Hackers Wunsch: Nationalteam-Spitzenspiele raus aus Wien [Exklusiv]

Hackers Wunsch: Nationalteam-Spitzenspiele raus aus Wien [Exklusiv]

Das Nationalteam in Wien im Stadion zu sehen, scheint Wiens Sportstadtrat Peter Hacker nicht so wichtig zu sein. Der ÖFB sollte aus strategischer Sicht diesem Wunsch nachkommen.

Ich finde es sympathisch, wenn sich das Nationalteam auch in den Bundesländern zeigt.

Peter Hacker

Das Signal ist jedoch verheerend. Die Infrastruktur kann noch so mies sein, die Absagen von Hacker noch so deutlich: Am Ende des Tages kehrt der ÖFB dann doch immer wieder auf Knien nach Wien zurück.

Michael Fiala

Jeder Euro wäre zu viel investiert. Wir wussten es ja 2002, als wir die EM-Bewerbung gestartet haben: Wir schminken ein Stadion auf EM. Jetzt sollen wir ein paar Millionen reinstecken und so tun, als ob alles wieder gut wäre?

Harald Fux

++ 90minuten.at exklusiv – die 91. Minute von Michael Fiala ++

 

Noch vor wenigen Tagen kämpfte Wiens Sportstadtrat Peter Hacker medial um die Austragung des Uniqa ÖFB-Cup-Finale in Wien. In der Kronen Zeitung meinte Hacker rund um die Diskussion, ob Klagenfurt der geeignete Austragungsort wäre: „Wien wäre bereit gewesen. Es ist komisch, dass man  nicht versucht, bei so einem Finale den Anhängern ein maximales Fußball-Fest zu ermöglichen. Man muss mir erklären, warum man auf  Einnahmen von 20.000 zusätzlichen Fans verzichtet. Wien wäre auch ökonomisch die beste Lösung. Es gibt nichts Geileres, als ein volles Happel-Stadion mit 50.000 Fans - das erleben wir leider ohnehin viel zu selten.“

Das „maximale Fußballfest“ als Argument für die Austragung in Wien. Das klingt durchaus logisch, ist Wien doch die Hauptstadt und mit knapp zwei Millionen Einwohnern natürlich der größte Anziehungspunkt für nationale Sport-Events. Ein solcher Event sind auch die Spiele des österreichischen Fußball-Nationalteams. Gerade in vergleichbaren Ländern zu Österreich ist es üblich, dass die wichtigen Spiele in der größten Stadt, im größten Stadion des Landes stattfinden.

Ein Loch im Rasen als Symbolbild

So war es auch jahrelang in Österreich. Und wird es auch künftig noch sein (müssen?). Jedoch in einem Stadion, für das man sich international und mittlerweile auch national schon schämen muss. Das Loch im Rasen im Spiel gegen Dänemark mag zwar ein blöder Zufall gewesen sein, ist aber als Symbolbild für eine veraltete und nicht zeitgemäße Infrastruktur mehr als passend.

Dass ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick zuletzt Länderspiele im Allianz-Stadion gefordert und dafür auf gut wienerisch gesagt seine „Watsch’n“ bekommen hat, kommentiert Hacker in einem >> Kurier-Interview am Sonntag so: „Ich verstehe beide Seiten, sowohl die Fans der Klubs, als auch den Teamchef, der immer ein volles Stadion hinter sich wissen will. Bei Rapid kommt hinzu, dass die Betriebsbewilligung den Klub stark limitiert, was die Anzahl der Spiele betrifft.“

Und dann lässt Hacker aufhorchen und meint: „Im Hintergrund sehe ich vielmehr eine unausgetragene Diskussion, ob das Nationalteam nur in Wien oder auch in den Bundesländern spielen soll. Ich finde es sympathisch, wenn sich das Nationalteam auch in den Bundesländern zeigt.“

Während also Hacker um das Cup-Finale im vollen Ernst-Happel-Stadion kämpft („es gibt nichts Geileres“), erteilt er im Kurier-Interview dem ÖFB relativ klar mit: Ist mir doch egal, wo das ÖFB-Team gegen Estland oder Aserbaidschan spielt.

Strategischer Fehler des ÖFB

Hacker argumentiert dabei aus einer komfortablen Situation heraus, und der ÖFB hat seinen Teil dazu beigetragen: Mit Linz hat man einen neuen attraktiven Spielort hinzugewonnen, wie die beiden EM-Quali-Spiele im März gezeigt haben. Als "Belohnung" (sic!) haben die Linzer nun das freundschaftliche Länderspiel im September gegen Moldau bekommen.

Und Wien? Hacker darf sich im November auf den Kracher gegen Deutschland freuen. Das mag aus wirtschaftlicher Sicht nachvollziehbar sein, das Signal ist jedoch verheerend. Die Infrastruktur kann noch so mies sein, die Absagen von Hacker noch so deutlich: Am Ende des Tages kehrt der ÖFB dann doch immer wieder auf Knien nach Wien zurück. Und Hacker freut sich auf das nächste Spitzenspiel im Happel-Stadion und wird sich wohl denken: „So schlecht kann das Stadion ja nicht sein, wenn man immer wieder dort spielt.“

Es ist dies auch ein strategischer Fehler des ÖFB. Man hätte dieses Highlight nach Linz vergeben sollen, denn nicht immer ist der kurzfristige wirtschaftliche  Vorteil auch auf lange Sicht die beste Entscheidung.

 

„Werden ordentlich ins Stadion investieren“

Zurück zu Hacker. In ebendiesem Interview spricht der Wiener Sportstadtrat auch über die Zukunft des Happel-Stadions und meint: „Das Happel-Stadion ist eine Veranstaltungsstätte und kein Fußballplatz. Es ist gebaut worden, um verschiedenen Formen von Veranstaltungen Raum zu geben. (…) Das, was wir vom ÖFB für ein Spiel bekommen, verschlingt der Betrieb.“

Hacker stellt in dem Interview zudem in Aussicht, in das marode Happel-Stadion zu investieren. „Es gibt viele coole und ökologisch vernünftige Ideen. Aber ich habe immer gesagt, dass wir zuerst die Untersuchungen zur Bausubstanz abwarten müssen. Wir werden schon noch einmal ordentlich in das Stadion investieren, mit dem langfristigen Ziel, Veranstalter und Fußball einen tauglichen Ort zu bieten.“

 

„Jeder Euro wäre zu viel investiert“

Sanierungspläne des Happel-Stadions sehen Experten übrigens kritisch, wie etwa Harald Fux, unter anderem Architekt des neuen LASK-Stadions,  bereits vor einigen Wochen scharf kritisiert hat. In einem >> Heute-Interview meinte Fux etwa auf die Frage, ob eine Sanierung des Happel-Stadions sinnvoll wäre: „Jeder Euro wäre zu viel investiert. Wir wussten es ja 2002, als wir die EM-Bewerbung gestartet haben: Wir schminken ein Stadion auf EM. Jetzt sollen wir ein paar Millionen reinstecken und so tun, als ob alles wieder gut wäre? Es ist wahnsinnig komplex, weil man einem Gebäude quasi die Berechtigung abspricht. Aber es ist leider gnadenlos. Der Sport ist ja auch eine Art Pädagoge. Wenn das Stadion ein Ort ist, der mich als Fan ignoriert und meine Bedürfnisse nicht beachtet, entsteht ein negativer Effekt."

Das Interview von Peter Hacker zeigt auf: Von Wien braucht man sich in den kommenden Jahren keine Unterstützung erwarten, wenn es um den Neubau einer großen Multifunktionsarena geht, wie sie nahezu jede Millionenstadt in Europa mittlerweile hat. Allein wenn man überlegt, wie lange der Zeithorizont von einer grundsätzlichen Entscheidung bis zur Eröffnung einer solchen Arena ist, kann man davon ausgehen, dass der österreichische Sport in den nächsten zehn Jahren weiterhin mit einem Stadion vorlieb nehmen muss, das aus der Zeit gefallen ist, egal ob es saniert wird oder nicht.

Und der ÖFB? Der sollte den Mut aufbringen, Spitzenspiele auch außerhalb von Wien stattfinden zu lassen. Ganz im Sinne von Peter Hacker.

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