auf

Das bringt uns zur Kernkompetenz Schröders, jenem Aspekt, an dem man seine Arbeit in Salzburg messen muss: Die Kadergestaltung.

Grundsätzlich gilt festzuhalten, dass er bei seinem Amtsantritt Ende des Vorjahres diesbezüglich keine einfache Ausgangssituation vorfand. Der "Bullen"-Kader war gleichzeitig aufgebläht und qualitativ schwach.

Was Schröder schaffte: Spieler, die sich überhaupt nicht mehr mit dem Verein identifizieren konnten und dementsprechend am Fußballfeld auftraten, loszuwerden.

Dafür, dass dies teils zu deutlich geringeren Summen als gewohnt oder teils nur per Leihe gelang, kann der Ex-Sportchef nur bedingt etwas - Spieler mit einer solchen Einstellung und derart schwachen Leistungsdaten sind am Transfermarkt eben nicht sehr gefragt.

Spannende Talente und gefloppte Routiniers

Auf Zugangsseite wurde zweigleisig gefahren. Einerseits wurden auch unter Schröder wie gewohnt Talente verpflichtet bzw. hochgezogen:

Kerim Alajbegovic war mit Sicherheit Schröders bester Einkauf
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Kerim Alajbegovic war mit Sicherheit Schröders bester Einkauf

Tim Trummer, Valentin Sulzbacher, Christian Zawieschitzky oder Jannik Schuster wurden von Liefering befördert, mit Sota Kitano, Clement Bischoff und speziell Kerim Alajbegovic wurden spannende Offensivtalente extern verpflichtet. Sie sind das künftige Gesicht der Salzburger.

Gleichzeitig betonte Schröder immer wieder, wie wichtig gestandene Spieler für ein Mannschaftsgefüge seien. Diese müssten nicht zwingend routiniert sein, sich aber für die Aufgabe Salzburg motivieren und so den ganz Jungen als Anhalt dienen können.

Ohne konkrete Namen zu nennen, muss resümiert werden, dass kaum eine dieser diesbezüglichen Verpflichtungen den gewünschten Mehrwert mit sich brachte.

Unausgewogene Transfers

Kritisiert wurde Schröder aber vor allem für jene Spieler, die nicht kamen.

Die "Bullen" tanzen seit Wochen mit nur drei fitten Innenverteidigern, von denen einer der blutjunge Jannik Schuster ist, auf drei Hochzeiten. Verpflichtet wurde für diese Position kurz vor Transferende ein verletzter Anrie Chase, der noch so lange rekonvaleszent sein wird, dass er nichtmal für die Europa League genannt wurde.

Im Angriff steht mit Petar Ratkov weiterhin nur ein Stürmer mit Knipserqualitäten zur Verfügung, der diese allerdings auch erst seit kurzer Zeit entdeckt hat.

Auf dem letzten Drücker wollte Schröder mit August Priske dann doch noch einen richtigen Stürmer aus Schweden verpflichten, bekam aber einen recht peinlichen Korb verpasst. Statt Priske kam schließlich Bischoff, ein weiterer Flügelspieler.

"Vielleicht kann man mit einem Abgang auch was auslösen"

Das Resultat ist ein nun unausgewogener und, zumindest auf manchen Positionen, qualitativ nicht gut genug besetzter Kader, um den Salzburger Ansprüchen gerecht zu werden.

Bei seinem Antritt sagte Schröder über die abwanderungswilligen Spieler: "Vielleicht kann man mit einem Abgang auch was auslösen."

Womöglich könnte er damit recht behalten, wenn auch in einem gänzlich anderen Kontext als er damals dachte.

Wer übernimmt?

Zlakto Junuzovic ist zurzeit als Scout bei den "Bullen" tätig - wäre er bereit für die Rolle als Sportchef?
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Zlakto Junuzovic ist zurzeit als Scout bei den "Bullen" tätig - wäre er bereit für die Rolle als Sportchef?

Doch wer soll die Position als sportlicher Verantwortlicher nun übernehmen? Und wird diese nun wieder mit einem Sportdirektor im klassischen Sinne oder erneut einem mit mehr Kompetenzen ausgestatteten Geschäftsführer Sport besetzt?

Seriöse Antworten auf diese Fragen sind aktuell darauf nicht zu geben. Laut "Salzburger Nachrichten" sollen aufgrund der Spontanität des Abgangs noch keine Nachfolgekandidaten existieren.

Für eine interne Lösung kämen Liefering-Geschäftsführer Manfred Pamminger, Ex-Scout und Leiter Frauenfußball Bernd Winkler, aber wohl nicht ein zweites Mal Akademieleiter Bernhard Seonbuchner in Frage.

Ex-Spieler wie Zlatko Junuzovic, Andreas Ulmer oder Andeas Ivanschitz sind der Aufgabe mangels einschlägiger Erfahrung wohl noch nicht gewachsen.

Auch eher auszuschließen ist, dass zurzeit vereinslose Ex-Red-Bull-Trainer wie Adi Hütter oder Ralph Hasenhüttl große Lust auf eine solche neue Rolle hätten.

Dem FC Red Bull Salzburg stehen also ungewisse Wochen bevor. Schon wieder.

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